Protokoll der Sitzung vom 21.03.2012

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Kollege hat deutlich gemacht, dass der von der CDU eingebrachte Gesetzentwurf zur Änderung des Landesplanungsgesetzes inhaltlich nicht von der Diskussion über die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms trennbar ist. Darüber diskutieren wir im Moment. Das wird dadurch deutlich, dass Sie den fast identischen Gesetzentwurf der FDP von 2007 heute erneut einbringen. Das geschieht mit geringfügigen Änderungen.

Die SPD-Fraktion will auch eine breite Debatte in der Gesellschaft über die Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms. Diese Teilfortschreibung ist ein wichtiger Bestandteil der Energiewende, die seit dem vergangenen Jahr durch diese Koalition in diesem Haus vorangebracht wird. Sie lebt davon, dass eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung über die Maßnahmen besteht, die zur Energiewende getroffen werden müssen.

(Zuruf der Abg. Frau Thelen, CDU)

Wir finden, dass eine breite Debatte in der Gesellschaft und eine breite inhaltliche Debatte in dem Parlament der Bedeutung der Energiewende und der Teilfortschreibung des Landesentwicklungsprogramms, die auf dem Tisch liegt, angemessen ist.

Ich werde gleich noch einmal ausführen, wie Sie von der Bürgerbeteiligung zur Parlamentarisierung kommen. Herr Kollege, das, was Sie hier vorgetragen haben, zeigt, Sie kennen das bestehende Verfahren nicht.

Ich komme zur Faktenlage. Ich habe bereits gesagt, dass es der Antrag der FDP war. Wir können das Gesetz ändern. Formaljuristisch steht dem nichts entgegen, dass das LEP in Form eines Gesetzes verabschiedet wird. Das ist nicht notwendig und nicht zwingend vorgesehen.

Sie wissen, dass fast alle Bundesländer eine ähnliche Regelung wie in Rheinland-Pfalz haben. Es gab mit Sachsen sogar ein Bundesland, das diesen Parlamentsbeschluss abgeschafft hat und zur Rechtsverordnung wechselte. Das geschah mit der Begründung, dass man im Sinne der Deregulierung und der Verfahrensbeschleunigung handeln wolle. Es ist nicht so, dass wir in Rheinland-Pfalz bei dieser Frage eine Ausnahmesituation haben.

Alle bisherigen Landesentwicklungsprogramme in der Geschichte dieses Bundeslandes sind auf der jetzt gültigen Verfahrensweise verabschiedet worden. Ich sage es ihnen nochmal. Ich habe es im Ausschuss schon gesagt. Sie können nicht bestreiten, dass diese Landesentwicklungsprogramme und ihre inhaltlichen Festlegungen eine positive Wirkung für die Entwicklung dieses Bundeslandes entfaltet haben.

Sie haben die parlamentarische Beteiligung angesprochen. Wir haben uns darauf verständigt, einen Unterausschuss „Energiewende“ im Landtag einzurichten. Das ist ein Unterausschuss des Wirtschaftsausschusses. Damit wollen wir Fragen der Energiewende eindeutig und vertieft diskutieren und den Prozess begleiten. Man kann nicht davon sprechen, dass die Themen „Energie, Energiewende und Landesentwicklungsplanung“ stiefmütterlich behandelt werden. Ihnen stehen alle parlamentarischen Mittel zur Verfügung, um dieses Thema zu diskutieren. Anstelle schon zum zweiten Mal über dieses Gesetz zu diskutieren, hätten wir schon zum zweiten Mal inhaltlich über die Festsetzung der Teilfortschreibung diskutieren können.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Verfahren in Rheinland-Pfalz ist gesetzlich geregelt. Es ist ein offenes und transparentes Verfahren. Es werden viele Hunderte beteiligt. Es werden die Kommunen beteiligt. Ich weiß das als Bürgermeister einer kleinen Stadt, weil wir es demnächst auf der Tagesordnung haben. Ich beobachte im Moment im Umfeld, dass viele Kommunen sich damit beschäftigen, sich beraten, Anregungen geben und die Anregungen beschließen. Diese Anregungen werden in dem dreimonatigen Anhörungs- und Beteiligungsverfahren gesammelt. Diese werden danach ausgewertet. Sie werden ernst genommen. Das war in dem bisherigen Verfahren so. Das wird auch dieses Mal so sein.

Damit ist eine breite Beteiligung der Verantwortlichen auf allen Ebenen gewährleistet und wird umgesetzt. Deswegen können Sie nicht von zu wenig Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz sprechen. Das Ganze wurde über das Internet veröffentlicht und an viele weitere Beteiligte vom Ministerium versandt. Das will ich ergänzen.

Ich erinnere daran, dass wir 2007 bei der Aufstellung des Landesentwicklungsprogramms IV im Haus eine umfassende politische Debatte und eine Beteiligung von vielen Akteuren im Land hatten. Gerade die Debatte hier im Haus hat am Ende dazu geführt, dass Teile dieses Landesentwicklungsprogramms geändert bzw. neu formuliert wurden. Die Debatte hat also ihren Niederschlag in der Endfassung des LEP IV gefunden.

In diesem Sinne appelliere ich an Sie, mehr Zutrauen in die Stärke des Parlamentes zu haben und die vorhandenen parlamentarischen Mittel zu nutzen. Eine Gesetzesänderung ist aus unserer Sicht nicht notwendig, deswegen lehnen wir sie ab.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Vielen Dank.

Ich erteile Herrn Kollegen Hartenfels das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Gäste! Der Vorstoß der Fraktion der CDU zur Änderung des Landesplanungsgesetzes ist schon bemerkenswert. Insbesondere die Begründung dazu in schriftlicher und jetzt in mündlicher Form sind zu nennen. Sie sprechen davon – ich zitiere gern aus dem Antrag –, der Grad der Einbindung des Parlamentes solle gestärkt werden und dem Bedeutungsverlust entgegengewirkt werden. Das sind hehre Ziele. Das Landesentwicklungsprogramm stellt die grundlegenden Weichen für die zukünftige Entwicklung des Landes mit zum Teil schwerwiegenden Eingriffen für die Gemeinden. – So weit war das Ihr formaler Vorstoß.

Materiell – das habe ich noch im Ohr von Ihrer Fraktionsvorsitzenden zum Thema „LEP IV“ bei der letzten Debatte im Plenum – steht nichts drin. Jetzt könnte ich sarkastisch sagen, wenn das so ist, warum sollen wir das beschließen, wenn da nichts drinsteht.

Gehen wir einfach einmal Ihre Begründung Schritt für Schritt und schön langsam durch, um zu schauen, wie es mit den Mitwirkungsmöglichkeiten des Parlamentes und natürlich auch der Öffentlichkeit, die Sie auch angesprochen haben, im Detail aussieht.

Zunächst einmal haben wir, wenn der Entwurf vorliegt, im Rahmen einer dreimonatigen Auslegungsfrist für die Öffentlichkeit die Möglichkeit, dass jede einzelne Bürgerin und jeder einzelne Bürger dort seine Anmerkungen und Bedenken einbringen kann. Wir haben ein umfassendes Beteiligungs- und Anhörungsverfahren, sodass Ihre Aussage, Herr Brandl, zu sagen, wir bräuchten eine stärkere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger, in der Form überhaupt nicht notwendig ist, weil das schon von Gesetzes wegen her so vorgesehen ist.

Ein zweiter Punkt unterscheidet sich von den Zeiten vor 10 oder 15 Jahren. Da musste man noch mühsam in irgendwelche Behörden gehen, wenn man sich Planwerke anschauen wollte. Man wurde meistens sehr misstrauisch beäugt. Der Bürger, der etwas wissen will, war oft sehr verdächtig. Im Zuge des Internets ist es ganz bequem, sich das LEP IV per Mausklick ins Wohnzimmer zu holen und sich das in Ruhe durchzulesen, seine Einwendungen, Bedenken oder Anregungen zu formulieren und dann wieder zurückzugeben. Auch dort hat sich eigentlich sehr viel für eine intensivere und leichtere Bürgerbeteiligung getan.

Kommen wir zum dritten Punkt: Schon im Vorfeld des LEP IV haben wir uns im Wirtschaftsausschuss auf der Ebene der fachlichen Beratung im Hinblick auf die Energiewende intensiv mit dem LEP IV auseinandergesetzt. Diese Möglichkeit hat letztlich jeder Fachausschuss, der sich von dem Landesentwicklungsprogramm IV betroffen fühlt. Auch hier haben wir eine intensive Möglichkeit der parlamentarischen Beteiligung.

Auch in Plenardebatten – das möchte ich noch einmal in Erinnerung rufen – haben wir die Möglichkeit und haben uns auch schon intensiv mit der Energiewende und auch mit der Teilfortschreibung beschäftigt. Sie haben die Möglichkeit, über Anfragen und Aktuelle Stunden jeder

zeit dieses Parlament intensiv materiell an dieser Debatte zu beteiligen und das dann auch in der Form umzusetzen. Ganz neu eingerichtet haben wir auch – Herr Kollege Fuhr hat schon darauf hingewiesen – den Unterausschuss „Energiewende“. So viel zu Ihrem Vorwurf, wir hätten nicht genügend öffentliche Wahrnehmung, um die wir uns bemühen würden.

Am 23. Mai haben wir die erste intensive Sitzung dieses Unterausschusses mit dem Schwerpunkt der Teilfortschreibung des LEP IV. Man höre und staune. Im Rahmen dieser Anhörung werden wir unter anderem die kommunale Familie, die Mittelbehörden, die Elektrizitätswirtschaft, die Stromversorger und auch die Naturschutzverbände hören. Es sind ganz viele Akteure, die wir dort explizit einladen und uns anhören, um diese Meinung in die Argumentationslinie und in die Weiterentwicklung des Landesentwicklungsprogramms IV mit einzuspielen.

So viel zu Ihren fadenscheinigen Argumenten, sehr geehrte Damen und Herren von der Opposition, der Grad der Einbindung des Parlaments wäre nicht stark genug. Das Gegenteil ist hier explizit der Fall.

Der eigentliche Hund liegt nämlich bei Ihnen, der CDU, woanders begraben. Sie wollen nämlich die fachliche Auseinandersetzung in der Form gar nicht; denn dann müssten Sie selbst konkrete Vorschläge machen. Zum Thema „Landesentwicklungsprogramm IV“ liegen bis heute von Ihnen noch keine konkreten Vorschläge und Anregungen vor. Dann wären Sie selbst angreifbar, und Sie könnten Ihre Rolle als Oppositionspartei nicht darauf reduzieren, was Sie gerne machen, sich zu überlegen, wie etwas nicht geht, statt sich zu überlegen, wie etwas geht, vor allen Dingen im Rahmen der Energiewende.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das ist aus meiner Sicht für eine schlagkräftige Oppositionspartei wirklich zu wenig. Herr Brandl. Sie haben gesagt, wir würden die Debatte verweigern. Sie als Oppositionspartei verweigern die Debatte bei der Energiewende. Das mussten wir heute bei der Aktuellen Stunde schon wieder zur Kenntnis nehmen. Sie setzen das beim Landesentwicklungsprogramm leider fort.

Aus dieser Motivationslage heraus ist für uns Ihr Vorstoß in Sachen Änderung des Landesplanungsgesetzes zum einen zu durchsichtig und zum anderen nicht zielführend. Vor allen Dingen wird sie der Bedeutung der Energiewende für dieses Land nicht gerecht. Deswegen werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Lemke das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Fuhr und Herr Hartenfels haben eben schon einmal ausführlich mit Ihnen erörtert, wie das Landesentwicklungsprogramm einzuordnen ist und wo sich die Grundlagen finden, die uns überhaupt diese Teilfortschreibung in dieser Weise, wie wir sie jetzt vornehmen, erlauben, nämlich in § 8 Abs. 1 Satz 4 des Landesplanungsgesetzes.

Herr Brandl, und vielleicht auch für die Bürgerinnen und Bürger, die das an dieser Stelle auch interessiert, die Art und Weise, wie die Teilfortschreibung vorgenommen wird und die Anhörung läuft – im Moment befinden wir uns in der Anhörung –, ist das breiteste und aus meiner Sicht auch das direkteste Instrument der Mitnahme von Bürgerinnen und Bürgern. Hier können nicht nur Verbände oder Träger öffentlicher Belange, sondern hier kann jede Privatperson in diesem Land Einsicht nehmen. Die Pläne sind offengelegt. Das ist alles dargestellt. Es ist präsent. Wir haben über 3.000 Briefe hinausgeschickt. Die Kommunen sind informiert. Es wird jetzt in den Kreistagen über das Landesentwicklungsprogramm beraten. Es ist eine breite Öffentlichkeit hergestellt. Es gibt eine solch breite Öffentlichkeitsbeteiligung und eine Beteiligung nicht, wenn Sie ein Gesetz machen.

Herr Brandl, wenn es Ihr Anliegen ist, eine breite Beteiligung herzustellen – so habe ich Sie in Ihrem Redebeitrag verstanden –, damit wir diese Energiewende auch umsetzen, und für Bewusstsein zu sorgen, dann ist es sicherlich genau das Instrument, das wir hier gerade nutzen. Ihr Argument, wir würden die Bevölkerung nicht teilhaben lassen und keine Beteiligung herstellen, löst sich damit für mich quasi in Luft auf.

Die Kollegen haben eben schon geschildert, dass andere Bundesländer es genauso handhaben. MecklenburgVorpommern, Niedersachsen, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen machen das alle genauso wie wir. Das hat seinen Grund genau hierin.

Wenn Sie jetzt darauf anspielen, dass es möglicherweise Kritik an dem gibt, was wir jetzt an Zielvereinbarungen haben, weil Sie z. B. in der Interpretation der Zielsetzung nicht ausreichend konkretisiert sind, dann weise ich auch hier darauf hin, dass das Instrument, welches die Interpretation des Landesentwicklungsprogramms ist, nämlich ein Erlass, noch später zum Einsatz kommt, wenn dann das Landesentwicklungsprogramm in dieser Weise umgesetzt und beschlossen wird. Das heißt, eine Interpretation und auch das Aufnehmen der Kritik, die die Bürgerinnen und Bürger oder die Verbände oder die Kreise uns jetzt vorlegen, werden dadurch nicht ausgeschlossen, sondern gerade durch die breite Beteiligung aufgenommen. Damit ist es auch im Charakter, der Rechtsform, eine Rechtsverordnung.

Ich will das hier einfach noch einmal festhalten. Wir haben hier in der ganzen Beratung und der Bedeutung natürlich das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen in den Mittelpunkt und an eine ganz hohe Stelle gestellt. Es

hat eine hohe Priorität. Damit ist es natürlich auch diesen gestiegenen Anforderungen, die wir gesellschaftlich und politisch bezüglich der Beteiligung der Gesellschaft definieren, gerecht geworden.

Ich glaube, an dieser Stelle reicht es wohl, wenn ich einfach noch einmal jeden herzlich einlade, sich die offenliegenden Pläne und die Texte dazu – es sind vorwiegend Texte und Ziele, die dargestellt sind –, anzuschauen und auch eine Stellungnahme dazu abzugeben. Das Verfahren hat Herr Hartenfels beschrieben. Sie dürfen versichert sein, wir werden uns intensiv mit den Anregungen befassen.

Es ist überhaupt nicht ausgeschlossen, dass es natürlich in der Interpretation des Landesentwicklungsprogramms auch noch zu Ausdefinierungen kommt, die den Belangen und den Befürchtungen, die es teilweise hinsichtlich der zu starken Ausweitung von Windanlagen gibt, gerecht werden kann. Wir nehmen das jedenfalls auf. Wir nehmen das ernst, genauso wie wir die Beteiligung an dieser Stelle ernst nehmen.

Ich danke Ihnen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Für die die CDU-Fraktion hat noch einmal Herr Kollege Brandl das Wort.

(Pörksen, SPD: Er nimmt jetzt den Gesetzesantrag zurück!)

Danke, Frau Präsidentin!

Herr Hartenfels, jetzt haben Sie offensichtlich endlich einen Grund gefunden, den Sie uns vorwerfen können, warum das alles schlecht ist, was wir beantragen. Unsere Motivation wäre quasi die inhaltliche Ablenkung. Hervorragend, Glückwunsch! Da sieht man doch, die Gegenargumente von Ihnen sind ein Stück weit an den Haaren herbeigezogen.

(Beifall bei der CDU)