Protokoll der Sitzung vom 09.12.2011

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Weiner das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Tagesordnung sieht vor, dass die Mitglieder des AdR hier heute einen Bericht geben. Nun ist Herr Kollege Klöckner der einzige aktuell hier im Raum Befindliche, der einen Bericht geben kann. So ist es schwer, den vorliegenden Bericht zu kommentieren.

(Zuruf aus dem Hause: Frau Kraege!)

Ja, selbstverständlich noch Frau Kraege als Vertreterin.

Ich möchte trotzdem ein paar Anmerkungen zu dem Bericht machen. In Wikipedia heißt es zur Zusammensetzung, zu der Herr Kollege Klöckner schon Etliches

gesagt hat: „Subnationale Akteure sind generell in den Prozess der Aufstellung einer solchen Liste“ – damit ist die Zusammensetzung des AdR gemeint – „integriert, aber nur in den föderalen Staaten (Belgien, Deutschland und Österreich) besteht dafür eine gesetzliche Basis. Die Kriterien für die Aufnahme sind geografischer und politischer Natur, d. h. es wird darauf geachtet, dass die Mitglieder aus verschiedenen Landesteilen kommen und die Parteienlandschaft widerspiegeln.“ Sie sollen die Parteienlandschaft widerspiegeln. So weit Wikipedia.

Was aber ist, wenn ein Land nur ein Mitglied entsendet? Wird es von der Regierungskoalition entsandt, oder steht es der stärksten Fraktion zu? Stellt die Regierung dann das Mitglied, die Opposition das stellvertretende Mitglied? Oder stellt die größte Partei das Mitglied, die zweitgrößte den Stellvertreter? Da sind viele Fragen offen.

Rheinland-Pfalz ist in der Periode 2010 bis 2015 nach dem Rotationsprinzip – Herr Klöckner hat es erwähnt – in der glücklichen Lage, zu den fünf deutschen Bundesländern zu gehören, die ein zweites Mitglied entsenden können. Da ist es egal, ob d’Hondt, Hare-Niemeyer oder das Schepers-Verfahren angewendet wird, um die Parteienlandschaft korrekt widerzuspiegeln. In jedem Fall wäre es angemessen, dass die größte und die zweitgrößte oder die Regierung und die Opposition in diesem Gremium vertreten sind.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das war so!)

Rheinland-Pfalz hat nun zwei Mitglieder und zwei Stellvertreter, also vier Personen. In der letzten Legislaturperiode hatte die SPD die beiden Sitze. Bei den Stellvertretern gewährte sie einen der FDP-Opposition.

Jetzt aber ging die Postengier mit der rot-grünen Koalition vollends durch. Rot-Grün hat alle vier Positionen, die unserem Bundesland zustehen, also die ordentlichen Mitglieder und die Stellvertreter, komplett unter sich aufgeteilt.

Wikipedia hat also nicht immer recht, wenn es schreibt: Die Parteienlandschaft wird widergespiegelt. –

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ach!)

Zu keinem Zeitpunkt seit der konstituierenden Sitzung des AdR im Jahre 1994 hatte je ein Mitglied der rheinland-pfälzischen CDU-Fraktion die Gelegenheit, im AdR mitzuwirken.

Baden-Württemberg hingegen macht es jetzt besser. Dort haben SPD und CDU jeweils einen Vertreter im AdR. Es geht also auch fair, das auch unter Rot-Grün.

Da die CDU Rheinland-Pfalz im AdR weder in der Vergangenheit noch jetzt vertreten ist, können wir uns über die Arbeitsweise leider nur ein indirektes Bild machen. Nun haben wir einen Bericht vorliegen. Da muss man vorsichtig sein.

Da wir in diesem Hause gewohnt sind, dass sich die Landesregierung bzw. die Regierungsparteien stets in

überschwänglicher Weise gegenseitig auf die Schulter klopfen, wieso sollten wir also gerade diesen Bericht als eine objektive Ausnahme sehen? Herr Kollege Klöckner, Sie haben gesagt, in wesentlichen Teilen hat Herr Staatssekretär Klär den Bericht gestrickt.

(Pörksen, SPD: Ist er deswegen falsch?)

Die Indizien sprechen jedenfalls dagegen.

Auf Seite 2 kann man schon den Eindruck gewinnen, dass die SPE etwas unter sich ist. Es wäre noch komischer, wenn er das selbst geschrieben hätte. Da wird das Ausscheiden von Herrn Dr. Klär ausführlich beschrieben, bis hin zu Zitaten aus seiner Abschiedsfeier. Im Bericht heißt es wörtlich, dass er – ich zitiere – der europäischen Sozialdemokratie ein menschliches Gesicht gegeben habe und es ihm – ich zitiere erneut – „so erfolgreich gelungen ist, politisch linke und grüne Strömungen in einer Fraktion (…) zu vereinen.“ Ungewöhnlich ist so etwas in einem Bericht über die Arbeitsergebnisse. Ungewöhnlich ist auch, was in dem Papier nicht steht.

(Ernst, CDU: Das ist beim Bericht des Bürger- beauftragten auch immer so gewesen! Der konnte das auch!)

Es steht nämlich nicht drin, in welchen Kommissionen die rheinland-pfälzischen Mitglieder mitgearbeitet haben oder an welchen Orten zumindest die Kommissionen des AdR getagt haben. Herr Kollege Klöckner, Sie haben einen Hinweis darauf gegeben. Dank Google kann man da aber noch ein bisschen mehr herausfinden. Der AdR trifft sich wohl meist in Brüssel, seine Kommissionen an wechselnden Tagungsorten quer durch Europa. Dabei sind die Fachkommissionen – Herr Kollege Klöckner hat es schon angedeutet –, was die Tagungsorte anbetrifft, sehr wählerisch.

Herr Kollege Klöckner, es ehrt Sie, dass Sie dafür gekämpft haben, dass eine Kommissionssitzung wenigstens einmal in Rheinland-Pfalz stattfindet. Das Beste, was Rheinland-Pfalz in diesem Jahr vorzuschlagen hatte, war die Bundesgartenschau in Koblenz. Dass das den Kommissionskollegen nicht gut genug war und sie lieber ins warme Umbrien nach Italien gingen, ist schade, aber nun einmal nicht zu ändern.

Meine Damen und Herren, natürlich kann man von einem Gremium, welches vorwiegend beratende Funktion hat, nichts Weltbewegendes erwarten. Aber es ist allein aufgrund dieses leicht gefilterten Berichtspapiers schlichtweg nicht möglich, die Arbeit objektiv nachzuvollziehen.

Es ist auch ein Manko – Herr Klöckner hat es angesprochen –, dass die gesamte Arbeit des AdR betroffen ist. Auf Seite 16 in dem Bericht steht: Die Wirkung von AdRStellungnahmen war bisher schwer zu messen. –

Es ist durchaus zu begrüßen, dass in Zukunft eine Wirkungsanalyse erfolgen soll, um festzustellen, wie die Resolutionen und die über 60 Beschlüsse, die allein in einem Jahr gefasst wurden, ankommen und welche Wirkung sie erzielen.

Herr Kollege Klöckner, vielleicht sind 60 Beschlüsse in einem Jahr auch etwas zu viel. Vielleicht sollte der AdR da etwas mehr Schwerpunkte setzen.

Wir können dem Papier nur entnehmen, dass der AdR zu fast allen europäischen Fragen Empfehlungen beschlossen hat von A wie Agrarpolitik bis Z wie Zusammenarbeit mit Armenien und Aserbaidschan. Es sind 60 Stellungnahmen in einem Jahr.

Da nun einzelne herauszugreifen, fällt uns, die wir nicht mitwirken konnten, schwer. Herr Kollege Klöckner hat seine Schwerpunkte eingebracht. Immerhin – das konnte ich in Google feststellen –

(Pörksen, SPD: Sie sollen den Bericht lesen!)

sind die Tagesordnungen der Plenarsitzungen – es geht auch um die Arbeitsweise des Gremiums –, die in Brüssel stattfinden, sehr vollgestopft und erstrecken sich bis in den Abend hinein.

Es ist also keine reine Lustreise, an diesen Tagungen teilzunehmen, sondern ein hartes Arbeitsprogramm. Herr Kollege Klöckner, dafür wollen wir Ihnen unseren Respekt zollen.

Danke schön.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Herrn Kollegen Wiechmann für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Weiner, Ihre Rede habe ich nicht so genau verstanden. Wollen Sie den AdR abschaffen? Das ist eigentlich die Quintessenz aus dem, was Sie gesagt und dabei versucht haben, die Arbeit dieses Gremiums zu diskreditieren.

(Ernst, CDU: Hat er das gesagt?)

Ich finde, das ist auch vor dem Hintergrund dessen, was wir in dem Bericht vorliegen haben, durchaus nicht angebracht.

(Frau Huth-Haage, CDU: Er hat Schwachpunkte angesprochen! – Pörksen, SPD: Das war eine ganz „Weiner-liche“ Rede!)

Herr Kollege Weiner, wenn Sie sich mit einem einzigen politischen und inhaltlichen Punkt auseinandergesetzt hätten, der in diesem Arbeitsbericht vorgekommen ist, wäre es gut gewesen.

(Ernst, CDU: War einer drin? – Frau Kohnle-Gros, CDU: Jetzt sind wir einmal gespannt!)

Egal, ob es die Kohäsionspolitik ist, ob es die Umwelt-, Klima- und Wirtschaftspolitik ist, ob es die Sozialpolitik ist – zu all dem, was in dem Bericht steht, haben Sie nicht ein einziges Wort gesagt. Ich finde dies äußerst schade gerade vor dem Hintergrund, dass wir in Rheinland-Pfalz eine so wichtige Funktion im Kern Europas haben, auch in der Zusammenarbeit innerhalb der Regionen und innerhalb der Großregion, also mit Luxemburg, mit dem Saarland, mit der Wallonie oder im Oberrheinrat. Dass wir dort eine so zentrale Rolle spielen und spielen sollten, was die interregionale Zusammenarbeit angeht, sollte man auch wertschätzen. Das habe ich in Ihrer Rede vermisst.

Ich danke ausdrücklich – das sage ich ganz bewusst auch für meine Fraktion – den bisherigen Vertreterinnen und Vertretern des Landes Rheinland-Pfalz in diesem Gremium. Insbesondere dem ehemaligen Staatssekretär Herrn Dr. Klär muss und sollte man für seine jahrzehntelange europapolitische Arbeit, die er in unserem Namen und im Namen von Rheinland-Pfalz verrichtet hat, noch einmal großen Dank und großen Respekt zollen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich darf seit September dieses Jahres als stellvertretendes Mitglied im AdR gemeinsam mit dem Herrn Kollegen Klöckner und den beiden Ministerinnen, Frau Conrad und Frau Höfken, die Interessen von Rheinland-Pfalz im AdR vertreten. Ich freue mich sehr auf diese Aufgabe und glaube, dass sie wichtig ist.

Wir brauchen auch vor dem Hintergrund der aktuellen Krise, die wir im Euro-Raum haben, eine Antwort. Diese muss heißen, dass wir nicht weniger, sondern mehr Europa brauchen. Wir wollen ein Europa der Regionen. Dafür braucht das Europa der Regionen auch eine Institution. Das ist der AdR.

Ich finde, deswegen sollten wir, anstatt möglichst viel Entscheidungsgewalt im Europäischen Rat oder in anderen intergouvernementalen Gremium zu bündeln, in denen weiterhin immer wieder nationale Interessen die Verhandlungstaktik bestimmen, zum einen die Stärkung der europäischen Organe wie des Parlaments und der europäischen Kommission nach vorne stellen und zum anderen auch die regionale und kommunale Ebene stärken. Das sind gerade die Regionen, die über nationale Grenzen hinweg eng miteinander verwoben sind. Ich habe schon die Großregion oder die Oberrheinregion angesprochen. Gerade diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit prägt Europa.

Deswegen ist es wichtig und richtig, dass diese Regionen in den europäischen Institutionen eine gewichtige Stimme haben, da drei Viertel der EU-Rechtsvorschriften auf lokaler und regionaler Ebene umgesetzt werden. Diese Stimme gibt ihnen der Ausschuss der Regionen, in dem die gewählten Mandatsträger der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften die Interessen jener Ebene vertreten, von der sie entsendet worden sind, und in dem Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Landräte, Ministerinnen und Minister, Gemeinderäte, Landtagsabgeordnete oder andere regionale Abgeordnete einerseits die Interessen ihrer jeweiligen Gebietskörperschaft

wahrnehmen und andererseits auch gemeinsam sowohl partei- als auch regionenübergreifend kooperieren und die Anliegen der Regionen gegenüber der Europäischen Union vertreten.