Protokoll der Sitzung vom 20.06.2012

Das Wort hat Herr Kollege Lammert von der CDUFraktion. Sie haben noch 5 Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich muss Ihnen zunächst einmal sagen: Wir diskutieren immer wieder über diese 9.014 Stellen – darüber, ob das Vollzeitäquivalente sind oder nicht. Für uns ist eine Beamtenstelle zunächst einmal eine Vollzeitstelle.

(Beifall der CDU)

Deswegen ist es doch eine logische Konsequenz, dass ich nicht von Halbzeitstellen spreche, wenn dort die Zahl 9.000 drinsteht. Rufen Sie einfach einmal Herbert Mertin an, und fragen Sie, wie sie das gemeint haben. Sie werden schon hören, was die Ihnen sagen. Eine solche Wortklauberei halte ich an dieser Stelle für völlig verfehlt. Das muss ich Ihnen in dieser Deutlichkeit einmal sagen.

(Beifall der CDU – Frau Klöckner, CDU: Absolut überflüssig!)

Ich will auch an dieser Stelle die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten ausdrücklich loben, die sich, zum Teil bis an ihre Leistungsgrenze gehend, für die Bevölkerung und deren Sicherheit aufopfern.

(Beifall der CDU)

Es geht hier nicht darum, dass wir, wie es uns vorgeworfen wird, in irgendeiner Art und Weise Panik schüren. Ganz im Gegenteil, es geht uns darum, dass wir Warnsignale und Hilferufe aufgreifen und sie auch entsprechend kommunizieren. Wenn sich große Gewerkschaftsgruppen unisono dazu äußern und ziemlich drastische Dinge von sich geben, wenn sich die Mitglieder

von Hauptpersonalräten, die auch eine Menge davon verstehen, dazu melden und wenn sich aktuell der Deutsche Gewerkschaftsbund überdeutlich in diese Diskussion einmischt und von dramatischen Situationen bei der Polizei spricht, sind das doch wohl eindeutige Hilferufe und Warnsignale, die wir aufgreifen müssen. Wir bitten Sie, dies auch zu tun und entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Wir freuen uns, wenn Sie zumindest diesen runden Tisch annehmen.

(Beifall der CDU)

Zu dem Thema „Aufklärungsquote“: Natürlich hat die Polizei eine hohe Aufklärungsquote vorzuweisen; das haben wir nie kritisiert. Aber das liegt an der hohen Leistungsfähigkeit und der hohen Leistungsbereitschaft der Polizei.

Wenn wir uns aber die Kriminalstatistik, über die wir im Landtag leider nie intensiv diskutiert haben, einmal genauer anschauen, müssen wir feststellen, dass es in manchen Bereichen, beispielsweise bei Rauschgift- oder Umweltdelikten – in der sogenannten Holkriminalität –, eine ganz andere Situation gibt. Da haben wir nämlich zum Teil rückläufige Zahlen. Warum sind die rück- läufig?

Sie sind nicht rückläufig, weil wir weniger Umweltdelikte oder weniger Rauschgift im Umlauf haben, sondern weil zum Beispiel im Rauschgiftkommissariat weniger Beamtinnen und Beamte sitzen und es dadurch weniger Anzeigen und weniger Aufklärungsfälle gibt. Das ist doch ganz klar.

(Beifall bei der CDU)

Vor dem Hintergrund ist es wichtig, dass wir auch das entsprechend aufgreifen. Eines will ich noch deutlich sagen – das finde ich nicht gut –: Wenn die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, obwohl uns die Polizei doch so heilig ist – sie wurde von allen Rednern entsprechend gelobt –, mit einer Lohnsteigerung von 1 % und einer Halbierung bei den Beförderungsquoten abgespeist wird, finde ich das ein Stück weit schäbig.

(Ministerpräsident Beck: Es geht ums Sparen!)

Herr Ministerpräsident, bei den Beförderungen sind bedauerlicherweise gerade mit A Beurteilte – sprich: die beste Beurteilung – nicht zum Zuge gekommen. In den letzten Jahren gab es das Gott sei Dank nie, aber dieses Mal hatten wir die Situation. Das hat die Situation für die Polizei auch nicht unbedingt besser gemacht.

(Beifall der CDU)

Ich sage es noch einmal: Der Wechselschichtdienst ist letztlich der entscheidende Dienst. Dort wollen wir die Beamtinnen und Beamten vor Ort und in der Fläche haben. Das ist doch überhaupt keine Frage. RheinlandPfalz ist im Übrigen ein Flächenland. Herr Ministerpräsident, das sagen Sie auch immer. Da sind wir einer Meinung.

(Ministerpräsident Beck: Es wäre auch schwer, das zu bestreiten!)

Deswegen brauchen wir auch Inspektionen in der Fläche; das ist überhaupt keine Frage. Aber die Wechselschichtdienste sind in diesen Bereichen oftmals so gefährlich ausgedünnt, dass sie zum Teil nicht mehr aufrechterhalten werden können. Herr Lewentz, wenn ich mir die Zahl der Ruhestandsversetzungen in den nächsten Jahren anschaue – das ist auch manifestiert –, stelle ich fest, dass es dabei um 400 bis 500 Beamtinnen und Beamte geht. Das ist ein großes Problem. Es gibt dazu eine Drucksache, in der die Zahl mit 492 beziffert wird. Ich kann sie Ihnen gern nachreichen. Dann haben wir natürlich ein Problem.

Wir haben lediglich gefordert, 50 zusätzliche Anwärterinnen und Anwärter einzustellen. Wenn der große Landeshaushalt das nicht hergibt, muss ich wirklich fragen, was uns die Polizei noch wert ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall der CDU)

Bevor ich das Wort weitergebe, darf ich als Gäste bei uns die SeniorenUnion vom Kreisverband Birkenfeld begrüßen. Herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Weiterhin haben wir als Gäste Mitglieder des CDUOrtsverbandes Nauroth/Rosenheim. Seien Sie ebenfalls herzlich willkommen im Landtag!

(Beifall im Hause)

Das Wort hat Herr Kollege Hüttner von der SPDFraktion. Die Redezeit beträgt 3,5 Minuten.

(Pörksen, SPD: Auch herzlich willkommen!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben zunächst das Rechnerische geklärt: Es sind 3,35 Minuten. Herr Lammert, Sie haben die Ruhestandsversetzungen und die Situation in den nächsten Jahren angesprochen. Ich habe es ausgeführt, und der Herr Minister hat es ausgeführt: Das war auch der Grund, warum in den letzten Jahren die Personalzahl erhöht wurde. Man wusste, dass diese Situation eintreten würde. Sie wissen auch aus Ihren Gesprächen mit Vertretern des Ministeriums, ob das nun der Minister oder der Abteilungsleiter ist, dass alles darangesetzt wird, die 9.014 Stellen beizubehalten, um zu verhindern, dass diese Zahl im Jahr 2016 unterschritten wird, sodass man dann mit einer starken Mannschaft dasteht.

Sie wissen aber – das hat Herr Minister Lewentz ebenfalls angesprochen –, dass wir hier immer auch unter dem Aspekt der Schuldenbremse darüber diskutieren. Wir haben nun einmal einen Haushalt, den wir gemeinsam zu tragen haben; zumindest haben wir gemeinsam die Verantwortung dafür. Es ist immer einfach, zu sagen,

dass man da oder dort mehr braucht; denn das hat mit Sparen relativ wenig zu tun. Deswegen ist es verantwortungsvoll, wenn man in vielen Bereichen ansetzt. Sie wissen sehr wohl, dass in anderen Bereichen ganz vehement Einsparungen vorgenommen werden oder versucht wird, mehr Geld einzunehmen. Wir werden gleich noch über den Wassercent und Ähnliches reden.

Lassen Sie mich noch das Thema „Überstunden“ ansprechen. Auch die Vollzeitäquivalente werde ich noch erwähnen. Die Überstunden, die hier angesprochen werden, stellen meiner Meinung nach kein stichhaltiges Argument in dieser Situation dar. Wenn Sie das einmal nachrechnen, stellen Sie fest, dass es um knapp 1,8 Millionen Überstunden geht. Das ist eine wahnsinnig hohe Zahl. Aber bei 9.300 Polizisten heißt das, dass jeder Polizist im Durchschnitt nur 200 Überstunden hat.

(Zehfuß, CDU: Nur!)

Nur. Ich habe heute auch noch 250 Überstunden dastehen. Wenn wir die Situation betrachten und sehen, dass Einzelne sehr viele Überstunden haben – das stand auch in der Zeitung –, müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass es andere geben wird, die sehr wenige Überstunden haben.

Betrachten Sie einmal die Zahlen, die in den Kleinen Anfragen genannt wurden. Pro Jahr werden etwa 500.000 Überstunden geleistet. Bei knapp 10.000 Polizeibeamten heißt das aber auch, dass jeder „nur“ etwa 50 Überstunden hat. Das ist ein Zusatzdienst; das weiß ich auch. Wenn Sie die Gesamtzahl und ihr Anwachsen betrachten – es waren weniger als 10.000 in den letzten Jahren –, stellen Sie fest, es heißt in der Konsequenz, dass von den 50 geleisteten Überstunden 49 entweder abgefeiert oder ausbezahlt wurden. Das Ganze ist also auch relativ zu sehen. Ich denke, deswegen müssen wir das im Verhältnis betrachten.

Es ist nicht so, dass ich die Augen vor der Gesamtsituation verschließe. Ich habe 30 Jahre Polizeidienst hinter mir. In 30 Jahren bekommt man einiges mit. Ich bin auch der Auffassung, dass wir zum Beispiel darauf schauen müssen, wo heute gut ausgebildete Beamte, die wir eigentlich auf der Straße brauchen, einen Bürojob machen und ob man mit Angestellten und anderen diese Aufgaben auffangen kann. Dann kann der Polizist dort eingesetzt werden, wo man ihn braucht.

Ich weiß auch, dass wir dadurch, dass es immer Vollzeitäquivalente sind, etwa 500 Leute weniger haben. Die Gewerkschaften – oben sitzen einige ihrer Mitglieder – sprechen sogar davon, dass wir 700 weniger haben. Wir dürfen also nicht die Augen davor verschließen, sondern wir müssen die Themen abarbeiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam mit den Gewerkschaften den Weg konstruktiv nach vorne gehen, damit die Polizei in Zukunft dauerhaft gut aufgestellt ist und die Sicherheit des Landes gewährleistet ist.

Herzlichen Dank und eine gute Zeit.

(Bracht, CDU: Wann fangen wir denn damit an?)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kollegin Raue das Wort. Ihre Redezeit beträgt 3 Minuten und 30 Sekunden.

Meine Damen und Herren! Herr Lammert, eine Bemerkung am Rande. In anderen Ländern gab es nicht zum ersten Mal für die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten eine Gehaltsnullrunde. Ich finde, wir haben uns in Rheinland-Pfalz doch etwas besser positioniert. Ich möchte nicht wieder auf den Status quo eingehen. Hier haben wir uns hinlänglich ausgetauscht. Ich möchte vielmehr einen Ausblick auf das tun, was wir mit dieser Situation konstruktiv anfangen können.

Herr Lammert, Sie haben gefordert, die Warnsignale zu hören und die Hilferufe aufzugreifen. Lassen Sie uns das doch endlich tun. Ich warte schon lange auf Ihre Vorschläge. Das Einzige, was ich gehört habe, ist, dass wir für 50 Beamte mehr die Schülerbeförderung streichen. Das war Ihr Zwischenruf. So geht es nicht. Wir können nicht die Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausspielen. Genau das wollen wir nicht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Mein Appell an Sie lautet: Greifen Sie doch die Hilferufe ernsthaft auf! Nehmen Sie doch die Warnsignale ernst! – Wir tun das. Wir geben uns Mühe. Wir machen eine Aufgabenkritik und verstärken die Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern, etwa im Bereich des Digitalfunks BOS, der Wasserschutzpolizei und anderen mehr.

Wir versuchen, die Abläufe zu straffen und Verfahren etwa im Bereich der Verwarnungsgeldverfahren sinnvoller zu strukturieren. All diese Dinge werden gemeinsam mit den Betroffenen geprüft und analysiert.

Lassen Sie uns gemeinsam an diese Aufgabenkritik gehen und alles sinnvoll umsetzen.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Das Hauptproblem ist damit nicht gelöst!)

Das würde mich sehr freuen.