Protokoll der Sitzung vom 12.12.2012

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich erteile Herrn Minister Lewentz das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Blatzheim-Roegler, ich schließe mich Ihrem letzten Satz an.

Herr Dötsch, das war inhaltlich ganz überwiegend falsch, um nicht zu sagen dummes Zeug, was Sie hier vorgetragen haben.

(Frau Klöckner, CDU: Er hat nichts Falsches gesagt!)

Sie haben das an dem Beispiel von Ausweichstrecken festgemacht. Dazu muss ich sagen, es war die Koalition, die in den Antrag die Siegtalstrecke und die Eifelquerung hineingeschrieben hat. Es war ein Vorschlag von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Sie sind dem beigetreten. Es freut uns, dass Sie beigetreten sind.

(Zuruf des Abg. Billen, CDU)

Herr Dötsch, was ist das für ein Anspruch an die eigene Politik? Sie sind dabei, Anträge nach Berlin mit auf den Weg zu bringen, prima. Sie müssen aber in Berlin dafür kämpfen. Sie haben Bundesparteitage und Kollegen der Bundestagsfraktion. Sie müssen dafür kämpfen, dass wir etwas erreichen. Das hat nichts mit einem vorgezogenen Bundestagswahlkampf zu tun, ganz im Gegenteil.

Aber im Jahr 2013 werden die Menschen darüber zu entscheiden haben, ob sie auch in dieser Frage Ihnen oder uns mehr Vertrauen schenken.

(Frau Klöckner, CDU: Was ist denn mit Herrn Tiefensee gewesen?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist doch wohl nicht zu übersehen: Die Bahnlärm-Politik der Bundesregierung ist murks. Sie ist gescheitert, sie ist handwerklich schlecht. Sie haben nichts erreicht, Sie haben nichts hinbekommen, und ich möchte Ihnen gern einige Beispiele dazu nennen.

Herr Dötsch, Sie haben darauf verzichtet, auf Inhalte einzugehen. Sie hätten den Schienenbonus nennen können. Sie wissen doch, was die Bundesregierung vorhat: ein Verschieben auf den St. Nimmerleinstag. Das, was derzeit vorgesehen ist, hilft dem Mittelrheintal im Moment überhaupt nicht, und wenn überhaupt, dann erst irgendwann einmal in später Zukunft. – Der Schienenbonus hilft uns nicht weiter.

Des Weiteren nenne ich lärmabhängige Trassenpreise. Es war ein Schlag ins Nichts, was Herr Dr. Ramsauer damit vorgebracht hat. Es war so abgespeckt und weichgespült wie kaum etwas. Orientieren Sie sich doch nur an unserem Antrag im Bundesrat, dann sehen Sie, wie es gehen kann. Dass aber dieses weichgespülte Produkt dann auch noch von der Europäischen Kommission kaputtgemacht wird, das ist eine Blamage allererster Güte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben auch von Umrüstung gesprochen. Herr Dr. Grube hat Herrn Ministerpräsidenten Beck und mir gesagt, wenn sie sich nur auf das Material begrenzen, das zukunftsfähig ist, haben sie 90.000 Waggons umzurüsten. – Gerade einmal 1.250 haben sie bisher hinbekommen. – 1.250! Das nenne ich erbärmlich. – Und warum? – Weil man sich weigert, die vorhandene K-Sohle einzubauen und immer noch in Aussicht stellt, irgendwann einmal werde man die LL-Sohle einsetzen. –

Aber die ist noch gar nicht zugelassen. Ich hoffe, dass sie zugelassen wird, aber jetzt haben wir nun einmal die K-Sohle, und sie soll auch eingesetzt werden. Es gibt ein ehrgeiziges gemeinsames Programm: Bis 2020 wollen wir Lärmschutz an der Bahn im Mittelrheintal, an der Mosel und an anderen Strecken vorangebracht haben. Dann müssen wir die K-Sohle jetzt einbauen; denn ansonsten ist es nicht zu schaffen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe mich sehr gefreut, dass wir eine gemeinsame Gesprächsebene gefunden haben, bei der sich die Bahn, die Bundesregierung, die Bürgerinitiativen und die beiden hauptbetroffenen Länder zusammenfinden. Es gab am Freitag ein erstes Gespräch – Herr Staatssekretär Häfner hat daran teilgenommen –, und wir hoffen, dass wir dort gemeinsam die Bundesregierung werden überzeugen können, jetzt doch noch einmal Gas zu geben; denn dies ist dringend notwendig.

Meine Damen und Herren, 90.000 Waggons sind die Aufgabe, und lediglich 1.250 haben Sie bisher in einem Sonderprogramm hinbekommen. Dann wurde uns zum zweiten Mal der gleiche Zug in einer Propaganda-Aktion in Bingen vorgeführt. – Dieser Zug ist gut, aber wir würden uns freuen, wenn es mehr davon gäbe. Ich kann derzeit allerdings überhaupt keine Initiative erkennen, daran etwas zu tun.

Nun kommt eine Placebo-Nachricht, 23 Millionen Euro für das Mittelrheintal zur Verfügung zu stellen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, drei Viertel davon sollen 2013 verausgabt sein, mit Planfeststellungsverfahren, die für manche Dinge notwendig sind, mit Lärmschutzgutachten, die europaweit ausgeschrieben werden sollen. –

Sie werden erleben, wir werden Ende 2013 eine traurige Bilanz ziehen. Es wird nicht viel Geld verausgabt sein. Aber wenn Sie schon über den Bundestagswahlkampf reden, sollten Sie einmal darüber nachdenken, weshalb diese Signale gerade jetzt als Placebo-Nachrichten platziert wurden. – Sie sollen die Menschen beruhigen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wissen Sie, wie die Menschen mit so etwas umgehen? – In Kaub am Rhein gibt es einen Winzerbetrieb, der immer eine große CDU-Fahne am Haus wehen hatte. Dort ist die Verzweiflung in dem Spruch niedergelegt: „Bei uns trinkt man Zug um Zug“. – Das ist schon ein sehr humoristischer Umgang mit einer sehr schwierigen Situation.

Herr Dötsch, deswegen sage ich Ihnen noch einmal: Gehen Sie zu Ihrer Bundestagsfraktion, gehen Sie zu Herrn Dr. Ramsauer. Stärken Sie ihm den Rücken, dass er den Mut hat, über die Ausbaustrecke nachzudenken. Ich habe Ihnen die von ihm mir gegenüber geäußerte Meinung schon einmal gesagt: Er hat keinen Mut, er geht nichts davon an. Aber ich hoffe doch sehr, dass wir es wenigstens gemeinsam hinbekommen, die Ausweichstrecke, die Neubaustrecke in den Bundesverkehrswegeplan hineinzubekommen.

Ich habe Ihnen alle inhaltlichen Punkte genannt, in denen die Bundesregierung gemeinsam mit Ihrer Fraktion versagt hat. Sie haben keinen Druck im Bundestag gemacht. Wenn sich diese Dinge nicht ändern, wird sich auch im Mittelrheintal nichts ändern. Dann wird der Druck der Bevölkerung noch deutlich stärker werden, wofür ich durchaus Verständnis habe.

Herr Hüttner hat vorhin gesagt, 500 bis 560 Züge fahren Tag für Tag durchs Mittelrheintal, und dies ist eine ganz enorme Belastung gesundheitlicher wie auch wirtschaftlicher Art für die Menschen. Es ist Lebensqualität, die zerstört wird, und daher müssen wir gemeinsam daran arbeiten, und zwar nicht nur gemeinsam als Briefträger in Berlin, sondern wir müssen in Berlin unseren Einfluss geltend machen. Die Landesregierung wird dies beispielsweise am Freitag im Bundesrat tun.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich erteile nun Herrn Kollegen Hering das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Erfreulicherweise gibt es ein großes Einvernehmen in diesem Parlament, was notwendig ist, um den Bahnlärm im Mittelrheintal zu reduzieren. Wir haben dies als Landesregierung 2007 formuliert und in mehreren Landtagsbeschlüssen zum Ausdruck gebracht.

Es gibt drei zentrale Forderungen, die bereits im Jahr 2008 erhoben wurden: Es geht zum einen um alternative Trassenpreise, es geht zum Zweiten um eine Alternativtrasse und zum Dritten um die Umrüstung der alten Graugussbremsen. Das sind die drei zentralen Forderungen.

Herr Tiefensee hat entsprechende Vorarbeiten geleistet und das Aktionsprogramm „Leiser Rhein“ auf den Weg gebracht, in dem zu allen drei Punkten entsprechende Vorarbeiten geleistet wurden. Nun ist Herr Dr. Ramsauer mittlerweile über drei Jahre im Amt, und trotz dieser geleisteten Vorarbeiten ist in diesen drei zentralen Punkten nichts Entscheidendes auf den Weg gebracht worden. Man darf doch wohl nach dreieinhalb Jahren einmal kritisieren, dass in zentralen Punkten, zu denen das Parlament Rheinland-Pfalz einen einstimmigen Beschluss gefasst hat, seitens der Bundesregierung nichts getan wurde. Herr Bracht, darum geht es mir heute.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Bracht, CDU: Aber in Ihrer Regierungszeit ist auch nichts gelaufen! Jetzt läuft endlich etwas, jetzt ist endlich Bewegung darin!)

Unter Minister Tiefensee sind die entsprechenden Vorarbeiten geleistet worden. Herr Ramsauer ist angetreten und hat gesagt: Wegen Lärm müsse keine neue Trasse gebaut werden. An diesem Punkt musste Herr Ramsauer erst abgeholt werden. Das hat die Maßnahmen blockiert. Er hatte eben nicht die entsprechende Sensibilität dafür, was am Mittelrhein notwendig ist.

Es sind lediglich 1.200 Waggons umgerüstet worden. – Warum gibt es kein Alternativ-Trassenpreissystem, das tatsächlich wirksam ist? – Es gibt einen entscheidenden Grund dafür: Die Bahnlobby ist dagegen. Ramsauer ist der Bahnlobby erlegen, das ist der entscheidende Grund, weshalb nichts geschieht.

Er hat nicht den Mut, sich gegen die Bahn-Lobby durchzusetzen und ihr materielle Auflagen zu machen, die sie nicht will. Das ist der entscheidende Grund dafür, weshalb man nicht vorangekommen ist.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich erteile noch einmal Herrn Kollegen Dötsch das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister Lewentz, Sie haben in der Tat die Punkte aufgezeigt, die wir in den vergangenen Jahren in den entsprechenden Anträgen immer wieder dargelegt haben, von denen ich soeben gesagt habe, dass sie dieses Parlament einstimmig passiert haben. Insoweit gibt es in der Sache und in der Zielrichtung, die wir verfolgen wollen, keinen Dissens.

(Ministerpräsident Beck: Aber im Bundestag haben Sie es abgelehnt!)

Es stellt sich nur die Frage, inwieweit in diesem Parlament falsche oder auch polemische Pressemeldungen in die Welt gesetzt werden, die dazu angetan sind, den sachlichen Verhandlungsweg zu verlassen und in Parteipolitik zu verharren.

Ich darf darauf hinweisen, dass der Schienenbonus nun abgeschafft worden ist.

(Ministerpräsident Beck: Aber doch nur für die Neubaustrecken!)

Der Schienenbonus ist für Neubaustrecken abgeschafft worden. Wenn ein früheres Inkrafttreten des Schienenbonus beschlossen worden wäre, dann hätte dies bedeutet, dass eine Reihe von bereits aufgewendeten Mitteln wieder zunichte gemacht worden wären; denn es hätte im Endeffekt bedeutet, dass viele Dinge, die jetzt auf den Weg gebracht worden sind und die eine Verbesserung für die Menschen mit sich bringen, nicht mehr hätten umgesetzt werden können. Es hätte bedeutet, dass man mit der Planung wieder von vorn begonnen hätte, und dies hätte den Menschen insgesamt geschadet und keine Verbesserung gebracht.

(Beifall der CDU)

Herr Hering, ich könnte zu dem, was Sie gesagt haben, noch einiges ausführen. Leider ist die Zeit für meine Wortmeldung jetzt abgelaufen.

(Glocke des Präsidenten)

Aber Sie haben sich damals als Wirtschaftsminister in der Vergangenheit sicherlich nicht immer nur Lorbeeren abgeholt.

Danke. (Beifall der CDU)

Das Wort hat Frau Kollegin Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich war am Montag auf einer Veranstaltung zu nachhaltiger Infrastruktur und Mobilität in Berlin unter anderem mit Herrn Grube. Ich habe ganz klar auch von

ihm das Signal bekommen, selbstverständlich liegt auch Herrn Grube beispielsweise das Mittelrheintal sehr am Herzen, auch mit der Perspektive, nicht nur jetzt kurzfristig dort Maßnahmen zu ergreifen, sondern natürlich auch mit der Perspektive, eine alternative Trasse zu untersuchen.

Ich glaube, wir sind in der Pflicht, natürlich vor Ort zu schauen, dass die Menschen im Mittelrheintal nicht nur auf eine Neubaustrecke vertröstet werden. Deswegen ist es uns so wichtig, dass wir ein gespreiztes Trassenpreissystem mit bahnwirtschaftlichen Konzepten haben.

Selbstverständlich brauchen wir die Abschaffung des Schienenbonus auch für Bestandsstrecken. Außerdem beißt sich doch die Katze in den Schwanz, wenn von der CDU auf der einen Seite gesagt wird, wir haben jetzt irgendwie die Abschaffung des Schienenbonus für Neubaustrecken durchgesetzt, auf der anderen Seite – ich bleibe jetzt einmal nur bei Rheinland-Pfalz – aber eine Neubaustrecke von Ihnen faktisch blockiert wird.