Protokoll der Sitzung vom 19.10.2011

Ich danke Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Elsner.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Huth-Haage, Sie waren so freundlich zu sagen, wir würden die Eltern unter Generalverdacht stellen, nicht entscheiden zu können, was mit ihren Kindern geschieht. Dann frage ich mich natürlich, wenn Sie hier schon die Gutscheinlösung ins Auge fassen, ob Sie da das nötige Vertrauen haben.

In den 70er-Jahren wurden wir von konservativen Frauengruppen noch beschimpft, weil wir einen Kinderhort gefordert haben. Wir würden den Müttern die Kinder wegnehmen, hieß es damals allgemein. Sie wollen mit diesem Betreuungsgeld das Frauenbild der 70er-Jahre wiederbeleben.

(Zuruf der Abg. Frau Huth-Haage, CDU)

Ich sage Ihnen das aus eigener Erfahrung: Sie wollen alte Rollenklischees aufrechterhalten. Der nächste Schritt wäre im Prinzip logischerweise die Kürzung oder Abschaffung des Elterngeldes.

Sie manifestieren außerdem das Bild der Rabenmutter, das es nur in der deutschen Sprache gibt, wenn sie nicht für 150 Euro zu Hause bleibt.

(Frau Huth-Haage, CDU: Ach, das ist ja wirklich – – –)

Dies wollen – ich habe auch eine Studie, die Ministerin hat eine andere Studie genannt – 60 % der Frauen nicht,

(Frau Kohnle-Gros, CDU: So weit weg von der Realität, dass man noch nicht einmal darüber lachen kann!)

für 150 Euro zu Hause bleiben. Im Gegenteil, sie wollen mehr arbeiten.

Viele in Ihrer Fraktion sind damit auch nicht einverstanden. Da sind Frauen in der CSU, in der CDU und in der FDP, die mit dieser Lösung nicht einverstanden sind. Das muss doch auch einmal zur Kenntnis genommen werden.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es ist auch schon gesagt worden, was mit diesen Milliardenbeträgen geschaffen werden kann. Da ist eine hochwertige Erziehung – ich möchte das nicht alles wiederholen – der Kinder sichergestellt.

Unsere seit Jahrzehnten andauernden Bemühungen von Vereinbarkeit von Familie und Beruf bleiben da voll auf der Strecke. Ich sage Ihnen, das waren Kämpfe. Diese möchte ich nicht einfach jetzt für einen Rückschritt opfern.

(Glocke des Präsidenten)

Deshalb appelliere ich nachdrücklich an Frau Klöckner und alle, die Einfluss haben

(Heiterkeit bei der SPD)

ich bin sofort fertig, Herr Präsident –, ihren Einfluss in Berlin geltend zu machen, dass dieses verheerende Gesetz nicht in Kraft tritt.

Danke schön.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU erteile ich noch einmal Frau Huth-Haage das Wort.

Frau Ministerin, ich bin mir nicht sicher, ob Ihnen bewusst war, was Sie hier eben gesagt haben.

(Zurufe von der SPD)

Sie haben Eltern die Eignung abgesprochen, qualitativ für ihre Kinder zu sorgen,

(Pörksen, SPD: Was ein Quatsch!)

ihre Kinder qualitativ gut zu fördern und zu erziehen. Das aus dem Munde einer Familienministerin, finde ich unerhört!

(Beifall der CDU – Frau Kohnle-Gros, CDU: Sehr gut!)

Sie haben Eltern per se abgesprochen, Erziehungsleistungen vollziehen zu können. Sie haben gesagt, ein Betreuungsgeld bedeutet den Verzicht auf eine qualitativ hochwertige Förderung. Also ich finde wirklich, das können Sie so nicht stehen lassen. Ich würde mir wirklich wünschen, dass Sie sich hier bei den Eltern in Rheinland-Pfalz entschuldigen.

(Beifall der CDU – Widerspruch von der SPD – Frau Kohnle-Gros, CDU: Sehr gut!)

Sie können Eltern nicht per se die Eignung absprechen, ihre eigenen Kinder zu erziehen.

Wir sind auch übrigens nicht in Norwegen. Bei der Studie, die Sie von Thüringen angesprochen haben – ich habe diese Studie –, habe ich ganz andere Zahlen. Es

heißt: Das Landeserziehungsgeld hat keinen Einfluss auf die Besuchsquote im Kindergarten. – Weiter heißt es: Die Familienpolitik werde im Land als ausgesprochen positiv wahrgenommen. –

Bitte sehr, es gibt offensichtlich auch andere Sichtweisen.

Meine Damen und Herren, es gibt auch eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, die Folgendes sagt – wenn Sie schon mir und uns nicht glauben –: Familienpolitik sollte deshalb nicht nur auf einen Weg beschränkt sein. Am wirkungsvollsten dürfte ein Mix aus finanziellen Transfers und Maßnahmen sein, die die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit erleichtern. – Ich denke, so ist es auch richtig.

Ein Wort noch zur – mit tut es so leid, dass das Wort so gefallen ist, das hier heute wohl fallen musste – „Herdprämie“.

Frau Kollegin Bröskamp hat es gesagt. Ich finde es wirklich auch absolut diskriminierend und diffamierend gegenüber Männern und Frauen, die zu Hause sind, die für ihre Familie sorgen. Wissen Sie, ganz ehrlich: Ich finde es auch nicht verwerflich, wenn jemand am Herd steht und für seine Familie eine ordentliche Mahlzeit kocht.

(Beifall der CDU)

Das ist mir persönlich immer noch lieber, als dass die Kinder zu McDonald‘s gehen oder sich das Essen von der Tankstelle holen.

(Anhaltend starker Beifall der CDU)

Ich nehme an, die Erwähnung einer bestimmten Firma war keine Schleichwerbung.

Ich erteile Frau Kollegin Bröskamp für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Abgeordnete, sehr verehrte Gäste! Diese Diskussion sorgt förmlich für Wirbel in diesem Hohen Hause.

(Pörksen, SPD: Sie hat meine Kinder beleidigt, die gehen nämlich zu McDonald‘s! Meine Kinder gehen da hin!)

Ich glaube, es ist nicht angemessen, unserer Familienministerin diese Vorwürfe zu machen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich glaube, jeder, der sie kennt, weiß sie und ihre Einstellung auch zu schätzen. Grundsätzlich bin ich ganz

sicher, dass sie eine Bereicherung als Ministerin auf dem Posten ist, den sie innehat.

Sehr geehrte Frau Huth-Haage, liebe CDU! Das eine schließt das andere nicht aus. Auch erwerbstätige Mütter kochen zu Hause,