Protokoll der Sitzung vom 01.08.2012

Meine Damen und Herren, wir werden an diesem Pult noch viel mehr über die Zukunftsentwürfe reden. Wir werden noch deutlich machen, was in den nächsten Wochen geschieht und zu geschehen hat. Ich sage Ihnen schon jetzt in aller Deutlichkeit, die Region um und am Nürburgring braucht eine Zukunft ohne staatlich subventionierte Koppelungsgeschäfte. Die haben Sie erst möglich gemacht.

Dies ist eine schwierige Aufgabe für Herrn Professor Schmidt, und ich bin gespannt, was vor allen Dingen Herr Lieser in den nächsten Monaten, vielleicht sogar Jahren noch an Diskussionen in diesem Parlament auslösen wird. Ich bin gespannt, was morgen und übermorgen noch von diesem Projekt zu erwarten ist.

Meine Damen und Herren, heute Morgen und auch gerade eben wurde der Versuch gemacht, diejenigen, die kritische Fragen stellen, weil gewisse Dinge nicht sauber, nicht ordentlich, nicht vollends und uns nur immer mit halben Wahrheiten erklärt worden sind, in eine Ecke zu stellen, als stellten sie die Reputation infrage.

(Beifall der CDU)

Ich kann mich noch sehr genau erinnern, als Deubel in einer Ausschusssitzung deutlich machte, dass die CDU und die FDP, dass die Öffentlichkeit dafür verantwortlich sei, wenn die Finanzierung scheitert, weil wir kritische Fragen stellen. Wenn wir das doch endlich unterlassen könnten, dann würden die Millionen über die Schweiz, über Luxemburg, über spanische Banken, wie wir heute wissen, über Banken in England, in Dubai und woher auch immer schon fließen.

Meine Damen und Herren, ich weiß sehr genau, dass in dieser Sache noch nicht alles aufgeklärt ist. Gerichtsverfahren stehen noch aus.

Herr Köbler, wenn ich Sie reden höre, muss ich sagen: Bei aller Liebe! – Diese Rede müssen Sie an Ihre Parteibasis schicken.

(Beifall der CDU – Baldauf, CDU: Das finde ich auch!)

Wie die Region von Ihrer Partei denkt, haben wir vor Kurzem in öffentlichen Äußerungen gehört. Frau Lemke, in der Region werden völlig andere Äußerungen gemacht.

Meine Damen und Herren, Herr Köbler, wenn Sie versuchen, eine Insolvenz mit parteipolitischem Klimbim abzutun, dann ist das doch wohl der Höhepunkt.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auf das Schreiben der EU vom 20. März aufmerksam machen. Darin wird mit dem Einleiten des Verfahrens noch Informationsbedarf deutlich gemacht. Es wurden insgesamt 34 einzelne Punkte aufgelistet, und Sie hatten – in mehrfachen Fristverlängerungen – über ein Jahr Zeit zu antworten. Ich möchte deutlich machen, welche Risiken über die dort genannten 524 Millionen Euro hinaus noch bestehen. Ich möchte Sie nur einmal auf das Kleingedruckte aufmerksam machen. Auch das müssen Sie ertragen.

In dem Schreiben heißt es:

Der Gesamtbetrag – und zwar nicht der Betrag über 524 Millionen Euro – entspricht nicht dem endgültigen Betrag, da insbesondere die Beihilfemaßnahmen über das Jahr 2011 hinaus laufen könnten. Deutschland – also Sie – wird aufgefordert, der Kommission Angaben über die Beilhilfen zu übermitteln, die zukünftig im Zusammenhang mit dem Nürburgring-Komplex gewährt werden, einschließlich die im Jahr 2012 gewährt werden.

Im März hat man Sie aufgefordert, die EU anzurufen, bevor Sie nächste mögliche EU-Beihilfemaßnahme beschließen. – Was haben Sie gemacht?

Heute Morgen haben wir in der Ausschusssitzung gehört, dass die ISB im März zum ersten Mal von der drohenden Insolvenz erfahren hat, vielleicht war es bei anderen schon früher, vielleicht war es im Februar. Ich habe beispielsweise im Januar schon einmal den Staatssekretär danach gefragt, da eine GmbH, die sich nur auf die Pachteinnahmen stützen kann, irgendwann logischerweise vor der Insolvenz steht, wenn sie keine

anderen Zahlungen erhält. Der Staatssekretär hat sich nicht geäußert.

(Baldauf, CDU: Sie können ja einmal den Vertrags- schließenden fragen!)

Ihnen wurde also im März gesagt, dass Sie, bevor Sie eine weitere Maßnahme einleiten, dies bei der EU anmelden müssen.

(Beifall der CDU)

Meine Damen und Herren, dann schreiben Sie der EUKommission in Ihrem Rettungshilfeantrag, dass Sie zum einen um die Genehmigung bitten, am 30. Juli 3,078 Millionen Euro Zins und Tilgung zu leisten und dass Sie am 30. Oktober die 3,14 Millionen Euro Zins und Tilgung leisten dürfen. Dabei teilen Sie – fast lapidar – mit:

Der guten Ordnung halber weisen wir – also die Landesregierung – die deutschen Stellen darauf hin, dass bereits am 15. Mai 2012 eine ISB-Zinsrate in Höhe von 2,98 Millionen Euro gestundet wurde.

Sie haben doch dann gegen das verstoßen, was Ihnen im März mitgeteilt worden ist.

(Staatsminister Lewentz: Sie wissen schon, dass das vertraulich ist!)

Sie haben doch dagegen verstoßen.

Meine Damen und Herren, ich weiß, was jetzt gerade hinter meinem Rücken passiert. Das ist das Problem, das wir seit Jahren haben: Der Öffentlichkeit wird mitgeteilt, dass dem Landtag alles vorgelegt wurde (man vergisst zu sagen, vertraulich). Das heißt, wir dürfen über diese Dinge überhaupt nicht reden. Gott sei Dank war das in der Zeitung zu lesen.

Herr Licht, ich möchte Sie darauf hinweisen, dass es ein vertrauliches Protokoll war und dass Sie daraus nicht zitieren dürfen.

(Ministerpräsident Beck: Wir machen uns sonst strafbar!)

Ich zitiere aus der „Rhein-Zeitung“, Herr Kollege.

(Zuruf der Abg. Baldauf und Dr. Weiland, CDU: Es steht doch in der Zeitung! – Frau Klöckner, CDU: Sie dürfen nicht alles glauben, was die Regierung sagt!)

Ich bin sogar völlig unverdächtig, weil die „RheinZeitung“ schon die vertraulichen Unterlagen hatte, als sie noch im Ministerium lagen. Sie lagen vier Wochen im Ministerium und sind uns erst Ende letzter Woche überstellt worden.

(Beifall der CDU)

Das heißt, die „Rhein-Zeitung“ hat schon aus vertraulichen Unterlagen berichtet, die ich – das sage ich auch aus einem gewissen Eigenschutz heraus – noch überhaupt nicht lesen konnte. Gott sei Dank, muss ich sagen.

(Frau Klöckner, CDU: So viel zum Thema „Transpa- renz“, Herr Köbler!)

Herr Köbler, so wird Transparenz auch unter Ihrer Regierungsbeteiligung gesehen.

(Beifall der CDU)

Herr Dexheimer hat heute Morgen eine Bemerkung gemacht, die deutlich macht, wo man Hab-Acht-Stellung einnehmen muss. Ich zitiere ihn: Wir, die ISB, sind der verlängerte Arm der Landesregierung. –

Das ist bemerkenswert.

(Staatsministerin Frau Lemke: Das steht wörtlich in der Vereinbarung II!)

Meine Damen und Herren, wenn Sie sich das weitere Kleingedruckte aus dem Schreiben einmal näher anschauen, dann sagt die Kommission zu diesen 524 Millionen Euro:

Da der Kommission gegenwärtig die Höhe der Beihilfen nicht bekannt ist, die mit der Garantieerklärung des Landes für das Darlehen der ISB, der Garantieerklärung des Landes für die stillen Beteiligungen der RIM an der Mediinvest, der Verpachtung des NürburgringKomplexes, der Rangrücktrittserklärungen unter der Übertragung der Anteile an der MSR gewährt wurden, sind diese Beihilfen in dem Betrag ebenfalls noch nicht mit eingerechnet. –

Was droht uns denn bei einer wirklich dramatischen Entscheidung der EU-Kommission noch?

Meine Damen und Herren, Sie haben den EUKommissar angeschrieben. Ich kann uns an dieser Stelle als Opposition nur beglückwünschen, dass dieser Kommissar der Sozialistischen Partei angehört. Stellen Sie sich doch nur einmal vor, er wäre ein konservativer Kommissar. Die Welt würde in diesem Saal untergehen. Gott sei Dank, kann ich nur sagen, ein Sozialist!

Meine Damen und Herren, wie selbstkritisch Sie im Wirtschaftsministerium mit EU-Beihilfen umgegangen sind, möchte ich Ihnen aus einem Protokoll vom 13. April 2010 darlegen. Dabei ging es um Mittelstandsfragen, der Mittelstandslotse hat berichtet. Der damalige Minister Hering hat damals auf Punkte verwiesen, dass die ISB eben nicht in jedem Fall die Kredite geben kann.

Ich zitiere: Die ISB habe dann aber ihre grundsätzliche Zusage aufgrund der EU-Bestimmungen im Hinblick auf Unternehmen in Schwierigkeiten zurückgezogen, da es in diesen Fällen nicht zulässig sei, öffentliche Mittel in die Privatwirtschaft fließen zu lassen. –

(Beifall der CDU)

Also, in anderen Fällen durchaus anders geurteilt.

(Pörksen, SPD: Das ist überhaupt nicht ver- gleichbar!)

Wie man insgesamt auch mit dem Schreiben der EUKommission noch umzugehen hat, zeigt beispielsweise auch eine Bemerkung, Stichwort „ISB“, Hinweis 38, Seite 12 des Protokolls. Das kann jeder noch einmal nachlesen: Nach Maßgabe des ihr vom Land erteilten Kreditauftrags führte die ISB nicht die üblichen Kreditprüfungshandlungen durch. –

Das hat nicht die CDU geschrieben. Das hat nicht jemand von uns erfunden. Meine Damen und Herren, wenn so etwas von neutraler, von anderer Stelle angemerkt wird, dann sind doch Zweifel an dem angebracht, was heute Morgen an Beschlüssen im Ausschuss erfolgte. Heute Morgen haben wir darüber diskutiert, dass die Union ein Gutachten eingeholt hat.

(Pörksen, SPD: Das ist doch kein Gutachten! Quatsch!)