Protokoll der Sitzung vom 20.10.2011

Zum Thema „Liquipool“ hätte ich Sie jetzt gerne persönlich etwas gefragt. Ich war auch Mitglied im Untersuchungsausschuss „Nürburgring“. Eines habe ich bis heute nicht verstanden, was nämlich Herrn Deubel und den Herrn Ministerpräsidenten geritten hat, Barandun zu vertrauen und aus dem Liquipool mehrmals Geld in die Schweiz zu überweisen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, so handelt kein ehrbarer Kaufmann, dem das Land und die Bürger anvertraut sind. So handelt aber auch kein Sozialdemokrat, der auf ehrliche Arbeit und nicht auf Spekulationsgewinne setzt.

Im Jahr 2009 hat die SPD-Landesregierung mit dem sogenannten Liquiditätspool regelmäßig und dauerhaft die Finanzierung von mehreren 100 Millionen Euro ohne parlamentarische Legitimation – ich empfehle den Bericht Seite 7 ff. – dargestellt.

Aus dem Bericht geht hervor, Sie verwalten den Pool schlecht, indem Sie beispielsweise das Geld ohne Liqui

ditätsplanungen, ohne Kreditrahmen, ohne konkrete Richtlinien für den Pool 2009 vergeben haben.

Sie verwalten ihn also schlecht. Sie verwenden den Pool zweckwidrig für langfristige Finanzierungen. Vor allem fehlte eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Auf Fragen des Rechnungshofs seinerzeit und auch in der Antwort auf eine Kleine Anfrage hat die Landesregierung noch geantwortet, es sei Teil des Kassengeschäfts, einen solchen Liquiditätspool einzurichten. Als man dann merkte, dass das nicht reicht, wurde die Rechtsgrundlage nachgeschoben, es sei Teil der allgemeinen Kassenkreditermächtigungen.

Allein dieses wissentliche oder grob fahrlässige Handeln der Landesregierung ohne ausreichende Rechtsgrundlage ist Grund genug, der Landesregierung die Entlastung für 2009 zu verweigern.

Mit Blick auf die Zukunft bleibt positiv festzuhalten, dass die Abgeordneten von Rot und Grün im Haushalts- und Finanzausschuss und in der Rechnungsprüfungskommission mit der CDU einig sind, den Liquiditätspool neu aufzustellen, beispielsweise die dem Liquiditätspool entnommenen Mittel analog zu den anderen Kassenkrediten bis zum Juni des Folgejahres zurückzuzahlen.

Sie erinnern sich, dazu gab es einen Antrag der CDUFraktion. Leider liegt das Gesetz bis heute nicht vor.

In diesem Zusammenhang ist es vielleicht aber auch interessant, sich die Drucksache 16/352 anzuschauen, auf die wir uns heute beziehen, die Beschlussempfehlung und der Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses. Es ist einmal interessant, sie zur Hand zu nehmen; denn sie unterscheidet sich in einem wichtigen Detail von den Beschlussempfehlungen der Vorjahre. Formulierte der Rechnungshof noch in seinem Resümee für das Haushaltsjahr 2008 beispielsweise unter „Bestätigung der Haushaltsrechnung“ den Satz „Gegen die Bestätigung der Landeshaushaltsrechnung bestehen keine Einwände“, so muss man feststellen, dass dieser Satz im aktuellen Rechnungshofbericht fehlt. Natürlich ist er dann in der Beschlussempfehlung von Rot und Grün unter 4. nachgereicht worden – ganz brav und gehorsam –, aber, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, wägen Sie wohl ab, ob Sie Entlastung erteilen wollen.

Auch die Haushaltslage des Landes Rheinland-Pfalz ist düster. Der Schuldenanstieg ist ungebremst gewesen. Eine Trendwende ist nicht erkennbar. Zugegebenermaßen gab es 2009 auch Einnahmeprobleme. Es ist aber so wie immer, es gab vor allen Dingen Ausgabenprobleme. Das macht mir echte Sorgen; denn alle reden vom Sparen, aber keiner tut es. Die Frage ist, wo das enden soll.

(Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das gilt aber auch für die eigene Fraktion!)

Nach der Haushalts- und Finanzplanung für die Jahre 2011 bis 2014 überschreiten nämlich die jährlichen Kreditaufnahmen dieser kommenden Jahre die verfassungsrechtlichen Kreditobergrenzen erheblich. Herr Dr. Weiland hat darauf hingewiesen.

Das Schlimme ist, ein tragfähiges Konzept, wie wir bis zum Beginn der Schuldenbremse im Jahr 2020 den Haushaltsausgleich ohne neue Schulden sicherstellen wollen, liegt nicht vor.

Ich erinnere daran, wir müssen nicht nur jetzt lernen, mit weniger Geld auszukommen, um die Nettokreditaufnahme zu senken. Wir haben Schulden aufgenommen, und es gehört sich, dass wir diese Schulden zurückzahlen. Es ist also mitnichten so, dass wir im Jahr 2020, wenn wir denn dann keine Nettokreditaufnahme mehr hätten, unser Ziel erreicht hätten. Nein, wir werden auch alle unsere Schulden zurückzahlen müssen.

Es sind erhebliche Schulden. Schauen Sie auf die Tabelle auf Seite 43. So waren es 2009 noch 30,6 Milliarden Euro Schulden. Das sind 27 % über dem Durchschnitt der Flächenländer. Das ist insofern wichtig, weil bei 30 % die Schallmauer liegt. Wenn wir die Frage beantworten, ob in Rheinland-Pfalz eine Haushaltsnotlage vorliegt, und uns die Indikatoren anschauen, dann ist ein Indikator die Kreditfinanzierungsquote. Diese ist zu hoch.

Aber es gibt einen zweiten Indikator, nämlich den Schuldenstand je Einwohner. Wenn wir dort 30 % über dem Durchschnitt liegen, dann haben wir ein Problem. Wie gesagt, im Moment sind es 27 % über dem Durchschnitt.

Aktuell sind wir bei rund 35 Milliarden Euro Schulden. Am Ende des Finanzplanungszeitraumes sind es dann schon 41 Milliarden Euro, wenn es gut geht, vielleicht ein bisschen darunter.

Das ist keine Perspektive, auf der man verlässlich Zukunft aufbauen kann.

(Beifall der CDU)

In der letzten Dekade sind die Steuereinnahmen ungefähr gleich geblieben. Sie liegen ungefähr bei 10 Milliarden Euro und stagnieren dort, während die Schulden im Verhältnis zu den Einnahmen um 180 % gestiegen sind. Ich verweise dazu auf Seite 45.

Der Schuldenstand ist das eine, die Zinslasten sind das andere. Da sieht es nicht nur düster wie beim Schuldenstand aus, sondern da ist es zappenduster. Hatten wir 2009 oder auch in diesem Jahr planmäßig rund 1,1 Milliarden Euro Zinslasten, so müssen wir konstatieren, dass die Umschuldungseffekte ausgeschöpft sind. Deshalb werden wir planmäßig 2020 zu Beginn der Schuldenbremse 1,8 Milliarden Euro Zinsen haben. Das ist annähernd eine Verdoppelung in zehn Jahren, das alles bei einer optimistischen Zinsprognose.

Diese Politik stranguliert die Generation unserer Kinder; denn jeder Basispunkt bei den Zinsen mehr führt ins Fiasko. Wir alle wollen doch nicht, dass Rheinland-Pfalz zum Griechenland Deutschlands wird.

Insbesondere bei den gestaltbaren Personalausgaben sehe ich eine große Herausforderung. Die Ausgaben für das laufende Personal stagnieren auch etwas, aber die Versorgungsausgaben sind es, die explodieren, in der letzten Dekade um 40 %.

Das führt dazu, dass die Personalausgaben 2009 bei rund 5 Milliarden Euro lagen. In diesem Jahr sind es etwas mehr, 5,2 Milliarden Euro oder so ähnlich. Im Jahr 2020 werden wir schon 6,3 Milliarden Euro Personalausgaben haben, so die Prognose. Wohlgemerkt, die laufenden Gehälter stagnieren, die Ausgabensteigerungen ergeben sich aus den Steigerungen der nicht gestaltbaren Versorgungsausgaben.

Die Landesregierung selbst rechnet bis 2020 – das sind jetzt gerade noch einmal acht Jahre – mit einem Anstieg der Pensionäre um 50 %.

Sie sehen, der Handlungsbedarf ist groß. Kurzfristig zu handeln, ist wichtig. Eines ist aber auch klar: Der sogenannte Pensionsfonds ist keine Lösung. Auch das zeigt der Rechnungshofbericht. Er erreicht sein Ziel nicht.

Ich zitiere: „Der wesentliche, durch die Zwischenschaltung des Fonds und die Qualifizierung der Zuführungen als Darlehen erzielte Effekt liegt darin, dass Beamtenpensionen durch zusätzliche Kredite in Höhe der Zuführung finanziert werden können.“ Das heißt, das Eigentliche, weshalb man diesen Fonds gemacht hat, ist, dass man die verfassungsmäßige Kreditobergrenze rechtswidrig geschönt hat.

„Der Fonds war in die Maßnahmen des Landes zur ‚Optimierung der Erträge des Wohnungsbauvermögens‘“ – für diejenigen, die schon länger dabei sind, PLP Management GmbH – „eingebunden. Das Land erzielte hierbei – aus zum Teil rechtlich bedenklichen Transaktionen – Einmalerlöse zum Haushaltsausgleich. Die Leistungen, die das Land im Gegenzug zu erbringen hat, belasten auf Jahrzehnte künftige Haushalte:“

Dem, was der Rechnungshof schreibt, ist nichts mehr hinzuzufügen. Der Fonds schafft keine vollständige Transparenz. Der Fonds ist unwirtschaftlich. Die Qualifizierung der Zuführung zum Pensionsfonds als Investition ist nach unserer Meinung verfassungswidrig. Fragen Sie dazu Ihren ehemaligen Justizminister, Herrn Mertin, er kann es ihnen bestätigen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie noch keinen Grund haben, die Entlastung zu verweigern, dann wäre die Pensionsfondszuführung ein solcher.

Zum Schluss möchte ich auf die Kommunen eingehen. Es ist wichtig, dass wir eine Konzernbetrachtung machen. Die schlechte finanzielle Lage der rheinlandpfälzischen Kommunen ist ein Problem dieses Landes. Der Bund hilft. Das notwendige Geld kommt aber nicht bei den Kommunen an. Ein Indikator dafür sind die hohen Kassenkredite, die zu einem Instrument für die Dauerfinanzierung verkommen sind.

Es ist nicht so, dass das überall so wäre. Wenn Sie sich die kommunalen Kassenkreditschulden je Einwohner anschauen, dann werden Sie feststellen, dass nur noch das Saarland höhere Kassenkreditschulden je Einwohner hat. Rheinland-Pfalz liegt bei 1.134 Euro je Einwohner. Zum Vergleich sage ich an die Fraktion die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Baden-Württemberg, grüner Mi

nisterpräsident, 20 Euro je Einwohner. Ich weiß nicht, ob sich das Herr Kretschmann zugutehalten kann, aber ich sage es einfach einmal.

(Zuruf des Abg. Ramsauer, SPD – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Ramsauer, das Schlimme ist, dass von den 25 Kommunen mit den höchsten Kassenkreditschulden pro Kopf in der Bundesrepublik Deutschland zehn aus Rheinland-Pfalz kommen. und zwar Pirmasens, Kaiserslautern, Ludwigshafen, Mainz, Zweibrücken, Trier, Worms, Frankenthal, Speyer und Kusel. Wir führen die Tabelle von unten an. Das ist keine gute Perspektive für die Generation unserer Kinder.

(Beifall der CDU – Glocke des Präsidenten)

Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

Insofern wird Politik in Rheinland-Pfalz zulasten Dritter gemacht. In Rheinland-Pfalz wird unwirtschaftlich gehandelt. In Rheinland-Pfalz wird rechtlich bedenklich gehandelt. Dieser Bericht des Rechnungshofes ist eine Rote Karte für die Alleinregierung Beck und eine Gelbe Karte für Rot-Grün. Fangen Sie endlich an, fair und nachhaltig Haushaltspolitik zu machen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Puchtler das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schreiner, Sie haben wunderbar begonnen und gesagt, wir blicken nach vorn, wir blicken in die Zukunft. Ich habe auf die „Breaking News“ gewartet. Aber das, was kam, war immer das Gleiche, die üblichen Kritikpunkte, ohne neue Vorschläge, ohne neue Ideen. Wenn Sie in der Fußballersprache bleiben, dann kann ich Ihnen nur das sagen, was im Nassauer Land geprägt wurde: Wenn ich schon das Spiel nicht gewinnen kann, dann trete ich wenigsten den Rasen weiter kaputt. – So viel zu Ihrem Bericht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte der Rechnungsprüfungskommission, dem Vorsitzenden, Herrn Dr. Weiland, dem Landesrechnungshof und seinem Präsidenten und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landtagsverwaltung und der Landesregierung für die gute Vorbereitung und Zusammenarbeit in den Sitzungen der Rechnungsprüfungskommission danken.

Fakt ist, dass die Rechnungsprüfungskommission die Aufgabe hat, den Bericht auszuwerten, ihn zu prüfen, Kritik aufzunehmen und – da hätte ich auf einen Ansatz gewartet, lieber Herr Kollege Schreiner – in der Form

nach vorne zu blicken – das ist der ganz entscheidende Punkt –, dass man aus dem Bericht die Konsequenzen zieht und sich das anschaut, was der Rechnungshof fordert.

Er geht von einer schwierigen Haushaltslage aus.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Er sagt, die Neuverschuldung muss konsequent verringert werden. Das tun wir. Das wird im laufenden Haushalt 2011 umgesetzt. Er folgert, die Personalausgaben sind weiter zu begrenzen. Auch da befinden sich Reformen in der Umsetzung. Ich bin gespannt, ob sie dabei mitgehen. Reformen bedeuten Veränderungen im Land. Das bedeutet eine Veränderung bei Standorten. Das sehen wir bei der aktuellen Diskussion um die Besoldung der Landesbeamten. Das bringt nicht immer einfache Beschlüsse mit sich. Dabei sehe ich oft, dass Sie nicht mitgehen, sondern eher noch mehr fordern. Wir sind gespannt, ob Sie bereit sind, die notwendige Konsolidierung mitzugehen.

(Zuruf des Abg. Fuhr, SPD)