Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

Ich könnte noch viel zum Verbraucherschutzbericht sagen. Das tue ich nicht. Ich möchte noch zwei oder drei Sätze zum Thema „Transparenzmodell“ sagen. Wir sind über die Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage sehr enttäuscht.

Grundsätzlich bewertet die Landesregierung, wenn ich das richtig verstanden habe, die Forderung nach einem Transparenzmodell positiv. Wohin geht aber der Weg? – Darüber müssen wir uns im Land im Klaren sein. Ich kann nicht sagen, ich warte einmal ab, was die Arbeitsgruppe aus den einzelnen Ländern, die in Berlin zusammenkommen soll, bespricht und wo der Weg für sie hingeht. Wir müssen doch wissen, was wir den Betrieben der amtlichen Lebensmittelkontrolle vor Ort zumuten können und welche Art von Siegeln für unsere Bürgerinnen und Bürger richtig ist. Das, was für uns das Richtige ist, muss für andere Bundesländer noch lange nicht das Richtige sein. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns darüber Gedanken machen.

Herr Minister, wir haben das schon mehrfach im Ausschuss besprochen und mehrfach gesagt bekommen: Na, ja, warten wir einmal ab. – Das ist der falsche Weg. Es ist wichtig, dass die Gespräche geführt werden. Sie haben uns im Ausschuss gesagt, dass Gespräche mit der amtlichen Lebensmittelkontrolle geführt wurden. Es ist aber auch wichtig, dass wir die Gaststätten vor Ort mitnehmen. Die Vermeidung der prangerähnlichen Wirkung, die von der Wirtschaftsministerin erwähnt wurde, darf auf der einen Seite nicht zu Wettbewerbsbenachteiligungen bei den Betrieben führen, aber auf der anderen Seite muss der Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher gewährleistet sein.

(Pörksen, SPD: Das ist aber schwierig!)

Das ist nicht einfach, aber Verbraucherschutz ist nicht einfach, Herr Kollege.

(Beifall der CDU)

Deshalb müssen wir das diskutieren und gute Wege finden.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun Frau Kollegen Müller-Orth das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Verbraucherinnen und Verbraucher haben ein Recht auf gute und gesunde Produkte. Sie müssen wissen, wie Produkte hergestellt werden, woher sie stammen und was sie enthalten. Verbraucherschutz steht im Dienst der Allgemeinheit. Information und Kennzeichnung sind die Grundpfeiler einer starken Verbraucherpolitik.

Der 3. rheinland-pfälzische Verbraucherschutzbericht beinhaltet alle Bereiche der Verbraucherpolitik. Ich werde heute nur auf einige Punkte eingehen können, weil sonst meine Redezeit nicht ausreicht.

Ein sehr entscheidender Aspekt ist der nachhaltige Konsum. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen in der Lage sein, eine Entwicklung zu unterstützen, die unsere Lebensgrundlage dauerhaft erhält und mehr Lebensqualität für sich selbst und für andere sichert.

Die aktuelle Klimadebatte macht deutlich, wir müssen anders essen, anders reisen sowie Energie anders erzeugen und verbrauchen. Produktion und Konsum, die dem Grundsatz der Nachhaltigkeit folgen, können einen großen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz sowie zum Erhalt der biologischen Vielfalt und zu mehr Gerechtigkeit in der Welt leisten.

Die Konsumentinnen und Konsumenten brauchen dabei politische Unterstützung, um diese Herausforderung meistern zu können; denn wir verbrauchen weltweit mehr Ressourcen, als unsere Erde nachliefern kann. Ohne gesetzliche Vorgaben klappt das nicht; denn freiwillige Selbstverpflichtungen, zum Beispiel die der Autoindustrie zur CO2-Reduzierung, wurden in der Vergangenheit zu häufig gebrochen.

Das Projekt „CO2-neutrale Landesregierung“, dessen Ziel es ist, den CO2-Fußabdruck der Landesregierung bis 2020 um mindestens die Hälfte zu verringern, erfüllt eine wichtige Vorbildfunktion.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Die Richtlinien zur Verbraucherbildung in den Schulen stärken die Grundkompetenzen für ein selbstbestimmtes Verbraucherverhalten; denn besonders Jugendliche müssen schon in der Schule ihre Verbraucherkompetenz zur Selbstständigkeit entwickeln können.

Lebensmittelsicherheit und Ernährung sind ein weites Feld mit vielen unterschiedlichen Aspekten. Auf zwei dieser Aspekte möchte ich näher eingehen.

Rheinland-Pfalz hat sich im Rahmen der Beratungen zur Europäischen Lebensmittelinformationsverordnung gegenüber Bund und EU nachdrücklich für eine verpflichtende Ampelkennzeichnung des Nährwertgehalts von Lebensmitteln eingesetzt. Verbraucherinnen und Verbraucher wären somit in der Lage gewesen, Lebensmittel bezüglich dieser Nährwerte auf einen Blick zu vergleichen, anstatt mühsam Zahlenwerte zu entziffern. Gemäß der EU-Verordnung können die Mitgliedstaaten den Lebensmittelherstellern empfehlen, zusätzlich die Ampelkennzeichnung anzugeben. Rheinland-Pfalz würde die Bundesregierung bei diesem Vorhaben sehr gerne unterstützen.

Auch im Bereich der Lebensmittelüberwachung verlangen die Verbraucherinnen und Verbraucher nach mehr Transparenz. Sie möchten wissen, was von der Lebensmittelüberwachung bei der Betriebskontrolle festgestellt wurde. Es gibt in Deutschland mehrere Pilotprojekte, wie zum Beispiel die Ekelliste aus Berlin-Pankow, die aus rechtlicher Sicht allerdings sehr umstritten ist. Hier muss eine bundesweit einheitliche Lösung gefunden, die keine sogenannte prangerähnliche Wirkung hat.

Warum sollte bei uns nicht das funktionieren, was in Dänemark schon lange gängige Praxis ist? In jedem dänischen Lebensmittelgeschäft, Restaurant und Imbiss sowie in Kantinen von Betrieben, Schulen und Altenheimen müssen die Inhaber seit 2001, also seit elf Jahren, darüber informieren, wie sie bei der zurückliegenden Lebensmittelkontrolle abgeschnitten haben. Der Bericht muss an einer gut sichtbaren Stelle aushängen. Ein Smiley-Symbol informiert jeden Besucher auf einen Blick über die Bewertung. Außerdem enthält der Bericht detaillierte Angaben zu den Ergebnissen der Kontrolle, Anmerkungen des Kontrolleurs sowie die Daten der zurückliegenden Kontrollbesuche. Zusätzlich werden alle Kontrollergebnisse im Internet veröffentlich.

Ob es in Deutschland ein Smiley-Symbol oder ein Kontrollbarometer geben wird, ist in der Sache völlig irrelevant. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist es wichtig, überhaupt eine Möglichkeit zu haben, die Kontrollergebnisse der Lebensmittelbehörden nachvollziehen zu können.

Der Verbraucherschutz gewinnt von Jahr zu Jahr an öffentlicher und politischer Bedeutung. Ein hohes Verbraucherschutzniveau, ein flächendeckendes Angebot an persönlicher Information und Beratung der Verbraucherinnen und Verbraucher, die Durchsetzung bestehender Rechte, sichere Lebensmittel und Produkte sowie – soweit rechtlich möglich – transparente und offene Informationen über die Kontrollergebnisse der Überwachungsbehörden sind eine wichtige Voraussetzung für die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger in Rheinland-Pfalz.

Deshalb sollen die rheinland-pfälzische Landesregierung und die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e. V. weiter gemeinsam das Ziel verfolgen, den Verbraucherschutz in Rheinland-Pfalz auch in den kommenden Jah

ren gezielt und systematisch weiter auszubauen und die Verbraucherrechte zu stärken.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz soll erstmalig für mehrere Jahre auf eine verlässliche und längerfristige Grundlage in Form einer bis Ende 2015 befristeten schriftlichen Vereinbarung zwischen der rheinlandpfälzischen Landesregierung und der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e. V. fixiert werden. Diese Vereinbarung hat zum Ziel, der Verbraucherzentrale für die Folgejahre Planungssicherheit zu verschaffen und die bestehenden Beratungsangebote zu sichern sowie das Beratungsstellennetz flächendeckend auszubauen.

Der nun vorliegende Alternativantrag der CDU-Fraktion enthält keine fachlich neuen Kernaussagen. Es handelt sich um einen Versuch, unseren Antrag zu demontieren. Inhaltlich sind die Punkte des Alternativantrags einfach von unserem Antrag abgeschrieben worden. Im Antrag der CDU-Fraktion wird unterstellt, dass die Verbraucherzentrale nicht bürgernah arbeitet und ihre Arbeit nicht dokumentiert. Die Forderung nach unabhängigen Experten zieht die fachliche Kompetenz der Verbraucherzentrale in Zweifel. Wie sich die Verbraucherzentrale organisiert, ist ihre Sache und nicht Sache der Landesregierung. Die Verbraucherzentrale ist eine unabhängige Institution mit einem sehr guten Angebot an Geschäftsstellen, Beratungsstellen und Stützpunkten. Die Erreichbarkeit über E-Mail und telefonische Beratungen stehen zusätzlich zur Verfügung. Im Hinblick auf den demografischen Wandel werden bereits jetzt schon entsprechende Dienste angeboten.

Die Arbeit der Verbraucherzentrale wird im Antrag der CDU-Fraktion unterschwellig kritisiert, weil der CDUFraktion dazu nichts Konstruktives einfällt. Wir werden diesen Alternativantrag ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung hat nun unser Verbraucherschutzminister Jochen Hartloff das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Schäfer, keine Angst, der Verbraucherschutzminister dieses Landes ist am ersten Tag seiner Amtszeit in dem Amt angekommen. Er macht es gerne, und er war auch gleich bei der EHEC-Krise gefordert, bei der wir in Rheinland-Pfalz vorbildlich gehandelt haben, indem wir eine Task-Force eingerichtet haben,

(Frau Klöckner, CDU: Task-Force! Ich lache mich tot!)

die bundesweit Vorbildcharakter hatte.

Frau Klöckner, Sie lachen sich tot, aber in Ihrem Amt, das Sie damals innehatten, haben Sie das erst Wochen später gemacht.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das war es so weit zu den Bedenken, die Sie geäußert haben.

Wir besprechen den 3. Verbraucherschutzbericht des Landes Rheinland-Pfalz. Es ist ein Kompendium, das Themen anreißt, einen Überblick aufzeigt und dem Rechnung trägt, was Frau Schäfer gesagt hat. Verbraucherschutz ist nicht statisch, sondern er verändert sich permanent. Unser Ziel bei dem Verbraucherschutzbericht ist es auch, dass er handlich und lesbar ist. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen damit etwas anfangen können.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich glaube, es ist wesentlich sinnvoller, es so zu machen, als eine große und dicke Abhandlung zu erstellen, bei der sie Expertenwissen in großem Maße weiter einfließen lassen. Sie haben nachher einen Bericht, der vergleichbar einem Abschlussbericht einer EnqueteKommission oder Vergleichbares ist. Was meinen Sie, wie lesbar ein solcher Bericht dann wäre? Wem dient er? Wem nützt er?

So etwas ist immer spannend. Man kann Erkenntnisse gewinnen. Das erfüllt aber nicht die Aufgabe, glaube ich, die diese Zwischenberichte als Verbraucherschutzberichte hervorragend erfüllen. Ich danke meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ihn erarbeitet haben.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, es gilt die Einladung, lesen Sie den Bericht und schauen Sie es sich an. Machen Sie sich selbst ein Bild. Ich glaube, dann werden Sie überzeugt sein, dass dieser Weg ein besserer ist als der, den Frau Schäfer vorgeschlagen hat.

Meine Damen und Herren, die Textbeiträge sind in Zusammenarbeit mit allen anderen Häusern, mit dem Landesuntersuchungsamt (LUA) und mit der Verbraucherzentrale erfolgt. Damit wird die Querschnittsaufgabe aufgezeigt. Damit kann man nicht sagen, das ist nur der Verbraucherschutzminister bzw. das entsprechende Ministerium, das sich darum kümmert. Es ist eine vielfältige Aufgabe. Es reicht in alle Bereiche hinein. Das wird entsprechend überzeugend dokumentiert.

Wir wollen Verbraucherinnen und Verbraucher unterstützen, sich bei verändernden und zum Teil unübersichtlichen Märkten zurechtzufinden und auf einem digitalen Weltmarkt durch bewusste Auswahlentscheidungen Marktmacht auszuüben. Sie haben das beschrieben. Wir wollen die Verbraucherinnen und Verbraucher darin bestärken.

Wir haben im Verbraucherschutzbericht 2010/2011 erstmals den wirtschaftlich-rechtlichen und den gesundheitlichen Verbraucherschutz gleichermaßen aufgezeigt und gewichtet als eine Orientierung, die dazukommt. Wie wichtig Wettbewerb ist, sehen Sie beispielsweise an dem Benzinmarkt, bei dem ein Marktversagen besteht. Das Kartellamt hat bundesweit festgestellt, dass die Konkurrenz nicht hinreichend ist. Dort gibt es ein Preisgeschehen, das zu kritisieren ist. Das drückt uns alle trotz eines gewissen Verständnisses für sich verändernde Weltmärkte.

Wichtig ist – darauf haben meine Vorrednerinnen hingewiesen –, dass bei diesen komplexen Strukturen, die für viele Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mehr greifbar sind, eine entsprechende Bildung erfolgt. Frau Kollegin Ahnen, hier ist es bundesweit vorbildlich, wie wir in den allgemeinbildenden Schulen ressortübergreifend Lehrerfortbildung und Verbraucherbildung initiiert haben. Wir praktizieren das in Rheinland-Pfalz. Wir bauen entsprechende Kompetenzen auf.

Das Gleiche gilt für den Bereich der Medienkompetenz. Diese Kompetenz ist heute dringend gefragt. Das Projekt „Silver Surfer“ der Verbraucherschutzzentrale wurde bereits genannt. Die ältere Generation ist gefordert. Das gilt auch für die ganz junge Generation. Es ist eine große Aufgabe, verantwortungsvollen Umgang mit Medien zu lernen. Daran arbeiten wir mit. Sie wissen, dass in dem Bereich der Medien soziale Netzwerke in unterschiedlichen Interessenlagen eine Rolle spielen. Wenn „Facebook“ an die Börse geht, dann steht der Wert des Unternehmens im Mittelpunkt. Der Wert des Unternehmens resultiert daraus, was man mit den Daten der Kunden machen kann und welche man verkaufen kann. Die Verbraucherinnen und Verbraucher bzw. die Kunden müssen sich über diese Fragen bewusst sein. Sie brauchen Aufklärung darüber, was mit den Daten geschieht.