Protokoll der Sitzung vom 28.08.2012

Frau Kollegin, wenn Sie es wieder erwähnen, werde ich die Geschäftsordnung nutzen und Sie zur Ordnung rufen.

(Zurufe von der CDU)

Ich rede zum „System Beck“. Besonders glaubwürdig ist das alles nicht.

Ich darf ein weiteres Beispiel nennen, eine weitere Facette Ihres Systems, Herr Ministerpräsident. Das haben wir in der vergangenen Woche gesehen.

Es gibt inzwischen eine weitere Anklage gegen einen Ihrer früheren Minister. Es geht um eine mögliche Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuss vor diesem Parlament, wo ich mir wünsche, dass derjenige, der dieses Parlament vertritt, ebenso uns vertritt.

(Pörksen, SPD: Jetzt seien Sie ganz vorsichtig!)

Herr Ministerpräsident, wenn sich das bewahrheitet, ist das nicht nur ein Problem für Herrn Deubel; denn dann wäre dokumentiert, dass das Parlament wissentlich belogen worden ist.

(Beifall der CDU)

Bemerkenswert ist übrigens, wie sich der SPDGeneralsekretär zum bevorstehenden Prozess gegen Herrn Deubel geäußert hat – Zitat –: „Es ist so, dass dieses Verfahren Privatpersonen und deren Verantwortung betrifft, und das hat jetzt erst einmal unmittelbar mit dem Agieren der Landespolitik noch nicht einmal etwas am Rande zu tun.“ Das ist sehr bemerkenswert. Professor Deubel ist nach der Logik Ihres Generalsekretärs der erste Landesminister, der sich für ein paar hundert Millionen Euro einen privaten Freizeitpark gebaut hat.

Hier ging es doch nicht um das Eigenheim des Professor Deubel aus Bad Kreuznach. Hier ging es um einen Freizeitpark, der Ihr Prestigeobjekt werden sollte.

(Beifall der CDU – Licht, CDU: So ist es!)

Im Übrigen, wie ist das Land überhaupt zu der Zusage gekommen, Herrn Deubel dem Grunde nach Rechtsschutz zu gewähren? – Voraussetzung hierfür ist nach der entsprechenden Landesvorschrift, dass das Strafverfahren wegen einer dienstlichen Verrichtung oder eines Verhaltens, das mit einer dienstlichen Tätigkeit im Zusammenhang steht, geführt wird.

Auch die Förderbank des Landes, eine 100 %ige Landestochter, gewährt zwei früheren Mitarbeitern Rechtsschutz, die Nürburgring GmbH drei ehemaligen Mitarbeitern.

Das Land gewährt also mittelbar oder unmittelbar über seine Töchter sechs Personen Rechtsschutz, und Ihr Generalsekretär sagt uns, es stünden nur Privatpersonen in eigenen Angelegenheiten vor Gericht. Das finde ich zumindest bemerkenswert.

(Bracht, CDU: Seltsam! Seltsam!)

Im Übrigen bin ich gespannt, ob Herr Deubel sich dafür entscheidet, vor Gericht auszusagen.

Sie, Herr Ministerpräsident, haben in diesen Tagen noch einmal verkündet und ihn verteidigt – ich zitiere –: „Ich habe ihn immer für einen anständigen Menschen gehalten, und ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln.“ Auch nicht, wenn er das Parlament belogen hat?

(Zurufe von der SPD)

Wir erfahren nahezu täglich Neues: teure Luxusreisen nach Zürich, angebliche Friseurbesuche und weitere Rechnungen.

Hätten Sie nicht viel früher von den Vorgängen wissen können und diese stoppen müssen, Herr Ministerpräsident, oder haben Sie tatsächlich sehr früh davon gewusst und bewusst nichts dagegen getan, weil es um Ihr großes Ziel ging?

(Zuruf der Abg. Frau Fink, SPD)

Aus dem Untersuchungsausschuss wissen wir, dass sich schon im Mai 2009 eine Vertrauensperson der rheinland-pfälzischen Polizei anbot. Sie kannte die Züricher Geschäftspartner der Nürburgring GmbH offenbar, und sie stufte diese Kontaktpersonen als zwielichtig ein.

Eigentlich muss man doch für solche Hinweise und für solch engagierte Polizisten dankbar sein.

Die Vertrauensperson bot ihr Wissen der rheinlandpfälzischen Polizei an, und Ihr damaliger Innenstaatssekretär und heutiger Innenminister verfügte aber, man möge es dabei belassen.

(Staatsminister Lewentz: Das ist doch Quatsch!)

Die Kriminalbeamten, die die Vertrauensperson gesprochen hatten, sagten vor dem Untersuchungsausschuss aus, sie hätten dies als Anweisung verstanden, nicht weiter tätig werden zu sollen.

Sie hatten so etwas noch nie zuvor erlebt. Das Wissen der Vertrauensperson wurde daher von den rheinlandpfälzischen Behörden nicht abgeschöpft. Damit wurde unserem Land Schaden zugefügt.

(Beifall der CDU)

Herr Ministerpräsident, auch hier zeigt sich, dass Sie über die Jahre ein System aufgebaut haben, das Fehler

vertuscht. Dass Sie zwar immer wieder Vertrauen einfordern, diesem Vertrauen aber selbst nicht gerecht werden. Dass Sie vorgeben, Menschen einzubeziehen, aber tatsächlich alle im Unklaren lassen – Parlament, Öffentlichkeit, Medien. So führt man keinen Staat!

Vertrauen verdient nur der, der dieses Vertrauen mit seinem Handeln einlöst. Alleine Fehler zu machen, rechtfertigt nicht den Entzug von Vertrauen. Wer aber die Vertuschung perfektioniert, hat in unseren Augen kein Vertrauen mehr verdient.

(Beifall der CDU)

Wir erwarten von Ihnen als Ministerpräsident Rechtschaffenheit. Wir erwarten den Großmut, Fehler zuzugeben und dazu zu stehen. Eine halbherzige Entschuldigung und die Ansage, dass das nächste Mal alles besser wird, rechtfertigt in unseren Augen kein Vertrauen mehr.

Herr Ministerpräsident, die CDU-Fraktion kann Ihnen nicht mehr das Vertrauen aussprechen.

(Unruhe bei der SPD)

Es gibt keine Anzeichen, dass Ihr Umgang mit den Dingen und mit uns besser wird. Im Gegenteil!

Vertrauen heißt, den Mut zu haben, sich auf etwas einzulassen; sich auf einen Weg einzulassen, den man nicht kennt. Das, was wir kennen, lässt uns aber nicht mehr gutgläubig sein.

Unsere Erfahrungen mit Ihnen prägen unsere Erwartungen in der Zukunft. Es gibt verschiedene Stufen des Vertrauens. Herr Ministerpräsident, wir haben Ihnen unsere Stimme nicht gegeben, als Sie Ministerpräsident wurden, weil wir es für das Richtige hielten, Sie nicht zu wählen. Das ist auch nicht überraschend.

Wir hatten aber doch ein Grundvertrauen,

(Heiterkeit bei der SPD – Hering, SPD: Das ist im Wahlkampf sehr deutlich geworden!)

dass wir in schweren Situationen für unser Land zusammenstehen und uns auch aufeinander verlassen können. Herr Ministerpräsident, auch dieses Vertrauen haben Sie inzwischen missbraucht.

(Beifall der CDU)

Meine Frage geht deshalb in die Reihen der Kolleginnen und Kollegen von SPD und den GRÜNEN. Sie werden sich in zwei Tagen selbst die Frage stellen müssen: Können Sie dem Ministerpräsidenten nach all den Vorgängen und nach all dem, was Sie wissen, überhaupt noch blind vertrauen und ihm einen Blankoscheck ausstellen?

(Pörksen, SPD: Die habe ich heute schon beantwortet! – Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht heute und am Donnerstag bei der Abstimmung um unser eigenes Selbstverständnis und um Ihr eigenes Selbstverständnis als Parlamentarierinnen und Parlamentarier.

(Unruhe bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Fuhr, SPD: Ihre Ratschläge brauchen wir nicht!)

Der Ministerpräsident selbst hat den Zeitpunkt für einen würdigen Abgang schon längst verpasst.

(Beifall der CDU)

Es geht heute um die Parlamentarier, die in zwei Tagen die Hand heben müssen. Ich kann Ihnen sagen: Die Geschichte wird uns alle und nicht nur die situative Parlamentsmehrheit vom Donnerstag beurteilen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich kann verstehen, dass Sie sich vielleicht in einer Zwickmühle fühlen.