Herr Ministerpräsident, gestern sagten Sie wörtlich in Ihrer Rede, dass die Entscheidung gegen die Mittelrheinbrücke – ich zitiere – „für die Menschen in unserem Land tragbar ist“. Einen Zwischenruf vom besagten Absender der SPD-Pressemitteilung habe ich gestern nicht vernommen, aber ich schaue gern noch einmal im Protokoll nach.
Diese Entscheidung, auf die Brücke zu verzichten, sei für die Menschen tragbar. Wann haben Sie eigentlich die
Die Pendler? Die Unternehmer? Die vielen Familien vor Ort jedenfalls nicht. Die sagen lautstark und auch für Sie unüberhörbar etwas ganz anderes.
Herr Ministerpräsident, ich erinnere mich noch gut. Sollte nicht die Mittelrheinbrücke d a s Pilotprojekt der SPD, der SPD-Landesregierung für ein neues Bürgerbeteiligungskonzept sein?
Deshalb haben wir auch mit einem anerkannten, wirklich anerkannten Mann – er wird gerne von den GRÜNEN und von der SPD zitiert und dann eingeladen, wenn es passt –, Heiner Geißler, unserem rheinland-pfälzischen Freund, ein Bürgerbeteiligungskonzept entwickelt.
Unter anderem gehört zu diesem Bürgerbeteiligungskonzept die Neugestaltung von Volksbegehren. Das möchte ich bewusst betonen.
In Rheinland-Pfalz liegt die Hürde bei 300.000 Unterschriften. Das ist zu viel. Wir wollen sie deshalb auf 200.000 absenken. Wir setzen uns darüber hinaus für eine Verlängerung der Zeiträume für die Unterschriftensammlung ein; denn in einem Flächenland wie Rheinland-Pfalz braucht man mehr Zeit.
Deshalb sage ich noch einmal, wir sind für die Mittelrheinbrücke, wir sind aber offen für eine Bürgerabstimmung, die sowohl dafür als auch dagegen sein kann. Wir sind offen, dem Bürger zuzuhören und nicht die Tür zuzuwerfen.
Ich komme zurück zur Brückenpolitik und den rheinlandpfälzischen GRÜNEN. Verehrte Frau Ministerin Höfken, verehrte Frau Ministerin Lemke, ich kann es Ihnen heute nicht ersparen, es ist uns ein paar Worte wert. Frau Ministerin Lemke und Herr Kollege Köbler, Sie haben den Protest gegen den Hochmoselübergang geschürt. Sie wollten die Leute glauben machen, die Grünen könnten, seien sie erst einmal in der Landesregierung ange
kommen, dieses wichtige Infrastrukturprojekt stoppen. Sie haben Erwartungen geweckt, und das geschieht natürlich auch in einem Wahlkampf. Aber Sie haben Erwartungen derart geweckt, dass Sie den Hochmoselübergang zum Markenkern Ihrer Wahlkampfpolitik gemacht haben. Sie traten im Wahlkampf mit dem erklärten Ziel an, die Brücke zu kippen.
Ich sage noch einmal, Sie sind mit dem Versprechen hausieren gegangen, obwohl Sie schon damals wussten, dass Sie dieses Versprechen nicht werden halten können. Das haben Sie vor der Landtagswahl wider besseres Wissen gesagt, und Ihre Wähler an der Mosel fühlen sich getäuscht.
Verehrte Frau Ministerin, Sie können uns doch nicht allen Ernstes erzählen, dass Sie im Laufe der Koalitionsverhandlungen, nach dem ominösen Moratorium, erstmalig in die Unterlagen hineingeschaut haben und Sie dann erst von den vertraglichen Verpflichtungen etwas gewusst haben. Das können Sie mir bei Ihrer Kompetenz als Unternehmensberaterin nicht erzählen, Frau Lemke!
Wir alle wissen – und damit sind wir bei Anspruch und Wirklichkeit –, Sie haben einen guten Grund gesucht, um Ihr gebrochenes Versprechen zu erklären.
Sie sagten, erst im Laufe der Koalitionsverhandlungen sei Ihnen klar geworden, dass die Verträge so festgeschrieben, der Bau so weit und letztlich die Bundesansprüche so hoch seien. – Verehrte Frau Ministerin Lemke und lieber Herr Kollege Köbler, ich weiß, dass Sie uns genau diese drei Argumente vorher nie abgenommen haben, aber das sei Ihnen unbenommen. Aber auch Sie haben doch Kollegen in der Bundestagsfraktion, die im Bundesverkehrsausschuss sitzen und die Ihnen das hätten erklären können, bevor Sie Versprechen abgeben.
Vor der Wahl waren Daniel Köbler und Eveline Lemke zu Gast bei der „Allgemeinen Zeitung“. Über den Besuch berichtete ein Artikel, in dem es auch um den Hochmoselübergang ging. Ich darf kurz daraus zitieren:
„Die Brückenprojekte hätten eine hohe Symbolkraft, verdeutlicht Lemke. Und solche symbolträchtigen Projekte müssten verhindert werden. Das könne als Preis auch bedeuten, in die Opposition zu gehen.“
Starke Worte. Vor der Wahl. – Aber wie schnell selbst die GRÜNEN-Politiker ihre großen Ideale und ihre großen Wahlversprechen wie Ballast abwerfen, wenn es auf der Regierungsbank bequem wird, dafür haben wir ein
Verehrte Kollegen, Brückenbau ist Infrastrukturpolitik, und Brückenbau ist auch Wirtschaftspolitik. Die Wirtschaftspolitik unter Rot-Grün ist ein wolkiges Kapitel. Ich zitiere aus dem Koalitionsvertrag:
„Die rot-grüne Landesregierung verfolgt eine sozial gerechte, innovative und ökologische Wirtschaftspolitik. Wir werden wirtschaftliche Entwicklung mit ökologischem Innovationsschub und guter Arbeit verbinden (…)“
Dieser Erklärung folgt eine Absichtserklärung nach der anderen, und ich bin erleichtert; denn Rot-Grün bekennt sich sogar zu Folgendem:
„Wir halten an der Selbstverwaltung und der Eigenverantwortung der regionalen Wirtschaft fest. Deshalb unterstützen wir ein modernes und transparentes Kammerwesen.“
Was Sie genau darunter verstehen, sagen Sie zwar nicht, aber ich finde es bemerkenswert, dass Rot-Grün im Koalitionsvertrag bekräftigt, an der Eigenverantwortung der regionalen Wirtschaft festhalten zu wollen. Mir war bisher nicht bekannt, dass es in der jüngsten rheinland-pfälzischen Geschichte Bestrebungen gegeben hätte, die Eigenverantwortung der regionalen Wirtschaft abzuschaffen. Also, bravo, bravo!
Bravo – diese Landesregierung bekennt sich zur sozialen Marktwirtschaft, und es geht ein Ruck durch Deutschland,
übrigens genauso wie beim Veggiday. Einmal in der Woche soll es einen fleischlosen Tag in Rheinland-Pfalz geben, das steht extra im Koalitionsvertrag.
Aber müssen wir nun sechsmal die Woche Fleisch essen, weil es nur einen Tag gibt, an dem kein Fleisch gegessen werden soll?
Liebe Kollegen, die CDU hält absolut gar nichts von der Entmündigung und der Gängelung mündiger Bürger, und sie hält auch nichts von der Gängelung unserer Unternehmer, die weiß Gott schon genug mit Auflagen in diesem Land zu kämpfen haben.
Herr Pörksen, ich mag Ihre lockere Art, darüber freue ich mich. Aber lassen Sie uns doch einmal zusammen nach Ludwigshafen zur BASF fahren.