Protokoll der Sitzung vom 17.12.2015

(Alexander Licht, CDU: Ich lade Sie nach Kues ein, dann können Sie über den heiligen Cusanus philosophieren!)

Herr Kollege, gleichzeitig haben sich Millionen, wenn nicht Milliarden andere auf den Weg gemacht, ihren Anteil an den Ressourcen dieses Planeten und ihr Maß am Wohlstand einzufordern. Dieses Maß werden wir in Europa nicht mehr allein bestimmen, und schon gar nicht werden wir es bestimmen, indem wir die Messergebnisse fälschen, wie das ein großer deutscher Automobilkonzern getan hat. – Dass ich mir als GRÜNER einmal Gedanken um die deutsche Autoindustrie machen müsste, hätte ich mir auch nicht träumen lassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch eine andere Sicht, ein anderes Maß der Dinge. Das Wirtschaftsministerium legt mit dem Regionalen Wohlfahrtsindex und der Nachhaltigkeitsstrategie für Rheinland-Pfalz die Grundlagen, übrigens eingebettet in nationale und internationale Prozesse und Ziele, etwa die 17 neu formulierten Nachhaltigkeitsziele der UN. So fördern wir, die Regierungskoalition und die Landesregierung, auch in 2016 in Rheinland-Pfalz jene Innovationen, die die ökonomische Wertschöpfung vom Naturverbrauch entkoppeln, die Ressourceneffizienz steigern, die den Übergang nicht nur zu erneuerbaren Energien, sondern auch zu erneuerbaren Rohstoffen gestalten. Die alte Formel „Steigerung des Outputs, der Produktion, durch gesteigerten Input von Energie, von Rohstoffen“ führt zum Ruin des Planeten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Formel der Zukunft heißt: „Aus weniger mehr machen“. Und, Herr Baldauf, das gilt auch für Haushaltspläne.

Im Übrigen haben Sie durchaus die richtigen Erkenntnisse. Sie stellen richtigerweise fest, Rheinland-Pfalz hat keine Kohlekraftwerke. Aber, Herr Baldauf, das rheinlandpfälzische Modell ist Kraft-Wärme-Kopplung, aus wenig Energie-Input mehr zu machen. Dann haben wir allerdings festgestellt, dass uns die Kohle derzeit bei dem rheinlandpfälzischen Modell der Kraft-Wärme-Kopplung, welches unser Modell ist, im Wege herumsteht, und deswegen beschäftigen wir uns mit den Zusammenhängen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Christian Baldauf, CDU: Wo stehen die in Rheinland-Pfalz im Wege, Herr Schlagwein?)

Ja, sie stehen nicht in Rheinland-Pfalz, aber sie stehen

uns in Rheinland-Pfalz im Weg herum. Das ist der Unterschied.

(Christian Baldauf, CDU: Ach so! Aha!)

Ja, man muss die Gedanken auch zusammenbringen.

(Carsten Pörksen, SPD: Das ist schwierig für Herrn Baldauf!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ab 2016 legen wir mit der neuen EFRE-Förderperiode in Rheinland-Pfalz die Mittel noch stärker auf die Steigerung der Energie- und Ressourceneffizienz aus, nämlich für Investitionen zur Verringerung von Treibhausgasemissionen, von Materialverbrauch und von Abfallaufkommen – damit sichern wir die Wettbewerbsfähigkeit der rheinland-pfälzischen Industrie – wie auch durch die Mittel für das Effizienznetzwerk Rheinland-Pfalz EffNet, in dem sich die Akteure im Bereich Ressourceneffizienz, Energie und Umwelt vernetzen, oder durch das Branchennetzwerk Ecoliance, dessen Ziel es ist, nachhaltige Lösungen im Umweltbereich zu entwickeln. Mit dieser Haushaltsstelle – dazu gibt es auch einen Antrag – stärken wir die wachsende Zahl von Unternehmen, die sich diesem Thema widmen. Die rheinland-pfälzischen Unternehmen sind eben nicht die scheuen Rehe, die vor Rot-Grün fliehen, ganz im Gegenteil.

Schließlich nenne ich noch das Programm InnoTop, das den Zugang von kleinen und mittelständischen Unternehmen zu Hochschul- und Forschungseinrichtungen erleichtert.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die digitale Welt hält nicht nur Einzug in Weltkonzerne, und deshalb finden Sie in einzelnen Kapiteln wie 08 02 oder 08 10 auch Förderprogramme, die kleineren und mittleren Unternehmen in Fragen der Digitalisierung zugänglich sind, übrigens auch Handwerksbetrieben. Auch das ist Mittelstandsförderung.

Der gemeinsame Entschließungsantrag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Innovation stärken – Rheinland-Pfalz zukunftsweisend aufstellen“ fasst es zusammen: Innovation, Forschung, Wissenstransfer und Gründungsbereitschaft sind Grundpfeiler einer gut aufgestellten Wirtschaftsstruktur. In Zeiten knapper werdender Ressourcen und als rohstoffarmes Land leben wir vor allem von dem Wissen und den Technologien, die wir entwickeln. Innovationsförderung ist daher eine wesentliche Investition in die Zukunft von Rheinland-Pfalz.

So weit der Entschließungsantrag.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Über das Kapitel 08 77, in dem die Mittel veranschlagt sind, die auf die europäische Agenda für Wachstum und Beschäftigung ausgerichtet sind, möchte ich die Brücke zu den Flüchtlingen schlagen, denen wir nicht nur Schutz und Obdach bieten wollen. Wir wollen sie, sofern sie auf längere Zeit bei uns bleiben können und wollen, auch in unser Wirtschaftsleben und in unsere Arbeitswelt eingliedern. Deswegen finden sie Eingang in die Maßnahmen zur Berufsqualifikation und zur Fachkräftesicherung. Auch das

ist soeben angesprochen worden.

Ich nenne beispielhaft vier zusätzliche Stellen für Flüchtlingscoaches, übrigens gemeinsam initiiert mit den Handwerkskammern und der Agentur für Arbeit, und das Ministerium steuert 120.000 Euro dazu. Dies richtet sich unmittelbar an die Flüchtlinge.

Weiterhin nenne ich die Maßnahmen, die schon im Kontext der Landesstrategie zur Fachkräftesicherung in RheinlandPfalz bzw. am Ovalen Tisch vereinbart wurden. Diese sind nun mit zusätzlichen Haushaltsmitteln hinterlegt für die intensive Begleitung von Flüchtlingen, um diese in eine duale Ausbildung zu bringen. Ich betone an dieser Stelle besonders den Begriff „duale Ausbildung“, weil immer der Vorwurf des Akademisierungswahns im Raum steht. Wir sehen auch die andere Schiene.

Perspektivisch dienen sowohl die Modernisierung der Berufsbildungszentren der Handwerkskammern mit über 1,3 Millionen Euro in 2016 und insgesamt 12 Millionen Euro in den folgenden Jahren als auch die Meisterausbildung, das Meister-BAföG, das um 500.000 Euro, also eine halbe Million Euro, erhöht wurde – davon 300.000 Euro aus Mitteln des Ministeriums –, der besseren beruflichen Qualifikation aller in diesem Land, gleich, welcher Herkunft sie sind.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die an dieser Stelle aufgerufenen Gesetzentwürfe finden unsere Unterstützung und – sofern in der zweiten Beratung – auch unsere Zustimmung. Insbesondere zur Vereinigung der Landesbausparkassen danken wir den Verantwortlichen des Sparkassenverbandes und des Wirtschaftsministeriums für die vorausschauende Initiative und das gute Verhandlungsergebnis.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass in diesen Wochen und Monaten erneut auf dem Umweg über die EU die zweite und dritte Säule unseres Bankenwesens, also die Sparkassen sowie auch die Volks- und Raiffeisenbanken, wieder infrage gestellt werden. Ich möchte noch einmal deutlich sagen, regionale Institute mit einlagebasiertem Kreditgeschäft und überschaubaren Risiken gehören nicht der gleichen Regulierung unterworfen wie global tätige Großbanken.

Ich komme am Schluss meiner Rede noch zu dem Thema der Energieagentur, die von Ihnen auch immer infrage gestellt wird. Ich bin nun schon relativ lange im Geschäft. Ich bin seit 1989 Kommunalpolitiker, und ich musste aus dem Kreis Ahrweiler immer neidvoll ins Nachbarland NordrheinWestfalen schauen; denn die hatten etwas, was wir zu diesem Zeitpunkt nicht hatten. Sie hatten nämlich eine Energieagentur, die Anlaufstelle gerade für die Kommunen, für die kommunalen Akteure in der Energiewende war. Das habe ich immer schmerzlich vermisst.

Deshalb gab es vor Jahren einmal einen Beschluss unseres Kreistages, eine Art Kreisenergieagentur einzurichten. Es ist nie gelungen, weil es immer an irgendetwas fehlte, bis dann Rot-Grün kam,

(Christian Baldauf, CDU: Ja, genau! Das war der schönste Satz in Ihrer ganzen Rede!)

die Energieagentur eingerichtet hat und damit einem Bedürfnis, zum Beispiel der Kommunen unseres Landkreises, nachgekommen ist. Gleichzeitig haben aber auch eine ganze Reihe anderer, unter anderem auch CDUBürgermeister und CDU-Landräte, ganz schnell hier gerufen, als es um die Einrichtung der Außenstellen der Energieagentur ging. – Dazu kann ich nur sagen, wer das vor Ort erhalten will – und darunter werden nicht wenige auch Ihrer Parteifreunde und -freundinnen mit dabei sein –, der wird wissen, wo er im März sein Kreuzchen machen muss.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Frau Staatsministerin Lemke hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Baldauf, ich fand es sehr aufschlussreich, dass Sie gesagt haben, wir sollten weniger Hochglanzbroschüren drucken. – Ich sage Ihnen, wir machen keine einzige. Alle unsere Broschüren sind klimaneutral und haben eher ein mattes Antlitz.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Christian Baldauf, CDU)

Dies zeigt mir aber auch, dass Sie diese Broschüren offenbar sehr interessiert lesen; insofern möchte ich auch gern das aufnehmen, was Herr Abgeordneter Schlagwein soeben schon gesagt hat: Aus Weniger mehr machen.

Bei einem solchen Haushalt mit seinen Haushaltsmitteln geht es um einen effizienten Ressourceneinsatz, und es geht darum, die Haushaltsmittel, die wir haben, so zu verwenden, dass wir die größtmöglichen Impulse der Strategie, die wir uns politisch in diesem Land vorgenommen haben, auch in die Umsetzung bringen können. Dabei geht es aber nicht nur um die Strategie in diesem Land, und ich möchte an diesem Punkt noch einmal auf das eingehen, was wir schon gehört haben, was global und was weltweit neue Strategien sind.

Gerade erst fand die Weltklimakonferenz in Paris statt.

(Christian Baldauf, CDU: Dort waren Sie ja nicht!)

Wir wissen alle, es wird wesentliche Veränderungen in den Politikansätzen geben. Wir werden aussteigen aus fossilen Energieträgern und auch aus der Produktion, und es wird Veränderungen geben in den Produktionsabläufen und -prozessen und bei den Transportwegen.

Was wird also passieren in dieser Welt? – Damit bin ich schon mitten in der Wirtschaftspolitik. Finanzströme werden sich verändern. Das Geld wird in Zukunft nicht mehr in Bereiche fließen, in denen man tradiert damit rechnen muss, dass viel CO2 emitiert wird. Das Geld wird anders investiert werden, und wir wollen diese Investitionsströme natürlich auch zu uns lenken. Wir wollen ihnen eine Perspektive bieten, wir wollen dafür authentisch sein, und zwar nicht nur mit dem Image unseres Landes, das sich, so grün wie es tatsächlich ist, auch in dieser Weise mit seiner Wirtschaft präsentiert.

Ich möchte Ihnen ein Beispiel geben, wohin heute die Investitionsströme fließen. Eine große Investition hat bei Apple stattgefunden. Diese Investition ist auch nicht in die Bundesrepublik gekommen. Apple hat einen Standort gesucht, an dem nachhaltig produziert werden kann, mit den Ansätzen einer digitalen klimaneutralen Produktion und einer völlig neuen Wirtschaft. Apple ist nach Jütland in Dänemark gegangen, weil sie dort eine integrierte, sektorenübergreifend umgesetzte Energiewende vorfinden, klimaneutral und mit dem Ansatz ökoeffizienter Produktion. Das Geld geht in Zukunft in die Bereiche, die dafür attraktiv sind, und es geht nicht mehr um die reine Frage, wie viele Subventionen es für die Betriebe geben wird.

Wir wollen mit unserer Strategie und mit diesem Ansatz im Land authentisch sein, und wenn wir das sind, werden wir auch in Zukunft Investoren haben, die zu uns kommen, wie dies auch derzeit der Fall ist, weil wir Lebensqualität, Zukunftsperspektive und Planungssicherheit in diesem Land mit unseren wirtschaftlichen Strategien abbilden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Baldauf, daher glaube ich, dass ein Minimalisieren und ein Herausgreifen einzelner Haushaltspositionen deutlich macht, welchen Ansatz für eine Wirtschaftspolitik die CDU an dieser Stelle hat. – Es ist definitiv nicht unser Ansatz.

Des Weiteren – darin bin ich mit Herrn Abgeordneten Guth einig – haben wir diese Stärken auch im Jahr 2015 unter Beweis gestellt. Mit einem Umsatz von 72,6 Milliarden Euro hat die Industrie in unserem Land um 1,6 % zugelegt. Sie hat gezeigt, dass die Stärken des Wirtschaftsstandorts international anerkannt sind. Dies belegt auch das große Vertrauen in „Made in Rheinland-Pfalz“ und natürlich auch die gestiegene Exportquote, die jetzt bei 56 % liegt.

Dies ist auch das Resultat eines gemeinsamen Dialogs zwischen der Wirtschaft und dieser Landesregierung und auch mir persönlich. Wir haben das höchste Bruttoinlandsprodukt, das Rheinland-Pfalz je hatte. Zurzeit liegt es knapp bei 128 Milliarden Euro, und das nominale Wachstum liegt sogar bei durchschnittlich 2,5 Milliarden Euro.

Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote, die wir je hatten, und liegen in Rheinland-Pfalz auf dem 3. Platz in dieser Bundesrepublik im Ländervergleich.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das ist etwas für die Menschen in unserem Land, was ganz ganz wichtig ist, dieser höchste Wert, der jemals für die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gemessen wurde. Er liegt im November bei 1,368 Millionen Menschen. Das ist die höchste Zahl der Beschäftigten bisher in RheinlandPfalz.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)