Protokoll der Sitzung vom 28.08.2012

Wie gesagt, ich empfinde das als Missachtung des Parlaments. Hätten Sie auch so gehandelt, wenn das Ihr eigenes Geld gewesen wäre? Hätten Sie das auch so locker freigegeben, oder kann man mit anderer Leute Geld ganz schnell, um den eigenen Machterhalt zu sichern, das machen, was die Regierung von einem will?

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ein weiteres Beispiel liegt uns vor. Sie erinnern sich, als der Kollege Wansch von der SPD-Fraktion in einer Debatte zu uns sagte: Das war doch alles schon im Untersuchungsausschuss Gegenstand und lag vor. – Ange

sichts von rund 3.500 Aktenordnern, die der Untersuchungsausschuss zu sichten hatte, lässt sich das immer gut behaupten.

(Pörksen, SPD: Das waren noch viel mehr!)

Es lässt sich auch kaum mehr nachprüfen, aber dass der Kollege Wansch aus der SPD-Fraktion das in der Sitzung am 16. August in öffentlicher Sitzung behauptet hat, obwohl er selbst nicht Mitglied des Untersuchungsausschusses war, – – –

(Pörksen, SPD: Waren Sie das denn?)

Ich behaupte so etwas auch nicht.

(Heiterkeit bei der SPD – Pörksen, SPD: Die Maßstäbe haben wir gern!)

Aber wer so etwas behauptet, der muss dann auch erklären, wie er Unterlagen des Untersuchungsausschusses, die ihm nicht zugänglich waren, plötzlich bewerten kann, oder ob er nur die Bewertung der Landesregierung annimmt. Aber dann wird er als Parlamentarier seiner Aufgabe nicht gerecht.

(Beifall der CDU)

Ich komme zu einem weiteren Beispiel. Meine Fraktion hat im Juli einen Antrag eingebracht, der darauf zielte, das sogenannte Zukunftskonzept für den Nürburgring durch den Landesrechnungshof überprüfen zu lassen. Der Antrag lag fristgerecht vor. Die Koalitionsfraktionen wollten nicht entscheiden, sondern es etwas schieben. Es wurde geschoben, es wurde in den Ausschuss geschoben, obwohl man hätte entscheiden können.

Natürlich ist es verständlich, dass der Fraktionsvorsitzende, der damals dieses sogenannte Zukunftskonzept vorgelegt hatte, sich selbst so schnell nicht überprüfen lassen wollte, solange er anscheinend nicht noch einmal hineingeschaut hatte, was denn überprüft werden soll.

Das Spannende ist natürlich, einmal zu schauen, was uns von der SPD-Fraktion übersandt wird.

Kurz vor der Ausschusssitzung hat die SPD-Fraktion uns dann per E-Mail einen Entwurf für einen gemeinsamen Antrag zur Beauftragung des Landesrechnungshofs geschickt. Das war eine Word-Datei.

Nun bieten die modernen Computersysteme eine Menge Möglichkeiten. Unter anderem kann man hierüber feststellen, wer die Datei angelegt oder abgespeichert hat. Hierfür muss man nur einmal in die Dateieigenschaften hineinschauen. Man sieht bei den Dateieigenschaften, wer diesen Antragsentwurf zur Rechnungshofprüfung angelegt hat. Wenn man hineinschaut, sieht man Folgendes – vielleicht wissen Sie es schon –: Es war ein Mitarbeiter der Landesregierung.

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Köbler sagt zu Recht, unterste Schublade. Darin stimme ich ihm zu. Es war ein Mitarbeiter der Landesregierung, der im Finanzministerium sitzt. Dieser Mitarbei

ter, den ich namentlich nicht nennen möchte, war im Rahmen der Verhandlungen für das sogenannte Zukunftskonzept mit diesem Thema damals befasst. Er hat also die Datei für den Rechnungshofsantrag erstellt, der nun überprüft werden soll.

(Beifall der CDU – Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Dem haben Sie doch auch zugestimmt! Die CDU stand doch auch hinter dem Antrag! – Zuruf des Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, ich muss sagen, es macht einen schon sehr stutzig. Es ist kein Geheimnis, dass die regierungstragende Fraktion auf den Sachverstand der Landesregierung zurückgreifen kann. Aber dass Sie schon derartig zusammenarbeiten, das ist bemerkenswert, und deshalb ist es uns wichtig, deutlich zu machen, dass Gewaltenteilung im Land nicht nur ein Wort sein darf, sondern gefüllt werden muss mit Handeln, Denken und auch Agieren.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie werden abstimmen. Von der SPD hat man selten Kritik gehört. Wenn eine Verkäuferin mit einem Zeitvertrag sich nicht gegen ihren Chef auflehnt, wenn er das Verfallsdatum oder Ähnliches umetikettiert, dann kann ich das verstehen, da das Verhältnis nicht auf Augenhöhe ist. Sie aber als frei gewählte Parlamentarierinnen und Parlamentarier besitzen den Schutz der Indemnität und der Immunität. Sie sind Ihrem Gewissen unterworfen und nicht einer Regierungsdisziplin.

(Frau Ebli, SPD: Sie auch! – Zuruf von der SPD: Sie haben kein Gewissen!)

Sie sind mit Verantwortung in dieses Amt gekommen. Wenn wir auf dem Weg hierher, auf der Terrasse oder vor dem Plenarsaal in Gesprächen waren, haben wir in den vergangenen Monaten auf die Frage, weshalb Sie dies eigentlich alles kritiklos übernommen haben, häufiger den Satz gehört: Das haben die uns so gesagt.

(Zurufe von der SPD: Wer, wann, wo?)

Das Werbemotto der Landesregierung heißt: Wir machen’s einfach, und – wenn es schiefgegangen ist –: Wir machen’s einfach weiter. Die Regierungsfraktionen machen es einfach mit.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Von der Struktur her ist das doch nichts Neues, liebe Kolleginnen und Kollegen. Denken Sie doch bitte an die Entscheidung um den OLG-Präsidenten. Da haben „die“ Ihnen doch auch immer wieder gesagt, die Rechtslage ist eindeutig. – Die Rechtslage war eindeutig, aber ganz anders, als es die Regierung gesagt hatte.

(Beifall der CDU)

Werden Sie mündige Parlamentarier! Demokratische Parteien und Fraktionen, die nicht zur Aufklärung und

Aufarbeitung der Katastrophe am Nürburgring beitragen, verfehlen ganz klar ihren Auftrag; denn das Desaster am Ring ist auch ein Desaster im Umgang der Regierung mit dem Parlament. Das Schweigen in der eigenen Sache durch eine lautstarke Beschimpfung der Opposition zu übertönen, ist nicht das, was die Öffentlichkeit hier und heute erwartet, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall der CDU)

Wer sonst keine Gelegenheit auslässt, Bürgerbeteiligung wie eine Monstranz vor sich herzutragen, der sollte die Bürger auch jetzt an der Aufarbeitung des Geschehenen durch Partei und Fraktion teilhaben lassen. Die Öffentlichkeit möchte wissen, was die Regierungsfraktionen von den Fehlleistungen des Ministers, des Ministerpräsidenten und ihrer Mitarbeiter halten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihre Fraktionsvorsitzenden haben bereits angekündigt, dass sie in zwei Tagen einstimmig abstimmen werden. Sie möchten sich nicht einmal enthalten; auch das wäre schließlich eine Möglichkeit. Wir werden davon nicht überrascht sein, dass Sie sich an die Fraktionsdisziplin halten. Sie haben schließlich schon eine Probeabstimmung gemacht.

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Was?)

Sie werden erleichtert sein, Sie werden aufstehen, Sie werden applaudieren. Sie werden dem Ministerpräsidenten gratulieren. – Showgeübt, das sind Sie ja,

(Ramsauer, SPD: Schon wieder eine Behauptung! Schon wieder die Unwahrheit!)

wie damals bei Herrn Dr. Bamberger. Damals gratulierten Sie, und das ist der Bevölkerung noch ganz gut in Erinnerung. Mehrheiten haben schon immer ihre Paraden inszeniert. Aber all das wird auch für die Geschichte dokumentiert werden.

Für mich steht in jedem Fall eines fest: Sollte unser Misstrauensvotum in zwei Tagen nicht die Mehrheit erhalten, wird es nicht die CDU-Fraktion sein, die gescheitert ist, tatsächlich werden Sie es sein. Wir werden deshalb in diesem Falle natürlich erhobenen Hauptes aus dem Saal gehen;

(Zuruf von der SPD: Treten Sie dann zurück?)

denn Mehrheit bedeutet nicht immer Wahrheit, und Wahrheit bedeutet nicht immer Mehrheit.

(Ramsauer, SPD: Ist das jetzt für die Kritiker in den eigenen Reihen?)

Deshalb möchte ich noch einmal ernst gemeint an Sie appellieren, sich auf Ihr Gewissen zu besinnen. Sie haben jetzt noch zwei Tage Zeit, über alles nachzudenken.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie nicht, Frau Klöckner! Sie garantiert nicht!)

Wir tragen alle Verantwortung, jede und jeder einzelne Abgeordnete. In den Wahlkreisen wird man Sie ganz genau beobachten, ob Sie die Interessen der Bürger oder des Ministerpräsidenten vertreten.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Sie alle gehen übermorgen nicht mehr gutgläubig in die Abstimmung, und Sie wissen, es gibt bei dieser Abstimmung zwei Erwartungshorizonte: einen im Landtag – zugegebenermaßen – und einen in der Bevölkerung. Beide beruhen auf verschiedenen Kenntnisständen. Wollen Sie dem Ministerpräsidenten übermorgen den Blankoscheck geben? – Dann sind auch Sie verantwortlich für das, was noch kommen wird.

Liebe Kollegen der SPD, Sie haben Herrn Justizminister Bamberger damals gestützt durch Ihren Applaus. Sie haben sich in diesem Haus an der Macht berauscht und an dem Sog der Mehrheit, nicht an der Wahrheit. Sie sind damit selbst in die Geschichte eingegangen.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es damals keine Zwischenstimmen bei Ihnen gegeben hat, und ich kann mir nicht vorstellen, dass es auch heute keine Zwischenstimmen bei Ihnen in den Fraktionen gibt.

Vor einigen Tagen hat der ehemalige Innenminister Bruch im SWR ein sehr ehrliches Interview zum Nürburgring gegeben. Er hat von seinen Zweifeln an der privaten Nürburgringfinanzierung berichtet. Ein Satz ist mir dabei in ganz besonderer Erinnerung geblieben, den ich nun zitieren möchte: