Protokoll der Sitzung vom 28.08.2012

Ich erinnere Sie an das Cicero-Zitat: „Der Staat muss zum Nutzen derer geführt werden, die ihm anvertraut werden, nicht zum Nutzen derer, denen er anvertraut ist.“

Das ist ein ganz entscheidender Unterschied, der Ihnen vielleicht verloren gegangen ist.

(Beifall der CDU)

Sie haben in Ihrer letzten Regierungserklärung – es war auch die letzte Regierungserklärung zum Antritt der Legislaturperiode – am 18. Mai 2011 Ihren Anspruch an sich selbst definiert – ich zitiere Sie –: „Gute Politik für unser Land entwickelt sich aus guten Ideen, aus guter Arbeit und aus einem gesunden, fair geführten Wettbewerb der politischen Konzepte. Zu fairem Wettbewerb und zu fairer Zusammenarbeit lade ich alle Mitglieder dieses Hohen Hauses ein. Diese Einladung richtet sich auch und besonders an die Kolleginnen und Kollegen der CDU.“

Herr Ministerpräsident, was ist von Ihrem Anspruch geblieben? Wir stehen vor der ersten Insolvenz einer Landesgesellschaft. Wir blicken in den haushaltspolitischen Abgrund. Wir machen uns Sorgen um die Grund

lagen der Förderbank des Landes und damit um die Wirtschaftsförderung des Landes.

(Ramsauer, SPD: Sie haben sich immer allem verweigert! – Zurufe von der SPD)

Ist das ein Ergebnis guter Ideen und guter Zusammenarbeit? Wie definieren Sie Fairness, Achtung und Respekt vor der Opposition?

Herr Ministerpräsident, Sie haben Ihren selbst gesteckten Anspruch nicht einmal ansatzweise erfüllt. Sie haben mit Ihrer Regierung gnadenlos durchgedrückt, weggehört, keinen klaren Kurs eingeschlagen und sich bis zum heutigen Tag keiner wirklichen Verantwortung gestellt. Das waren alles leere Worte.

(Beifall der CDU)

Herr Ministerpräsident, Sie sind damit an Ihrem eigenen Anspruch gescheitert. Sie haben die Menschen, die Sie gewählt haben, etwas anderes glauben lassen. Die Kraft hat bei Ihnen gerade noch bis zum Wahlabend gereicht. Sie hat gereicht, um gerade noch einmal ins Ziel, in Ihr Ziel zu kommen. Dieses persönliche Ziel ist mit den Landesinteressen nicht deckungsgleich.

Hier geht es um Glaubwürdigkeit und Anstand. Schauen wir nach Dortmund. Dort musste eine Wahlwiederholung stattfinden, weil vor der Wahl ein Haushaltsloch verschwiegen worden war. Die Wiederholungswahl hat eine weit über die Stadt hinausreichende Bedeutung für den, wie es das OVG Münster formulierte, „Stellenwert der Wahrheit in der Demokratie“.

Das Verheimlichen des Haushaltslochs in Dortmund sei ein – ich zitiere – „gesetzwidriger, die Entscheidung der Wähler möglicherweise beeinflussender Wahlfehler“. Es sei verfassungsrechtlich geboten, dass sich der Wähler über Ziele und Verhalten der Bewerber frei von Manipulationen und Desinformationen Kenntnis verschaffen könne.

Herr Ministerpräsident Beck, Ihnen war bereits vor der Wahl das Ausmaß des Nürburgring-Desasters bewusst.

Bereits einen Monat nach der Wahl zahlten die Pächter keine Pacht mehr, während die Verträge vor der Wahl so gestrickt waren, dass kurz vorher noch Geld fließen sollte. Jetzt von einem Erfolgsmodell zu sprechen, ist Desinformation.

(Beifall der CDU)

Herr Ministerpräsident, ich gehe zu Ihren Gunsten davon aus, dass Sie vielleicht zu Beginn des Projekts noch an sein Gelingen geglaubt haben, dass Sie vielleicht sogar noch den Beteuerungen Ihres früheren Finanzministers geglaubt haben, dass Sie vielleicht zwischendurch auch durch Ihr Amt als Bundesvorsitzender zu sehr in Anspruch genommen waren.

Herr Ministerpräsident, Sie haben im Plenum bereits im Juli 2009 nach dem Scheitern des ersten Finanzierungsanlaufs erklärt, Sie hätten früher die Reißleine

ziehen müssen. Das genau haben Sie 2009 aber nicht getan. Im Gegenteil. Dass Sie im Jahr 2009 die Reißleine nicht gezogen haben, das haben Sie sogar noch positiv verkauft, indem Sie behauptet haben, wir haben jetzt ein neues Betriebskonzept. Dieses neue Betriebskonzept trägt sich selbst. Der Steuerzahler muss keinen Cent dafür bezahlen, und dieses neue Betriebskonzept bringt 1.000 neue Arbeitsplätze. Es würden keine Belastungen für den Landeshaushalt entstehen. – Genau das Gegenteil ist herausgekommen. Tatsächlich haben Sie schon viel früher gewusst, der Sprit reicht eben nicht mehr lange aus.

Genau das ist es, was wir Ihnen anlasten. Es geht nicht primär um die Fehler, die gemacht wurden, sondern wie Sie mit diesen Fehlern umgegangen sind. Es geht um das „System Beck“, das diese Fehler möglich gemacht hat.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht um dieses „System Beck“, das die Fehler vertuscht hat. Es geht um Ihren persönlichen Umgang, Herr Ministerpräsident Beck, mit Ihren persönlichen Fehlern. Ihr Umgang mit eigenen Fehlern ist eines Ministerpräsidenten nicht mehr würdig.

(Beifall der CDU)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es geht darum, dass Sie sich diesen Staat in einer langen Regierungszeit mit Ihrer Partei unter den Nagel gerissen haben,

(Zurufe von der SPD)

und der größere Teil des Parlaments hat sich dabei mitreißen lassen. Sie haben das gesunde Gespür für Aufbau und Aufgaben des Landes verloren.

Urteile sind bei Ihnen nur noch Rechtsmeinungen neben vielen anderen, unabhängige Gerichte bezeichnen Sie als nachgeordnete Behörden, die verfassungsrechtlich normierte Auskunftspflicht gegenüber dem Parlament legen Sie aus, wie es Ihnen passt, und der Wissenschaftliche Dienst muss Ihnen sagen, was unser Recht ist,

(Zurufe von der SPD: Was?)

wie unsere Staatsorgane zueinander stehen, wie man den Grundsatz der Gewaltenteilung mit Leben füllt, was richterliche Unabhängigkeit bedeutet, wo der Landesrechnungshof in unserem Staatsgefüge einzuordnen ist.

All das interessiert Sie doch nur noch am Rande, Herr Ministerpräsident, und auch nur dann, wenn es Ihrem Machterhalt nicht entgegensteht. Genau das ist das „System Beck“ in Rheinland-Pfalz.

(Beifall der CDU)

Beispielhaft hierfür steht auch der Umgang mit der Opposition, die Verfassungsstatus hat.

Am 18. Juli hatten Sie zu einer Pressekonferenz geladen. Damals war die Insolvenz der Nürburgring GmbH der Anlass, die erste Insolvenz einer Landesgesellschaft in der Geschichte des Landes. Eine halbe Milliarde Euro Schulden für den Steuerzahler. Das war eine dramatische Lage.

20 Minuten vor dieser Pressekonferenz erhielt meine Fraktion ein Fax von Ihrem Innenminister. Er informierte uns darin nahezu zeitgleich mit der Öffentlichkeit über die drohende Insolvenz.

Die in dem Brief enthaltenen Informationen blieben sogar noch hinter den Informationen der Pressekonferenz zurück.

Ich hatte Ihnen deshalb am 19. Juli einen Brief geschrieben, Herr Ministerpräsident. Ich hatte um Transparenz gebeten. Bis heute hielten Sie es nicht für nötig, mit der Oppositionsführerin ein Gespräch zu führen. Sie anzurufen. In einer solch außergewöhnlichen Schieflage des Landes, für die unsere kommenden Generationen noch die Lasten tragen müssen, halten Sie es nicht für notwendig,

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

mit der Fraktion zu reden, die nur einen Sitz weniger als Sie in diesem Parlament hat.

(Beifall der CDU)

Herr Ministerpräsident, Sie hielten es noch nicht einmal für notwendig, selbst auf den Brief von mir zu antworteten. Es antwortete auch nicht Ihr Leiter der Staatskanzlei. Nein, die Vertreterin des Leiters der Staatskanzlei antwortete in kurzen Worten – ich zitiere –: Ihren Beitrag für eine transparente und frühzeitige Kommunikation habe die Landesregierung geleistet. –

Wir sind der Meinung, so kann man nicht mit dem Parlament umgehen; denn diese Vertraute ist Ihre Parteifreundin, die Sie von B 3 auf B 8 sprunghaft befördert haben, von 7.000 Euro auf 8.350 Euro. Diese unabhängige Vertraute soll jetzt Landtagsdirektorin werden und die Interessen des Parlaments gegenüber – – –

(Glocke des Präsidenten)

Ich bitte Sie, zur Sache zu reden.

(Heiterkeit und Zurufe von der CDU)

Schreien Sie sich einmal ein bisschen aus. Dann können Sie vielleicht zuhören.

Es gehört nicht in diese Debatte hinein, welche Personalfragen wir im Parlament zu lösen haben.

(Dr. Weiland, CDU: Ungeheuerlich!)

Ich wusste es, dass es kommt.

Ich rede zum „System Beck“, und jede – – –

(Unruhe bei der CDU)