Protokoll der Sitzung vom 30.08.2012

Gott sei Dank sind in der jüngsten Zeit auch CDUgeführte Länder wie Bayern und Thüringen hinzugekommen, die dies auch bestätigen. Deswegen müssen wir bewusst alle Kräfte sammeln und ohne Aufregung alle wichtigen Fakten zusammentragen unter Beachtung des Urteils aus dem Jahr 2003 des Bundesverfassungsgerichts, um mit dafür Sorge tragen zu können, dass diese Partei verboten wird. Sie ist derart strukturiert und derart vernetzt in ihrer Szene, dass wir dieses Verbot brauchen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Frau Schleicher-Rothmund, SPD: Richtig!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, trotz aller Arbeit, die von der Polizei geleistet wird, müssen wir im Vorgriff auch präventiv weiterarbeiten. Es ist nur wenig hilfreich, wenn von der Bundesregierung eine Erklärung zum Rechtsextremismus abgegeben wird oder wenn Gelder gekürzt werden.

Es ist notwendig, dass wir frühzeitig an die Jugendlichen herankommen und dafür Sorge tragen können, dass sie eben nicht von den Rechtsextremisten in den braunen Sumpf hineingezogen werden. Deswegen werde ich in der zweiten Runde auch noch einmal intensiv auf das Thema der Prävention eingehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der CDU)

Für die CDU-Fraktion hat nun Frau Kollegin Kohnle-Gros das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die SPDFraktion hat zum Prozessauftakt gegen die neonazistische Szene im Norden des Landes eine Aktuelle Stunde beantragt. Herr Kollege Hüttner, immer, wenn wir diesen Themenkomplex diskutieren müssen – das möchte ich ausdrücklich so betonen –, sind wir eigentlich sehr dicht beieinander.

Sie haben einen kleinen Schlenker gemacht. Ich will hier aber ausdrücklich sagen, wir haben auch applaudiert und sind auf der gleichen Linie. Für unsere Fraktion möchte ich sagen, die Menschen, die jetzt verhaftet worden sind, die dort agiert haben und ihr wirklich staatszersetzendes Vorgehen bis zum Äußersten getrieben haben, sind jetzt an der richtigen Stelle, sie stehen nämlich vor Gericht. Dort gehören sie hin.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Justiz wird nach dem, was man an Beweislage in den Medien hat verfolgen können, hoffentlich auch zu den richtigen Entscheidungen kommen. Ich gehe fest davon aus, dass ein entsprechendes Urteil vergleichbar mit den Rockerbanden eine entsprechende Öffentlichkeitswirksamkeit und dann auch ein Stück weit Prävention bedeuten kann. Das möchte ich mir ausdrücklich auch für unsere Fraktion erhoffen.

Meine Damen und Herren, am 5. August dieses Jahres habe ich mir diesen zweiseitigen Artikel aus der „RheinZeitung“ herausgerissen und hatte das zufällig dabei. Wir haben bis gestern Mittag noch nicht gewusst, dass das Thema kommt. Aber irgendwie lag es in der Luft.

Ich habe mir diesen Artikel nicht nur herausgerissen, weil ich gedacht habe, wir sprechen vielleicht darüber, sondern weil das eine gute Zusammenstellung der Situation im Norden von Rheinland-Pfalz in diesem ominösen „Braunen Haus“ gewesen ist. Das kann man sehr gut verwenden, wenn man wieder in die Schulklassen geht, und zwar am 9. November.

Ich habe das Thema auch ein Stück weit mit meinem Sohn diskutiert, weil die Berichterstattung wirklich bis ins Detail darlegt, was dort abläuft und wie sie das auch machen, wie sie agieren, mit welchen Instrumenten sie versuchen, Mitglieder zu werben, an Geld zu kommen.

Sie haben eben auch die NPD als Partei benannt. Es gibt eine sehr intensive Verschränkung, was höchst bedenklich ist und, denke ich, bis hin zum Bundestag nachher auch Konsequenzen haben muss. Es sind wirklich gute Details, mit denen man auch politische Aufklärungsarbeit betreiben kann.

Trotzdem habe ich ein bisschen Bedenken. Wenn man ihnen zu viel Öffentlichkeit gibt, haben sie schon wieder ein Stück Werbung. Das ist auch immer unser Argument

bei dem NPD-Verbotsverfahren. Wir reden ständig darüber, aber wir kommen nicht wirklich zum Abschluss. Das hilft ihnen wieder, weil sie ständig wieder in der Zeitung stehen.

Wenn wir jetzt an ein solches Verfahren herangehen – es gibt da parteiübergreifend wieder Vorstöße –, dann muss es auch klappen. Dann müssen die Sachen auch so vorbereitet sein, dass es dann mit einem Schlag tatsächlich auch passiert.

(Beifall der CDU)

Das ist unser Anliegen und unser Wunsch. Dann soll es auch so sein. Das ist doch völlig klar. Es regt doch jeden innerlich auf, wenn man lesen muss, dass tatsächlich öffentliche Spendengelder, die über das Parteienrecht bevorzugt sind, dann für solche Agitationen genutzt werden.

Sie wollten eigentlich auch über Prävention sprechen. Das machen Sie jetzt. Es gibt in der Tat in vielen Bereichen hier im Land viele Projekte, Maßnahmen, Aussteigerprogramme und was alles noch. Wir selbst gehen als Abgeordnete am 9. November und am 27. Januar in die Schulen, um mit den Schülerinnen und Schülern genau diese Problematik immer wieder zu diskutieren und über den Wert unserer Demokratie zu sprechen.

Trotz allem gibt es bis hin zur Schwerkriminalität Bereiche, in denen wir das nicht wirklich unterdrücken können. Ich bin aber mit Ihnen einig, wir müssen weiter mit dem Themenfeld arbeiten. Wir müssen wachsam sein, die Polizei und die Justiz in ihrem Bemühen unterstützen, diese Nester auszuheben und entsprechend vor Gericht zu behandeln.

Ich denke, wir alle können da aufeinander vertrauen.

(Beifall der CDU und bei SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Kollegin Schellhammer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste! In diesen Tagen jähren sich die Angriffe auf das Asylbewerberheim in Rostock-Lichtenhagen zum 20. Mal. Was sich damals im fernen Rostock abspielte, sollte uns hier und heute daran erinnern, dass wir kontinuierlich und intensiv gegen jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit kämpfen müssen.

Vor diesem Hintergrund finde ich es auch sehr gut, dass wir heute im Rahmen der Aktuellen Stunde über unseren

entschiedenen Kampf gegen rechte Tendenzen hier in Rheinland-Pfalz diskutieren.

Ein entschiedenes Vorgehen verlangen wir auch von den Sicherheitsbehörden. Das ist in diesem Fall, was der Prozessauftakt auch zeigt, erfolgt.

Ein entschiedener Kampf gegen rechtsextreme Tendenzen bedeutet auch, dass diese Menschen für ihre Taten vor Gericht kommen. Das ist jetzt hier mit dem Prozessauftakt auch belegt worden.

Laut Oberstaatsanwalt Hans-Georg Göttgen war das Ziel der Vereinigung die Beseitigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Besonders drückte sich dies bei dem „Aktionsbüro Mittelrhein“ aus durch die gezielte Anti-Antifa-Arbeit. Einige der Männer waren mutmaßlich zwischen 2009 und 2011 an mehrere Gewalttaten gegen Mitglieder linker Gruppen beteiligt.

Gezieltes Einschüchtern – systematisch wurde dies angegangen –, Sammeln von Adressen, und in einem Fall wurde vermutlicherweise auch ein Peilsender am Auto angebracht, das zeigt, mit welcher Systematik diese Gruppe vorgegangen ist. Das zeigt auch, was für ein guter Schlag gegen die rechtsextreme Szene hiermit erfolgte. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Wir reden nicht über ein paar rechte Spinner. Wir wollen das nicht kleinreden. Das zeigt auch dieser Prozessauftakt, wie hier vernetzt vorgegangen wurde und wie bedrohlich auch solche Gruppen tatsächlich agieren.

Der Prozess verdeutlicht erneut, durch die länderübergreifende Polizeiaktion – das hatten wir hier schon im Plenum gesprochen – ist es wirklich gelungen, einen empfindlichen Schlag gegen die rechte Szene auszuüben. Dafür danken wir recht herzlich allen Polizistinnen und Polizisten, die an dieser Aktion beteiligt waren. Wir begrüßen das auch vonseiten der Fraktion.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei SPD und CDU)

Aber immer, wenn ein Erfolg gelungen ist, darf man sich nicht darauf ausruhen. Ich gehe auch nicht davon aus, dass man sich darauf ausruht, dass dieser Schlag gelungen ist. Es gibt weitere Gruppen, die eine intensive Betrachtung in Rheinland-Pfalz erfordern. Ich nenne nur das Stichwort „Aktionsbüro Rhein-Neckar“, das auch im Raum Ludwigshafen, also auch auf rheinlandpfälzischem Boden, agiert. Hier müssen wir wachsam sein. Ich denke, hier sind die Sicherheitsbehörden sicherlich wachsam.

Es wurde das NPD-Angebot angesprochen. Ich stimme überein, ein NPD-Verbot muss sorgfältig vorbereitet werden. Es darf nicht aus kurzer Hand angegangen werden, sondern es muss intensiv geprüft werden, weil ganz klar ist, ein erneutes Scheitern hätte fatale Folgen. Das möchte sicherlich keiner.

Frau Kohnle-Gros, ich möchte trotzdem noch auf Ihren Aspekt eingehen, was die Werbung betrifft. Ich denke nicht, dass die intensive Berichterstattung jetzt zum Prozess eine Werbung für die rechtsextreme Szene ist,

sondern dass es eher verdeutlicht, wie perfide sie agieren. Wir dürfen nicht verschweigen, wenn irgendwo Vorfälle sind. Wir müssen auch immer wieder darauf hinweisen, wenn irgendwo rechte Probleme sind. Das ist keine Werbung, sondern das macht deutlich, dass dort vor Ort rechte Tendenzen sind. Diese Aufmerksamkeit ist nicht eine Werbemaßnahme für die Rechtsextremen, sondern zeigt, dass wir wachsam sind.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Eine wesentliche Säule ist natürlich das entschiedene Agieren der Sicherheitsbehörden gegen rechtsextreme Tendenzen in Rheinland-Pfalz. Aber eine noch wichtigere Basis des Ganzen ist natürlich auch eine starke Zivilbevölkerung, eine Zivilbevölkerung, die sich entgegenstellt, wenn Stammtischparolen vor Ort getätigt werden, eine Zivilbevölkerung, die keine rassistischen Äußerungen in keiner Veranstaltung duldet und sich dann auch entgegenstellt.

Das sind die Gruppen vor Ort, die jedes Mal, wenn die Nazis eine Demo anmelden, eine Gegendemo organisieren und vor Ort für ein weltoffenes Miteinander demonstrieren.

Diese Zivilbevölkerung haben wir in Rheinland-Pfalz. Das hat zuletzt die Demo in Koblenz gezeigt, wo rund 1.000 Menschen am vorletzten Wochenende für eine vielfältige Gesellschaft demonstriert haben, ein Vielfaches mehr als die rechtsextremen Spinner, die dort waren. Das ist eine sehr erfreuliche Tatsache, dass wir so viele Menschen in Rheinland-Pfalz für Vielfalt auf die Straße bekommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Jedes Mal, wenn eine solche Demo ist, müssen wir das auch zeigen. Wir können nicht sagen, ach, lass die doch demonstrieren. Wir müssen uns entgegenstellen. Das gilt für Ludwigshafen, Trier und Koblenz genauso wie bei mir in der Region in Mainz, Worms oder Alzey.

Wenn die Rechten da sind, dann sind wir auch da und zeigen, dass wir sie nicht haben wollen. In RheinlandPfalz müssen wir ganz deutlich machen – und das parteiübergreifend –, dass hier kein Fußbreit für Nazis ist.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und bei der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als Gäste im rheinlandpfälzischen Landtag begrüße ich sehr herzlich die Mitglieder des Seniorenvereins Neuwied-Block. Ich freue mich auch, dass die Mitarbeiter der Straßenmeisterei Mayen heute in Mainz sind. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Für die Landesregierung hat nun Innenminister Lewentz das Wort.