Protokoll der Sitzung vom 16.12.2015

Wir haben vor einem guten Jahr – geschätzt – über die Frage Pegida-Demonstrationen und über die Herausforderungen diskutiert, die sich dadurch für die parlamenta

rische Demokratie ergeben. Ich habe auch schon hier in diesem Landtag – das ist nicht so lange her – dafür geworben, dass wir gemeinsam, die demokratischen Kräfte – das sind mindestens die Parteien, die in diesem Landtag versammelt sind, aber nicht ausschließlich –, dafür sorgen, dass wir die AfD auch auf der argumentativen Ebene bekämpfen, wo es nur geht. Keiner kann doch heute abstreiten, dass diese AfD sich in den letzten Wochen und Monaten radikalisiert hat. Das ist doch nicht mehr die neoliberale Honoratioren- und Millionäre-Partei, übrigens Professorenpartei, viele von denen neoliberal, aber in guter öffentlicher Stellung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Das ist doch inzwischen eine Partei, die offen ins Rechtsradikale ausstrahlt und inzwischen auch keine Hemmungen hat, jemanden wie Herrn Höcke mit seinem biologischen Rassismus in ihren Reihen zu halten und ihm, wenn es dann wirklich einmal schiefläuft, nur ein kleines „Du, du, du!“ mit auf den Weg zu geben. Das reicht aber nicht. Die AfD hat inzwischen die Fähigkeit zur Selbstreinigung verloren. Darum müssen wir, die demokratischen Kräfte, gemeinsam dagegen vorgehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin nach wie vor dafür, dass wir das als gemeinsame Strategie ansehen. Ich werbe nachdrücklich dafür, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)

Darum ist es auch wichtig, dass wir bei allem Streit, den es hier und da einmal gibt, auch immer wieder zu den Dingen zurückkommen, die uns zusammenführen und gemeinsam wichtig sind. Darum will ich schon deutlich sagen, ich unterstelle hier allen, dass wir ein gemeinsames Interesse haben, dass diese Gesellschaft zusammenhält und zusammenbleibt, gerade da, wo es auch um Existenzfragen geht.

Ich kann allem zustimmen, was Sie, Frau Klöckner, zum Thema Hospiz und Palliativmedizin gesagt haben. Ich finde, das hat sich auch herausgearbeitet, als sich auf meine Initiative hin dieser Landtag in einer Orientierungsdebatte zu diesem Thema ausgetauscht hat, dass wir nicht in allen Einzelfragen übereinstimmen – das muss auch nicht sein –, aber doch in der grundlegenden Frage, dass wir das Alter annehmen wollen, dass wir das gute Leben im Alter möglich machen wollen, dass es dafür politisch-praktische Voraussetzungen braucht, aber dass es auch eine Voraussetzung im Bereich der Medizin, der Gesundheit und der Pflege braucht. Darum hoffe ich sehr, dass wir da, wo wir erneut dafür sorgen, dass wir Pflegeland Nummer 1 bleiben, eine der wichtigsten Herausforderungen mit Blick auf den demografischen Wandel, wo wir auf Initiative der SPD und der GRÜNEN dafür sorgen, dass wir bei den ambulanten palliativen Unterstützungen noch einen Schwerpunkt setzen, zusammenkommen.

Warum stimmen Sie diesen Vorschlägen nicht zu, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU? Bei den anderen Dingen ist es ja auch gegangen. Sie haben sich selbst dafür gelobt, warum denn nicht da? Ich würde mir das sehr wünschen, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass das Themen sind, die uns tatsächlich auseinanderbringen. Dann bekommen Sie nicht nur unseren Applaus, sondern auch unsere Anerkennung, liebe Frau Klöckner.

In diesen Tagen, in denen wir vor den Weihnachtsfeiertagen stehen, vor dem Wechsel ins Neue Jahr, werden wir uns alle vorbereiten auf eine Landtagswahl. Wenn man in den Zeitungen blättert, hat man den Eindruck, es wird noch ganz spannend, es wird noch ganz interessant, und keiner – – –

(Zuruf von der CDU)

Ich weiß nicht, wer das dazwischengerufen hat. Herr Wilke, Sie sind auch noch da. Schön. Ich vermute, das war Ihr letzter Zwischenruf, der ins Plenarprotokoll aufgenommen wird. Aber lieber Herr Wilke, ich will Ihnen eines sagen. Es ist genau diese Überheblichkeit und diese Arroganz,

(Zurufe von der CDU)

die am Ende den Rheinland-Pfälzern bitter aufstoßen wird. Darum wird es am Ende in den nächsten Tagen und Wochen gehen, wie es die „Frankfurter Neue Presse“ in diesen wenigen Tagen seit dem 15. Dezember, formuliert hat. Es kommt dann am Ende darauf an, in Rheinland-Pfalz die Frage zu stellen und zu beantworten: Wollen die Menschen im Land weiter von einer taffen Landesmutter regiert werden, wie es Malu Dreyer ist, oder von einer noch unberechenbaren Newcomerin?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nachdem ich eben deutlich gemacht habe, dass Sie, liebe Frau Kollegin Klöckner, eigentlich noch nicht einmal in der Lage sind, Oppositionsarbeit beim Königsthema Haushaltspolitik zu betreiben, weil Sie da an eigenen Ansprüchen scheitern, weil Sie am Taschenrechner von Herrn Dr. Weiland scheitern, so werde ich auch in Zukunft sehr zuversichtlich sein, dass wir bei einer sachlichen Auseinandersetzung und wenn es darum geht, Persönlichkeiten und Charaktere zu identifizieren und Alternativen daraus abzuleiten, auch in Zukunft auf erfolgreichem rot-grünen Kurs sein können.

Danke, dass Sie mir zugehört haben.

(Lang anhaltend starker Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich gern Gäste bei uns im Landtag begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler des Göttenbach-Gymnasiums aus Idar-Oberstein, den Kleingartenverein Rosengarten e.V. aus Frankenthal und Studierende der Universität Landau. Herzlich willkommen!

Jetzt hat Herr Kollege Köbler von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Verantwortung heute zu übernehmen heißt, unsere Zukunft zu gestalten. Wir sind 2011 angetreten, den sozial-ökologischen Wandel in Rheinland-Pfalz einzuleiten, voranzubringen und nachhaltig zu gestalten. Dies tun wir seither mit aller Entschlossenheit, mit aller Tatkraft und mit großem Erfolg. Wir können Ende 2015 sagen,

Rheinland-Pfalz steht nach viereinhalb Jahren Rot-Grün hervorragend da, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Dieser Haushalt 2016 für das letzte Jahr dieser Legislatur ist vor allem auf eines ausgerichtet, nämlich auf die Zukunft. Wir haben Verantwortung übernommen, und wir übernehmen Verantwortung für die Menschen, die bei uns leben, für die Menschen, die zu uns kommen. Wir übernehmen Verantwortung für unsere Familien, aber auch für diejenigen, die zu uns flüchten. Wir übernehmen Verantwortung für das Klima und für den Umweltschutz, und wir übernehmen Verantwortung für die Zukunft und für kommende Generationen. Wir stellen heute die richtigen Weichen, damit es in Rheinland-Pfalz auch in Zukunft erfolgreich weitergeht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir schaffen die besten Startchancen gerade für junge Menschen in unserem Land. Wer in Rheinland-Pfalz lebt oder bei uns seine Zukunft verbringen möchte, der kann sich auf Rot-Grün verlassen.

Darüber hinaus ist sich die Welt einig: Sie will das Klima schützen. Wir sind in Rheinland-Pfalz schon auf dem Weg, ehrgeizig, zukunftsgewandt und auch aus Verantwortung für nächste Generationen, nicht nur, aber auch bei uns und auf dem gesamten Planeten.

Wir nehmen die Realität des Zuzugs von Tausenden von Menschen an, mit all seinen Problemen, Herausforderungen und manchmal auch Ängsten. Aber wir sehen auch die Chancen. Wir verschließen uns nicht, und wir schotten uns nicht ab, sondern wir sind gewillt, das beste für unsere gemeinsame Zukunft daraus zu machen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ohne an der Zukunft zu sparen, haben wir es geschafft, den Landeshaushalt zu sanieren. Seit 2011, seit Beginn der rot-grünen Koalition und dem Eintritt der GRÜNEN in die Regierungsbeteiligung, konnte das strukturelle Defizit in Höhe von über 1,6 Milliarden Euro im Plan von 2011 auf nunmehr 473 Millionen Euro im Plan für 2016 abgesenkt werden. Meine Damen und Herren, dies ist eine Verbesserung um fast 1,2 Milliarden Euro in nicht einmal fünf Jahren.

Auch was die Nettokreditaufnahme angeht, können wir heute sagen, dass wir gegenüber dem Plan 2011 über 1,4 Milliarden Euro in den letzten fünf Jahren weniger Schulden machen. Ich glaube, dies ist nicht nur ein gewaltiger Kraftakt, sondern es zeigt auch, dass wir der Verantwortung, die uns die Bürgerinnen und Bürger für die Zukunft dieses Landes übertragen haben, gerecht werden, und so werden wir auch weitermachen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das ist das, was wir unter einer seriösen und zukunftsorientierten Haushaltspolitik verstehen.

Liebe Frau Klöckner, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! So viel Zeit muss sein.

(Julia Klöckner, CDU: Danke schön! Danke für die Schokolade!)

Wenn es Ihnen gefallen hat, freue ich mich. Ich könnte mir vorstellen, dass Sie auch nächstes Jahr wieder im Reigen Ihrer Fraktion mit uns gemeinsam Ihren Geburtstag feiern.

Sie haben an dieser Stelle einen ausgeglichenen Haushalt schon in diesem Jahr gefordert, Sie benennen aber keine konkreten Maßnahmen, wo Sie denn darüber hinaus sparen wollen. – Im Gegenteil, Sie kritisieren uns für jeden Sparvorschlag, den wir machen.

Es ist schon gesagt worden, Sie haben zusammengenommen in Ihren Vorschlägen über 200 Millionen Euro einfach einmal so hineingeschrieben als eine globale Minderausgabe, als kein wirkliches Sparen, und Sie sagen, man müsse irgendwo sparen, Sie sagen aber nicht wo; denn dann müssten Sie sich mit den Inhalten auseinandersetzen. Dann müssten Sie auch Initiativen, Vereinen und betroffenen Gruppen sagen, dass Sie bei ihnen sparen wollen. Das trauen Sie sich nicht, das wollen Sie nicht. – Frau Klöckner, das ist nicht seriös. So sieht keine verantwortungsvolle Haushaltspolitik aus. Die Vorschläge der CDU, die Sie präsentiert haben, sind ein Zeugnis für eine unseriöse und verantwortungslose Haushaltspolitik und damit auch ein eindeutiges Zeichen der Regierungsunfähigkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir hingegen zeigen, wie eine verantwortliche Haushaltspolitik in diesem Land aussieht. Deswegen setzen wir auch die Schwerpunkte dort, wo die größten Herausforderungen vor uns liegen.

Ja, wir stehen derzeit vor der größten Herausforderung seit der Wiedervereinigung vor 25 Jahren durch die Zuwanderung, die wir in diesen Tagen erleben. Heute haben wir in Rheinland-Pfalz den 50.000. Flüchtling im Jahr 2015 begrüßt. Neue Herausforderungen, viele neue Menschen schaffen auch neue Realitäten. Ja, das bedeutet Veränderungen, auch Veränderungen in unserer Gesellschaft. Ja, Veränderungen gerade im Lebensumfeld machen den Menschen auch manchmal Angst, manchmal auch Sorge; aber Angst ist in der Politik noch nie ein guter Ratgeber gewesen. Wir müssen die Realitäten anerkennen und annehmen.

Liebe Frau Klöckner, wer den Menschen in diesem Land erklärt, es wird sich schon nichts ändern, der streut ihnen Sand in die Augen, und er nimmt ihre Befürchtungen nicht wirklich ernst. Die Realität ist, dass viele von den Menschen, die zu uns kommen, bei uns bleiben werden.

Die große Herausforderung, die wir gemeinsam zu stemmen haben, ist die Herausforderung der Integration. Dies wird die Menschen, die zu uns kommen, verändern, es

wird aber auch ein Stück weit unsere Gesellschaft verändern. Aber ich bin davon überzeugt, wenn wir uns nicht von Angst leiten lassen, sondern wenn wir mit Optimismus und Realitätssinn an diese Herausforderungen herangehen, bedeutet es auch eine große Chance für unsere Gesellschaft. Dann ist das auch eine große Chance für unser Land Rheinland-Pfalz, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Kurt Schumacher hat einmal gesagt: Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit.

(Alexander Licht, CDU: Das ist ein wahrer Satz!)

Die Wirklichkeit ist, es kommen gegenwärtig sehr viele Menschen zu uns nach Deutschland, so viele wie seit mindestens zwei Jahrzehnten nicht mehr. Dies stellt uns vor große Herausforderungen.

Die Wirklichkeit ist aber auch, dass uns Abschottungs- und Ausgrenzungsrhetorik nicht weiterhelfen, weil diese Menschen nun einmal da sind, weil weitere kommen werden und viele bei uns bleiben werden. Das wird unser Land verändern.

Zuwanderung gab es schon in den vergangenen Jahrzehnten. Man denke an die Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg, man denke an die sogenannten Gastarbeitergenerationen, man denke auch an den Zuzug, den wir sozusagen als Ausfluss der Balkankriege in den 90er-Jahren erlebt haben. Auch diese Zuwanderungsereignisse haben unser Land verändert. Gerade vor dem Hintergrund dessen, was wir heute erleben, müssen wir anerkennen, dass sich Deutschland und auch Rheinland-Pfalz weiter verändern werden, ob wir das wollen oder nicht. Das ist nun einmal die Wirklichkeit und die Wahrheit, und diese Wahrheit muss man aussprechen, wenn man sie anpacken will.

Deswegen wollen wir das Zusammenleben so gestalten, dass wir die Fehler, die in der Vergangenheit beim Thema Integration begangen worden sind, dieses Mal vermeiden. Wir wollen, dass sich eben keine Parallelgesellschaften herausbilden können, dass die Menschen, die heute zu uns kommen, sich morgen aktiv bei uns in der Gesellschaft einbringen können. Wir wollen, dass sie das, was sie tun wollen, nämlich etwas leisten oder sich engagieren, unter Beweis stellen können. Dazu ist es wichtig, dass sie beispielsweise schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden können, dass Hürden dort abgebaut werden und sie am besten in wenigen Jahren schon dazu beitragen, dass der Wohlstand, den wir heute in Deutschland haben, nicht etwa durch den Zuzug gemindert wird, sondern dass die Menschen, die zu uns kommen, produktiv mit dazu beitragen, dass dieser Wohlstand in den kommenden Jahrzehnten möglicherweise nicht nur gehalten, sondern auch weiter erhöht wird. Das ist die Chance, die wir nutzen wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Deswegen haben wir mit diesem Haushalt zahlreiche Maßnahmen ergriffen. Wir haben allein die Integrations