Kurt Beck
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Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, um darum zu bitten, dass wir in diesem Parlament nicht eine Entwicklung konterkarieren, in der wir uns auf der Bundesebene – nicht zuletzt auch durch die Koordination, die Frau Kollegin Lemke leistet – in einem sehr mühsamen Prozess aufeinander zubewegt haben. Ich spreche von einem gemeinsamen Beschluss aller 16 Länder, der auf der Grundlage dieser Ländervereinbarung mit der Bundesregierung getroffen wurde. So weit waren wir noch nie. Insoweit richte ich meine herzliche Bitte an Sie, meine Damen und Herren von der CDU, dass Sie nicht Krawall schlagen zu einem Zeitpunkt, zu dem die Karawane Gott sei Dank schon sehr viel weiter gezogen ist.
Ich bin gern bereit, Ihnen das endgültige Protokoll – bisher liegt nur ein vorläufiges Exemplar vor, das noch nicht von allen Beteiligten der Runde vom letzten Freitag abgesegnet worden ist –, das eine gemeinsame Beschlusslage des Bundes und aller Länder beinhaltet, zur Verfügung zu stellen. Darin wird deutlich, dass wir, was die Grundvereinbarung angeht, aber auch, was wichtige Streitfragen der Vergangenheit angeht, sehr viel weiter gekommen sind.
Natürlich hat Herr Kollege Albig auch im Zusammenhang mit der Bundeskanzlerin und der Kollegin aus Thüringen die Gesamtbeschlüsse dargelegt. Dass es aber vor dieser Vereinbarung einen gewissen Interessenskonflikt zwischen den norddeutschen Ländern, den süddeutschen Ländern und uns in der Mitte gab, ist doch auch logisch. Der Grundsatz, dass wir sichere, effizient arbeitende, stabile und eine kostengünstige Stromversorgung brauchen – ein Grundsatz, der nicht umstritten ist –, berührt natürlich unterschiedliche Länder verschieden.
Im Übrigen ist auch unbestritten bei den Kolleginnen und Kollegen, dass dies am stärksten Bayern betrifft, weil sie die größte Kernkraftkapazität haben. Wenn diese aus
dem Netz geht, was gemeinschaftlich beschlossen worden ist, würden die größten Importe nach Bayern kommen. Dass Bayern allerdings genauso wie wir ein Interesse daran hat, einen Teil der Wertschöpfung, die mit Energieerzeugung verbunden ist – wir reden jetzt von Strom, allenfalls zu einem Teil von anderen Energiearten, also Wärme, wenn es um Kraft-Wärme-Kopplung geht –, ist doch richtig. Dort kommt aber wieder diese Interessenkonfliktsituation zwischen der Offshore- und der Onshore-Windenergieerzeugung.
Wir werden diesen Interessenkonflikt dadurch auflösen, dass sich Bund und Länder einig sind, dass die Dimensionen immer in einer Bandbreite, die der Wirtschaftlichkeit noch Spielräume gibt, aufeinander abgestimmt sind und akzeptiert ist, dass wir Stromenergieerzeugung auch in unserem Land Rheinland-Pfalz, wie in anderen Ländern, die nicht küstennah sind, über Wind brauchen.
Unverzichtbar ist mit dieser Frage erstens die Leitungsfrage verknüpft und zweitens die Frage dessen – man kann es heute gar nicht mehr so nennen –, was man früher Grundlast, Mittellast und Spitzenlast genannt hat. Das wird nach der Energiewende eine andere Frage sein. Es ist die Frage, was zu welchen Preisen gehandelt wird. Das werden andere Parameter sein, als wir sie in der Vergangenheit angewandt haben.
Dass wir aber ein gewisses Maß an Offshore-Energie brauchen, um das, was wir heute noch Grundlast nennen, zu erzeugen, ist doch richtig.
Dass wir aber auf der anderen Seite auch verbrauchernah Modelle entwickeln, die die Wertschöpfung im Land lassen und Sicherheit schaffen, gehört in diese Balance hinein.
Genau so haben wir es gemacht. Genau so hat es Frau Lemke dargestellt.
So kann man das nicht sagen! So muss man es aber, wenn man zugehört hat, Frau Klöckner. Wenn man nicht zuhören will, dann muss man es nicht so sagen, Entschuldigung!
Energiesicherheit ist eine der ganz großen Verantwortungsfragen, die wir haben. Ich wehre mich einfach dagegen, wenn wir endlich eine Chance haben, aus den Schützenlöchern parteipolitischer Art auf der Bundesebene herauszukommen, dass Sie diese Schützengräben in Rheinland-Pfalz wieder ausbuddeln.
Natürlich war es so.
Erlauben Sie mir ein weiteres Stichwort. Es ist doch geradezu absurd, wenn man der Ministerin vorhält, sie habe gesagt, das Problem auch der Strompreiskosten lösen wir damit, dass man das Licht ausmacht. Aber mit Verlaub, dass es auch wichtig ist, Strom zu sparen, darüber bleiben wir uns doch hoffentlich einig. Das steht auch ausdrücklich in der Vereinbarung mit dem Bund. Dass man dann ein Beispiel wählt, das den Menschen nachvollziehbar ist, ist doch klar. Ich finde, wir sollten uns nicht die Kindlichkeit antun, dann zu sagen, damit habe sie gesagt, so wird das Problem gelöst, und dann hätten die Menschen, die weniger Geld haben, weniger Probleme. Das ist doch wirklich
unser aller nicht würdig, sich auf einem solchen Niveau auseinanderzusetzen.
Dass wir aber bei Weitem, was das Energiesparen angeht, noch nicht am Ziel sind, das wissen wir auch. Dazu gehören neben technischen Entwicklungen auch Verhaltensweisen. Das ist gar keine Frage. Deshalb ist die Mahnung wichtig, und zwar sowohl die des Bundesumweltministers als auch der Energieministerin in Rheinland-Pfalz. Ich bleibe dabei. Ich bleibe auch dabei, solange ich noch in der Staatskanzlei bin, dass ich jeden Tag herumlaufe und die Lichter ausmache, wenn draußen die Sonne scheint und alles hell beleuchtet ist.
Ich schäme mich nicht dafür. Das sage ich Ihnen in aller Klarheit. Jetzt hoffe ich, dass niemand kommt und sagt, der Ministerpräsident begreift seine Aufgabe darin, Lichter auszumachen.
Nur, wenn man selbst nicht mit ordentlichem Beispiel vorangeht, können wir nicht den Menschen sagen, aber ihr solltet jetzt einmal richtig Energie sparen.
Wie es hier im Parlament gehandhabt wird, dazu habe ich nichts zu sagen, da äußere ich mich nicht.
Meine Damen und Herren, noch ein Stichwort zu dem Thema „Netze“. Es gibt eine Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern, die auch am letzten Freitag getroffen wurde, dass bis Mitte des Jahres 2013 – die Frist aus meiner Sicht relativ lang zu wählen, hängt mit
der Bitte des Bundes zusammen, was ich gar nicht kritisiere, ich sage nur, dass nicht wir geschoben haben – diese Relationen der Stromerzeugung festgestellt werden.
Der Präsident der Bundesnetzagentur saß mit am Tisch und hat die Fakten dazu vorgetragen und auch aufgenommen, was jetzt an Auftrag ergeht. Dann werden wir auch wissen, wie die Verzahnungen miteinander sind. Das wird dann auch mit dem Land Rheinland-Pfalz und mit den anderen 15 Bundesländern verzahnt werden.
Zum Netzausbau selbst darf man vielleicht einmal das, was Frau Lemke an Daten genannt hat, festhalten. Wir kommen nicht voran. Es war nicht ganz ohne meine Beteiligung, dass es diesen Energiegipfel jedes Vierteljahr im Kanzleramt gibt. Bei dem letzten Bericht hat uns der Präsident der Bundesnetzagentur die gleichen Zahlen genannt, was den Ausbau von Hochspannungsnetzen und Fernleitungsnetzen angeht, wie diesmal.
Ich habe im Kanzleramt dann unter Zustimmung aller angeregt, dass wir bei der nächsten Runde einen Bericht bekommen, der jedes einzelne Teilstück betrachtet und aufzeigt, woran es hängt. Das können Probleme vor Ort sein, aber es können durchaus auch Probleme sein, die etwas mit Verfahren oder Ähnlichem zu tun haben. Ich finde, wir haben die Pflicht, uns das anzuschauen. Von Vierteljahr zu Vierteljahr zu sagen, wir sind nicht weitergekommen, was den Netzausbau angeht, ist nicht akzeptabel.
Erkennen wir aber doch bitte an, dass sowohl die Energiewirtschaft in unserem Land Rheinland-Pfalz als auch die Bürgerinnen und Bürger und alle, die für Genehmigungsverfahren zuständig waren und sind, offensichtlich in höchstem Maße effizient arbeiten. Wir haben gehört, rund zwei Drittel der Netzkapazitäten, die fertiggestellt sind, sind in Rheinland-Pfalz. Da dürfen wir doch einmal anerkennen, dass ordentliche und gute Arbeit geleistet worden ist. Warum muss das dann in einer Beschimpfungsorgie münden?
Meine Damen und Herren, es ist doch ein klare Rangfolge erkennbar. Die Offshore-Onshore-Relation, was Ferntransporte von Stromenergie angeht, ist eine entscheidende Basis. Mitte 2013 werden wir aufgrund der Vorarbeiten, die der Bund unter Beteiligung der Länder leisten wird, die Zahlen endgültig abstimmen.
Zweiter Punkt. Es wird dann darum gehen, einige Investitionshemmnisse zu beseitigen. Darauf haben wir uns auch verständigt. Aufgrund der Unbundling-Regelungen der Europäischen Gemeinschaft sind Netze veräußert worden. Ein großes Teilnetz befindet sich in der Hand einer holländischen Firma, die teilweise in Staatsbesitz ist. Diese Firma erklärt, sie könne die Investitionen nicht stemmen. Aber davon können wir uns nicht abhängig machen. Also muss gefragt werden: Was sind berechtigte Investitionshemmnisse, und wo muss man von den Eignern, die sich schließlich um diese Aufgabe beworben haben, erwarten, dass sie investieren?
Deshalb geht es darum, Absicherungen für die OffshoreAnlagen zu schaffen, die – auch das ist in Deutschland Konsens – anders als zum Beispiel vor der schottischen Küste nicht relativ küstennah, sondern aus ökologischen und touristischen Gründen in relativ tiefen Gewässern gebaut werden. Dazu liegen keine ausreichenden technischen Erfahrungen vor. Die Vertreter der Unternehmen sagen: Dann investieren wir nicht; denn wir können das Risiko, falls es sich bewahrheitet, nicht allein tragen. – Seitens der öffentlichen Hand heißt es: Wir sind bereit, einen Teil des Risikos zu tragen. –
Das erfolgt über Bürgschaften und, machen wir uns nichts vor, auch über die Stromkosten. Schließlich wird nicht auf Dauer alles an der öffentlichen Hand hängen bleiben können. Ich hoffe, dass wir mit diesem Ansatz, auf dessen Grundlage jetzt die weiteren Gespräche mit den Vertretern der Energiewirtschaft, in diesem Fall vor allem mit den Vertretern der Leitungsausbauunternehmen, geführt werden, eine Lösung finden, um dieses Investitionshemmnis zu beseitigen.
Ich sage noch einmal: Weitere Anforderungen muss uns die Energiewirtschaft aber erfüllen. Zu sagen, das, was sie im Rahmen eines Ausschreibungswettbewerbs übernommen haben, sei zu teuer, ist nämlich zu wenig. Wenn das nicht funktionieren sollte, dann – nur dann, darin stimme ich Herrn Dr. Braun in seiner Grundaussage zu – muss man überlegen, ob man, möglicherweise auch unter staatlicher Beteiligung, ein Unternehmen gründet, das sicherstellt, dass die Stromversorgung in Deutschland nicht wegen mangelnden Netzausbaus infrage gestellt und damit die Energiewende ad absurdum geführt wird. Das sind einvernehmliche Punkte.
Dass, wie es Frau Lemke dargestellt hat, zuerst diese EnLAG-Projekte geplant werden müssen und dann die NABEG-Projekte, also die Nahversorgungs- und die regionalen Projekte, an die Reihe kommen, ist technisch nachvollziehbar. Insoweit kann man nicht sagen, wir seien da im Verzug.
Wir haben uns zu den Kraftwerken verständigt. Das ist eine Herausforderung. Wir haben neben der Problematik einer sicheren und bezahlbaren Energieversorgung nach wie vor die CO2-Problematik im Auge zu behalten. Deswegen sind wir, die Regierung, der Auffassung, dass wir dort, wo wir entscheiden können, die Energieversorgung für eine Übergangszeit und vielleicht noch darüber hinaus über Gaskraftwerke sicherstellen wollen. Andere Länder legen Wert darauf, dass sie ihre Kohle verstromen können.
Das ist, auch was die Größenordnungen betrifft, über die man sich noch klar werden muss, ein Kompromiss, der auch mit einer Finanzierungsantwort einhergehen muss; denn ein Kraftwerk, das nur bei einer Spitzennachfrage und einem gleichzeitigen Tal bei der Erzeugung zugeschaltet wird, wird sich am Markt nicht finanzieren. Wenn wir die Energiewende als Ganze wollen, werden wir bereit sein müssen, dies vielleicht über die eine oder andere Förderung beim Bau und bei den Investitionen, also über die öffentlichen Förderinstrumentarien, aber zu einem Teil aber auch über die Stromkosten zu finanzieren.
An dieser Stelle möchte ich dafür plädieren, dass wir, was sowohl die Unternehmen als auch die Bürger angeht, Energiekosten nicht gleich Energiekosten setzen; denn die Energiekosten sind, wenn ich das richtig im Kopf habe, in den letzten zehn Jahren um 120 % gestiegen. Das ist für jede Bürgerin und für jeden Bürger dramatisch und stellt auch eine riesengroße Herausforderung für die Wirtschaft dar. Aber, meine Damen und Herren, die Umstellung im Zuge der Energiewende ist – ich hoffe, ich habe die Zahl richtig im Kopf – an dieser Steigerung nur mit 0,8 % beteiligt. Für den typischen Haushalt, der immer als Maßstab herangezogen wird – eine Familie mit zwei Kindern –, bedeutet das im Schnitt 9 Euro im Monat. Insoweit sollten wir nicht dramatisieren; denn zum Beispiel die Spritkosten, die bei der Fahrt zur Arbeit anfallen, und die Heizkosten schlagen viel stärker zu Buche. Trotzdem ist das Geld. Ich sage nicht, dass 9 Euro für einen normal verdienenden Haushalt kein Geld sind. Ich will da nicht missverstanden werden. Aber es ist doch eine andere Relation als in den anderen Bereichen der Energieversorgung.
Deswegen müssen wir durchaus darüber nachdenken – auch das ist vereinbart –, wie wir mit den wenig Verdienenden umgehen. Ich glaube, wir können den Weg, der zurzeit beschritten wird, nicht mehr durchhalten, nämlich dass man den Leuten den Strom abklemmt.
Die Stromversorgung ist in unserer Zeit unverzichtbar: von der Heizung im Eigenheim über die Wasserversorgung bis zur Versorgung der Kinder, zum Beispiel indem man ihnen ein Fläschchen warm macht. Ich glaube, deswegen müssen wir andere Wege finden. Ich kann mir durchaus vorstellen, über einen Sozialtarif zu reden. Auch der wird von anderen mitbezahlt werden müssen. Man sollte auch darüber nachdenken, ob man Anreizprogramme zur Anschaffung energiesparender Geräte auflegt. Aber ich denke, auch darüber sollte geredet werden, wobei wir wissen, dass es nicht so einfach ist. Wenn zwar ein neuer Kühlschrank angeschafft wird, der alte aber im Partykeller landet, wird der Stromverbrauch erhöht und nicht verringert. Das Leben ist, wie es ist, und nicht so, wie man es sich theoretisch ausdenkt. Da gibt es Prüfungsaufträge.
Deshalb plädiere ich sehr dafür – diese paar Punkte wollte ich ansprechen –, dass wir uns nicht dauernd gegenseitig unterstellen, wir hätten keine Ahnung.
Herr Mittrücker, das sind die Zahlen der Planungen aller Länder, also auch unsere. Es ist doch nicht wahr, dass es keine Fakten und keine Zahlen gibt. Sie haben sie sicherlich selbst; sonst würde ich sie Ihnen zur Verfügung stellen.
Warum halten wir uns gegenseitig vor, wir hätten keine Ahnung? – Ich bin kein Experte; ich werde auch nie einer werden. Aber es ist nun mal ein elementares Thema – auch ein zentrales Anliegen dieser Landesregierung –, die sozial-ökologische Wende herbeizuführen. Ich glaube, dass wir uns alle in einem solchen Umfang
mit diesen Dingen befasst haben, dass wir in der Lage sind, auf Grundlage der Zahlen und Daten eine Bewertung vorzunehmen und politische Entscheidungen zu treffen. Eines will ich hinzufügen: Wenn wir warten, bis uns die Fachleute sagen, was wir machen sollen, müssen wir noch bis Weihnachten 2030 warten;
denn es gibt enorm viele Interessen, und es existiert keine neutrale Positionierung in Bezug auf die Frage: Wer speist was ins Netz ein? – Natürlich haben alle ihre Interessen, und das ist auch legitim. Deshalb gibt es die Politik: Wir treffen am Ende die Entscheidungen.
Ich wollte nur noch einmal deutlich machen, dass wir sehr viel weiter sind, als in dieser Debatte angeklungen ist. Ich glaube, wir sind auf einem durchaus Erfolg versprechenden Weg.
Ich will ausdrücklich unterstreichen, Frau Kollegin Lemke hat einen großen Aufwand betrieben, um die Dinge zu koordinieren und zusammenzuführen. Dafür hat sie in hohem Maße Anerkennung verdient. Man könnte es sich leichter machen und sagen, lass es andere machen, oder man könnte mit dem Finger einfach auf den Bund zeigen und sagen, dass sie es machen sollen.
Ich bin nicht sicher, ob das gute Einvernehmen, das wir am letzten Freitag im Kanzleramt hatten, darauf zurückzuführen ist, dass Herr Rösler nicht dabei war.
Was soll denn das? Das soll meine Erfahrungen widerspiegeln, dass man sich in unserem Beisein bei mehreren Begegnungen widersprochen hat. Diesmal hat der Staatssekretär aus dem Wirtschaftsministerium – ich hoffe mit Prokura – eine äußerst konstruktive Rolle an der Seite des Umweltministers gespielt.
Das ist keine Erfindung. Das werden Ihnen alle, die am Tisch sitzen, bestätigen, dass ich nicht herumfabuliere.
Ich mache eine letzte Bemerkung. Wenn man irgendwo in Europa oder darüber hinaus unterwegs ist und mit Leuten spricht, dann sagen viele, dass wir uns etwas Großes vorgenommen haben, und fragen, ob das zu schaffen ist. Sie sagen auch, wenn es jemand hinbekommt, dann sind es die Deutschen. Ich glaube, dieser Herausforderung sollten wir uns stellen, und diesen Ehrgeiz sollten wir haben, der nicht durch unnötige politische Auseinandersetzungen an Stellen, wo sie nicht hingehören, erschwert werden soll.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident.
Verehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist in der Einleitung des Herrn Präsidenten deutlich geworden, dass die Landesregierung als 90-%-Eigentümer der Nürburgring GmbH den Gesellschafter und die Gesellschafterversammlung gebeten hat, auf die Geschäftsführung der Nürburgring Gesellschaft zuzugehen und beim Amtsgericht eine geordnete Insolvenz zu beantragen.
Wie es dazu gekommen ist, will ich Ihnen nach intensiven Beratungen heute Vormittag in den Ausschüssen noch einmal in groben Zügen darstellen. Lassen Sie mich jedoch zunächst deutlich machen, dass an niemandem in der Landesregierung und an mir am allerwenigsten eine solche Entscheidung spurlos oder ohne tiefes Nachdenken vorbeigegangen ist und vorbeigeht. Lassen Sie mich deutlich machen, dass in diesem Land Rheinland-Pfalz in der Zeit meiner Verantwortung als Regierungschef – das sind jetzt bald 18 Jahre –, aber auch als Fraktionsvorsitzender und vorher als Abgeordneter die Interessen dieses Landes, seiner Bürgerinnen und Bürger immer absolut im Vordergrund gestanden haben und ich meinen Amtseid sehr ernst genommen habe und nehme.
Lassen Sie mich jedoch auch deutlich machen, dass mir gerade entlang dieser Geschichte einer neuen Investition und eines gewollten Aufbruchs am Nürburgring unter dem Stichwort „Nürburgring 2009“ deutlich geworden ist, dass man, selbst wenn man sich selbst Sorgfalt attestiert, nicht ohne Fehler bleibt. Es sind in diesem Zusammenhang Fehler gemacht worden. Es sind Fehler gemacht worden, die etwas damit zu tun haben, dass man zunächst Besucherzahlen am alten Ring gemeldet hat, die offensichtlich nicht tatsächliche Zahlen waren. Es sind Fehler gemacht worden, die darauf beruhten, dass Prognosen von Wirtschaftsinstituten erstellt worden sind, die Zukunftsentwicklungen und Besucherzahlen zugrunde gelegt haben, die übersetzt waren. Es sind dann auch noch Fehler bei der Finanzierung passiert, einer Privatfinanzierung, die nicht funktioniert hat.
Dazu gekommen sind, wie es häufig ist, wenn etwas nicht rund läuft, Baukostensteigerungen in Größenordnungen von 80 Millionen Euro, die keinesfalls akzeptabel sind. Dafür gab es Verhaltensweisen von Firmen, die dort gearbeitet haben, die noch durch Gerichte untersucht werden. Aber es gab auch objektive Gesichtspunkte, die etwas mit Baustahlpreissteigerungen in gigantischer Höhe usw. zu tun haben.
Nichtsdestoweniger: Für das, was im Auftrag einer Tochtergesellschaft des Landes Rheinland-Pfalz, in diesem Fall einer 90-%igen Tochter des Landes RheinlandPfalz, geschieht, hat die Politik Verantwortung. Die politische Gesamtverantwortung liegt bei mir. Das war so, und das ist und bleibt so.
Ich will deshalb die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, besonders in der Region um den Nürburgring und ganz besonders die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den verschiedenen Nürburgring-Gesellschaften, um Entschuldigung bitten, dass wir sie in eine solche Unsicherheit geführt haben.
Meine Damen und Herren, Sie können mir glauben, dass ich mich in den vergangenen Jahren hundertmal gefragt habe, ob ich zu einem Zeitpunkt aus der damaligen Sicht eine andere Entscheidung hätte treffen sollen.
Es waren zwar nicht meine unmittelbaren Entscheidungen, die zu treffen waren. Das ändert aber nichts an der politischen Gesamtverantwortung der Führung einer Landesregierung.
Ich weiß heute, dass diese Fehler objektiv da waren. Ich könnte immer noch nicht die Zeitpunkte benennen, wo ich aus damaliger Sicht hätte sagen können: Jetzt – – –
Ich kann heute noch nicht nach Prüfung von mir selbst aus der jeweiligen damaligen Sicht erkennen, wo ich hätte sagen müssen oder gar können,
wo ich hätte objektiv sagen können: Jetzt werden bestimmte Entscheidungen von Ressorts oder von Geschäftsführungen politisch angehalten mit allen Folgen, die damit verbunden sind.
Ich will das in aller Deutlichkeit sagen: Das ändert nichts an der Gesamtverantwortung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wird jetzt sicherlich wiederholt, was öffentlich deutlich gemacht worden ist, nämlich mein Rücktritt gefordert. Natürlich befasst man sich auch mit einer solchen Frage. Ich sehe zu einer solchen Konsequenz deshalb keinen Anlass,
weil es meine Aufgabe ist, dieses Land im Auftrag der Wählerinnen und Wähler zu führen und dort, wo Probleme entstanden sind, auch aufgrund von politisch zu verantwortenden Fehlern, die gemacht worden sind, daraus wieder eine Zukunftsperspektive entstehen zu lassen.
Diesen Weg will ich gehen, und dafür stehe ich, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben
in den Jahren meiner Regierungsverantwortung
annähernd 700 große Projekte und größte Projekte, im Wesentlichen
ich werde Ihnen nicht antworten – Projekte, die etwas mit dem Abzug amerikanischer, französischer Streitkräfte und der Bundeswehr zu tun hatten, abgewickelt,
wobei auch einmal Fehler passieren können.
Wer könnte von sich behaupten, dass ihm bei so vielen Projekten nie ein Fehler unterläuft? Den müssen Sie mir erst einmal zeigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will deutlich machen, dass es darum geht, noch einmal einen Blick auf die einzelnen Schritte, um die es ging, zu werfen. Wer sich die Geschichte des Nürburgrings in Erinnerung ruft, weiß: Von Anfang an, schon als die Planungen zu Kaisers Zeiten vorgenommen worden sind, ging es darum, den Ring aus rein strukturpolitischen Grünen in diese Region Nürburg zu bauen.
Hätte man andere Gründe gewählt, nämlich in ein Ballungsgebiet zu gehen, wäre man dort nicht hingegangen. Diese Gründe, strukturpolitische Impulse im Bereich Ahr zu setzen, waren damals richtig, sie waren richtig, als die Formel-1-Strecke gebaut worden ist, obwohl dann die Formel 1 über viele Jahre nicht gefahren ist, und sie sind dem Prinzip nach richtig gewesen, als es darum ging, bei einer steigenden Konkurrenz hinsichtlich solcher Rennstrecken auf der Welt und im größer gewordenen Europa die Zukunftsfähigkeit und die Chancen zu verbessern.
Diese Grundüberlegung ist nach wie vor richtig. Es gilt, in solche Regionen Menschenströme und mit ihnen auch Geldströme zu lenken, um Impulse in die Wirtschaft zu setzen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist heute klar, dass, wenn die Entscheidung erneut zu treffen wäre, sie in deutlich kleineren Dimensionen stattfinden würde.
Und es ist auch klar, dass eine Reihe von Zwischenschritten, die gegangen worden sind, heute nicht mehr gegangen würden. Dennoch bleibe ich dabei: Es war prinzipiell richtig und notwendig, in das eigene Eigentum zu investieren. Die Fehler machen diese Grundüberzeugung nicht falsch.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, nach der gescheiterten Privatfinanzierung ging es darum, erneut einen Weg in die Zukunft zu finden.
Eines möchte ich an dieser Stelle allerdings auch sagen. Ich lese immer wieder und höre Behauptungen, das alles sei geschehen, weil der Nürburgring mein persönliches Prestigeobjekt sei.
Ich will Ihnen in aller Deutlichkeit sagen: Wenn in den vielen Jahren meiner politischen Arbeit etwas für mich Prestigeobjekt war, dann ging es um Entscheidungen darüber,
wie junge Menschen in diesem Land, unabhängig davon, aus welchem Elternhaus sie kommen, alle Bildungsgänge, die unser Staat bereithält, erreichen können. Das sind für mich Prestigefragen der Politiker, die handeln, und meine Prestigemaßstäbe und nicht irgendein Bauwerk. So habe ich nie gedacht. Ich bitte, mir das abzunehmen, meine Damen und Herren.
Ich will fortführen – –
Frau Kollegin, auch wenn mir der Vogel gezeigt wird, werde ich ruhig weiterreden.
Sie haben mir gerade den Vogel gezeigt. Ob das Politik ist, weiß ich nicht. Aber das müssen Sie für sich selbst ausmachen.
Ich will fortfahren in dem, was die nächsten Schritte gewesen sind. Wir haben im März 2010 einen Neuanfang gesucht und einen Ansatz gewählt, der auf der Grundlage – – –
Ich bin ja nur ruhig, damit die Leute hören, was ich sagen möchte.
Wir haben im März 2010 einen neuen Anfang gewählt auf der Grundlage eines Gutachtens, übrigens des viertgrößten Wirtschaftsprüfungsinstituts der Welt.
Dort war unter anderem eine Trennung von Besitz und Betrieb empfohlen und, den Betrieb in einer Hand zusammenzuführen. Das waren die Empfehlungen. Diese Empfehlungen haben wir beraten und sind ihnen gefolgt. Auf der Grundlage dieser Empfehlungen ist dann auch der Vertrag mit Herrn Lindner und Herrn Richter bzw. den Firmen, für die sie stehen, gemacht worden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist ja in die Diskussion eingeführt worden, ob denn das vorwerfbar gewesen wäre und es für diese Entscheidung eine ausreichende wirtschaftliche Begründung gegeben hätte. Dazu will ich zunächst sagen: Für mich waren und bleiben immer der regionalpolitische Aspekt und der Infrastrukturaspekt beim Nürburgring wie an vielen anderen solcher Punkte im Vordergrund. Deshalb war es nie anders – wenn Sie die Reden nachlesen, können Sie das feststellen; ich habe sie noch einmal überprüfen lassen –, als dass ich diesen Infrastrukturansatz immer als erstes genannt habe. Ich glaube, das sollte auch in der Zukunft so bleiben.
Natürlich erwartet man dann, dass aus dem wirtschaftlichen Betrieb so viel wie nur möglich erwirtschaftet wird und aus dem laufenden Betrieb möglichst Zinsen, Tilgungen und Abschreibungen erwirtschaftet werden können. Aber in einer großen Zahl von Maßnahmen, die das Land oder auch Kommunen in Gang gebracht haben, kann das nicht erreicht werden. Trotzdem trifft man solche Infrastrukturentscheidungen.
Ich beziehe mich jetzt erneut auf die Zusammenfassung des Gutachtens. Ich kann das kurz machen, weil es heute Morgen in den Ausschussberatungen schon einmal sehr ausführlich dargelegt worden ist. In diesem Gutachten, das letztendlich der Entscheidung der Landesregierung beratend zugrunde lag, ist unter anderem als Kernaussage ausgeführt:
Erstens: Die Eigentumsgesellschaft wird ihren Zahlungsverpflichtungen nach der Einschwungphase aus eigener Kraft nachkommen können.
Dazu komme ich auch noch, Herr Bracht. Einen Moment Geduld bitte. Ich komme zu dem Stichwort.
Zweitens: Es wird keine nachhaltige finanzielle Unterstützung mit Steuermitteln erforderlich sein.
Nicht ich, die viertgrößte Gutachterfirma der Welt.
Drittens: Die Pachteinnahmen der Eigentumsgesellschaft übersteigen Zinsen und Tilgung bereits 2015.
Viertens: Der konsolidierte Cashflow wird bereits ab 2017 positiv.
Fünftens: Die unterstellten Pachteinnahmen liegen unter der Leistungsfähigkeit der Pächter.
Also, das Unternehmen wäre nach diesem Gutachten erfolgreich.
Sechstens: Das konsolidierte Gesamtergebnis wird ab 2019 positiv sein.
Dann wird noch dargestellt, dass bis 2019 allerdings die Eigenkapitalsituation negativ verläuft. Das wiederum ist als ein Sachverhalt dargestellt worden, der sich danach durch entsprechende Entscheidungen wieder deutlich verbessert.
Das war die wirtschaftliche Einschätzung, die uns vorlag. Wir haben die infrastrukturelle und die politische Einschätzung für die Region hinzugefügt und die Entscheidung getroffen, diesen Pachtvertrag zu Ende auszuverhandeln und ihm zuzustimmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will gern darauf hinweisen, dass wir natürlich darüber diskutiert haben und auch die Frage eine Rolle gespielt hat: Gibt es andere alternative Möglichkeiten, um in der Eifel mit weniger oder mit dem gleichen Geld ähnliche Effekte für die Menschen und für die dortige Wirtschaft zu erzielen? – Trotz vieler Umfragen, Anfragen und Gespräche sind natürlich Vorschläge gemacht und auch umgesetzt worden, z. B. im Ahrtal Fremdenverkehrsverbesserung und vieles andere mehr. Aber nichts hat annähernd die Dimension der Möglichkeiten, wie sie dargestellt waren und – ich hoffe und bin zuversichtlich – auch sind, die der Nürburgring auf Dauer für die Region bietet.
Deshalb diese Entscheidung.
Lassen Sie mich zu einem weiteren Punkt kommen, der mich doch sehr berührt hat. Es ist behauptet worden, über diese Entscheidung sei sozusagen am Parlament und an der Öffentlichkeit vorbei gehandelt worden und wir hätten die Öffentlichkeit vor der Landtagswahl getäuscht.
Ich habe hier die Zusammenfassung all der Sitzungen, die seit diesem März, dieser März-Entscheidungen, zu diesem Thema in öffentlichen Ausschusssitzungen – ich lasse den Untersuchungsausschuss deshalb weg, weil ich nicht selbst unterscheiden kann, was war da öffentlich, was war nicht öffentlich –, aber ich rede von öffentlichen Ausschusssitzungen und Parlamentssitzungen. Es sind – ich kann es Ihnen auch im Einzelnen vortragen – 15 Sitzungen in diesem Zeitraum vor der Landtagswahl gewesen.
Es gab 24 Landtagssitzungen, davon stand auf 10 dieser Plenarsitzungen, die bekanntlich wie auch die Ausschusssitzungen öffentlich sind, dieses Thema auf der Tagesordnung.
Ich bzw. meine Mitarbeiter haben sich die Mühe gemacht, in das Handarchiv zu greifen und mir die Presseberichterstattung aus dieser Zeit, soweit sie auf einen ersten Griff von rein rheinland-pfälzischen Medien zu greifen war, mitgebracht. Es sind 32 Presseberichterstattungen zu genau diesem Thema in dieser Zeit in rheinland-pfälzischen Zeitungen. Da sind das Fernsehen und der Hörfunk nicht mitgerechnet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, bitte schön, wie wollen Sie jemandem ernsthaft erzählen bei der Breite der Diskussion, parallel zu einem Untersuchungsausschuss zu diesem Thema wäre dies an der Öffentlichkeit vorbeigeschleust worden seitens der Landesregierung? Ich weise das in aller Klarheit und Deutlichkeit zurück.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was eben als Zwischenruf gemacht worden ist, „Einschwungphase“ und so weiter, war mir, wie ich zugeben muss, vor diesen Ereignissen auch ein neuer Begriff. Ich rate Ihnen, wenn Sie Fragen haben und sagen, dass alles ist nicht aufgeklärt, darüber ist nicht öffentlich geredet worden, einfach die Protokolle Ihrer eigenen Sitzungen noch einmal anzuschauen.
45. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr, öffentliche Sitzung, am 28. September 2010, eine klare und deutliche Auseinandersetzung mit der Frage: Was sind Neuinvestitionen, 330 Millionen, was sind alte Belastungen, die nicht an den neuen Verpächter bzw. auf die neue Form übertragen werden? – Dort ist Ihnen auch dargestellt worden, dass die Formel-1-Kosten durch das neue Verfahren und den neuen Vertrag nicht erwirtschaftet werden können, wie übrigens offensichtlich in fast aller Welt bei Formel-1-Rennen nicht, wenn das, was der „stern“ vor einigen Wochen veröffentlicht hat, richtig ist. Ich bin sicher, dass es richtig ist, dass an anderen Rennstrecken Risikozuschüsse teilweise deutlich höher als bei uns gezahlt werden.
Am 18. Januar ist in der Wirtschafts- und Verkehrsausschusssitzung – ebenfalls öffentliche Sitzung – diese Frage der Einschwungphase,
wie viel zu erwirtschaften ist, im Detail dargestellt worden.
Ich rate nur, bevor wir uns gegenseitig vorwerfen, wir hätten nichts gewusst oder die Öffentlichkeit hätte nichts erfahren, doch wenigstens die Fakten zur Kenntnis zu nehmen, meine Damen und Herren.
Ja, natürlich.
Ich habe diese Aussage im Zusammenhang mit dem Gutachten gemacht, das ich Ihnen gerade eben in sie
ben Punkten zitiert habe. Wenn dort dieses viertgrößte Wirtschaftsprüfungsunternehmen der Welt sagt, die Pachteinnahmen der Eigentumsgesellschaft übersteigen Zinsen und Tilgung bereits 2015, dann durfte ich damals davon ausgehen, dass das eine gerechtfertigte Aussage ist. Sie galt zu diesem Zeitpunkt.
Zu diesem Zeitpunkt konnte weder ich noch konnten Sie noch andere wissen, dass die Pächter ihre Pacht nicht in vollständigem Umfang zahlen, was derzeit zur rechtlichen Auseinandersetzung führt.
Aussagen kann man immer nur vor einem gesicherten Hintergrund machen. Aber wenn das kein gesicherter Hintergrund in der Politik ist, dann gibt es keinen, weder in der Politik noch in der Wirtschaft noch in anderen Bereichen, meine Damen und Herren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren – – –
Nein, Herr Licht, ich möchte jetzt ein paar Sätze im Zusammenhang sagen. Später gerne.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, da die Pachtzahlungen nicht in vollem Umfang geleistet worden sind, was wir jetzt rechtlich klären – – –
Wenn ich jetzt diese Rede halte, verstehe ich immer mehr, wie schwer es Grundschullehrerinnen und -lehrer vor ihren Klassen haben.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, verehrte Bürgerinnen und Bürger, nachdem die Pachtzahlungen wider eines geltenden Vertrages nicht und dann nicht in vollem Umfang gezahlt worden sind, ist diese wirtschaftliche Grundlage natürlich nicht mehr vorhanden gewesen. Es war dann klar – das hat sich mit dem zusammengefügt, was die rot-grüne Landesregierung vereinbart hatte –, einen Neuanfang zu machen und eine EUkonforme Lösung zu suchen. Diesen Ansatz haben wir gewählt.
Zunächst hat Herr Kollege Lewentz das getan, was seines Amtes ist, gemahnt. Es hat Gespräche gegeben.
Ja es ist nun einmal so, dass man, wenn man einen Anspruch hat, zuerst mahnen muss, bevor man ihn gerichtlich geltend machen kann.
Dann haben wir ihn gerichtlich geltend gemacht und dann gekündigt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist gelungen – ohne diesen Insolvenzantrag wäre das abgeschlossen, und ich hoffe, es wird jetzt auch von den jetzt Verantwortlichen abgeschlossen –, eine entsprechende Vereinbarung über den Ausstieg der bisherigen Pächter zum 31. Oktober zu finden
und dann eine EU-konforme Ausschreibung zu machen und mit neuem Pächter oder Käufer in die Zukunft zu gehen.
In der Zwischenzeit hat die Europäische Kommission ihr Wettbewerbsverfahren eingeleitet, wie an Hunderten von anderen Stellen in Europa im Übrigen auch. Das war allerdings der Zeitpunkt, zu dem wir nach den europäischen Regeln nicht mehr selbst handeln durften, sondern die einzelnen Schritte notifizieren mussten. Es war klar, bei der verminderten Pacht wird die Nürburgringgesellschaft Ende Juli zahlungsunfähig sein. Um dies zu vermeiden und unser Konzept umzusetzen, aus eigener Kraft eine Erneuerung zu erreichen, haben wir die sogenannte Rettungsbeihilfe beantragt, bei der es wohlgemerkt nicht darum ging, Geld von Europa zu bekommen, sondern im Haushalt bereitgestelltes Geld für die Übergangsphase, bis der Neuanfang möglich ist – Ausschreibungsfristen etc. –, die Finanzierung, sicherzustellen.
Darüber hat die Europäische Kommission nicht entschieden.
Diese Nichtentscheidung hatte für uns den gleichen Effekt wie eine negative Entscheidung; denn damit ist oder wäre, wenn wir nicht gehandelt hätten, der Insolvenzfall von selbst eingetreten.
Über diese Beurteilung haben Frau Lemke und ich vor der Presse geredet, und das hat nichts damit zu tun, dass die Gründe, die ich für die Problematik eben noch einmal wiederholt habe, auf Dritte abgeschoben werden. Es hat aber schon etwas mit der Frage zu tun, ob es in einem Rechtsstaat eine Ebene geben darf, die durch Nichtentscheiden irreversible Folgen herbeiführt, gegen die man sich weder gerichtlich noch auf andere Weise zur Wehr setzen kann. Das gibt es in einem Rechtsstaat sonst nirgendwo. Mit dieser Frage werden wir uns auseinandersetzen müssen, politisch und rechtlich, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, insoweit geht es jetzt darum, dass wir, nachdem wir diesen Schritt zu einer geordneten Insolvenz gegangen sind, das Gericht eine eigentümergeführte Insolvenz angeordnet hat, was ein gutes Zeichen ist, das tun, was jetzt in unseren Möglichkeiten steht, um die jetzt Verantwortlichen, den neu
en Geschäftsführer und denjenigen, der vom Gericht eingesetzt ist, in ihrem Bemühen zu unterstützen, eine neue Perspektive für den Ring zu schaffen.
Wir sind in dieser Angelegenheit Gläubiger und nicht rechtlos bis auf normale Außenstände, die unstreitig sind, und die zuvor bedient werden.
Ich will im Übrigen auch sagen, meine Kolleginnen und Kollegen können Ihnen bestätigen, bei all den Beratungen mit den Rechtsanwälten und den Diskussionen war meine erste Frage, was das für die Handwerker und die Dienstleister bedeutet, die noch Rechnungen ausstehen haben, was es für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet.
Es mag Ihnen fremd sein, dass man so etwas fragt.
Erst als klar war, es wird von denen niemand Schaden nehmen, haben wir diesen Weg gewählt, meine Damen und Herren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie wissen, es gibt eine Gläubigerversammlung. Jetzt gibt es eine vorläufige Gläubigerversammlung, in der die ISB die Interessen des Landes vertritt. Insoweit haben wir darüber natürlich Möglichkeiten.
Da wir eine eigentümergeführte Insolvenz haben, ist der Geschäftsführer beauftragt, mit uns zusammenzuarbeiten. Das tut er. Es hat Gespräche gegeben. Ich werde mit Herrn Professor Dr. Schmidt am Montag zusammentreffen, um weitere Gespräche zu führen. Das ist alles sauber im Rahmen des Verfahrens, wie es das Gericht vorgelegt hat und wie es Vorgabe ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren – – –
Mein lieber Herr Bracht, der Geschäftsführer und der Sachwalter, wie er heißt, werden die Interessen der Gläubiger abwägen, und das sind wir nun einmal auch. Nur, dass wir da nicht alles durcheinander bringen.
Ich will noch einmal deutlich sagen, wir werden alles in unserer Kraft Stehende tun, um das, was bisher erarbeitet war und in unsere Eigenlösung eingeflossen wäre, jetzt den Insolvenzbeauftragten an die Hand zu geben, sodass sie darauf aufbauen können.
Sie haben in einer Pressekonferenz und in Gesprächen signalisiert, dass sie dies tun. Natürlich aus Ihrer Verantwortung heraus, sodass die Vorarbeit entsprechend genutzt werden kann.
Es ist ein gutes Zeichen, dass gestern die Vereinbarung über „Rock am Ring“, das Festival für zwei Jahre weiterlaufen zu lassen, getroffen wurde, weil von dem Kündigungstermin kein Gebrauch gemacht worden ist, wie uns und der Öffentlichkeit mitgeteilt worden ist.
Heute laufen die Gespräche mit dem ADAC um die entsprechenden Rennen: 24-Stunden-Rennen, Truck Grand Prix und was noch dazugehört. Der AvD hat sich heute öffentlich geäußert, dass er seine Veranstaltungen weiterhin am Ring plant.
Wir können den Arbeitnehmerinnen und -nehmern und den Menschen in der Region in der Eifel sagen, es gibt realistische gute Chancen, dass dort weiterhin die Aktivitäten stattfinden, die wir brauchen, um die Impulse in die Region zu geben.
Das Verfahren selbst wird sich sicherlich auf einige Jahre hinziehen, wie das den Üblichkeiten entspricht. Ich glaube aber, dass man, wenn man die handelnden Personen kennt, sagen darf, niemand sagt, eine Insolvenz sei jetzt einmal ein schöner Weg, damit das Missverständnis nicht wieder hochkommt, das heute Morgen im Ausschuss schon einmal so unterstellt worden ist.
Nein, das hat Herr Lewentz nicht gesagt, das haben Sie ihm heute Morgen unterstellt. Er hat es richtiggestellt, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, aber wenn man den Fall hat, muss man daraus das Beste machen. Unsere Verantwortung – dafür werde ich arbeiten, dafür wird diese Landesregierung arbeiten – ist, dass wir aus dieser Situation das Beste machen mit all unseren Kräften und Möglichkeiten.
Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass Ihre Reaktionen deshalb so ausfallen, weil Sie sich das aus parteipolitischen Gründen nicht wünschen. Das kann und will ich mir nicht vorstellen, meine Damen und Herren. Wir auf jeden Fall und die Menschen wollen, dass das Projekt erfolgreich wird.
Eines füge ich noch hinzu: Natürlich wird die Landesregierung ihre Aufgaben weiter wahrnehmen. Es sollte niemand durch die zugespitzte Berichterstattung an
nehmen, dass wir unsere großen Herausforderungen aus den Augen verlieren: Das ist, die Schuldenbremse umzusetzen. Das wird geschehen. Das ist, die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik weiterhin so zu führen, dass das Land Rheinland-Pfalz mit an der Spitze der Länder in der Bundesrepublik Deutschland steht.
Ja, das sind wir, exakt.
Wir werden unsere Arbeit so weiterführen, dass wir die große Herausforderung der Energiewende bewältigen und damit Zukunftsfähigkeit schaffen.
Wir werden die Herausforderungen der altersmäßigen Zusammensetzung der Gesellschaft, die sich dramatisch nach oben verändert, annehmen und weiterhin daran arbeiten.
Davon werden wir uns nicht ablenken lassen. Das heißt nicht, dass unsere Arbeit und unsere Kraft nicht auch der Lösung dieses Problems gelten werden.
Ich bitte Sie, daran mitzuarbeiten. Ich bin zuversichtlich, dass das auch geschehen wird. Ich bin durchaus optimistisch, dass wir bereits in einigen Monaten und auf jeden Fall in einigen Jahren von einer deutlich zuversichtlicheren Situation ausgehen können.
Vielen Dank.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Doch noch einige wenige Bemerkungen.
Erster Punkt: Die Situation bei Schlecker war in den Jahren bis 2009/2010, als es dann zu Tarifverhandlungen gekommen ist und als Betriebsräte teilweise unter heftigster Gegenwehr des Unternehmen gegründet worden sind, sozialpolitisch unhaltbar. Sie kennen alle die Berichte. Ich kenne die Situation. Aus einer Reihe von Gesprächen zur damaligen Zeit mit betroffenen Frauen ging hervor, dass zumindest in einer Vielzahl der Filialen des Unternehmens Schlecker die elementarsten Rechte nicht gewahrt und Sicherheitsvorkehrungen nicht
getroffen waren. Insoweit war es eine Selbstverständlichkeit, dafür einzutreten und an der Seite dieser Frauen zu stehen, als es darum ging, sie zu unterstützen, weil sie deutsches Recht auf deutschem Boden für sich in Anspruch genommen haben, nämlich sich gewerkschaftlich zu organisieren, Betriebsräte zu wählen und darüber hinaus für einen Tarifvertrag zu kämpfen. Ich verstehe nicht, was es daran zu mäkeln gibt.
Zweiter Punkt: Meine sehr geehrten Damen und Herren, als die Situation in Ordnung gebracht war, ist öffentlich anerkannt worden, dass sich das Unternehmen bewegt hat. Kein Mensch hat in den vergangenen Jahren zu Boykotts oder Ähnlichem aufgerufen, nachdem dort normale betriebliche Verhältnisse eingekehrt waren.
Wenn all das stimmt, was Fachleute sagen und was dann später über den Insolvenzverwalter verlautbart wurde, waren die Ursache – Frau Kollegin Dreyer hat das deutlich gemacht – ausgemachte unternehmerische Fehler, weil man das Unternehmen, weil man die einzelnen Filialen nicht attraktiv genug gestaltet hatte, weshalb man nicht mehr genug Kundinnen und Kunden fand.
Heute wird deutlich – wenn all das richtig ist, was öffentlich unwidersprochen berichtet wird –, dass man das Unternehmen kapitalmäßig ausgesaugt hat. Durch Berichte wird belegt, dass die Kinder von Herrn Schlecker mit dem Unternehmen Verträge geschlossen haben und Leiharbeit dorthin zu Preisen und Konditionen vermittelt haben, die gar nicht erarbeitet werden konnten. Damit sind Millionen aus dem Unternehmen gezogen worden. Das Unternehmen hätte aber dringend Millionen benötigt, um attraktiv aufgestellt werden zu können und damit eine Zukunftschance zu haben. Das kann man doch nicht einfach übersehen.
In der Presse wird von relativ hohen zweistelligen Millionenbeträgen berichtet. Diese Millionenbeträge sind so abgesichert worden, dass niemand die unternehmerische Verantwortung einfordern kann, nämlich das Geld in das Unternehmen zu stecken – jetzt ist es zu spät, aber vor ein paar Monaten wäre das noch gegangen –, um das Unternehmen wieder flott zu bekommen. Diesen Sachverhalt darf man auch in Erinnerung rufen.
Das zusammen hat zum Zusammenbruch von Schlecker geführt und nicht, dass Frauen Betriebsräte gewählt haben oder Tariflöhne bekommen haben.
Dritter Punkt: Es muss sehr wohl heute darüber geredet werden, wer dafür verantwortlich war und weshalb es nicht zu einer Transfergesellschaft gekommen ist. Aus all den sozialen und menschlichen Gründen, die genannt worden sind, aber auch weil es für den Insolvenzverwalter de facto gar nicht möglich war, dieses Unternehmen an einen Übernehmer zu veräußern; denn wer übernimmt ein Unternehmen, in dem bis zu 6.500 Arbeitsgerichtsklagen und Kündigungsschutzklagen anhängig sind? Kein Mensch konnte die Kosten kalkulieren, weil
natürlich klar ist, dass damit nicht, wie das bei einer Transfergesellschaft der Fall gewesen wäre, den Frauen geholfen wird und ihnen ein Übergang ermöglicht wird, sodass sie gezwungen gewesen seien, zum Arbeitsgericht zu gehen und ihre Rechte einzuklagen. Das hätte man durch einen sozialen Ausgleich und durch Hilfe in die Zukunft hinein völlig anders gestalten können.
Im Übrigen, es war nicht die böse Gewerkschaft, die die Klagen in dieser Größenordnung geführt hat. Schauen Sie sich das an. Ich habe mit dem für diesen Bereich zuständigen Gewerkschaftssekretär ein Gespräch geführt. Man hat seitens der Gewerkschaft, um die Arbeitsplätze, die zu diesem Zeitpunkt vor dem zweiten großen Kündigungsschub, der jetzt auf uns zukommt, noch vorhanden waren, zu sichern, nach einem Sozialausgleich gesucht, ohne den Frauen außer in einigen Fällen, bei denen die Sozialauswahl nach Überzeugung nicht korrekt gehandhabt worden ist, zu raten, den Weg zum Arbeitsgericht zu beschreiten. Die große Zahl ist aber zustande gekommen, weil sich die Frauen in ihrer Not an Anwälte gewandt haben, die logischerweise das empfohlen haben, was man dann tut, nämlich in jedem Einzelfall zu sagen, dann gehen wir zum Arbeitsgericht, damit die Fristen nicht versäumt werden.
Bis zu 6.500 anhängige Klagen. Wer sollte, wenn man nicht weiß, ob die gesamte Sozialauswahl noch einmal neu getroffen werden muss, dieses Unternehmen übernehmen?
Das alles wussten diejenigen bei der Bundesregierung, die sich der Transfergesellschaft verweigert haben. Wir haben damals eine Nacht und einen Tag Gespräche geführt, übrigens die CDU-Kollegen genauso wie wir am Rande und während einer Ministerpräsidentenkonferenz und die Nacht zuvor. Am Nachmittag hat man dann offensichtlich nach Rücksprache mit dem Bundeswirtschaftsminister von den entsprechenden Ländern gesagt, nein, das sei die Koalitionsfrage in Bayern und anderswo, deshalb könne man das nicht machen.
Zu diesem Zeitpunkt war jeder und jedem, die die Entscheidung getroffen haben, bewusst, dass damit das Risiko, dass das Unternehmen insgesamt in die Insolvenz geht, und zwar in die endgültige Insolvenz und dann auch aufgelöst wird, sehr hoch, fast unausweichlich sein würde. Deshalb muss das deutlich gemacht werden. Man hat sehenden Auges aus Ideologie diesen Weg verweigert, den wir in Rheinland-Pfalz über Transfergesellschaften – Frau Kollegin Dreyer – mit großem Erfolg an vielen Stellen schon gegangen sind. Bei privaten Unternehmen, im Bereich der Konversion, an vielen Stellen sind wir diesen Weg schon mit großem Erfolg gegangen. Das muss in Erinnerung gerufen werden, damit nicht Legendenbildungen entstehen.
Meine Damen und Herren, ich bin Frau Kollegin Dreyer sehr dankbar dafür. Wir haben im Kabinett mehrfach entlang ihrer Berichte darüber gesprochen und beraten. Ich bin sehr dankbar, dass man sich in einem guten Miteinander mit der Bundesagentur für Arbeit auf den Weg verständigt hat, den wir gehen können, die Möglichkeiten der Bundesagentur einzusetzen, aber auch auf die individuelle Situation jeder einzelnen Frau und, wenn ich an das Lager bei Alzey denke, auch der Män
ner, die dort beschäftigt sind, einzugehen, um einen Weg zu suchen.
Ich will Ihnen natürlich ohne Namen ein Beispiel aus meiner letzten Sprechstunde nennen. Da ist eine Frau, 58 Jahre alt, die – glaube ich – 27 Jahre bei Schlecker gearbeitet hat, die von der dortigen Regelung im Unternehmen „Vorruhestand als Blockzeit“ Gebrauch gemacht hatte, wie viele ihrer Kolleginnen auch. Am 1. Dezember hätte sie jetzt in die Ruhestandsphase der Blockzeit gehen können. Jetzt ist alles, was sie an Zeit erarbeitet hat, weg. Es ist völlig ohne Bedeutung, und sie muss dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
Ich habe es prüfen lassen. Das ist rechtlich unangreifbar, aber eine bittere Situation für die Lebensplanung von Menschen, und viel Geld ist fort, zwar nicht bares Geld, aber erarbeiteter Lohn, der nicht zum Tragen kommt. Solche Fälle gibt es viele. Deshalb bin ich dankbar, dass wir versuchen, in diesen Fällen wenigstens zu beraten. Es ist nicht einfach zu begreifen. Da geht es um die Frage: Ist es rentenschädlich? Da geht es um die Frage: Wie sieht es mit Sozialversicherungsbeiträgen aus? Da geht es um die Frage: Wonach und wie lange bemisst sich in einem solchen Beispielsfall die ALG-IZahlung? Zählt eigentlich das, was man erarbeitet hat, noch dazu, oder ist man entscheidend früher in ALG II?
Für jemanden in diesem Alter ist es die Frage, ob man die Möglichkeit, in die Rente zu gehen, dann noch erreicht oder nicht, oder ob man zurückgeworfen wird auf ALG II mit der Folge, wie das auf dem Land ist, man hat ein Häuschen, ein bisschen Vermögen und muss alles offenbaren, um die Prüfung zu bestehen, ALG II zu bekommen. Um solche Fragen geht es jetzt in der Tat.
Deshalb bin ich froh, dass wir im Rahmen unserer Möglichkeit helfen. Ich hoffe, dass dieses Beispiel für die Zukunft eine andere Art der Erörterung in Deutschland zwischen den Parteien herbeiführt, als dies entlang dieses Beispiels geschehen ist.
Wir haben erlebt, dass in Teilen der deutschen Presse damals Herr zu Guttenberg gefeiert worden ist, weil er den Opel-Kompromiss, den wir im Kanzleramt in vielen Nächten ausgehandelt hatten, kaputt gemacht hat. Heute sehen wir, wie schwierig die Lage bei Opel wieder ist.
Ordnungspolitik ist das eine, aber zu überlegen, ob man wirklich Menschen, ohne dass man an ihrer Seite steht, dann in solchen Situationen im Stich lässt, ist das andere. Unser Verständnis von sozialer Marktwirtschaft ist, dass man nicht versucht, besserer Unternehmer oder bessere Unternehmerin zu sein, man nicht versucht, jede Insolvenz zu verhindern – das kann man nicht, wenn es keine Fortführungschance des Unternehmens gibt –, man aber die Interessen der in einem Unternehmen arbeitenden Menschen abwägt und man wie in diesem Fall, ohne dass man wirklich hätte öffentliche Mittel in die Hand nehmen müssen, handeln kann und dann auch handelt. Man hätte wahrscheinlich Tausende Arbeitsplätze, Personen retten können, die jetzt ihre Kündigung bekommen, und man hätte Tausenden zumindest einen leichteren Übergang in eine neue Perspektive geben können.
Ich muss sagen, ich habe ein Interview mit dem Bundeswirtschaftsminister gesehen, als diese Geschichte mit der Übernahmechance geplatzt ist. Dann auf die Frage des Reporters, was sollen die Frauen denn jetzt machen, zu sagen, sie sollen sich um neue Arbeit bemühen, finde ich, ist an Zynismus nicht zu überbieten, deshalb muss es auch kritisiert werden.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir stehen in Europa weltweit vor einer schwierigen Situation, die etwas mit der Stabilität der Währung in 17 Ländern Europas zu tun hat, nämlich dem Euro, weil weltweit die Besorgnis besteht, dass eine einseitige Sparpolitik in Europa auf die ohnehin fragile Weltwirtschaft negativen Einfluss hat. Es war kein Zufall, dass sich bei dem G-20-Gipfel die anderen Gipfelteilnehmer alle darüber verständigt haben – letztendlich auch die deutsche Bundeskanzlerin –, dass man Impulse in die Wirtschaft setzt.
Ich finde, wir sollten voller Aufmerksamkeit und mit einer gewissen Demut zur Kenntnis nehmen, dass andere Länder in der Welt eine Stabilisierung und eine Bürgschaft für den Euro in der Höhe von 63 Milliarden USDollar übernehmen. Es muss uns ein bisschen auf der Zunge zergehen, wenn wir wissen, wer diese Bürgschaft gewährt. Es sind China, Russland und Indien. Das sind Länder, in die wir, wie Indien, Entwicklungshilfe zahlen. Das muss die Dramatik der weltweiten Befürchtungen deutlich werden lassen.
Innerhalb dieses Reigens müssen wir versuchen, uns auch in Europa zu bewegen. Das ist der Grund dafür, dass sowohl in Frankreich als auch in der Europäischen Kommission und in den meisten anderen europäischen Ländern Einigkeit darüber besteht, dass neben der Sparpolitik, die wir uns und anderen auferlegen, auch Zukunftsimpulse kommen müssen, weil ansonsten eine solche reine Sparpolitik nie und nimmer dazu beitragen wird, dass die schwachen Länder bzw. die schwächsten Länder in Europa wieder auf einen Wachstumspfad kommen und damit aus eigener Kraft ihre Volkswirtschaft voranbringen und ihre Gesellschaften finanzieren können.
Das ist der Grund dafür, warum der neue französische Präsident diese Impulse vertreten hat. Es war immer auch die Auffassung der GRÜNEN und der Sozialdemokratie in Deutschland, dass dies parallel zueinander organisiert werden muss, nämlich das Einhalten der Haushaltskonsolidierungsvorgaben in Europa und zielgenaue und überwachte Impulse, damit es nach vorne gehen kann.
Wenn der Kollege Hering und auch der Kollege Köbler davon gesprochen haben, dass wir in Teilen Europas eine Jugendarbeitslosigkeit von 50 % und mehr haben, dann darf man doch nicht annehmen, dass man daran vorbeischauen kann. Das wird zu Verwerfungen führen. Es mag im Moment – das ist auch in Ordnung so – punktuell das Anwerben von jungen Menschen aus Spanien geben, die bei uns eine Lehre machen. Das wird aber auf Dauer keine Lösung sein können.
Deshalb brauchen wir diese Impulse, und es werden derzeit auch entsprechende Größenordnungen ausgelo
tet. François Hollande spricht von 110 Milliarden Euro auf der Zeitschiene. Sie wissen, wir reden wegen der Verbürgung der Probleme, die über die Finanzmärkte wegen der schwachen Währungen und der schwachen Volkswirtschaften über uns gekommen sind, von allein 800 Milliarden Euro Bürgschaften. Insoweit sind die Dimensionen nicht danebengegriffen. Jetzt wird es darauf ankommen, dass wir das auch miteinander vereinbaren.
Verehrte Frau Klöckner, ich kann nicht nachvollziehen, was Sie erzählt haben. Sie werden das am 28. oder spätestens 29. Juni einsammeln müssen, weil die Bundeskanzlerin mit absoluter Sicherheit einem solchen Impulsprogramm in das Wirtschaftswachstum zustimmen wird. Was soll denn dieses Gerede hier?
Herr Licht, ich habe sehr wohl zugehört. Glauben Sie es mir.
Dann muss man den zweiten Punkt ansprechen. In dieser Diskussion auf der europäischen Ebene muss doch endlich die Frage gestellt werden, ob es so bleiben kann und ob die Menschen uns, nämlich der Politik überall in Europa, abnehmen, dass die sogenannten Finanzmärkte – das ist eine anonyme Größe – bestimmen, was in Europa geschieht, und die Regierungen und damit auch die gewählten Parlamentarier so gut wie keinen Einfluss auf diese Zukunftsentwicklungen mehr haben. Wenn die Regierung keinen Einfluss hat, können diese auch keinen Einfluss auf die Regierung ausüben.
Deshalb ist ein erster und ganz entscheidender Schritt, dass wir diejenigen, die an den Krisen verdienen, auch zur Finanzierung der Krise heranziehen. Es ist doch wirklich eine skandalöse Entwicklung, dass sich Deutschland und der Rest Europas gerade dazu verständigt haben, zur Abfederung der spanischen Banken eine Bürgschaft von 100 Milliarden Euro zu übernehmen.
Im gleichen Atemzug am nächsten Tag raten die Ratingagenturen Spanien mit der Folge nach unten, dass die Zinsen steigen. Das heißt, dass die spanischen Banken höhere Zinsen bezahlen müssen. Das kann man tun, weil man weiß, dass die europäischen Steuerzahler garantieren, dass man das von denen zurückbekommt, die damit spekulieren. Ich finde, das ist ein Skandal ersten Ranges. Deshalb muss an den Finanzmärkten Ordnung geschaffen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier ist die Finanztransaktionssteuer ein erster, aber wichtiger Schritt. Ich bin froh über die Kehrtwende, da die Bundesregierung diese Finanztransaktionssteuer vor einer Woche noch strikt abgelehnt hat, und zwar nicht so sehr, weil es die CDU-Seite nicht wollte. Der Kollege Seehofer ist ein glühender Befürworter der Finanztransaktionssteuer. Das waren seine Worte im Parlament und auch
mir gegenüber. Es war die FDP, die wieder einmal fertiggebracht hat, dass über eine lange Zeit der Schwanz mit dem Hund gewackelt hat.
Jetzt hat man sich besonnen; jetzt ist man bereit, eine solche Finanztransaktionssteuer mitzugehen. Die Vertragsbedingungen sehen vor, dass wir dafür neun europäische Länder brauchen. Nach Einschätzung sowohl der Bundesregierung, wiedergegeben in dem Gespräch, das wir als Ministerpräsidenten am vergangenen Donnerstag im Kanzleramt hatten, als auch anderer Regierungen geht man davon aus, dass diese neun Länder zusammenkommen werden. Ich bin sehr froh, dass man sich dabei am Vorschlag der Europäischen Kommission orientieren wird. Das ist die am weitesten gehende Interpretation der Finanztransaktionssteuer, die am wenigsten Schlupflöcher aufweist.
Das ist eine Kehrtwende der Bundesregierung und der Bundeskanzlerin um 180 %. Ich begrüße diese Kehrtwende.
Das ist eine Wende um 180 Grad. Ich begrüße sie, weil wir sonst einen kapitalen Fehler machen würden. Ansonsten würden wir noch nicht einmal im Ansatz etwas gegen die unternehmen, die mit diesen Krisen Geld verdienen, und sie zum einen nicht dazu heranziehen, das Angerichtete mit zu finanzieren, und zum anderen würden wir nichts tun, um die Attraktivität dieser Finanzspekulationen ein Stück zu dämpfen.
Meine Damen und Herren, wir sind uns auch einig, dass weitere Schritte kommen müssen. Ich meine das „Wir“ durchaus über die Parteigrenzen hinweg. Bei der FDP weiß ich das nicht genau, aber bei der Union bin ich mir nach dem, was in den vergangenen Wochen besprochen worden ist, sehr sicher. Wir müssen weitere Begrenzungen schaffen.