Protokoll der Sitzung vom 29.08.2012

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Wort hat Herr Staatsminister Lewentz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lammert, in der Tat hat man zunächst überlegt: Was ist das Neue an dieser Aktuellen Stunde, die Sie – nachdem Sie vor der Sommerpause wahrscheinlich nahezu eine gleiche Rede gehalten haben – heute hier vortragen würden?

(Pörksen, SPD: Nichts!)

Ich habe nichts Neues erkennen können. Aber ich weiß natürlich, dass in dieser aufgeregten Stimmung, die bewusst herbeigeführt wird, jetzt die Innere Sicherheit thematisiert wird, die man als wichtiges Gefühl für die Bevölkerung mit einem dicken Fragezeichen versehen will.

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU – Zuruf des Abg. Ernst, CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin Frau Raue und Herrn Hüttner sehr dankbar;

(Zurufe von der CDU: Oooh!)

denn es ist ein sachorientiertes, ein sachliches Herangehen an ein Thema, das kein einfaches ist. Das ist vollkommen klar.

Sie können durch alle 16 Bundesländer gehen. Sie können sich die Situation auf der Bundesebene anschauen. Überall ist das Thema der Inneren Sicherheit eines, das von der Opposition in der Art und Weise behandelt wird, wie Sie es getan haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich als zuständiger Minister zunächst einmal sagen, ich bin sehr stolz auf die Leistungsfähigkeit unserer Polizeibeamtinnen und -beamten. Sie gewähren eine durchweg stabile Sicherheitslage in unserem Land.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Mein sehr geehrten Damen und Herren, sie leisten eine hervorragende Arbeit vom Kaufhausdiebstahl bis zum Großeinsatz. Das muss man sagen. Wenn man sich Großeinsätze anschaut, haben wir große Erfolge zu vermelden. Das hat unsere Polizei geleistet.

Ich will noch einmal an die Zerschlagung des „Braunen Hauses“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler erinnern. Darauf hätten Sie ruhig einmal eingehen können, Herr Lammert; denn dort ist etwas geleistet worden, das bundesweit Beachtung gefunden hat. Akribische Polizeiarbeit hat dazu geführt, dass wir 26 Rechtsaktivisten festsetzen konnten. Das ist etwas, auf das wir als Gesellschaft stolz sein sollten.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich verlangen wir in allen 16 Bundesländern unseren Polizeien sehr viel ab. Herr Hüttner und Frau Raue haben den Einsatz in Koblenz angesprochen. Ich hatte denselben Eindruck: Jawohl, die Innere Sicherheit war vom frühen Vormittag bis in den späten Nachmittag hinein durchgehend gewährleistet.

Wir haben im Juli und August 2012 zehn große Einsatzlagen „Rechts“ in unserem Land gehabt. Sie haben 1.300 Polizeibeamtinnen und -beamte für Koblenz genannt. Wenn man sich vorstellt, dass diese durchschnittlich 12 Einsatzstunden hatten, können Sie sich ausrechnen, was dort wieder hinzugekommen ist, auch in der

Frage der Mehrarbeitsbelastung. Frau Raue, ich kann mit Ihnen gern darüber diskutieren, ob die Einsatzzahl 1.300 richtig ist. Sie und ich können das nicht beurteilen. Das müssen die Einsatzleiter vor Ort machen. Das sind die Fachleute, die das festlegen. Ich decke diese Festlegung als Minister selbstverständlich. Wenn etwas schiefgeht, heißt es, der Minister habe in einer Frage eingegriffen, für die er nicht ausgebildet sei. Ich glaube, das ist von den Einsatzleitungen her immer verantwortungsvoll gemacht worden.

Herr Lammert, zum nächsten Großeinsatz. Wir sind uns dort begegnet: „Nature One“. Sie erzählen von einer Stimmung in der Polizei. Sie haben doch das gleiche Briefing bekommen wie ich. Was hat Polizeidirektor Schiemann gesagt? – 80 % Freiwillige, die Jahr für Jahr gern dort hingehen. Es ist nicht so, dass unsere Polizeibeamtinnen und -beamten ihren Beruf nicht gern machen, ganz im Gegenteil. Auch dafür bin ich sehr dankbar. 80 % von 800 eingesetzten Beamtinnen und Beamten haben sich freiwillig gemeldet. Das ist etwas, worauf man mit einem gewissen Stolz hinweisen darf.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich könnte noch viele Stichworte nennen: Rockerkriminalität. Wir sind diejenigen, die für die Bundesländer dieses Thema federführend bearbeiten.

Ich könnte über die Fußballsaison sprechen. Sie kennen meine Vorstellung dazu. Ich will Ihnen sagen, wir haben im letzten Jahr 11.500 Polizeibeamtinnen und -beamte mit rund 76.500 Einsatzstunden für die Bundesligaspiele und für die Spiele in den niedrigeren Klassen in den Einsatz gebracht. Es wird nicht einfacher werden. Die neue Regionalliga Südwest hat eine Zusammenstellung, die es notwendig macht, genau hinzuschauen und bei der wir wieder Polizeibeamtinnen und -beamte einsetzen.

Ich könnte Ihnen jetzt die aus dem Innenausschuss bekannten Ausführungen machen, wie weit wir in der Umsetzung und Optimierung der Polizeiorganisation sind. Ob es die Polizeiautobahnstationen betrifft: Dort schreiten wir voran, die Umsetzungen laufen jetzt. Ob es die Fragen der Kriminalinspektionen, der Kriminalpolizei und der Bereitschaftspolizei betrifft: Diese Umsetzungen laufen.

Sie sind über die Gespräche mit den Nachbarländern und über die elf Arbeitsgruppen, die wir eingesetzt haben, informiert. Warum machen wir das? – Um zu optimieren, um uns besser aufzustellen, auch in diesen zugegebenermaßen nicht einfachen Zeiten, weil – auch das geht auf Gespräche mit der Gewerkschaft der Polizei als ein Beispiel mit Hauptpersonalräten zurück – wir gesagt haben: Wir stellen eine Grundsatzentscheidung nicht zur Disposition, nämlich Polizei in unseren Polizeiinspektionen und Polizeiwachen in der Fläche präsent zu halten.

Wir optimieren und werden alles darauf auslegen, dass wir diese Struktur in der Fläche halten können, weil ich fest davon überzeugt bin, dass das subjektive Gefühl der Inneren Sicherheit für die Menschen ein enorm wichtiges

Gut ist. Sie und ich wissen, dass es Dienststellen mit starken Belastungen und welche mit weniger starken Belastungen gibt. Ich glaube, die Aufstellung, die wir gemeinsam gewählt haben, ist eine gute. Wir sollten alles dafür tun, dass wir die auch bewahren.

Vorhin ist gefragt worden, ob wir uns über Köpfe oder Vollzeitäquivalente unterhalten können. Ich kann über beides reden, mir liegen beide Zahlen vor.

Wenn man über Vollzeitäquivalente redet, haben wir heute – das hätten Sie ruhig nennen können, Herr Lammert – 8.991, nicht 8.300, irgendwann vielleicht einmal. Wir haben heute 8.991. Wir haben, wenn man die Köpfe zählt, über 9.300. Das ist deutlich mehr als zu früheren Zeiten.

Warum haben wir deutlich mehr? – Ich habe es an dieser Stelle schon häufig ausgeführt: weil wir natürlich wissen, dass vor uns Pensionierungswellen liegen, die – die können Sie ausrechnen, sie sind Ihnen bekannt; wir haben darauf reagiert – auch beantwortet werden müssen. Deshalb haben wir im Moment 9.300, eine unglaublich große Polizeistärke.

Wir haben in der Koalitionsvereinbarung 9.014 Polizeikräfte als Unterzahl angesetzt. Wenn wir mehr Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in unserem Land haben, wird dies den Polizeiminister garantiert nicht ärgern.

Ich will Ihnen auch noch ein Weiteres sagen. Sie haben die Frage angesprochen, wie es mit möglichen Verstärkungen aussieht. Wir haben – das sollte man sich auch noch einmal vergegenwärtigen – in der Zeit von 2001 bis 2003 – und auch dies war in der Haushaltsdiskussion damals durchaus ein Kraftakt – 125 neue Stellen für Angestellte geschaffen. Diese Stellen müssen Sie hinzurechnen.

Wir haben zusätzlich noch einmal 90 Angestellten- und Tarifstellen für Spezialisten geschaffen, davon zuletzt 50 Stellen im Doppelhaushalt 2009/2010, also nicht in einer fernen Vergangenheit. Auch diese kommen dazu.

Ich bin im Moment mit Frau Kollegin Raab dabei zu berechnen, wie wir im nächsten und im übernächsten Jahr ein weiteres Angestelltenprogramm als Spezialisten programm stemmen können, um Polizisten von polizeifremden Tätigkeiten zu entlasten. Das ist eine richtige und verantwortungsvolle Herangehensweise.

Ich möchte mich an dieser Stelle auch ganz herzlich bei dem Deutschen Gewerkschaftsbund bedanken. Ich bin einer Einladung gefolgt, und ich weiß nicht, weshalb Sie dies als Vorwurf an die Regierung nennen. Wenn der Deutsche Gewerkschaftsbund zwei Fraktionsvorsitzende einlädt, wird er wissen warum, und es waren auch Vertreter der Gewerkschaft der Polizei dabei. Es waren sehr gute Gespräche, und ich denke, wir werden weitere Ergebnisse präsentieren können. Wir werden auch darüber reden, wie wir mit der Mehrarbeit umgehen. Sie haben Zahlen genannt, und Sie wissen, auch das ist nicht ganz einfach. Im seltensten Falle wollen die Kolleginnen und Kollegen dies durch Geld ausgeglichen haben, vielmehr wollen sie Freizeit haben. Das ist nicht ganz einfach. Wir müssen einen Weg finden, der es

ermöglicht, dass unsere Kolleginnen und Kollegen, unsere Beamtinnen und Beamten dies so in Anspruch nehmen können, dass wir auch weiterhin unsere Dienststärken einhalten können.

Also, ich vermute, Sie werden in vier oder sechs Wochen wieder eine solche Aktuelle Stunde ansetzen, Herr Lammert. Aktuell war von Ihren Ausführungen nichts, gar nichts. Aber vielleicht fällt Ihnen bis dahin etwas ein. Aber spielen Sie bitte nicht mit dem Gefühl der Inneren Sicherheit der Menschen in Rheinland-Pfalz.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Ja!)

Rheinland-Pfalz ist dank einer tollen Polizeiarbeit bei all den Problemen, die wir haben, gut aufgestellt. Wir wissen, was es bedeutet, mehr eingeschränkt dienstfähige Kollegen zu haben.

Auch wir wissen, welche großen Chancen darin liegen, dass mehr Frauen bei der Polizei tätig sind; allerdings wissen wir auch, dass damit verbunden ist, dass diese Frauen Kinder bekommen sollen und Kinder bekommen und damit natürlich nicht vollständig für den Dienst zur Verfügung stehen. – Das wissen wir alles.

Trotzdem muss man – wie ich glaube – sehr verantwortungsvoll gerade mit dem hohen Gut der gefühlten Inneren Sicherheit umgehen; denn alle Zahlen im Bundesvergleich, die Sie auch kennen, besagen, dass wir uns im oberen Drittel befinden und wir in vielen Bereichen spitze sind, und dies muss doch etwas damit zu tun haben, dass die Polizei motiviert ist.

Zum Stichwort der zweigeteilten Laufbahn kann ich sagen, die Polizei wird übrigens in Rheinland-Pfalz gut bezahlt, sehr gut bezahlt. Ich sage immer, gehen Sie einmal zum Flughafen Rhein-Main nach Frankfurt. Viele von uns sind regelmäßig dort, und Sie sehen dort Polizeibeamte des Bundes mit einer hohen Verantwortung mit blauen Sternen. Das ist der mittlere Dienst. Das haben wir in Rheinland-Pfalz nicht mehr. Wir bezahlen unsere Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten anständig, fair und richtig. Auch das gehört dazu.

Von daher möchte ich Sie bitten, bleiben Sie fair. Ich bin gern bereit, mit Ihnen im Ausschuss sachlich und verantwortlich darüber zu diskutieren, wie wir die Polizei in unserem Land noch besser aufstellen können. Das will ich gern tun. Aber diese Aktuelle Stunde war recht unnötig.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Lammert das Wort. Ihre Redezeit beträgt noch fünf Minuten und 20 Sekunden.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister, ich möchte Ihnen zunächst einmal deutlich sagen, überflüssig ist diese Aktuelle Stunde nicht. (Beifall der CDU)

Das muss ich schon deutlich sagen; denn es gibt viele Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte, die die Debatten verfolgen und die ein Recht darauf haben, dass ihre Interessen in diesem Hohen Hause immer wieder entsprechend vorgebracht werden und wir uns sehr wohl um diese Interessen kümmern.

(Beifall der CDU)

Ich möchte auch deutlich sagen, wir haben mit keinem Wort die Einsätze bei Großveranstaltungen kritisiert, sei es nun die Demonstration in Koblenz oder seien es andere Veranstaltungen. Es war völlig richtig, dass dort mit großer Polizeipräsenz aufmarschiert wurde. Des Weiteren haben wir auch ausdrücklich den Einsatz in Bezug auf das „Braune Haus“ gelobt und den Erfolg, der vonseiten der Polizei und der Kriminalpolizei errungen wurde. Auch das haben wir immer wieder in den Fokus gerückt und gesagt, dass dies selbstverständlich große Erfolge sind, die die Polizei erreicht hat.

Uns geht es aber um die Frage: Wie lange können wir Großveranstaltungen noch personell in ausreichendem Maße abdecken? Wie lange können wir solche Einsätze überhaupt noch fahren? Wie viel Sparkurs hält letztendlich die rheinland-pfälzische Polizei noch aus? – Das sind die grundsätzlichen Fragen, die zu beantworten sind. (Beifall der CDU)

Darauf haben Sie leider nur wenige Antworten gegeben, und auch Ihre eigene Fraktion war bei Ihrer Rede nicht unbedingt so hoch motiviert, dass sie Ihnen permanent Applaus gespendet hat. Vielleicht waren Sie nachdenklich, oder vielleicht lag es auch an anderen Dingen.