Protokoll der Sitzung vom 03.05.2012

(Zuruf der Abg. Frau Schneider, CDU)

Ich möchte jetzt wieder auf die Pflanzrechte zu sprechen kommen. Es ist ganz wichtig, dass wir diese beibehalten. Wir haben in Rheinland-Pfalz eine Kulturlandschaft. Es gibt ein Qualitätsmerkmal darüber, was der Wein beinhalten darf. Wir leben in Rheinland-Pfalz vom Tourismus. All das hängt sehr eng mit dem Anbau in unserer Weinbauregion zusammen. Wir sind hier in RheinlandPfalz, und Rheinland-Pfalz ist eines der bedeutendsten Weinbauländer Deutschlands und soll es auch bleiben.

Ich glaube, das Verbot für Neupflanzungen hat dazu geführt, dass jetzt ein weiterer Rückgang der Weinanbauflächen nicht mehr stattfindet, sodass auch junge Winzer wieder eine Zukunft im Weinbau sehen. Das sollte uns zusammenführen, und es sollte uns gelingen, einen gemeinsamen Antrag nach der Ausschussüberweisung wieder ins Plenum einzubringen. Ich denke, gemeinsam gegenüber Europa aufzutreten, wäre in Ordnung.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und bei der CDU – Vizepräsidentin Frau Klamm übernimmt den Vorsitz)

Bevor ich Frau Ministerin Höfken das Wort erteile, begrüße ich als Gäste auf der Zuschauertribüne die Kolpingfamilie St. Otto aus Speyer. Seien Sie herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Frau Ministerin, Sie haben das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Abgeordnete und Gäste! Im Jahr 2008 ist die Weinmarktreform beschlossen worden und damit auch eine Befristung des Verbots der Neuanpflanzung von Reben.

Nun ist inzwischen deutlich geworden, was die Aufhebung dieses Verbots, 2008 beschlossen, für Konsequenzen haben würde. Dass die nicht positiv sind, zu dieser Haltung haben sich inzwischen alle Fraktionen dieses Landtags ebenso wie auf der Bundesebene verständigt. Ich bin froh, dass wir einen gemeinsamen Antrag auf den Weg bringen wollen.

Nichtsdestotrotz erlaube ich mir, auf die anstehenden Beschlüsse der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) zu verweisen, und warne davor, ähnliche Beschlüsse im Bereich der Milchwirtschaft zu treffen und hinterher zu versuchen, die Auswirkungen dieser Beschlüsse wieder rückgängig zu machen.

Mit der Aufhebung des Verbots der Pflanzrechte läge eine Situation vor, die für Rheinland-Pfalz sehr negative Wirkungen hätte, insbesondere für den Weinbau. Ich möchte noch einmal betonen, wir unterstützen den Weinbau nicht, weil Wein ein alkoholisches Getränk ist, sondern wegen seiner kulturellen Implikationen,

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

wegen der Kulturlandschaft, wegen der Arbeitsplätze auf dem Land und wegen der guten Unternehmen, die das Image in diesen Regionen deutlich verbessern und erhöhen und sehr engagiert sind. Wir haben also viele Gründe, die eng mit den Regionen und der Landschaft verbunden sind. Genau deshalb ist die Aufhebung des Verbots der Pflanzrechte für uns so problematisch.

Ich will mich dem anschließen, was meine Vorredner gesagt haben, aber auch kurz deutlich machen, was eine Studie beim DLR Rheinpfalz ergeben hat, wenn es so käme, wie die Kommission es plant und wie 2008 beschlossen wurde, nämlich dass dieses Verbot aufgehoben wird.

Wie würde sich das auf das Flächenpotenzial in Rheinland-Pfalz auswirken? Wir schauen in diesem Zusammenhang nach den Tiefsttemperaturen, der Wasserversorgung und ökonomisch sinnvollen Bewirtschaftungseinrichtungen. In der Wissenschaft kommt man zu dem Ergebnis, dass in Rheinland-Pfalz ein zusätzliches Potenzial an Rebflächen in Höhe von rund 135.000 Hektar zur Verfügung stünde. Das wäre mehr als das Doppelte unserer jetzigen Weinbaufläche.

In Rheinland-Pfalz könnte bei einer vollständigen Liberalisierung und Deregulierung die Rebfläche verdreifacht werden. Der Weinbau könnte sich in den herkömmlichen Anbaugebieten flächenmäßig wesentlich vergrößern, aber neben den traditionellen Anbaugebieten könnte Weinbau auch in anderen Regionen in einem größeren Umfang betrieben werden, also Duisburg, Hannover oder in anderen Regionen.

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

Die Mengen könnten erzeugt werden, aber in welcher Qualität und mit welchen Konsequenzen für unser Produkt und der entsprechenden Vermarktungsfähigkeit des Weines?

Wir würden übrigens auch – davon bin ich überzeugt – in eine heftige Diskussion über die Flächenkonkurrenz kommen. Dann heißt es nicht mehr „Tank oder Teller“, sondern „Glas oder Teller“. Ich glaube, das würde der Entwicklung, die wir im Land inzwischen erreicht haben, vollkommen zuwiderlaufen, nämlich ein gutes Standing unserer Winzerbetriebe, der Kellereien und der Unternehmen in diesem Bereich, die ein gutes Image beim Verbraucher haben. Wir würden in eine Situation zu

rückkehren, die wir hinter uns lassen wollen, nämlich die sehr unangenehme Aufgabe, die Übermengen bewältigen zu müssen mit dem entsprechenden Preisverfall mit all seinen Konsequenzen.

Wir sind froh, dass es inzwischen die Unterstützung nicht nur in Deutschland durch den Bundesrat und Bundestag, sondern auch durch die 16 Mitgliedstaaten gibt. Inzwischen hat ein solches High-Level-Group-Treffen stattgefunden. Die Kommission hat aber deutlich gemacht, vollständig zurück wolle sie nicht. Wir werden uns also damit auseinandersetzen müssen, wie wir unsere Vorstellungen von einer guten Qualität und einem erfolgreichen Weinbau für Deutschland und Europa in ein neues Konzept einfließen lassen können.

Mir scheint, die Kommission hat ein wenig von den protestierenden Milchbauern abgeschaut; denn sie macht Vorschläge, die ein wenig in diese Richtung gehen.

Sie sagt ganz klar, sie möchte, dass zwischen totaler Liberalisierung und dem bisherigen System ein neues Instrument der Marktverwaltung gefunden wird. Es ist natürlich unser Interesse, eine gute Regelung zu finden, und wir werden uns daher mit der Kommission in einen intensiven Dialog begeben und darauf achten, dass etwas Gutes dabei herauskommt. Ich bin froh, dass der Landtag sich geschlossen hinter eine solche Linie stellt.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin.

Wird Ausschussüberweisung beantragt? – Dies ist der Fall. Damit werden die beiden Anträge an den Ausschuss für Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten überwiesen. – Vielen Dank.

Ich rufe nun Punkt 21 der Tagesordnung auf:

Lebensmittel mehr wertschätzen und weniger verschwenden Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/1198 –

dazu: Lebensmittel mehr wertschätzen und weniger verschwenden Antrag (Alternativantrag) der Fraktion der CDU – Drucksache 16/1221 –

Zunächst erfolgt die Begründung durch ein Mitglied der antragstellenden Fraktion. Ich erteile Herrn Kollegen Johnen das Wort. Es wurde eine Redezeit von fünf Minuten pro Fraktion vereinbart.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wer wirksam gegen Lebensmittelverschwendung

vorgehen möchte, der darf nicht nur einseitig die Verbraucher und Verbraucherinnen in die Pflicht nehmen, sondern auch die Unternehmen und der Handel müssen entsprechende Maßnahmen ergreifen. Es ist Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Ca. 39 % der weggeworfenen Lebensmittel werden bereits beim Hersteller aussortiert, obwohl sie einwandfrei sind: Möhren, Salatköpfe oder Äpfel fliegen oftmals nur deshalb aus dem Sortiment, weil sie angeblich nicht groß genug oder nicht schön genug sind. Dies ist eine völlig unnötige Verschwendung. So kommen zum Beispiel überhaupt nur 60 % der Kartoffeln im Einzelhandelsgeschäft an; die restlichen werden aussortiert, weil sie, gemessen an den Vorgaben des Handels, zu klein oder verwachsen sind.

Dass der äußere Eindruck aber tatsächlich keine Aussage über die Qualität von Obst und Gemüse macht, ist dabei nicht berücksichtigt. Anstatt nur auf den Verbraucher zu verweisen, wie Frau Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner dies tut, sollten völlig unsinnige Normen, die rein auf äußerliche Merkmale gerichtet sind, abgeschafft werden. Wir fordern daher die Abschaffung unsinniger Handelsnormen, nach denen beispielsweise Äpfel, die zu klein sind, erst gar nicht in den Handel gelangen dürfen. Außerdem muss den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Möglichkeit gegeben werden, bedarfsgerecht einzukaufen. Auch im günstigen Discounter müssen Orangen auch einzeln zu bekommen sein und nicht nur in Großpackungen von zehn Früchten, von denen die Hälfte später weggeworfen wird.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Um Fehlentwicklungen wie der weltweiten Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken, ist die Förderung einer nachhaltigen, bäuerlichen Landwirtschaft mit regionaler Produktion, Verarbeitung und Vermarktung sowie eine nachhaltige Ernährungsweise notwendig. Nicht die Intensivierung und Industrialisierung der Landwirtschaft, sondern der Schutz der Ressourcen wie Wasser und Boden sowie eine bessere Wertschöpfung müssen Priorität haben. Erzeuger – beispielsweise die Milchbauern – setzen sich auch weiterhin gegen zunehmende Produktionssteigerungen ein. Auf der AMK in Konstanz waren über 400 Bauern mit 170 Schleppern vertreten, von denen allein 50 aus dem Raum Bitburg kamen.

Vor zehn Tagen wurden die Abschlüsse mit dem Lebensmitteleinzelhandelsverband bekannt: Die Bauern erhalten 5 Cent weniger pro Liter Milch, und heute verkündet der Discounter ALDI auch noch, die Preise für die Verbraucher um 10 % abzusenken. Es kann doch niemand glauben, dass weitere Produktionsausweitungen die Verschwendung von Lebensmitteln eindämmen. Ressourcenschonung bedeutet etwas anderes, und dies möchte ich am Beispiel der Milch einmal verdeutlichen.

Ressourcenschonung bedeutet, dass wir bei einer Überproduktion von 10 % Milch im Land 1,4 Millionen Tonnen Getreide oder Soja einsparen könnten. Damit könnte ein Großteil des Hungers auf der Welt verringert werden. In diesem Bereich liegt die Verantwortung bei Frau Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner und bei der Bundes

regierung, sich auf europäischer Ebene in der Gemeinsamen Agrarpolitik in der Förderperiode von 2014 bis 2020 dafür einzusetzen und dafür stark zu machen, dass wir eine Landwirtschaft in der Zukunft haben, die nicht nur billig Lebensmittel produzieren muss und kein auskömmliches Einkommen für die Bauern generiert, sondern eine Landwirtschaft, die den Lebensmitteln die ihnen gebührende Wertschätzung und Wertschöpfung angedeihen lässt, die in den Betrieben und im ländlichen Raum produziert werden. Es kann nicht das Ziel sein, durch eine Überproduktion weiterhin zu suggerieren, Lebensmittel seien günstig und könnten auch weiterhin verschwendet werden. Das ist der falsche Weg.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Johnen.

Für die CDU-Fraktion hat nun Frau Kollegin Schäfer das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir verweisen sehr gern auf die Initiative von Frau Bundesministerin Aigner. Sie hat eine Aufklärungskampagne mit dem Titel „Zu gut für die Tonne“ ins Leben gerufen.

(Frau Schneider, CDU: Eine gute Frau!)

Hintergrund ist das Ergebnis einer Studie der Universität Stuttgart, in der sehr differenziert dargestellt wird, wie die Lebensmittelverschwendung zustande kommt. Wir sind dankbar dafür, dass dies deutlich geworden ist. Danach machen die privaten Haushalte, was die Entsorgung von Lebensmittelabfällen anbelangt, über 61 % aus, und der Rest geht in der Verarbeitungskette verloren. Wir sollten dieses Thema sehr ernst nehmen. Es ist uns ein Anliegen, dass Lebensmittelverschwendung möglichst gen null reduziert werden sollte.

Die Frage ist, wie wir das erreichen können. Herr Kollege Johnen, Sie haben soeben auf Frau Bundesministerin Aigner verwiesen und gesagt, ihre Initiative ziele nur auf den Verbraucher ab. – Das stimmt so nicht ganz. Natürlich spielt der Verbraucher beim Thema „Verbrauch“ und beim Konsumverhalten eine große Rolle, und er hat auch eine sehr starke Macht, was sein Kaufverhalten angeht.

(Frau Schneider, CDU: So ist es!)