(Pörksen, SPD: Das ist auch besser so! – Dr. Weiland, CDU: Das würde ich an Ihrer Stelle auch nicht, weil sich das nicht mit Ihrer Politik verträgt!)
Das ist auch sehr gut so, weil das ein Zukunfts- und Menschenbild ist, das sich dort verbirgt, das nichts mit meinen politischen Vorstellungen zu tun hat, meine Damen und Herren.
(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Pörksen, SPD: Genauso ist das! – Ramsauer, SPD: Einige der Steuerzahler!)
Dieser Verband – das ist kein Schimpfwort – ist ein Lobbyverband einiger Großsteuerzahler. Das ist nicht zu bestreiten. Der Bund der Steuerzahler hat ausgerechnet, dass es für die kleinen Leute, von denen die Rede ist, im ersten Schritt im Jahr 17 Euro ausmacht. Für Verdiener, die eher meiner Einkommensgruppe zuzurechnen sind, sind es schon einige 100 Euro.
In Ihren Reihen sehe ich doch, dass Sie, wenn Sie nicht twittern, dauernd die „BILD“-Zeitung lesen. Wieso darf ich sie dann nicht zitieren?
Der Bund der Steuer-Gewerkschaft, den ich sehr ernst nehme – Steuer-Gewerkschaft im Deutschen Beamtenbund heißt es korrekt –, hat die gleichen Berechnungen vorgelegt. Wie könnte es auch anders sein.
Nein, nein, ich bin nicht so primitiv zu sagen, man drängt sie in eine soziale Ecke. Es ist nicht einmal sozial, was dort vorgeschlagen worden ist; denn die Erhöhung des Grundfreibetrages wirkt sich linear für alle gleich aus, und die Veränderung des Tarifes, die sie vorschlagen, bringt für diejenigen, die viel verdienen, deutlich mehr an Entlastungen mit sich. Meine Damen und Herren, ich finde, ich mit meinem Einkommen brauche keine Entlastung, die dazu führt, dass wir in Rheinland-Pfalz 100 Millionen Euro mehr einsparen müssen, während wir bei den Familien mit Kindern oder bei der Bildung tiefe Einschnitte in Kauf nehmen müssen. Das ist keine Politik, das ist Lobbyismus, und es ist letztendlich der Versuch, eine kaputte Koalition noch ein wenig notzubeatmen, meine Damen und Herren.
Es sind nicht der Köbler, der Hering oder der Beck, die nun anfangen, ihre Ideologie zu verbreiten. Wenn Sie am 8. November in der „Süddeutschen Zeitung“ das Interview mit dem Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung nachlesen, der der sozialistischen Umtriebe nicht verdächtig ist, dann sagt er wörtlich: „Diese Steuersenkung wird verpuffen.“ Der Professor schlägt eine höhere Steuer für Vermögende und Millionäre vor. Er tut dies sicherlich nicht aus Ideologie, sondern aus einer wohlerwogenen, wirtschaftswissenschaftlichen Position heraus. Ich könnte ihn jetzt noch weiter zitieren, ich habe den Artikel vorliegen.
Diese Menschen machen sich also Sorgen darum, dass das System in der Balance bleibt. Dies ist die Kernsorge auch dieses Mannes. Diese Menschen sagen: Man kann in einer solchen Situation die öffentliche Hand nicht dadurch handlungsunfähig machen, dass man dauerhaft auf Einnahmen verzichtet, noch zusätzlich zu dem, was ohnehin schon entschieden ist.
Das ist auch die Position dieser Landesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren. Ich fordere die CDU auf, endlich in dieser Frage Position zu beziehen. Sie haben in dieser Frage keine klare Position; denn viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen, die Regierungsverantwortung in den Ländern oder in den Kommunen tragen und mit denen ich häufig rede, teilen zu 100 % die Auffassung, die ich gerade vorgetragen habe, und auch die
Opposition in Rheinland-Pfalz sollte sich einmal zu einer klaren Position in der Steuerpolitik bekennen. Nicht hü und hott, und jeder macht, was er will. Frau Billen – Ach, ich sage schon „Frau Billen“!
Entschuldigung! Ich würde Frau Billen nie zu nahetreten, indem ich sie finanzpolitisch mit Frau Klöckner vergleiche. Das würde ihr nicht gerecht werden.
Sie hat mich früher oft geärgert, und das weiß sie auch, aber sie wusste immer, wovon sie redet, und daran habe ich bei Ihnen heute doch ernsthafte Zweifel gehabt.
Frau Klöckner, Sie können nicht immer allen recht geben in Ihren eigenen Reihen und nur einen Übertünchungskompromiss machen. An solchen Stellen geht es ums Eingemachte, und man darf von einer Oppositionsführerin erwarten, dass sie Position bezieht und sich nicht durchschlängelt wie eine Blindschleiche.
(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU: Das ist eine Beleidigung! – Billen, CDU: Wenn einem die Argumente ausgehen, redet man so!)
Das ist keine Beleidigung! Eine Blindschleiche ist ein possierliches Tierchen, das unter Naturschutz steht, meine Damen und Herren.
(Beifall bei SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Weiland, CDU: Bei Ihnen würde ich auch einmal einen Vergleich mit anderen Tieren anstellen! – Bracht, CDU: Eine Unverschämtheit!)
Es gibt keine Möglichkeit, den Menschen Steuersenkungen zu versprechen und gleichzeitig im Parlament zu sagen, alle schmerzhaften Einsparungen könne man vermeiden, und man könne ab 2016 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Das ist unmöglich, und wer das den Leuten erzählt, der macht ihnen ein X für ein U vor. – Das ist noch eine freundliche Formulierung, meine Damen und Herren.
Herr Präsident Mertes hat uns vorhin gemahnt, das Wort „Lüge“ nicht so oft in den Mund zu nehmen, deshalb möchte ich es auch vermeiden. Aber lassen Sie mich noch auf diesen ständig wiederholten und wohlfeilen Punkt hinweisen, wie schlecht doch Rheinland-Pfalz im Vergleich zu anderen Ländern dastehe.
Wir reden jetzt über die Verschuldung, aber ich komme nachher auch gern noch auf die Kommunalfinanzen
zu sprechen. Machen Sie sich keine Sorgen! Sie sind viel zu wichtig, als dass ich nicht darüber reden würde.
Mir liegt vom Statistischen Bundesamt – von niemand Geringerem als dem Statistischen Bundesamt –, abgedruckt im „FOCUS“ – auch kein Blatt, das ohne Weiteres der roten Hörigkeit bezichtigt werden kann –, das Ranking der Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der Verschuldung pro Kopf einschließlich der Kommunen vor. Wo steht Rheinland-Pfalz in diesem Ranking? – Es steht genau auf Platz 8, genau in der Mitte aller Bundesländer. Das befriedigt uns nicht, deshalb legen wir auch diesen Haushalt und diesen Finanzplan vor. Aber wenn Sie erzählen, wie katastrophal in Rheinland-Pfalz doch alles sei, dann ist dies eine Mär, die durch die Fakten nicht gedeckt ist, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, deshalb kommt es darauf an, dass wir gemeinsam ein Zahlenwerk beschließen, das in den Grundlinien so aussieht, wie ich sie von meinen Kollegen Hering und Köbler bestätigt bekommen habe. Es geht darum, dass wir auch in finanziell fordernden Zeiten dem Land seine Gestaltungskraft, die ihm vorgegeben ist, auf der finanziellen Seite nicht entziehen, sondern sie auf wirkliche Schwerpunkte konzentrieren. Das ist der Bereich der Bildung, es ist der Bereich der Gerechtigkeit, der mit der Bildung in engster und in entscheidender Weise verknüpft ist, das ist der Bereich der ökologischen Verantwortung, aktuell besonders ausgedrückt durch die Energiewende, und es ist auch die Vorbereitung auf eine tiefgreifende Veränderung der Alterszusammensetzung unserer Gesellschaft.
Ich verweise in diesem Zusammenhang gern noch einmal auf die Ausführungen von Herrn Finanzminister Kühl in seiner gestrigen Haushaltsrede hinsichtlich der zukünftigen Veränderung des Anteils der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter im Verhältnis zu der Gesamtbevölkerung, also zu der Relation zwischen dem Anteil der Kinder und Jugendlichen, die leider zu wenige sein werden, aber für die wir auch Verantwortung haben, und der deutlich größeren Zahl der älteren Menschen, für die wir entsprechend Vorsorge zu treffen haben. Das heißt, wir müssen heute dafür sorgen, dass diejenigen, die später einmal im handlungsfähigen Alter sein werden, noch Gestaltungskraft haben und nicht nur durch das Abzahlen von Schulden gebunden sind. Dem fühlen wir uns verpflichtet.
Es ist wohlfeil zu erzählen, wir hätten uns in der Vergangenheit in diesem Land das Leben immer leicht gemacht. Ich könnte es mir leicht machen und sagen, in all diesen Jahren – ich bin nun fast 34 Jahre Mitglied dieses Parlaments – hat die jeweilige Opposition, also auch die CDU seit gut 20 Jahren, immer etwas draufgesattelt. Sie hat niemals gesagt, in welchem Bereich weniger ausgegeben werden soll. – So einfach will ich es mir gar nicht machen.
Es stimmt absolut. Sie haben immer draufgesattelt. Ich wollte es Ihnen dieses Mal ersparen, Herr Bracht, aber Sie sind ein so toller Stichwortgeber, dass ich es einfach nicht übers Herz bringe. Wir rechnen immer zusammen, was Sie öffentlich und in diesem Parlament fordern, weil wir Sie ernst nehmen.
Ich kann es Ihnen auch vorrechnen: 800 zusätzliche Polizisten, 1.000 zusätzliche Lehrer und viele andere Positionen.
Sie können sich nicht mehr daran erinnern? Es gibt gute Vitamintabletten, die helfen bei der Erinnerungsförderung.
Frau Klöckner, ich wollte doch nicht darauf eingehen. Dann müssen Sie Ihren Nachbarn einmal bremsen. Ich wollte es überhaupt nicht sagen, weil ich einen anderen Ton anschlagen wollte.
Aber wer solche Zwischenrufe macht, die Wind säen, und diese in den Raum bringt, der erntet Sturm. Das ist nun mal so.