Wenn alle den Gürtel enger schnallen sollen, schaut jeder erst einmal, ob der Nachbar auch den Bauch eingezogen hat. Klar kämpfen jeder Ressortminister und jede Ressortministerin um ihr Budget. Es ist verständlich, dass jeder Koalitionspartner seine Handschrift hinterlassen möchte, es Kompromisse in einer Koalition geben muss. Dafür habe ich Verständnis. Aber das ist dennoch kein hinreichender Grund. Mit Verlaub, das ist übrigens auch eine Führungsschwäche, Herr Ministerpräsident.
Denn leichtsinnig geben Sie wieder Millionen aus für Bummelstudenten, für ein neues Ministerium, für einen Nationalpark, für kostenlose Busfahrten. Denken Sie an den Rucksack der kommenden Generationen. Die Steine, die sie tragen müssen, sind schon so schwer, und wir haben keinen Spielraum, noch irgendwelche Geschenke zu machen, nur weil es Applaus für die Regierung geben soll.
Herr Ministerpräsident, Sie bringen noch nicht einmal selbst die Kraft und den Mut dazu auf, nachhaltig zu sparen. Die Art, wie Sie und Ihr Finanzminister die Ausnahme für die Schuldenbremse vorsehen oder auslegen wollen, zeigt doch, wohin Ihre Reise geht. Warum schielen Sie eigentlich immer sofort nach dem Bund? –
Über die Steuereinnahmen können Sie sich wohl wirklich nicht beklagen, selbst wenn die Steuereinnahmen wieder einmal schwanken sollten. Man muss bedenken, im Laufe von 17 Monaten sind die Steuereinnahmen monatlich gestiegen. So ist es dennoch kein Grund, irgendwie auf höhere Mächte zu warten. Ich forderte von Ihnen überhaupt keine Wunder. Für Wunder muss man beten, aber für Veränderungen muss man arbeiten, Herr Ministerpräsident.
Wissen Sie, ich könnte Ihren Ansatz verstehen, wenn es allen Bundesländern so gehen würde wie RheinlandPfalz. Ich könnte Ihren Ansatz verstehen, wenn wir aktuell erschüttert wären durch eine große Krise. Wenn wir einen Einbruch am Arbeitsmarkt hätten, wenn die Wirtschaft stocken würde, wenn es den anderen Bundesländern auch so gehen würde, dann könnte ich Ihre Einlassung verstehen. Aber konsequentes Arbeiten zahlt sich aus, auch in Zahlen. Das machen andere vor.
Sachsen, Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern. Wenn ich jetzt höre – – – Ich bin immer dankbar für Zwischenrufe.
Wenn man sich das Saarland anschaut, natürlich kann man absolute Zahlen miteinander vergleichen. Aber vergleichen Sie einmal die Verschuldung pro Kopf, und dann bin ich dankbar für Ihren Zwischenruf. Ich glaube, jetzt werden Sie nachdenklich.
Schwarze Zahlen schreiben Sachsen, Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern laut dem Bericht zur Lage der Länderfinanzen, aktuell Februar 2012, des Bundesfinanzministeriums. Dann gibt es noch die Riege der Schuldenmacher. Rheinland-Pfalz in 2011 auf Platz 3 in absoluten Zahlen. Aber je Einwohner ist RheinlandPfalz auf Platz 1, außer Bremen, das ist auch kein Bundesland, sondern ein Stadtstaat und auch noch rot-grün regiert.
Herr Ministerpräsident, es kann sein, dass der Bund diese Zahlen getürkt hat. Es kann sein, dass der Bund Ihnen hier irgendetwas in die Schuhe schieben will.
schon lange gehalten worden. 2000 haben Sie gesagt, Sie werden 2008 Schulden zurückführen. Dieses Märchen ist leider nicht gut ausgegangen. Dieses Märchen müssen die kommenden Generationen bezahlen. Deshalb haben wir Zweifel.
Herr Beck, mit dem Wissen wächst der Zweifel. Wissen ist besser, als einfach nur etwas abzunicken, liebe Kollegen von Rot-Grün.
Wir können es noch konkreter machen. Der Bund ist schuld, heißt es. Das werden wir nachher in verschiedenen Beiträgen hören. Das ist das Mantra. Ich schließe schon ein paar Wetten darauf ab. In jeder Rede wird das heute drin sein.
Wenn man sich konkret den Bundesdurchschnitt anschaut, liegt die Pro-Kopf-Verschuldung bei 113 Euro. Dagegen liegt das Defizit in Rheinland-Pfalz bei 112 Euro pro Einwohner.
Ich komme noch einmal zu einem Vergleich. Wenn Herr Beck sagt, der Bund ist schuld, dass es Rheinland-Pfalz so schlecht geht, muss man einmal das Pro-Kopf-Defizit von 113 Euro im Bundesdurchschnitt mit dem Pro-KopfDefizit von 512 Euro in Rheinland-Pfalz vergleichen. Herr Ministerpräsident, mir persönlich ist es entgangen – vielleicht haben Sie andere Erkenntnisse –, dass der Bund speziell für Rheinland-Pfalz härtere Gesetze macht, um die Rheinland-Pfälzerinnen und RheinlandPfälzer zu bestrafen. Meine Kenntnis ist, dass für alle Länder die Bundesgesetze gelten, auch für RheinlandPfalz.
Wir können aber noch weitergehen; wie gesagt, Zahlen lügen nicht. Bei den Städten, Gemeinden und Kreisen ist die Lage auch düster. Die Liquiditätskredite der rheinland-pfälzischen Kommunen waren Ende 2010 weit mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Sie wachsen seit Jahren auch doppelt so schnell. Herr Ministerpräsident, ist daran auch der Bund wieder schuld? Oder kommen Sie uns wieder mit der ausgeleierten Erklärung, nur Rheinland-Pfalz habe die aller-, allergrößten Konversionsmaßnahmen zu stemmen und hätte als einziges Bundesland dafür kein Geld bekommen? – Diese Erklärung kennen wir schon.
Wenn wir unterstellen, dass die bundesrechtlichen Regelungen – wie ich vorhin sagte – und die Vorgaben beispielsweise in der Sozialgesetzgebung in allen Bundesländern ungefähr auf dem gleichen Niveau umgesetzt werden, spricht doch alles dafür, dass die eben genannten Defizite hausgemacht sind und uns eben nicht vom Bund aufgedrückt worden sind, wodurch wir im Vergleich zu anderen Bundesländern nach hinten geworfen wurden. Das sind Fakten. Fakten lügen nicht, sondern die sind eindeutig
Herr Kühl, ich weiß nicht, ob Sie nach wie vor der Meinung sind, dass nur der Bund daran schuld ist. Ich bin dankbar für die Interviews, die sie gegenüber der „AZ“ und der „Rhein-Zeitung“ gegeben haben. Sie sind vorgeschickt worden und machen das dann auch brav. Es ist wirklich hoch interessant, wie einfach Sie als Finanzminister die Schuld in Richtung Berlin weitergeben. Das Gegenteil ist aber der Fall. Die Erstattungen des Bundes für Unterkunft und Heizung bei Hartz IV liegen seit 2007 um fast 10 Prozentpunkte höher als bei fast allen anderen Ländern. Herr Ministerpräsident, da beklagen Sie sich noch? Aus welchem Grund beklagen Sie sich da?
Sind die Steuern dramatisch eingebrochen? – Nein, das sind sie nicht. Wir haben günstige Rahmenbedingungen, aber es gelingt der Landesregierung nicht, ohne neue Schulden auszukommen. All das, was Sie heute ankündigen, legen wir auf die Waage und messen das an Ihrer Aussage im Jahr 2000, in der Sie den Hinweis geben, ab dem Jahr 2008 werden Schulden zurückgezahlt. Diese Aussage ist nichts wert, noch nicht einmal das Papier, auf das dieses Protokoll damals geschrieben worden ist.
Herr Finanzminister, Sie haben in der Pressemitteilung vom 3. Februar dieses Jahres eine Aussage getroffen. Ich schätze Ihren subtilen Sinn für Humor, vor allem Ihren Sinn für subtilen Humor.
In der Pressemitteilung sagt der Herr Finanzminister: Wir bleiben konsequent auf dem Pfad der Schuldenbremse. – Sie bleiben konsequent auf dem Pfad der Schuldenbremse nach einer konsequenten Rekordverschuldung in den Jahren 2010 und 2011. Sie behaupten das, ohne rot zu werden. Ich meine aber schon, dass die Menschen das langsam bemerken; denn mit Wissen wächst der Zweifel. Es sind erhebliche Zweifel angebracht, Ihnen das überhaupt noch zu glauben.
Der Humor von Herrn Finanzminister Kühl nimmt fast kein Ende. Sie haben noch etwas bekannt gegeben, das
in einer Meldung vom 10. Februar 2012 nachzulesen ist. Die Überschrift der Regierungsmeldung lautet, als nichts mehr ging, als er den Haushalt und die Neuverschuldung gesehen hat und er festgestellt hat, dass man den Bund glaubwürdig auch nicht mehr in Haftung nehmen kann: „Kühl fordert Deutschland-Bonds.“ – DeutschlandBonds sollen jetzt das Zaubermittel sein. Konkret heißt das, wenn die anderen besser sind als wir, müssen die an uns eben mehr abgeben. Sie kommen aber nicht auf die Idee, dass wir besser werden müssen. Das ist eine Variante, über die es aber zumindest wert wäre nachzudenken. Die Landesregierung will jetzt die Verantwortung für den rheinland-pfälzischen Schuldenberg abwälzen und den Bund und die anderen Länder einspannen.