Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

(Heiterkeit bei der CDU)

Sie sehen, Fragen über Fragen für einen völlig unpraktischen und nicht durchdachten Vorschlag.

(Beifall der CDU)

Die ernste Frage der Fahrtüchtigkeit oder Fahreignung kann nicht pauschal am hohen Alter festgemacht werden, wie die GRÜNEN es hier fordern. Auch Jugendliche sind oft fahruntauglich. Die Unfallursachen werden in Deutschland akribisch dokumentiert und untersucht. Senioren ab 65 Jahren sind deutlich seltener an Unfällen beteiligt, als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht. Im Jahr 2010 waren 11 % der Beteiligten Senioren, obwohl ihr Bevölkerungsanteil bei etwa 20 % liegt.

Wer kümmert sich außer uns Politikern effektiv um dieses Thema? – Es sind in erster Linie die Ärzte. Ärzte empfehlen älteren Menschen in ganz vertrauensvoller Weise aufgrund von Sehbeschwerden, Medikamenteneinnahmen oder Krankheiten wie Diabetes Gesundheitsprüfungen vorzunehmen. Die Beratung durch den Hausarzt hinsichtlich der Fahrkompetenz stellt daher eine wichtige Säule im Gesamtkonzept zur Erhaltung der Mobilität bis ins hohe Alter dar.

Ziel muss es sein, jedem Verkehrsteilnehmer, solange wie aus medizinischer Sicht vertretbar, die automobile Mobilität zu ermöglichen. Das nenne ich Wertschätzung und Teilhabe.

(Beifall der CDU)

Autofahren kann Senioren den Alltag sehr erleichtern. Nicht zuletzt sichert es Selbstständigkeit und Unabhängigkeit. Autofahren bedeutet mobil sein. Nur wer mobil ist, kann auch im Alter soziale Kontakte selbst über größere Entfernungen hinweg pflegen.

Herr Kollege Wäschenbach, Herr Kollege Köbler hätte eine Zwischenfrage. Erlauben Sie diese?

Bitte schön, Herr Köbler.

Herr Kollege, Sie haben eine ganze Menge von Punkten aufgeführt, wie die Ausnahmegenehmigung vom Entzug der Fahrerlaubnis für den Besuch naher Verwandter, die die GRÜNEN fordern würden. Das war mir alles neu. Ich wollte fragen, woher Sie das haben.

Ich hab den Zeitungsartikel dabei. Ich konnte das zum Beispiel im „Trierischen Volksfreund“ über Sie lesen. Ich meine, es wäre der 11. September gewesen.

(Zurufe aus dem Hause: Und jetzt?)

Herr Kollege Wäschenbach, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich verharmlose die Gefahren und Risiken des Straßenverkehrs nicht.

Uns allen sind das Leid und die schweren Folgen der Unfallopfer bewusst. Erlauben Sie mir ein Zitat aus dem Verkehrssicherheitsprogramm des Bundesverkehrsministeriums aus dem Jahr 2011:

„Jedes Opfer eines Verkehrsunfalls ist ein Opfer zu viel. Verkehrssicherheitsarbeit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Alle Beteiligten müssen ihren Beitrag leisten. Das gilt für Bund, Länder und Gemeinden ebenso wie für Institutionen, Verbände und Initiativen. Sie sind unverzichtbare Partner, die Sicherheit auf unseren Straßen weiter zu verbessern und unseren Spitzenplatz in Europa zu festigen.“

An dieser Stelle bin ich wieder ganz nah bei den Menschen; denn der Mensch steht im Mittelpunkt dieser Überlegungen. Wir sind für die Freiheit, für die Entscheidungsfähigkeit und für das Verantwortungsbewusstsein in allen Lebenslagen. Sie wollen aber scheinbar alles regulieren. Sie wollen eine Bevormundung der Gesellschaft, und das nicht nur im Straßenverkehr, sondern immer dort, wo Sie Ihre vermeintlich fortschrittlichen Ideologien verwirklicht sehen wollen.

(Beifall der CDU)

Die permanente Durchsetzung von Partikularinteressen zum Nachteil großer vernünftiger Mehrheiten wird Ihnen auf Dauer nicht gelingen.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben gestern in der Koalition versucht, noch schnell die Kurve zu kriegen und einen Alternativantrag zu unserem Antrag eingebracht, nachdem sich die Regierung bereits gegen die Idee ausgesprochen hatte. Sie bemühen die Unfallstatistik der ersten sieben Monate dieses Jahres, aus der sich auch eine Unfallhäufung von 1,2 % zum Vorjahreszeitraum ergibt, und suggerieren auf der Basis von Einzelfällen, dass dies auf Seniorenunfälle zurückzuführen sei. Im nächsten Satz relativieren Sie diese Einschätzung mit dem Verweis auf anderslautende Ergebnisse der Versicherungswirtschaft. Sie wissen selbst, dass die Versicherungen die Ersten wären, die bei eindeutiger Hinweislage ihr Prämiensystem – und ich meine, zu Recht – anpassen würden.

Sie fordern im Weiteren die Landesregierung auf, gegen jede Form der Diskriminierung vorzugehen. Genau das ist aber bereits die Kernbotschaft unseres Antrags.

Die beiden anderen Punkte Ihres Antrags sind lapidar: Dies ist zum Ersten die Ergreifung von Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im Straßenverkehr, eine Plattitüde, weil dies eh eine permanente Aufgabe der Regierungsstellen ist. Dies ist zum Zweiten die regelmäßige Berichterstattung über die Umsetzung der EU-Richtlinie und die aktive Beteiligung an der Debatte. Auch dies findet zwangsläufig ab 2013 statt. Die Mitgliedstaaten haben aber Spielräume der Umsetzung; denn die generelle 15-jährige Überprüfung hilft nur bedingt weiter.

Ich könnte Ihnen noch 14 Institutionen und Fachverbände nennen, die sich alle gegen diese Forderungen aussprechen. Ich möchte beispielhaft eine erwähnen, nämlich die Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Sie sagt:

Altersdiskriminierung ist ein ernst zu nehmendes Problem in Deutschland.

(Beifall der CDU)

Herr Köbler, ich möchte zum Schluss heute noch Ihren Vergleich – – –

(Glocke der Präsidentin)

Ich wurde unterbrochen durch eine Zwischenfrage.

Es tut mir furchtbar leid, Herr Wäschenbach, aber das ist in der Redezeit enthalten.

Gut, das nächste Mal stimme ich einer Zwischenfrage von Herrn Köbler nicht mehr zu.

(Heiterkeit und vereinzelt Beifall im Hause)

Sagen Sie Ihren letzten Satz.

Lassen Sie die Finger vom Lenkrad unserer Seniorinnen und Senioren. Die Alten sind keine Zeitbomben hinterm Steuer!

(Beifall der CDU)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Köbler das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kollege Wäschenbach, ich gebe Ihnen noch einmal die Gelegenheit. Ich habe Sie gefragt, woher Sie Ihre Vorwürfe belegen, die GRÜNEN hätten Fahrtestausschüsse für ältere Menschen gefordert und es gäbe Ausnahmen für ortsnahe Fahrten. Sie haben den „Trierischen Volksfreund“ vom 11. September angeführt. Mit Erlaubnis der Präsidentin zitiere ich jetzt den Artikel:

„,Denkbar wären Tests alle zehn Jahre für alle Autofahrer, die bei Auffälligkeiten oder im hohen Alter verkürzt werden könnten‘, so Daniel Köbler, Fraktionschef“ – der GRÜNEN – „im Landtag. Der Alltag auf den Straßen zeige, dass sich mit zeitlichem Abstand zur Führerscheinprüfung ‚immer mehr Fehler und Nachlässigkeiten einschleichen‘.

Auch Ärzte diskutieren über Gesundheitsprüfungen. So hieß es bei einer Tagung mit 400 Verkehrsmedizinern in Hamburg, Senioren hätten oft Sehbeschwerden, nähmen viele Medikamente oder litten an Diabetes.“ Und so weiter, und so weiter. Danach kommt das Zitat von Roger Lewentz.

Ich bitte Sie nun, noch einmal zu belegen, in welcher Ausgabe des „Trierischen Volksfreundes“ Sie die Forderungen der GRÜNEN, die Sie behauptet haben, finden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Wäschenbach, möchten Sie darauf antworten?

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Sie haben drei Minuten zum Vorlesen des „Trierischen Volksfreundes“! – Weitere Zurufe aus dem Hause)

Herr Kollege Wäschenbach, möchten Sie antworten?

Frau Präsidentin, ich finde es im Augenblick nicht,

(Heiterkeit bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Pörksen, SPD: Das ist aber schade! – Beifall bei der SPD)

aber ich habe mir das nicht ausgedacht. Ich habe es einer Pressemeldung entnommen. Ich möchte jetzt Ihre Zeit nicht weiter beanspruchen. Ich werde das herausfinden und dann Herrn Köbler persönlich mitteilen.

(Beifall der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege.

Für die SPD-Fraktion hat nun Frau Kollegin Fink das Wort.