Protokoll der Sitzung vom 08.12.2011

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es wird vorgeschlagen, das Landesgesetz zur Änderung des Landesverfassungsschutzgesetzes – Drucksache 16/647 – an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Somit ist es einstimmig beschlossen.

Bezüglich des Antrags der Fraktion der CDU – Drucksache 16/649 – geht es darum, ob wir eine Ausschussüberweisung vornehmen wollen. Wer dem zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenprobe! – Somit ist es einstimmig beschlossen.

Ich rufe Punkt 18 der Tagesordnung auf:

Geschäftsordnung des Landtags Rheinland-Pfalz für die 16. Wahlperiode Vorschlag des Rechtsausschusses für die endgültige Fassung gemäß Beschluss des Landtags vom 18. Mai 2011 (Nummer III der Drucksache 16/2)

dazu: Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses – Drucksache 16/639 –

Berichterstatter ist Herr Kollege Herbert Schneiders. Wir haben eine Grundredezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart. – Bitte schön, Herr Kollege Schneiders.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Landtag hat in seiner konstituierenden Sitzung am 18. Mai 2011 beschlossen, die Geschäftsordnung des Landtags der 15. Wahlperiode, also der vorangegangenen Legislaturperiode, in der Fassung vom 10. November 2006 mit einigen Änderungen für die 16. Wahlperiode als Vorläufige Geschäftsordnung zu übernehmen. Gleichzeitig hat er allerdings den Rechtsausschuss beauftragt, dem Landtag einen Vorschlag für die endgültige Fassung der Geschäftsordnung vorzulegen.

Der Rechtsausschuss hat in seiner Sitzung am 9. August einen aus sieben Abgeordneten bestehenden Unterausschuss „Geschäftsordnung des Landtags“ eingesetzt. Der Unterausschuss hat in drei Sitzungen – am 24. August, am 28. September und am 29. November – mögliche Änderungen der Geschäftsordnung beraten und dem Rechtsausschuss entsprechende Vorschläge unterbreitet. Der Rechtsausschuss hat dann in seiner Sitzung am 1. Dezember mit einer Beschlussempfehlung, die Ihnen in der Drucksache 16/639 vorliegt, dem Landtag empfohlen, die Geschäftsordnung mit den dort enthaltenen Änderungen zu beschließen.

Meine Damen und Herren, die Geschäftsordnung enthält Verfahrens- und Organisationsregeln für das Parlament, ist deshalb eine nicht zu unterschätzende Aufgabe und ein nicht zu unterschätzendes Arbeitsinstrumentarium.

Der Landtag entscheidet im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben für seine Organisations- und Verfahrensweise in eigener Zuständigkeit, auf welche Art und Weise er unter Abwägung der verschiedenen parlamentarischen Funktionen und Aufgaben seinen Verfassungsauftrag erfüllt.

Die wesentlichen Neuerungen in dem Vorschlag des Rechtsausschusses an das Parlament lassen sich viel

leicht kurz zusammenfassen, indem ich die Punkte kurz skizziere.

Die Geschäftsordnung wird mit der Beschlussfassung in Kraft treten. Vorgesehen ist, sie heute zu verabschieden. Eine wesentliche Neuerung ist das Verfahren der Aufteilung der Sitze im Ältestenrat, in den Ausschüssen und in den Kommissionen. Künftig soll hier das Verfahren Sainte-Laguë/Schepers angewandt werden und nicht mehr d’Hondt.

(Beifall des Abg. Steinbach, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ob das zu beklatschen ist, wird sich irgendwann später zeigen, bei unseren Nachfolgern vielleicht erst.

Hierzu enthält die Geschäftsordnung eine Übergangsregelung, wonach bis zum Inkrafttreten bereits konstituierte Gremien von der Änderung unberührt bleiben.

Eine weitere Neuerung ist die Rededauer in § 30 der Geschäftsordnung. Hier hatte bereits der Landtag in seiner konstituierenden Sitzung – mit dem Ältestenrat abgestimmt – vorläufige Veränderungen beschlossen, nämlich dass die CDU-Fraktion als einzige Oppositionsfraktion bis zur Verabschiedung der endgültigen Geschäftsordnung des Landtags eine zusätzliche Redezeit in Höhe des 0,5-Fachen der festgelegten Grundredezeit erhält. Dieser Beschluss ist jetzt in der Geschäftsordnung, im Vorschlag, enthalten.

Bezüglich der Aussprache Mündlicher Anfragen und Aktueller Stunden in den §§ 99 und 101 der Geschäftsordnung ergeben sich Änderungen für die Aussprache und die Aktuelle Stunde hinsichtlich der Rededauer sowie für die Berechnung der zusätzlichen Fraktionsredezeiten infolge der ausgenutzten Redezeit der Landesregierung.

Die reguläre Rededauer bei Aussprachen zu Mündlichen Anfragen und Aktuellen Stunden hat sich insoweit verändert, als die Begrenzung auf fünf Minuten nur noch in der ersten Runde der Aussprache gilt. Das bedeutet, dass in der zweiten Runde der Aussprache die zur Verfügung stehende Redezeit von einem Redner im Zusammenhang ausgeschöpft werden kann, ohne die Rede nach fünf Minuten unterbrechen zu müssen. Ich denke, das ist ein ganz wichtiger Bestandteil eines funktionierenden Diskussionsablaufs.

Im Regelfall einer dreigeteilten Aktuellen Stunde ergeben sich hierdurch keine Änderungen. Jeder Fraktion stehen je Thema in der ersten Runde fünf Minuten und in der zweiten Runde zwei Minuten zur Verfügung. Relevant wird die Änderung insbesondere im Hinblick auf zusätzliche Fraktionsredezeiten. Entsprechendes gilt dann für die Aussprache Mündlicher Anfragen. Findet eine Aussprache z. B. zu zwei Mündlichen Anfragen statt, stehen den Fraktionen wie bisher in der ersten wie in der zweiten Runde jeweils fünf Minuten zur Verfügung.

Für die Verlängerung der Dauer der Aussprache infolge der Redezeit der Landesregierung soll künftig Folgendes gelten: Wie bislang verlängert sich die Dauer der Aus

sprache nach Maßgabe der Redezeit der Landesregierung. Hat die Landesregierung eine Redezeit von mehr als 20 Minuten in Anspruch genommen, so verlängert sich die Dauer der Aussprache um die über 20 Minuten hinausgehende Zeit.

Diese Vorschrift geht – wie bislang – von einer ungeteilten Aussprache aus, bei einer geteilten Aussprache zu mehreren Themen einer Aktuellen Stunde oder zu mehreren Mündlichen Anfragen gilt die Vorschrift ebenfalls wie bisher entsprechend. Bei einer zweigeteilten Aussprache beispielsweise sind für die Verlängerung der Dauer der Aussprache infolge der Redezeit der Landesregierung statt 20 Minuten zehn Minuten in Ansatz zu bringen.

Führt die Redezeit der Landesregierung zu einer Verlängerung der Dauer der Aussprache, ist die hierdurch entstehende zusätzliche Redezeit bislang gleichmäßig auf die Fraktionen verteilt worden. Nach der Neufassung kann die Oppositionsfraktion jetzt zusätzliche Redezeit in dem Umfang beanspruchen, wie die Landesregierung die für die Fraktionen geltende Redezeit überschreitet.

Den die Regierung tragenden Fraktionen steht diese zusätzliche Redezeit insgesamt auch zu, aber nur noch zu gleichen Teilen.

Neu geregelt ist ein zusätzlich zweiminütiges Rederecht der Fraktionen, wenn ein Mitglied der Landesregierung nach dem letzten Redner noch einmal das Wort ergreift. Ich glaube, auch das ist im Rahmen einer Geschäftsordnung bedeutsam, weil das Parlament das letzte Wort haben sollte.

Ein auch nicht unbedeutsamer Punkt ist die Einführung – Einführung ist vielleicht schon übertrieben – neuer Informations- und Kommunikationstechnologien. In die Geschäftsordnung aufgenommen werden soll – so jedenfalls der Vorschlag – eine Experimentierklausel, mit der die Öffentlichkeitsfunktion des Landtags fortentwickelt und die Transparenz politischer Willensbildung befördert werden soll. Im Rahmen einer erweiterten Parlamentsöffentlichkeit können danach neue Formen der Berichterstattung und interaktive Kommunikationsmöglichkeiten im Einvernehmen mit dem Ältestenrat für einen Zeitraum von höchstens einem Jahr auch ohne ausdrückliche Änderung der Geschäftsordnung erprobt werden.

Darüber hinaus enthält die Geschäftsordnung eine Öffnungsklausel, um auch künftig die elektronische Einbringung von Anträgen und sonstigen Vorlagen zu ermöglichen.

Meine Damen und Herren, ein Letztes vielleicht noch. Es gibt Anlagen zur Geschäftsordnung, die letztendlich Bestandteil der Geschäftsordnung sind. Das sind wie bisher die Anlagen 1, 2 und 3. Als Verhaltensregeln Anlage 1, als Archivordnung Anlage 2 und Geheimschutzordnung als Anlage 3. Hinzu kommt die Anlage 4 mit öffentlichen Petitionen, wie bisher auch die Grundsätze in Immunitätsangelegenheiten als Anlage 5, und ganz neu ist die Anlage 6, ein Lobbyistenregister.

Nach dem Vorbild des Deutschen Bundestags wird künftig im Landtag ein Lobbyistenregister geführt, in dem sich alle Verbände, die Interessen gegenüber dem Landtag oder der Landesregierung vertreten, einzutragen haben. Von der Eintragung hängt es nämlich grundsätzlich ab, ob die Vertreter der Verbände im parlamentarischen Verfahren angehört werden können.

Meine Damen und Herren, dies ist in der gebotenen Länge ein Bericht zur vorliegenden Beschlussempfehlung. Wir empfehlen Zustimmung zur Geschäftsordnung.

(Beifall im Hause)

Lieber Herr Kollege Schneiders, herzlichen Dank für die sehr ausführliche Berichterstattung.

Ich erteile Frau Abgeordneter Schleicher-Rothmund das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Beginn einer neuen Wahlperiode überarbeitet das Parlament seine Geschäftsordnung. Geschäftsordnungsautonomie ist Ausdruck der Parlamentsautonomie. Die Parlamentarier sind für die Regelung ihrer inneren Angelegenheiten eigenverantwortlich.

Es ist üblich, dass von den Fraktionen ein gemeinsamer Vorschlag eingebracht wird. Dem gehen ausgiebige Diskussions- und Abwägungsprozesse voraus, bei denen parlamentarische Erfahrungen einfließen, Wünsche und Vorschläge vorgetragen werden, die aber letztlich nicht alle zum Zuge kommen.

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses hat einige Punkte bereits vorgetragen. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich für die gute Sitzungsleitung bedanken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zur Geschäftsordnung. Eine wesentliche Änderung betrifft das Zählverfahren, also die Berechnung der auf die Fraktionen entfallenden Sitze. Ziel bei der Sitzverteilung muss es nach verfassungsrechtlicher Rechtsprechung sein, die bestehenden Kräfteverhältnisse widerzuspiegeln. Eine vollständige Gleichheit lässt sich insofern nicht herstellen, da die Sitze nicht in Bruchteilen, sondern im Ganzen verteilt werden. Diese Berechnung erfolgte bisher nach d’Hondt und wird zukünftig nach Sainte-Laguë, dachte ich, Herr Schneiders, erfolgen.

(Schneiders, CDU: Ich weiß nicht, wie es gesprochen wird!)

Sainte-Laguë, dachte ich. Ich auch nicht genau, aber egal.

Es wird zukünftig nach Sainte-Laguë/Schepers erfolgen, wie es im Bundestag seit der 9. Wahlperiode üblich ist.

Um das jetzt einmal an einem Beispiel zu machen. Entfielen bei einem Vierergremium nach d’Hondt zwei Sitze auf die SPD und zwei auf die CDU, wird es jetzt mit Sainte-Laguë zwei Sitze für die SPD, einen für die CDU und einen für die GRÜNEN geben.

(Beifall des Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die vor Inkrafttreten der neuen Geschäftsordnung konstituierten Gremien – Herr Schneiders hat es gesagt – bleiben von der Regelung unberührt.

Dem allgemein vorhandenen Wunsch nach mehr Transparenz der parlamentarischen Arbeit wird an zwei Stellen besonders Rechnung getragen. Zum einen ist für die Einführung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien eine Experimentierklausel aufgenommen worden, mit der die Öffentlichkeitsfunktion und die Transparenz politischer Willensbildung gefördert werden sollen. Danach sollen neue Formen der Berichterstattung und interaktive Kommunikationsformen im Einvernehmen mit dem Ältestenrat erprobt werden. Zum Zweiten – auch das hat Herr Schneiders schon gesagt – wird nach dem Vorbild des Deutschen Bundestages ein Lobbyistenregister eingeführt, in dem sich alle Verbände, die Interessen gegenüber dem Landtag oder auch der Landesregierung vertreten, einzutragen haben. Von der Eintragung hängt es ab, ob die Vertreter im parlamentarischen Verfahren angehört werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Geschäftsordnung muss die aktuelle Zusammensetzung des Parlaments berücksichtigen. In der vergangenen Periode hatten wir eine Regierungs- und zwei Oppositionsfraktionen. Die SPD erhielt daraufhin eine zusätzliche Redezeit auf die Grundredezeit von 0,5. Diesen Zuschlag bekommt jetzt die einzige Oppositionsfraktion, der wiederum zwei Regierungsfraktionen gegenüberstehen. Dieser Zuschlag gilt nicht für Aktuelle Stunden und Aussprachen zu Mündlichen Anfragen.

Bei Aktuellen Stunden und Aussprachen zu Mündlichen Anfragen gilt die Begrenzung der Redezeit auf fünf Minuten nur noch in der ersten Runde. Danach kann die Redezeit im Zusammenhang ausgeschöpft werden.

Die in der letzten Periode eingeführte Drittelung der Aktuellen Stunde – wir haben immer drei Aktuelle Stunden – bleibt erhalten. Somit wird diese Veränderung im Regelfall wahrscheinlich nicht zum Zuge kommen.

Aussprachen zu Mündlichen Anfragen bleiben ebenfalls erhalten. Hier war es ganz interessant zu erfahren, dass nur Schleswig-Holstein, der Bundestag und RheinlandPfalz diese Möglichkeit überhaupt haben.

Der Wunsch, eine Aussprache auch möglich zu machen, wenn das Thema der Anfrage bereits Thema einer Aktuellen Stunde war, wurde nicht umgesetzt. Parlamentsdebatten müssen nämlich eine gewisse Lebendigkeit, dazu gehört eine thematische Vielfalt, aufweisen. Auch bleibt die Kurzintervention für Aktuelle Stunden und Aussprachen zu Mündlichen Anfragen außen vor.

Bei Verlängerung der Aussprache durch die Redezeit der Landesregierung kann die zusätzliche Redezeit bei Aktuellen Stunden und Aussprachen zu Mündlichen Anfragen von der Opposition in vollem Umfang und bei den zwei Regierungsfraktionen geteilt in Anspruch genommen werden.