Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

Ich will noch eines sagen. Ich habe mich die ganze Woche damit beschäftigt, wie ich das in meiner Rede unterbringe. Ich mache es jetzt einfach so.

Es geht um ein taubblindes Kind, das in Rheinland-Pfalz von einer Abschiebung betroffen gewesen ist. Die verantwortlichen Strukturen werden von keiner von unseren Parteien verantwortet. Der Landrat ist parteilos, deswegen müssen wir das hier jetzt nicht zu unserer Sache machen.

Wenn wir aber Solidarität mit hilfeabhängigen Menschen ernst nehmen, dann sollten diese Dinge so ablaufen, dass die Menschenwürde und das Recht auf möglichst große Wohlfahrt auch für Menschen mit solchen Einschränkungen gewahrt ist.

Wenn es Menschen gibt, die sich dafür einsetzen und sogar Geld aufbringen wollen, dass ein solches Kind behandelt werden kann und in der Nacht die Tür dieser Familie aufgeflext wird, weil die Familie die Tür nicht öffnet, die Familie abgeschoben wird, wodurch dem Kind die Möglichkeit entgeht, jemals wieder in Deutschland zur Behandlung aufgenommen zu werden, selbst wenn die Behandlungskosten sichergestellt wären, dann kann ich dazu nur sagen, ist in der Verwaltung unseres Landes etwas nicht in Ordnung, weil jeder – das unterstellen wir uns gegenseitig – in diesem Land, der Verantwortung trägt, diese Verantwortung nicht nur für sich trägt, sondern für die Gemeinschaft von Menschen, die solidarisch zu sein hat und sich vorgenommen hat, mit den Schwachen solidarisch zu sein.

Ich muss sagen, sowohl im Sozial- als auch im Integrationsausschuss, in denen ich jeweils für meine Fraktion vertreten bin, wird das ernst genommen. Wir haben vor Ort nicht überall den Einblick. Ich weiß auch, dass die Möglichkeit einer Petition zu spät in Betracht gezogen wurde, aber ich finde auch, dass wir bei unseren Diskussionen um Obergrenzen, um Solidarität und Mitmenschlichkeit immer vor Augen haben müssen, was denn letzten Endes in einer

Verwaltung daraus wird, wenn wir das zu grundsätzlich infrage stellen.

Meine Aufforderung geht dahin zu sagen, immer erst einmal schauen, ob da irgendjemand ist, der aufgrund seines Schicksals so auf diese Leistungen angewiesen ist, dass wir darauf gar nicht verzichten können.

Ich gehe mit Ihnen, wir müssen diese Leistungen wirtschaftlich erbringen, wir müssen sie evaluieren, aber ich glaube, wir müssen das zuerst tun und dann darüber nachdenken, ob wir auf diesem Weg sparen können, und nicht eine Sparvorgabe machen und dann versuchen, ihr hinterzuhecheln. Ich glaube, das ist kein menschlich guter Weg. Das sollten wir nicht über die Haushalte machen, dass wir quasi Sozialabbau verordnen.

Ich glaube, das ist nicht die Absicht der Opposition, aber diese Pauschalisierung der Einsparungen erweckt diesen Anschein bei mir.

Ich hoffe, dass wir in der Realität, in der Umsetzung dessen, was wir diskutiert haben, auch in Zukunft dem entgegentreten werden.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Dr. Enders.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass sich der Kollege Konrad zum Schluss wieder etwas beruhigt hat. Sie sind ja selbst Arzt und wissen, es ist schlecht für den Blutdruck, sich so aufzuregen, auch in einer Haushaltsdebatte.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU)

Frau Bätzing-Lichtenthäler, ich wollte eigentlich nicht über die Gemeindeschwester plus sprechen, aber Frau AnklamTrapp hat das Thema gebracht, und jetzt muss ich etwas dazu sagen. Ich habe es im Ausschuss letzte Woche auch getan.

Zuerst einmal, wenn ich diesen Begriff höre – ich habe das an diesem Platz schon gesagt –, fühle ich mich diskriminiert. Die Landesregierung gendert jeden Begriff, nur diesen Begriff nicht. Ich weiß sehr wohl, dass auch Männer dieses Amt ausüben dürften.

Ich habe mich immer gefragt, warum wählen Sie diesen Begriff. Ich will es Ihnen sagen, weil Sie damit die Nostalgie der früheren Gemeindeschwester aufleben lassen wollen. Darum geht es aber nicht.

(Alexander Licht, CDU: Das ist etwas völlig anderes!)

Es geht hier um ein Konstrukt, bei dem man Aufgaben, die die Pflegestützpunkte sehr wohl wahrnehmen können, an Pflegepersonal überträgt, das dringend in der Pflege gebraucht würde. Das Ganze wird finanziert auf drei Jahre. Was ist dann? Was macht der Landkreis Altenkirchen im vierten Jahr, Frau Bätzing-Lichtenthäler? Drei Jahre wird es finanziert, und dann haben wir kein Geld mehr.

Von daher bin ich etwas skeptisch, dass das Zukunft hat. Aber jetzt zum eigentlichen Thema.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU fordert zu Recht seit Jahren gebetsmühlenartig eine Erhöhung der Investitionsmittel in die Krankenhäuser. Im letzten Jahr wurde uns als Argument genannt, es gäbe die Schuldenbremse. Das stimmt, gleichzeitig aber sagt die Landesregierung, wir fördern auf hohem Niveau. Was soll man jetzt glauben?

Interessant ist, dass bereits im Jahr 2003, als es noch keine Schuldenbremse gab und niemand den Begriff kannte, die Mittel gekürzt wurden. Von 2001 auf 2003 – das ist mir von Herrn Schneider vom VdK bestätigt worden – fand eine Kürzung um 17,4 % statt. Das ist eine Menge Geld.

Seitdem sind die Zahlen von 2003 nur dreimal überschritten worden. In den letzten beiden Jahren hat das angeblich so hohe Investitionsvolumen jeweils 4 Millionen Euro unter dem Betrag von 2003 gelegen, und das ohne jede Inflationsbereinigung. Da von hohem Niveau zu sprechen, ist ja wohl ein bisschen falsch.

(Beifall der CDU)

Wenn man jetzt in den Einzelplan 06 hineinschaut, stellt man fest, dass für Leistungen nach dem Landeskrankenhausgesetz für 2016 plötzlich 8 Millionen Euro mehr eingestellt sind. Das klingt auf den ersten Blick sehr positiv, und man könnte meinen, Sie haben unsere Ratschläge angenommen, aber weit gefehlt. Hier handelt es sich nicht um eine Umsetzung unserer alten Forderungen, sondern es sind Gelder aus dem Strukturfonds des Bundes, den die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat.

50 % zahlt der Bund – das ist im Haushalt enthalten –, und 50 % müssen die Länder zahlen. Sie hatten ja selbst noch zum Schluss in der Kommission bei den Eckpunkten mitgewirkt. Ich kann nur sagen, das war eine gute Idee vom Bund, diesen Strukturfonds aufzulegen. Das ist eine klare Position zu den Krankenhäusern.

Es ist klar, dass man jetzt nicht von heute auf morgen 20 % drauflegen kann. Ich hätte mir aber bei den normalen Investitionsmitteln zumindest ein Signal gewünscht,

(Beifall bei der CDU)

eine Feinjustierung, dass es in die richtige Richtung geht.

Wir wollen alle in Krankenhäusern liegen, wenn es denn sein muss, die vernünftig ausgestattet sind. Dann geht das nur so.

Ich komme zum zweiten Punkt, der Hospiz- und der Pal

liativversorgung. Das ist mir als jemandem, der über 30 Jahre ärztlich tätig ist, ein großes Anliegen. Wir haben damals eine intensive, aber auch sehr kollegiale Debatte geführt. Frau Thelen sagte es vorhin, es steht auch in den Anträgen, wir bräuchten bei der spezialisierten ambulanten palliativmedizinischen Versorgung, der SAPV, eigentlich 15 bis 16, wir haben acht.

Aber – auch das können Sie nicht verantworten, Frau Ministerin – den Rechtsanspruch nach dem Sozialgesetzbuch gibt es bereits sei 2007. Das ist jetzt über acht Jahre her. Das ist ein bisschen spät.

Unser Antrag ist ähnlich wie Ihrer, jedoch etwas konkreter, und er hat den Mut, die Defizite der Vergangenheit einmal aufzuzeigen und positiv in die Zukunft zu schauen.

(Beifall bei der CDU)

Es geht endlich weiter. Ich merke, bei der SAPV, der spezialisierten ambulanten palliativmedizinischen Versorgung, tut sich jetzt etwas, etwas ganz Spezielles und Wichtiges. Wir haben das in der Aussprache unserer Großen Anfrage „Sterben in Würde“ deutlich gemacht. Wir haben deutlich gemacht, dass die Versorgungsstrukturen in der Tat nicht ausreichend sind und optimiert werden müssen. Das war Grundlage für unseren Antrag.

Ich will zum Schluss noch etwas zur Ärzteversorgung sagen. Es wurde eben der Lehrstuhl für Allgemeinmedizin angesprochen. Herr Langner, wir waren in Schwerin im April. Es war eine tolle Reise, weil wir dort viel erlebt haben. Wir haben Eindrücke gewonnen, wie man das dort in Mecklenburg-Vorpommern umgesetzt hat.

Ich kann mich noch entsinnen, dass Ende letzten Jahres Herr Schweitzer – ich sehe ihn jetzt im Rahmen der Debatte nicht, aber man kann es ihm sagen – noch bei mir dazwischenrief, dass der Lehrstuhl bis Ende 2014 besetzt sein würde. Über ein Jahr ist das jetzt her. Jetzt ist die Berufung gelaufen, und im zweiten Durchgang hat man jemanden gefunden, der die Berufung angenommen hat.

(Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Akademischer Streit! Der Lehrstuhl war da!)

Es ist sehr gut. Ich betone es, wir haben endlich ein Ziel erreicht, weil nämlich dieser Lehrstuhl kein Selbstzweck ist, meine Damen und Herren.

(Julia Klöckner, CDU: Ja!)

Es geht einfach darum, wenn wir Ärzteversorgung wollen, wenn wir wollen, dass junge Medizinstudenten nicht nur auf die klinischen Fächer schauen, sondern auch für dieses Fach Sensibilität geschaffen werden soll, dann muss man sehr früh damit anfangen, und zwar am Anfang des Studiums. Dafür ist ein Lehrstuhl die optimale Voraussetzung.

Im Deutschen Ärzteblatt wurde das vor einigen Wochen sehr intensiv diskutiert. Da haben wir eigentlich viele Jahre keinen gehabt. Das waren Jahre zu viel.

(Beifall bei der CDU)

Der Lehrstuhl selbst ist aber nur eines. Es kommt auch auf etwas anderes an. Auch darüber wollte ich eigentlich nicht sprechen, über den Haushaltstitel Stipendien für Medizinstudenten.

In einem Tertial im Praktischen Jahr, vier Monate, bekommen die jungen Menschen Geld, um sie für die Allgemeinmedizin sensibel zu machen. Das ist kein großer Wurf. In den neuen Ländern läuft das anders, zum Beispiel in Thüringen und Sachsen, Sachsen-Anhalt, MecklenburgVorpommern teilweise, wo man ähnlich wie bei der Bundeswehr jungen Menschen nicht zumutet, sondern anbietet, über mehrere Jahre einen vernünftigen Betrag zu bekommen, wenn sie anschließend nicht gezwungen werden, sondern bereit sind, die wichtige Aufgabe eines Allgemeinarztes im ländlichen Raum wahrzunehmen. Was ist daran schlimm?

Herr Schweitzer sagt, er kann es als Sozialdemokrat nicht verantworten, so mit Geld umzugehen. Aber – und damit komme ich zum Schluss – am 17. September 2014 war die große Auftaktveranstaltung. Ich konnte selbst wegen einer Terminüberschneidung nicht da sein. Frau Thelen war für die Fraktion dort. Es war die Auftaktveranstaltung Gesundheitswirtschaft und Gesundheit und Pflege – 2020. 350 Akteure waren in der Rheingoldhalle. Dort haben sie es krachen lassen: 71.598 Euro Kosten.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Es gab offensichtlich gute Verpflegung. Aus Datenschutzgründen darf ich diesen Betrag hier nicht nennen. Ich habe aber den Eindruck, dass man es sich dort auch hat gut gehen lassen. Ich gönne den Menschen das, aber das sind Steuergelder, meine Damen und Herren. Damit hätte man einige Stipendien für einen gewissen Zeitraum sehr gut finanzieren können.