Protokoll der Sitzung vom 23.02.2012

Kann es denn sein, dass der Busfahrer mit seinen Steuern das Bummelstudium der Chefarzttochter bezahlen muss? Das kann doch nicht sozial gerecht sein, Herr Ministerpräsident.

(Beifall der CDU – Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben doch 2006 noch gefordert, die abzuschaffen!)

Wir fordern Sie auf, auch die Hinweise des Landesrechnungshofs umzusetzen, die Überfinanzierung der Haushaltsansätze zurückzufahren. Auch in Boombranchen müssen wir keine Fördermittel hineinschießen. Dort ist auch nicht wirklich ein Förderbedarf, zum Beispiel bei der „Initiative Gesundheitswirtschaft“. Das ist eine Boombranche. Auch da kann man einiges anpassen, ebenso bei der Öffentlichkeitsarbeit.

Frau Lemke, Ihr Ministerium ist doch beschnitten worden. Das Haus hatte einmal über 1 Milliarde Euro an Etat. Jetzt sind Sie weit heruntergefahren worden.

(Staatsministerin Frau Dreyer: Das ist auch ein anderes Ministerium!)

Sie liegen in etwa bei 200 Millionen Euro, vielleicht ein bisschen darüber. Aber wissen Sie, es kann nicht sein, dass das Budget für die Öffentlichkeitsarbeit, für PR, genau auf dem Stand geblieben ist, auf dem es lag, als das Ministerium noch bei über 1 Milliarde Euro stand. Jetzt sind Sie abgeschmolzen worden, aber das schmelzen Sie nicht ab. Da müssen Sie auch anpassen. Das ist möglich. Da geht es aber an Ihr Klientel, das ist mir auch klar.

(Beifall der CDU – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Ihre Stimme kippt schon vor Begeisterung!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach einem vielversprechenden Start – das möchte ich auch durchaus zugestehen; da waren auch die Kollegen der FDP dabei – am Flughafen Hahn, ist die Landesregierung dort jetzt leider im Sinkflug. Fraport hat sich als wichtigster Partner zurückgezogen. Das hätte eben nicht sein müssen.

(Pörksen, SPD: Aha!)

Herr Hering weiß das sicherlich besser. Sie wissen, wie das Ganze gelaufen ist. Die Landesregierung hat sich nicht arg darum bemüht, dass Hessen mit dabei bleibt. Wie oft haben die Märchenonkel Lewentz und Hering uns schon erzählt, dass neue Private vor der Tür stehen? Bis heute ist daraus überhaupt nichts geworden.

(Staatsministerin Frau Höfken: Bitburg!)

Wo sind denn die Konzepte für den Hahn, dass er in die schwarzen Zahlen kommt? Die Zeit drängt. Bringen Sie es bitte noch wirklich dieses Jahr zu Ende, dass es klappt,

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bitburg! Das verwechseln Sie gerade!)

dass ein privater Investor mit sauberem und sicherem Geld auch endlich da ist. Dann bringen Sie es dann auch fertig – da bedanke ich mich für den Zwischenruf des Kollegen Dr. Braun –, dass Sie zumindest eine Sprachregelung haben, was die 24-StundenGenehmigung anbelangt.

Glauben Sie denn wirklich, ein Investor wird Millionen Euro mitbringen mit der Ansage, wir wollen die Nachtfluggenehmigung kippen? Da wird keiner kommen. Das wird dem Hahn wirklich den Boden wegziehen. Sagen Sie deutlich, für was Sie sind.

Ich habe eine Anfrage an die Landesregierung gestellt. Das Schöne ist, wenn man eine Anfrage an den Herrn Lewentz stellt, antwortet er manchmal auf Fragen, die gar nicht gestellt wurden.

(Zuruf von Staatsminister Lewentz)

Ich habe gefragt: Wie steht denn die Landesregierung mit der abgestimmten Haltung zum Nachtflugverbot am Hahn? Da antwortet er mir nicht, wie die abgestimmte Haltung ist, sondern er sagt: Wir haben kein bundesweites Nachtflugverbot gefordert. Das habe ich gar nicht gefragt. Ich hätte gerne gewusst, wie die abgestimmte Haltung ist. Ich habe die Frage noch einmal gestellt. Vielleicht ist es jetzt möglich, sie zu beantworten.

(Baldauf, CDU: Das kann er nachher machen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zeit drängt.

(Ministerpräsident Beck: Machen Sie ruhig weiter so! Es war amüsant! – Licht, CDU: Sie dürfen sich doch gar nicht äußern! Sie haben doch total abgewirtschaftet! – Ministerpräsident Beck: Ihre Frechheit wird nicht siegen!)

Ich wiederhole einmal den Zwischenruf des Herrn Ministerpräsidenten. Der Ministerpräsident spricht davon, dass ein Haushalt, über den wir hier heute debattieren, der über zwei Milliarden neue Schulden im Doppelhaushalt machen wird, doch recht unterhaltsam und amüsant sei.

(Ministerpräsident Beck: Ihre Rede war amüsant! – Weitere Zurufe von der SPD)

Das finde ich unverschämt. Das ist ein Schlag ins Gesicht der Generationen, die noch nicht geboren sind.

(Starker Beifall der CDU)

Ich komme nun zum Thema „Nürburgring“. Herr Ministerpräsident, ich verlange von Ihnen, dass Sie heute endlich einmal Farbe bekennen.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Ich denke, Sie halten Kritik aus, Frau Kollegin!)

Ich erwarte, dass Sie heute etwas zum Nürburgring sagen, Ihrem groß gescheiterten Zukunftsprojekt. Ich erwarte von Ihnen heute, dass Sie nicht „rumluschen“ und uns irgendetwas erzählen, dass es nur einen Fehler von 800, 900 oder 1.000 Projekten des Landes sei. Ich erwarte hier von Ihnen, dass Sie auch Verantwortung übernehmen.

(Beifall der CDU)

Denn der Landeskasse droht der Verlust von Hunderten Millionen Euro. Die Investitionen sind mit ISB-Krediten finanziert, für die das Land bürgt. Die Kredite sollten aus den Pachteinnahmen bedient werden. Diese Einnahmen fließen aber nicht. Übrigens bestreitet das jetzt zumindest nicht einmal die Landesregierung.

Konzept 1 und Konzept 2 sind gescheitert. Stattdessen schickt der Ministerpräsident wieder den Herrn Finanzminister vor. Er lässt ihn eine ominöse Rücklageerklärung machen, die man angeblich 2007 gemacht hätte, angeblich aus dem Erlös des Verkaufs von Forderungsvermögen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, hier geht es um 254 Millionen Euro. Diese Rücklage – dieser Meinung sind wir – verstößt gegen das Budgetrecht, gegen das Königsrecht dieses Parlaments. Das können wir nicht gutheißen. (Beifall der CDU)

Übrigens hat der Landesrechnungshof das von Anfang an kritisiert. Wir haben das von Anfang an kritisiert. Es bleiben allzu viele Fragen offen. Ich erwarte, dass Sie uns diese hier heute beantworten.

Welche Rechtsgrundlage hat denn diese Rücklage? Woraus besteht sie eigentlich? Ist dort überhaupt richtiges Geld drin? Der Rechnungshofpräsident spricht von Ausgabeermächtigung. Aber womit wollen Sie denn diese sogenannten Ausgabeermächtigungen überhaupt bezahlen?

Herr Ministerpräsident, ich verlange heute hier von Ihnen Rechenschaft, Rede und Antwort. Ich hoffe, dass Sie gut vorbereitet worden sind.

(Beifall der CDU)

Ich möchte auch wissen, für welche Verluste hier in diesem Landeshaushalt wie tief in die Tasche gegriffen werden muss. Man stellt fest, Sie können noch nicht einmal für dieses Jahr genau beziffern, wollen aber einen Doppelhaushalt verabschieden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, der Nürburgring ist exemplarisch dafür, wie sorglos die Landesregierung hier mit Steuergeldern umgeht.

(Licht, CDU: Eben!)

Herr Ministerpräsident, ich weiß nicht, wie Ihre Weihnachtsferien waren und ob Sie am 2. Januar den „SPIEGEL“ gelesen haben. Ich möchte es Ihnen mit Zustimmung des Präsidenten vorlesen.

(Die Rednerin hält eine Seite des „SPIEGEL“ hoch)

„Lebenskunst – Optimismus – Zwischen Zuversicht und Schönfärberei“ So heißt dieser Titel. Dort gibt es eine Unterzeile: „Den Optimisten gehört die Welt: Sie kommen besser durchs Leben, haben mehr Erfolg – und richten den größten Schaden an, wenn sie sich überschätzen.“

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, welcher deutsche Politiker wird hier wohl als Prototyp dieses fehlgeleiteten Optimisten vorgeführt?

(Licht, CDU: Wer wohl?)

Es ist der Ministerpräsident Kurt Beck.

(Licht, CDU: Welche Überraschung!)

Ich darf zitieren: „Hätte jemand bei kühlem Verstand“ – ich schätze, da war jetzt nicht der Finanzminister gemeint – „einen Freizeitpark für 350 Millionen Euro mitten in die fast menschenleere Eifel gebaut? Das Publikum blieb aus, bald werden die ersten Angestellten entlassen. Und Ministerpräsident Kurt Beck geht in die Geschichte ein als Erbauer eines Denkmals der entfesselten Zuversicht.“

Ein Erbauer eines Denkmals der entfesselten Zuversicht ist das.

Wenn Sie denken, diese Formulierung ist nicht zu toppen, dann kennen Sie Herrn Hartloff schlecht. Herr Hartloff hat am 10. Juli 2009 Folgendes im Plenum gesagt:

„Wenn wir uns nicht der herausragenden Projekte, der herausragenden Qualitäten unseres Landes in seinen Stärken bewusst sind – der Nürburgring ist neben Neuschwanstein das bekannteste Wahrzeichen von Deutschland – und diese Stärken weiter ausbauen, wären wir auf gut Deutsch bescheuert.“