Protokoll der Sitzung vom 11.11.2015

Ich glaube, das ist von allen zustimmungsfähig.

(Beifall im Hause)

Wir sollten einmal für die Damen und Herren klatschen.

Auch das Nächste sollte noch breit in der Zustimmung möglich sein, dass nämlich die Repräsentanten vor Ort längst erkannt haben, dass Bürgerinnen und Bürger mitgenommen werden wollen und es ihnen schon lange nicht mehr ausreicht, nur alle fünf Jahre ein, mehrere oder sehr viele Kreuzchen auf einem Wahlzettel zu machen. Der Wunsch der Bevölkerung nach einer aktiven Einbeziehung in die politischen Entscheidungen ihrer Gemeinde hat doch – das haben wir alle festgestellt – in den letzten Jahren durchaus sehr stark zugenommen. Ich war zwölf Jahre lang Ortsbürgermeister und kann das aus meiner eigenen Erfahrung sagen. Auch das gilt: Nichts im Leben ist so gut, dass es nicht noch verbessert und vor allem zeitgemäß weiterentwickelt werden kann.

In der verstärkten Partizipation unserer Bürgerinnen und

Bürger über die Wahlen hinaus liegt ein Weg und eine Chance, den in den letzten Jahren beschleunigten Rückgang der Wahlbeteiligung und die Politikverdrossenheit und den teilweise vorhandenen Vertrauensverlust in die Politik insgesamt mindestens abzubremsen und die Zufriedenheit der Bevölkerung mit den Institutionen der repräsentativen Demokratie wieder zu erhöhen.

Die Bürgerinnen und Bürger sind nicht nur Adressaten kommunalen Handelns, sondern sie sollten so weit wie irgend möglich aktiv an der Gestaltung der örtlichen Angelegenheiten mitwirken. Das ist eine ideale Beschreibung, die wir nicht überall sehen. Das weiß ich auch. Aber Möglichkeiten anzubieten und zu erweitern, halte ich für absolut richtig und zielführend.

Vorschriften, die man heute auf den Weg gebracht hat, muss man fortlaufend überprüfen und irgendwann auch mit Augenmaß anpassen. Die Beispiele, die Herr Noss genannt hat, sind nach meiner Einschätzung ein Anpassen mit Augenmaß und fundieren durchaus auf Diskussionen in der Enquete-Kommission mit den Experten und den kommunalen Vertretern.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich, dass wir das heute noch einmal deutlich betonen können. Wir wollen Mitwirkung und Mitgestaltung. Wir wollen, dass Bürgerinnen und Bürger aktiv sind. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir auch keine Ängste vor dieser Mitwirkung haben müssen. Bürgerinnen und Bürger wollen auch verantwortungsvoll ihr Umfeld weiterentwickeln und wollen sozusagen nicht ausschließlich eine Blockadepolitik in ihrer Gemeinde befördern. Davon bin ich überzeugt.

Frau Beilstein, ich glaube, man muss gar keine Angst vor den Dingen haben, die jetzt auf den Weg gebracht werden. Ich möchte auch sagen, so herrlich wie die Zustände sein sollten, wie Sie sie geschildert haben, sind sie nicht. Sie sind Ortsbürgermeisterin. Sind denn in jeder Ratssitzung bei Ihnen die Gästeränge übervoll? Sind die Bürgerinnen und Bürger wirklich permanent dabei?

(Zuruf der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

Machen sie alles mit? Jetzt werden Sie sagen, Sie sind so zufrieden mit mir und meinem Rat. Na ja, das mag ja sein, das freut mich auch. Dann sage ich es einmal anders.

Meinen Sie denn, überall wäre das, was wir als gemeinsamen Anspruch formulieren, in den 2.258 Ortsgemeinden und in den Verbandsgemeinden so?

(Alexander Licht, CDU: Jetzt müssen Sie selbst lachen!)

War etwas falsch? Nein. Glauben Sie wirklich, dass diese Verhältnisse so, wie Sie sie geschildert haben, richtig sind? Wenn ich das richtig gehört habe, haben Sie den Begriff „herrliche Verhältnisse“ genannt. Meinen Sie wirklich, dass diese überall so sind? Nein, das glaube ich nicht. Von daher ist es gut, dass man direktdemokratische Strukturen immer wieder anpasst und erweitert.

Wenn man mit jungen Leuten redetet, merkt man es. Auch diese Angst würde ich Ihnen gerne aus meiner ganz eige

nen Erfahrung schildern. Bei uns zu Hause sind sehr viele junge Menschen, die natürlich auch mit mir reden. Diese interessieren sich sehr wohl für ihr Umfeld, insbesondere für ihr kommunales Umfeld, weil sie das durchblicken können. Sie haben direkte Anliegen.

(Marlies Kohnle-Gros, CDU: Was hat das mit dem Gesetzentwurf zu tun, den wir jetzt beraten wollen?)

Ich bin zum Beispiel einmal einer Jugendorganisation einer Partei beigetreten, weil ich mitwirken wollte. Jetzt haben wir das Portfolio deutlich erweitert, modernisiert und auf den Weg gebracht. Ich glaube, damit wird die Kommunalpolitik ordentlich umgehen können.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Köbler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Ortsbürgermeisterin Beilstein, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie hier erklärt haben, dass Sie besser als vier Millionen Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer wissen, was den politischen Willen dieser Menschen in unserem Land angeht, als diese es selbst wissen. Sie haben damit deutlich gemacht, wo die CDU in Rheinland-Pfalz bei diesem Thema steht.

Sie stehen meilenweit von den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land weg. Das zeigt auch die Abwesenheit Ihrer Vorsitzenden Frau Klöckner bei der Debatte, bei der es um mehr Demokratie in Rheinland-Pfalz geht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Wenn man sich hier hinstellt und allen Ernstes erklärt, dass man selbst besser wisse als die Menschen in diesem Land, was die Menschen in diesem Land wollen, weil man besser wisse als die Bürgerinnen und Bürger vor Ort, was die Bürgerinnen und Bürger in den Kommunen wollen, dann ist es das, was ich überheblich nenne, und nicht das, was Sie uns unterstellen, wenn wir für mehr Bürgerbeteiligung streiten, auch gegenüber denen, zu denen wir selbst gehören – das sage ich als Mitglied des Stadtrats –, die dafür ein bisschen von ihrer altgeliebten Macht abgeben müssen, liebe CDU.

(Zuruf des Abg. Hans-Josef Bracht, CDU – Anke Beilstein, CDU: Alt?)

Ich glaube, das gehört zur Politik heute dazu, dass wir bereit sein müssen, wenn wir Macht von den Bürgern verliehen bekommen, auch ein Stück dieser Macht wieder den Bürgerinnen und Bürgern zurückzugeben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD – Hans-Josef Bracht, CDU: Bei uns hat der Bürger die Macht, bei Ihnen vielleicht nicht!)

Wenn wir heute über Themen wie PEGIDA und Rechtspopulismus diskutieren, dann muss die Antwort doch mehr Bürgerbeteiligung und mehr Transparenz lauten. Dann muss das die Antwort auf die Herausforderungen von Flüchtlingen sein – das sehen wir bei den vielen Einwohnerversammlungen –, damit die Stimmung nicht kippt. Die Antwort muss mehr Bürgerbeteiligung sein.

Natürlich müssen wir die Bürgerbeteiligungen gemeinsam mit den Kommunen sozusagen weiterentwickeln. Das haben wir in der Enquete-Kommission gemacht. Deswegen geben wir den Kommunen auch noch einmal die Gelegenheit, jetzt Stellung zu beziehen, und haben entsprechend gesagt, wir verabschieden erst im Dezember.

(Marlies Kohnle-Gros, CDU: Das ist doch nicht wahr!)

Liebe Frau Beilstein, liebe CDU,

(Glocke des Präsidenten)

wenn Ihnen das so wichtig gewesen wäre, dann frage ich mich, warum Sie im Innenausschuss geschlafen und keine Anhörung beantragt haben.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Carsten Pörksen, SPD: Das stimmt doch sogar! Sie kommen vielleicht noch drauf! Schlafmützen!)

Frau Kollegin Beilstein, Sie haben das Wort.

Herr Köbler, wenn eines bei Ihrer Definition von Macht vorhin klar geworden ist – das ist genau der Punkt –, dann ist es, dass Sie Gemeinderäte als Gegner von Bürgerinnen und Bürgern sehen und nicht als Anwälte.

(Beifall bei der CDU – Marlies Kohnle-Gros, CDU: So ist es! Genau!)

Der Duktus, den Sie hier vorhaben, geht ganz klar in Richtung Schwächung der parlamentarischen Demokratie. Ich sage Ihnen, das wird nicht dazu beitragen, Demokratie insgesamt in irgendeiner Form zu stärken.

(Beifall bei der CDU – Marlies Kohnle-Gros, CDU: Das Ehrenamt!)

Ganz im Gegenteil, wir werden in Zukunft noch mehr Probleme haben, Kandidatinnen und Kandidaten zu finden, die sich fünf Jahre lang mit allen möglichen Fragen auseinandersetzen, wenn man dann irgendwann sagt, dass eine kleine Minderheit dann doch alles außer Kraft setzen kann.

Die werden sich fragen, warum sie sich das noch antun sollen.

Deswegen sage ich ganz klar in Richtung SPD, ich kann mir vorstellen, es hat ein bisschen Überwindung gekostet, bei dem Thema hier reden zu müssen, lieber Hans-Jürgen Noss;

(Heiterkeit der Abg. Marlies Kohnle-Gros, CDU)

denn Sie werden sich alle sehr gut überlegen müssen, wie Sie bei diesem Gesetzentwurf später abstimmen werden.

(Alexander Schweitzer, SPD: Wir überlegen immer sehr gut!)

Ich wünsche Ihnen auch viel Spaß dabei, das Ihren eigenen Leuten vor Ort zu erklären. Dort steht nämlich keiner dahinter.

(Beifall bei der CDU)

Im Landesausschuss des Gemeinde- und Städtebunds in der Sitzung in der vergangenen Woche hat die Kollegin Blatzheim-Roegler ziemlich viel Feuer aus der kommunalen Ecke bekommen. Der Kollege Michael Hüttner hat mit dabei gesessen und nach unten geschaut, weil er auch wusste, was die Stunde geschlagen hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sage einmal, es ist ziemlich bezeichnend, wenn dann gesagt wird, der Gesetzentwurf, über den wir heute noch gar nicht reden, sei nicht vom Himmel gefallen, es hat schließlich eine Enquete-Kommission gegeben, in der die kommunalen Spitzenverbände ebenfalls vertreten gewesen seien.