Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Wir sehen anhand dieses Tierschutzberichts aber auch, dass es trotz aller Anstrengungen und Bemühungen noch etliche Herausforderungen gibt. Dies ist insbesondere bei den Nutztieren der Fall. Das sollte man nicht kleinreden. Es stimmt einen schon sehr nachdenklich, wenn man feststellen muss, dass die Beanstandungsquoten bei Kontrollen quer durch alle Bereiche im zweistelligen Prozentbereich liegen.

Deshalb hat sich diese Landesregierung – ich will das an einem Beispiel konkretisieren – sehr energisch dafür eingesetzt, dass wir bei den Legehennen zu einer Verbesserung der Situation kommen. Das ist uns im Jahr 2010 mit einem Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht gelungen. Dort wurden nämlich die bestehenden Regelungen für verfassungswidrig erklärt. Es ist schon wirklich bezeichnend, dass man dieses glasklare Urteil dadurch unterlaufen möchte, dass man die Verbesserung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschiebt und Übergangsfristen bis 2035 vorsieht. Ich meine, dass diese Bundesregierung an der Stelle unverantwortlich handelt und sie dadurch der Achtung von Tieren als Mitgeschöpfe, die ich eben angesprochen habe, nicht gerecht wird.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

In großer Einmütigkeit wurden eben die Verbesserungen durch die jetzige Tierschutznovelle hervorgehoben. Ich meine schon, dass das eine Verbesserung des Status quo ist. Sie greift aber an der einen oder anderen Stelle zu kurz. Das war auch der Anlass für den vorliegenden Antrag.

An der Stelle muss man einfach sehen, Rheinland-Pfalz hat sich für weitergehende Lösungen eingesetzt. Wir werden jetzt zu prüfen haben, inwieweit wir auf der Landesebene das eine oder andere doch umsetzen können, was uns auf Bundesebene verwehrt geblieben ist. Mir wäre es aber ein Anliegen, auch um eine Vergleichbarkeit für die Landwirtschaft und die Nutztierhalter zu haben, dass wir bundesweite Regelungen bekommen, um nicht eine unfaire Konkurrenz herbeizuführen, die dann auch unseren Betrieben im Land schadet.

Lassen Sie mich noch auf einige weitere Maßnahmen der Landesregierung eingehen, die geholfen haben, die Situation der Tiere zu verbessern. Ich halte es zum Beispiel für bemerkenswert, wie über Preise und Förderung im Bereich der Agrarprogramme aktiv für den Tierschutz gearbeitet wird. Ein Preis, den ich neben dem Tierschutzpreis besonders herausstellen möchte, ist ein Preis zur Erforschung von Alternativen zu Tierversuchen. Ich meine, das ist ein kleines Beispiel, an dem man zeigen kann, dass sich über pfiffige und innovative Lösungen wirkliche Verbesserungen für die Tiere erzielen lassen, ohne dass dies zulasten der Forschung geht.

Im Gegenteil, dadurch wird innovative und kreative Forschung angeregt.

Von Frau Kollegin Neuhof wurde bereits der Bereich der Heimtiere angesprochen, bei dem es andersartige Herausforderungen gibt, bei dem wir aber auch mit Problemen konfrontiert sind. Es handelt sich nicht nur um Probleme für die Tiere, sondern auch um Probleme für die Halter, die aus einer Überforderung, vielleicht teilweise auch aus einer Naivität bei der Anschaffung resultieren. Da müssen wir dringend die Kompetenzen der Halter stärken. Es wird sehr schwierig sein – das räume ich offen ein –, für diesen Bereich angemessene Regelungen zu finden. Deshalb habe ich es als sehr gut empfunden, dass sich die CDU eben so differenziert zu diesem Punkt geäußert hat.

Ich möchte Sie ausdrücklich zur Mitarbeit an diesem Punkt einladen, weil ich meine, dass wir an der Stelle genau hinschauen müssen. Das gilt insbesondere für die Exoten – das wurde schon angesprochen –, aber auch für die klassischen Haustiere. Es ist also auch bei Hunden und Katzen ein Handlungsbedarf gegeben. Wir haben nämlich die Situation, dass Menschen aus einer unbedachten Anschaffung heraus Fehlanreize setzen. Das führt dann eben zu Situationen wie zu kommerziellem Hundehandel mit all dem, was damit verbunden ist. Der Unfall auf der A 63 wurde bereits angesprochen. Ich meine, es eint dieses Haus, dass wir genau das nicht wollen.

Ich finde, die gute Tradition in Rheinland-Pfalz, dass wir Tierschutz als hohes Gut achten und für einen verbesserten Tierschutz arbeiten, sollte fortgesetzt werden. Deshalb bitte ich Sie bei allen Differenzen im Detail, diesem Antrag zuzustimmen und sich an den weiteren Beratungen zu den einzelnen Punkten in den Ausschüssen positiv und konstruktiv zu beteiligen.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Höfken das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Landtags! Heute gibt es eine Demonstration in Berlin. Morgen gibt es die Debatte im Bundestag. Morgen befasst sich auch die Agrarministerkonferenz mit dem Thema „Tierschutz“. Sie sehen, es gibt ein großes Interesse der Bevölkerung an diesem Thema. Das ist ein wichtiges Thema. Das ist auch der Grund, weshalb wir im Bundesrat als Land so erfolgreich mit unseren Änderungsanträgen gewesen sind, Frau Schneider. Keineswegs ist es so gewesen, dass die von der Bundesregierung vorgelegte Novelle besonders positiv aufgenom

men wurde. Im Gegenteil, alle hatten – so wie Sie auch – Vorschläge für eine weitergehende Verbesserung.

Es ist wirklich sehr bedauerlich, dass nach zehn Jahren Tierschutz im Grundgesetz die Bundesregierung nicht die Möglichkeit wahrnimmt oder besser ihrer Verpflichtung nicht nachkommt, tatsächlich im Bundestierschutzgesetz die neue Situation widerzuspiegeln. Frau Aigner hatte vorab im Tierschutzpaket ursprünglich sehr viele Punkte angekündigt, die sich aber in dem nun vorgelegten Bundesgesetz nicht wiederfinden. Im Grunde genommen handelt es sich um eine Umsetzung der EUVersuchstierrichtlinie. Hinzu kommen das Schenkelbrandverbot, zu dem ich gleich noch etwas sage, und das Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration. Das ist aber definitiv zu wenig angesichts der verschiedenen Problemfelder, die Sie alle schon erwähnt haben.

Wir haben zu etwa 60 Änderungsanträgen Verfahren im Bundesrat gehabt. Davon stammten 24 Änderungsanträge aus Rheinland-Pfalz, von denen 18 eine Mehrheit gefunden haben. Insgesamt haben wir eine unglaubliche Anzahl von Beschlüssen gefasst, die in den einzelnen Handlungsfeldern von der Bundesregierung eine Verbesserung fordern.

Das ist unter anderem ein Verbot der Pelztierhaltung zur Pelzgewinnung, die Einführung des Tierwohllabels, die Frau Aigner selbst versprochen hatte, Verbot des Klonens von Tieren inklusive der Verwendung der Nachfahren.

Bei der Sachkunde für die Nutztiere – da müssen Sie sich keine Sorgen machen, das betrifft nicht die Bau- ern – geht es um diejenigen, die die Tiere als Hobby halten. Es gibt immer mehr, die halten sich kleine Schweine oder Schafe für den Garten, wissen aber nicht, dass sie deren Klauen zu schneiden haben. Es geht also um die Hobbyhalter.

Die Positivliste für die Tiere in Zirkusunternehmen ist ein ganz wichtiger Punkt. Die ist ewig angekündigt, aber immer noch nicht da. Verbot von Tierbörsen, Verbot der Versuche an Menschenaffen und viele andere Punkte, die längst überfällig sind, sind letztendlich zu regeln.

Was aber zu unserem großen Bedauern keine Mehrheit gefunden hat, auch im Bundesrat nicht, war unsere Forderung aus Rheinland-Pfalz, auch für die Heimtiere in Zukunft eine rechtliche Besserstellung zu erarbeiten. Das will die Bundesregierung explizit nicht. Auch die Bundesländer konnten sich bisher nicht dazu durchringen. Aber – das ist schon erwähnt worden – wir möchten gern diesen Weg als Land in Form von freiwilligen Initiativen gehen. Ich lade herzlich zur Mitarbeit ein. Ich glaube, das ist sehr interessant.

Die vermehrte Sachkunde von Menschen, der sogenannte Exotenführerschein oder der Hundeführerschein, wird dazu führen, besser mit den Tieren umzugehen und einzuschätzen, ob das überhaupt ein geeignetes Tier für mich ist. Das wird die Tierheime entlasten, was auch Sinn und Zweck der Übung ist. Die sind einfach dieser Fülle der abgegebenen Tiere nicht mehr gewachsen sind.

Auch nicht angenommen wurde unser Vorschlag, bei der Ferkelkastration die Landwirte zu befähigen, hier selbst mitzuwirken. Das habe ich sehr bedauert, weil ich glaube, dass man sich sehr wohl, natürlich bei entsprechender Sachkunde, einbringen kann. In anderen Ländern geht es auch.

Die Bundesregierung ist nicht bereit, dringliche Tierschutzmaßnahmen zeitnah auf den Weg zu bringen. Das ist schon von Frau Neuhof erwähnt worden.

Was mich erbost, sind Aktivitäten des Außenministers Westerwelle, der eng mit dem Aachener Reitturnier verflochten ist, auch familiär. Er setzt sich dann plötzlich dafür ein, dass der Schenkelbrand in Zukunft weiter ermöglicht wird. Das finde ich bei einer solchen schwersten Verbrennung eines Tieres sehr bemerkenswert. Meines Erachtens ist das heute schon durch das geltende Tierschutzgesetz schlichtweg verboten; denn man darf ohne vernünftigen Grund keinem Tier Schäden zufügen. Da die Pferde inzwischen alle gechipt sind, ist es wahrhaftig kein vernünftiger Grund mehr.

Die anstehende Novelle des Tierschutzgesetzes hat eine Schlüsselstellung. Wir werden weiterhin dafür kämpfen, dass dieses Gesetz nachgebessert wird. Das werden sicherlich auch unsere Fraktionen auf Bundesebene tun. Wir werden dann tätig werden, wenn hier die Möglichkeiten nicht ausgeschöpft sind. Wir bereiten unsere Aktivitäten im Zusammenhang beispielsweise mit dem Verbandsklagerecht oder mit der Sachkunde vor.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank.

Wird Ausschussüberweisung beantragt? – Nein.

Somit wird direkt abgestimmt.

(Zurufe aus dem Hause)

Es wird Ausschussüberweisung beantragt.

Wer der Überweisung an den Ausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Das war die Mehrheit. Somit ist der Antrag auf Ausschussüberweisung mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir kommen zur direkten Abstimmung über den Antrag. Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/1636 – zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen? – Somit ist der Antrag mit den Stimmen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir kommen zu Punkt 15 der Tagesordnung:

Keine Diskriminierung älterer Menschen im Straßenverkehrsrecht Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/1626 –

dazu: Für mehr Verkehrssicherheit auf rheinlandpfälzischen Straßen Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/1651 –

Ich darf zunächst der antragstellenden Fraktion das Wort erteilen. Es wurde eine Grundredezeit von fünf Minuten vereinbart.

Herr Abgeordneter Wäschenbach, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Da habe nicht nur ich mir verwundert die Augen gerieben, als ich Mitte dieses Monats in der Presse lesen musste, dass die GRÜNEN Zwangsprüfungen und Fahrtests für ältere Autofahrer verlangt haben. Erleichtert war ich, als wenig später der zuständige Verkehrsminister, Roger Lewentz, als Koalitionspartner diese Forderung in der Presse ablehnte und sagte: Senioren sind nicht derart signifikant in den Unfallstatistiken auffällig, dass ein verpflichtender Fahrtest im Sinne eines Eignungstests vertretbar wäre. – Dieser unverzüglichen Ablehnung kann nicht nur ich, sondern auch die gesamte CDU-Fraktion hier im Haus vollends zustimmen, Herr Minister.

(Beifall der CDU)

Auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer winkt bei dieser GRÜNEN-Forderung vehement ab. Er setzt wie wir auf die Freiwilligkeit der Seniorinnen und Senioren für Fahreignungstests sowie die Eigenverantwortung der Führerscheininhaber und eben nicht auf Bevormundung durch Regierungen oder Regierungsparteien.

Denken Sie bitte einmal über Ihren Vorschlag nach, liebe Kolleginnen und Kollegen bei den GRÜNEN. Was für eine Logik steckt in Ihrer pauschalen Fahrtestforderung, wenn es Ausnahmen für Fahrten zum nahen Supermarkt oder zu Verwandten geben soll?

(Frau Thelen, CDU: Da gibt es keine Unfälle!)

Diese beiden genannten Ausnahmen sind Unfug. Sie sind nicht zu kontrollieren und werden dem Ernst der Sache nicht gerecht.

(Beifall der CDU)

Ich frage Sie: Ist die Fahrt zum nahen Arzt oder zur Apotheke verboten? Wie weit darf der genannte nahe Supermarkt entfernt sein?

(Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wo haben Sie das denn her?)

Welche Umwege darf man zu nahen Verwandten fahren und welche nicht? Welcher Verwandtschaftsgrad liegt Ihrer Ausnahmeregelung zugrunde?

(Heiterkeit bei der CDU)