Stationäre Einrichtungen sind auch weiterhin ein wichtiger Baustein unserer Pflegelandschaft. Der Antrag der CDU-Landtagsfraktion „Leitlinien für die Entwicklung der Betreuungs-, Pflege- und Wohnangebote für ältere Menschen“ trägt diesem Erfordernis Rechnung. Er zielt vor allem darauf ab, dass pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen selbst und nicht der Staat darüber entscheiden können, wie und wo sie ihren Lebensabend verbringen und was für sie die richtige und passende Unterstützung ist.
Das eigene Lebensmodell verwirklichen. Leben, so wie ich will! – Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Gäste, dieser Leitsatz steht über allem, auch über dem, was Herr Kollege Kessel eben gerade gesagt hat.
Wenn man eine echte Wahlfreiheit hat, ob das bei der Entscheidung ist, als junge Familie das Lebensmodell mit oder ohne Elternzeit zu gestalten, mit oder ohne Krippenplatz, mit Ganztagsschulangebot oder ohne, oder welche Schulform richtig für das Kind ist, so ist genauso wichtig die Frage im Alter, wie ich mich da entscheiden will, wie ich da zukünftig leben will, wenn vielleicht Betreuungshilfe und Pflegebedarf dazukommen.
Wenn wir in unserem Land Rheinland-Pfalz als Sozialdemokraten das gesellschaftliche Leben politisch gestalten, ist die Frage der Demografie, die Frage des Wandels eine der ersten Fragen und der Auftrag für die Zukunft, die wir gestalten.
Belegt ist mit allen Ergebnissen eigentlich einheitlich immer, die Menschen möchten, solange es irgendwie möglich ist, zu Hause leben bleiben, da, wo sie ihre eigenen vier Wände haben. Umfragen bestätigen das eindrucksvoll.
Derzeit gibt es in Rheinland-Pfalz flächendeckend ein Angebot von stationären Pflegeeinrichtungen. Eine einfache Wahl in schwerer Zeit, Angehörige entsprechend gut zu versorgen, ist damit gegeben.
Die Landesregierung – gerade unsere Ministerin, Frau Malu Dreyer – setzt sich nachdrücklich und seit Langem für die Ambulantisierung der Angebote ein.
Gerne verweise ich an dieser Stelle auf die 135 Pflegestützpunkte, die in Rheinland-Pfalz ganz früh und federführend bundesweit entstanden sind,
Herr Adolf Kessel, was bedeutet denn Leben in Pflegeheimen für viele pflegebedürftige Menschen? Jetzt komme ich nicht auf die emotionale Seite, sondern ich komme erst einmal auf die gesetzliche Grundsituation zu sprechen; denn die Leistungen mit Pflegestufe, vielleicht
ein kleines erarbeitetes Vermögen, und die Rente reichen nicht aus, um dauerhaft Pflegekosten von 3.000 Euro und oftmals viel mehr abzudecken. Das heißt, wir machen diese Menschen zu Hilfeempfängern, danach natürlich Eingliederungshilfe der Kommunen, der Städte und der Kreise. Auch da finden wir eine Hauptlast der Verschuldung unserer Kommunen.
Stellen wir uns vor, die Entwicklung der Pflege geht weiter so, wie es derzeit mit den Einrichtungen ist. Es wäre nicht wünschenswert, morgen eine Gesellschaft zu haben, in der alte Menschen in irgendwelchen Pflegeheimen weg sind. Wir möchten neue politische Weichen stellen. Neu ist das nicht, was unser Fraktionsvorsitzender Hendrik Hering auf seiner Sommerreise gesagt hat.
Sie finden es in unserem Koalitionsvertrag auf den Seiten 54 und 55. In dem Kapitel „Pflege zu Hause stärken“ kann man das nachlesen.
Meine Damen und Herren, ein „Weiter so“ im stationären Bereich ist nicht bezahlbar. Es bleibt unsozial, weil es zu Pflegebedürftigkeit und Armut führt, und es entspricht nicht den Wünschen der Mehrzahl der Menschen.
Als gesundheitspolitische Sprecherin unserer Fraktion bin ich Hendrik Hering sehr dankbar, dass er sich dieses Themas in der Sommerpause angenommen und klare Standpunkte für uns ausgemacht hat.
Wir wollen Alternativen schaffen und Strukturen aufbauen, um im Alter gut leben zu können. Das bedeutet: Wer hilft bei den täglichen Dingen des Lebens? Wir wollen eine Bürgergesellschaft für mehr Generationengemeinschaft und Generationenrespekt fördern und unterstützen. Wir möchten, dass anfallende Kosten – momentan hälftig Kommune, hälftig Land – im Gegensatz zur ambulanten Versorgung aufgeteilt werden; denn da bleiben die Kosten gänzlich bei der Kommune.
Es sind aus unserer Sicht Fehlanreize, die derzeit gegeben werden. Auch da möchten wir etwas verändern. Wir wollen einen Paradigmenwechsel einleiten und eine echte Wahlmöglichkeit schaffen. Das ist unsere Grundlage: eine echte Wahlmöglichkeit.
Verehrte Kollegen der CDU-Fraktion, Grundsätzliches. Es geht uns nicht um den Verzicht und das Schlechtmachen von Altenpflegeheimen. Dort wird – das betone ich an dieser Stelle ausdrücklich – unter oft sehr belastenden Umständen sehr gute Arbeit gemacht. Das möchten wir wertschätzen und anerkennen.
Das gilt für den pflegerischen Bereich im ambulanten, aber auch im stationären Bereich, und wir in der Fraktion sind uns da absolut einig.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns das im Ausschuss vertiefen. Bei einigen Punkten Ihres Antrags sind wir nicht weit voneinander entfernt, verehrte Frau Kollegin Thelen. Bei den Punkten 1a bis 1c und bei Punkt 1e finden sich durchaus Parallelen.
Wenn wir eines Tages mit unserer Arbeit ein Stück weitergekommen sind und uns fragen „Wohin mit Oma?“, dann wissen wir vielleicht, dass ambulant vor stationär gilt und haben Angebote.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Tatsächlich ist es so – ich wiederhole, was Frau Anklam-Trapp sagte: Bei einigen Punkten von Ihnen haben wir durchaus Konsens in diesem Hohen Hause; nicht bei allen. Deshalb plädieren auch wir dafür, dass dieser Antrag an den Ausschuss überwiesen wird, um ihn detailliert zu diskutieren.
Ich darf daran erinnern, dass die Drucksache 15/915 bereits genau das aussagt, was der Vorsitzende der SPD-Fraktion bei seiner Sommerreise wiederholt hat. Wir haben mit den Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Entschließungsantrag zum Haushalt eingebracht. Wenn ich zitieren darf, Herr Präsident: Deshalb soll der weitere Ausbau stationärer Pflegeeinrichtungen verhindert werden. Ja, wie soll das geschehen? Durch Prävention und Vorsorge soll Pflegebedürftigkeit so lange vermieden werden, wie es geht. Die Bestrebungen der Landesregierung entsprechen dem Grundsatz „ambulant vor stationär“. Neue auch gemeinschaftliche Wohnformen auf- und auszubauen, Beratungs- und Hilfemixstrukturen weiterzuentwickeln und pflegende Angehörige zu unterstützen, werden nachhaltig unterstützt. –
Das heißt, wir wollen nicht – wie es das Statistische Landesamt vorausberechnet hat – so tun, als würde sich in der Pflegelandschaft in den nächsten 30 oder 40 Jahren nichts verändern und den jetzigen Bedarf an stationären Pflegeeinrichtungen in die Zukunft extrapolieren, sondern wir wollen etwas verändern. Wir haben auch den Auftrag, etwas zu verändern. Denn das zu extrapolieren – das wissen alle in diesem Hause –, wür
de sowohl die Sozialversicherungen als auch die öffentlichen Haushalte überfordern. Es muss sich also etwas tun.
Was ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns? Sie stören sich jetzt an etwas, das seit Februar bekannt ist. Nun gut, der Sommer war lang, und man kann das eine oder andere vergessen. Man kann es jedoch auch noch einmal thematisieren. Aber wenn Sie Herrn Hering richtig zitiert haben, wovon ich ausgehe, Herr Kessel, sagten Sie, Herr Hering hätte gesagt, große stationäre Pflegeeinrichtungen sollten nicht mehr gebaut werden.
Das heißt, wir können nicht verhindern, wenn ein privater Unternehmer etwas baut, was den entsprechenden Vorgaben entspricht. Der Gleichbehandlungsgrundsatz wird verhindern, dass wir bestehende Einrichtungen ganz anders behandeln als neu einzurichtende Einrichtungen. Das heißt zunächst einmal, dass wir unseren politischen Handlungsspielraum dafür nutzen, so etwas nicht zu fördern. Das heißt im Umkehrschluss nicht – deshalb große stationäre Einrichtungen –, dass in Zukunft kleine sozialräumlich integrierte Einrichtungen auch zur stationären Betreuung, Behandlung und Pflege von alten Menschen notwendig sein werden, wenn die Pflege und die Betreuung zu Hause nicht adäquat ermöglicht werden kann.
Ich glaube, dazu besteht Einigkeit im Hause. Dass das organisiert werden muss und die großen Pflegeheime, bei denen es schwierig ist, an dem sozialen Leben der Stadt oder des Dorfes teilzunehmen, nicht die Zukunft sein sollen, da sind wir uns doch auch einig.
Das heißt, wir haben einen Anlass ohne wirklichen Neuigkeitswert. Ich bin Ihnen jedoch dankbar dafür, dass Sie das aufgebracht haben. Denn ich halte es für wichtig, dass wir im Ausschuss immer wieder diskutieren: Was heißt ambulant vor stationär? Wie können wir eine menschenwürdige Pflege ermöglichen? Wie können wir ermöglichen, dass Pflege und Betreuung zu den Menschen kommt?
Die wichtigsten Maßnahmen sind nicht die, von denen Sie ausgegangen sind und die Herr Hering erwähnt hat, nämlich „Was wird gebaut?“, sondern die wichtigsten Maßnahmen sind die, die darauf Einfluss nehmen. Wie stellen wir uns darauf ein, dass es mehr alte Menschen gibt? Wie stellen wir uns darauf ein, dass wir als alte Menschen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können?
Das heißt, wir brauchen eine Anpassung und eine Sensibilität für unser unmittelbares Wohnumfeld, das uns später umgeben wird, vor allem dann, wenn wir Wohneigentum erworben oder aufgebaut haben. Wir brauchen eine Anpassung des äußeren Wohnumfelds. Wir brauchen Quartierkonzepte, die Teilhabe ermöglichen, was die Mobilität, das Zusammenwohnen und das Miteinander der Generationen angeht. Wir brauchen aufsuchende Unterstützungsmöglichkeiten. Alle diese Dinge sollten die von Ihnen erwarteten Notwendigkeiten verhindern, dass wir immer mehr stationäre Pflege in großen Ein
richtungen brauchen. Denn wir sollten uns einig sein: Wir sollten verhindern, dass immer mehr alte Menschen darauf angewiesen sind.