Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

Nun werden Sie wahrscheinlich sagen, das sind nur Worte der CDU, die dagegen sind.

(Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Es liegt kein Vorschlag von Ihnen vor!)

Zu unseren Vorschlägen komme ich gleich noch.

Liebe Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie haben heute früh relativ knapp einen Alternativantrag vorgelegt. Unsere Vorschläge stehen schon in unserem Antrag.

Ich möchte an dieser Stelle Herrn Schick zitieren. Herr Schick ist Landrat des Landkreises Mainz-Bingen und gehört der SPD an. Er sagt, es gibt erhebliche Schwächen bei Ihrer Reform.

Der Verbandsbürgermeister der Verbandsgemeinde Bad Kreuznach-Land, Peter Frey, ebenfalls SPD, ist der Überzeugung, dass eine umfassende Gebietsreform unter Einbeziehung der Landkreise dringend notwendig ist. Er sagt weiterhin, er fühle sich hinters Licht geführt; denn die Lesart des Gesetzes zur Kommunal- und Verwaltungsreform hat sich nach der Landtagswahl im Frühjahr plötzlich gewandelt.

Es gibt einen Brief von Herrn Staatsminister Lewentz an Herrn Frey, in dem allen Ernstes behauptet wird, dass die Fraktionen im Landtag ihre Ablehnung signalisiert hätten, dass die Kreise nicht zusammenkommen dür- fen. – Herr Staatssekretär Häfner, Ihr Minister ist heute Nachmittag nicht da. Aber ich wüsste nicht, dass wir gefragt worden wären; denn unsere Position ist eine andere.

Wir möchten lieber eine Reform aus einem Guss, bei der es nicht darum gehen darf, dass jemand sein Gesicht verliert, sondern bei der es darum gehen muss, dass gemeinsam ein Weg eingeschlagen wird, damit wir in Rheinland-Pfalz auf ordentliche Strukturen, aber auch auf eine nachhaltige Finanzierung unseres Landeshaushalts setzen können.

(Beifall der CDU)

Ich möchte weiterhin zitieren. Der Städtetag RheinlandPfalz sagt ganz klar, wir brauchen eine Aufgabenkritik, eine Funktionalreform, und erst der letzte Schritt könnte dann eine territoriale Neuordnung sein. Auch Herr Professor Dr. Junkernheinrich hat zuerst eine Aufgabenkritik gefordert, und erst dann können wir zu Fusionen kommen. Freiwillige Fusionen sind in Ordnung, aber Zwangsfusionen sind problematisch.

Der Vorsitzende des Landkreistages Rheinland-Pfalz – im Übrigen auch ein Landrat der SPD – sagt ganz klar, dass in dem bisherigen Diskussionsprozess um die Kommunal- und Verwaltungsreform eigentlich von keiner Seite mehr bestritten wird, dass diese Reform einen viel

breiteren Ansatz erfahren muss. Er fordert genau das Gleiche, was auch die CDU fordert und was wir im Übrigen auch von Anfang an angeboten haben. Wir sagen, wir brauchen eine Aufgabenkritik, wir brauchen mehr Bürgernähe, und wir dürfen vor allen Dingen nicht von unten anfangen, die Treppe zu kehren, sondern von oben. Sie haben Streit in die Dörfer und zu den Bürgermeistern gebracht.

(Beifall der CDU)

Herr Ministerpräsident, es war ein Schnellschuss, den Sie gemacht haben, und die Kehrtwende beim Bodenschutz und bei der Aufgabenverlagerung musste gleich wieder rückgängig gemacht werden. Deshalb geht Gründlichkeit meiner Meinung nach vor Schnelligkeit. – Sie sehen es umgekehrt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie wissen das doch auch. Noch vor der Wahl haben Sie sich gegen Zwangsfusionen ausgesprochen. Lieber Herr Kollege Köbler, Sie kennen Ihre Parteifreunde in Pirmasens. Manfred Seibel selbst hat dort im Dezember ganz klar gesagt, dass er gegen Zwangsfusionen ist. Auch die GRÜNEN im Kreistag Bad Kreuznach und im Gemeinderat in Heidesheim sind gegen Zwangsfusionen.

Herr Ministerpräsident, ich biete es Ihnen an dieser Stelle öffentlich an. Lassen Sie uns doch gemeinsam den folgenden Weg gehen: Dort, wo freiwillige Fusionen stattfinden, sollen sie durchgeführt werden. Aber vereinbaren wir doch ein Beratungsmoratorium ab dem 1. Juli, damit es eben nicht zu Zwangsfusionen kommt, sondern damit zunächst einmal überlegt werden kann, welche Strukturen nachhaltig sind. Kleiner heißt nicht automatisch, dass es auch teurer ist.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich möchte ein Beispiel nennen. Rudolf Becker, der Verbandsbürgermeister der Verbandsgemeinde Speicher, hat uns vorgerechnet und dargelegt, dass er mit einer kleineren ProKopf-Zahl in seiner Gemeinde weniger Verwaltungskosten verursacht als manch andere Gemeinde, die 20.000 Einwohner hat. Seine Kreisumlage würde dann von 34 % auf 48 % ansteigen. – Ich frage Sie: Ist das eine Motivation für Bürgerinnen und Bürger, plötzlich mehr zu zahlen, ohne dass vorher eine Aufgabenkritik stattgefunden hat und ohne dass klar wurde, dass wir uns letztlich von Dingen trennen sollten, die die Kommunen belasten?

Herr Ministerpräsident, Sie sehen im Moment nicht gerade sehr interessiert aus, aber ich gehe schon noch davon aus, dass Sie dies in den nächsten Monaten zu entscheiden haben. Ich hoffe sehr, dass Sie bereit sind, das mitzutragen, was wir vorgeschlagen haben.

Herr Professor Hamm hat einen hervorragenden Beitrag im „Trierischen Volksfreund“ veröffentlicht, mit dem er Vieles verdeutlicht hat. Er ist emeritierter Professor aus Trier, und er hat deutlich gemacht: Lediglich die Verkürzung bei der Kommunal- und Verwaltungsreform auf die Verbandsgemeinden und die territorialen Fragen wird den Menschen nicht gerecht.

Herr Staatssekretär Häfner, Sie versuchen derzeit in der Eifel, vier große Verbandsgemeinden zusammenzulegen. Damit hätte man über 40.000 Einwohner. Sagen Sie uns, wo es günstiger wird, sagen Sie uns, wo wir Bürgernähe haben, und sagen Sie uns, wo das Land auch bei den Mittelbehörden einsparen wird. – Nur dann kommen wir zusammen.

Herr Ministerpräsident, ich freue mich, dass wir demnächst zu einem gemeinsamen Gespräch kommen werden. Ich unterbreite Ihnen noch einmal mein Angebot: Lassen Sie uns im Sinne der Bürgerinnen und Bürger die Erfahrungen vor Ort mit einbeziehen. Hören Sie sich an, was Ihre Kollegen aus der SPD erlebt haben. Es macht keinen Sinn, erst die Verbandsgemeinden zu fusionieren, nachher mit den Kreisen zu beginnen und eigentlich gar nicht zu wissen, was günstiger geworden ist im Vergleich zu vorher. Herr Staatsminister a. D. Bruch hat damals nach Auflösung der Bezirksregierungen auf die Frage, was dabei herausgekommen sei, wie viel günstiger es geworden sei und was besser geworden sei, gesagt: Das würde ich auch gerne wissen. – Ich bin der Meinung, Sie sollten es vorher wissen, bevor wir die Menschen in Zwänge setzen, die sie nicht mittragen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Das waren jetzt wieder zehn Minuten ohne Inhalt!)

Herr Kollege Noss hat nun für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Klöckner, eine Reform aus einem Guss hört sich wunderbar an. Aber vor Ihrer Zeit, als Sie noch in Berlin waren, hatten wir der CDU exakt das Angebot unterbreitet, eine Reform aus einem Guss durchzuführen. Die CDU hat sich kategorisch verweigert, in allen Beziehungen,

(Licht, CDU: Das ist falsch!)

egal, was es war.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Reform begann im Jahr 2007. Bereits vorher wussten Sie schon, dass Sie dagegen sind. Sie haben während der vierjährigen Zeit, in der wir versucht haben, etwas Vernünftiges zu schaffen, bei jeder Gelegenheit, aber auch wirklich bei jeder Gelegenheit Stöckchen hingehalten nach dem Motto: SPD, spring! – Wir sind nicht gesprungen, sondern wir haben den Weg, den wir einmal eingeschlagen haben, auch fortgeführt.

Als wir 2007 mit der Reform begannen, gab es eine Verwaltungsreform, die Anfang der 70er-Jahre be

schlossen wurde, damals gemeinsam mit CDU und SPD.

Die SPD hat sich damals als große Oppositionspartei eingebracht und Ideen entwickelt. Sie war mit dabei. Es hat eine Übereinstimmung im gesamten Plenum gegeben. Bei dieser Reform hat uns die CDU alleingelassen. Wir haben eine Reform gemacht, wie wir sie als richtig empfunden haben. Diese Reform steht.

Wir haben sie in zwei Schritte geteilt, einen ersten und einen zweiten Schritt. Der erste Schritt ist das, was jetzt läuft. Er endet am 30. Juni 2012.

Sie sind für freiwillige Fusionen nach dem Motto: Jedem wohl und niemandem weh.

(Frau Klöckner, CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Reden Sie doch einmal mit denen, die in anderen Bundesländern Fusionen gemacht haben. Wir haben als SPD mit den Kollegen in den anderen Ländern geredet. Egal, ob Schwarz oder Rot regiert, jeder hat uns das Gleiche gesagt: Wenn ihr einen solchen Schritt geht, dann müsst ihr am Ende irgendwo einen Punkt finden, an dem ihr das Ganze auch umsetzt, denn nur mit Freiwilligkeit geht es nicht. –

Darüber hinaus reden Sie das große Lied von der Bürgerbeteiligung. Es war doch die CDU, die uns 500.000 Euro – oder waren es 700.000 Euro – aus dem Haushalt streichen wollte, die wir für die Bürgerbefragung vorgesehen haben. Sie haben den Antrag gestellt. Selten stellen Sie konkrete Anträge, aber der Antrag war so konkret wie kein anderer von Ihnen in den letzten Jahren.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben eine Bürgerbefragung Osthofen/Westhofen durchgeführt. Diese akzeptieren wir. Es ist in Ordnung, was dort gefordert wurde. Wenn Sie die Eifel ansprechen, ist in Kyllburg, soweit ich weiß, ebenfalls eine Bürgerbefragung durchgeführt worden.

(Billen, CDU: Nein!)

Da haben sich 80 % der Bürger dagegengestellt. Diese ignorieren Sie einfach und drücken sie weg. So kann es nicht gehen.

Sie machen Bürgerbewegungen und Bürgerbeteiligung dort, wo es Ihnen in den Kram passt. Dort, wo Sie der Meinung sind, es wäre nicht das Richtige, da bleiben Sie weg. Das ist kein Weg, den wir mit Ihnen gehen werden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben vorhin von der Aufgabenverlagerung gesprochen. Wie war das? Wir haben uns parteiübergreifend zusammengesetzt – ich weiß nicht, wer von Ihnen dabei war, Herr Schnabel oder wer auch immer – und haben bei diesen rund 50 Punkten geschaut, welche wir umsetzen und welche nicht. Wir haben übereinstimmend einen Katalog gebastelt. Sie haben zwar hinterher dagegen gestimmt, aber den Katalog haben wir gebastelt.

Von Anfang an waren wir uns darüber klar, dass es dabei durchaus sein kann, dass wir nach einer gewissen Zeit feststellen müssen, dass das, was wir auf den Weg bringen mussten, vielleicht doch nicht so gut ist. Das war damals klar. Das haben wir gemacht.

Das jetzt zum Lamento zu benutzen und zu erklären, dass das der Grund wäre, warum wir jetzt alle von einer schlechten Reform sprechen müssen, ist beim besten Willen nicht nachzuvollziehen.

Sie zitieren Herrn Junkernheinrich mit seinen Ausführungen.

(Frau Klöckner, CDU: Ich zitiere die SPD! SPD-Landräte und SPD-Bürgermeister!)

Dann zitieren Sie das gesamte Gutachten. Herr Junkernheinrich hat in einem Gutachten, das er jetzt wiederum abgegeben hat, ganz klar und deutlich gemacht, dass größere Einheiten in aller Regel bessere Ergebnisse erzielen und weniger Zuschussbedarf aus dem allgemeinen Haushalt haben, als es bei kleinen ist. Das können Sie nachlesen, Ihre Kollegen geben Ihnen das Ganze.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Sie schreiben in Ihrem Antrag beispielsweise, dass es überall vor Ort massiven Streit gibt, dass die Gemeinden so miteinander umgehen, dass es schlimm wäre.