Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

(Zurufe von der CDU)

Deshalb ist Ihr Antrag Käse. Er ist nicht schlüssig. Sie versuchen die Quadratur des Kreises. Das machen wir nicht mit. Deshalb haben wir einen Alternativantrag eingebracht.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Oh!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Dr. Braun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist keine neue Debatte. Diese Debatte haben wir in der letzten Plenarsitzung als Aktuelle Stunde geführt, obwohl sie so nicht unter dem Thema angekündigt war. Die Strompreise sind aber eine wichtige Debatte in einem Industrieland wie Rheinland-Pfalz und in einem Land, in dem wir wollen, dass es keine sozialen Verwerfungen gibt. Insofern ist es eine Debatte, die durchaus tragfähig ist und die wir ernst nehmen müssen.

Weil wir sie ernst nehmen müssen, bin ich dankbar, dass es Anträge dazu gibt. Ich bin allerdings für den Inhalt des CDU-Antrags nicht sehr dankbar, weil dieser Inhalt vorspiegelt, dass man Strompreise staatlich regeln könnte.

Ich habe vorhin dazwischengerufen: „Stamokap“, Herr Brandl, das ist staatsmonopolistischer Kapitalismus, was Sie hier fordern.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU: Oh!)

Weil wir einen freien Markt haben, können wir nur über Regelungsmöglichkeiten gestalten.

(Baldauf, CDU: Das ist das grüne Gewissen!)

Die haben wir in unserem Antrag sehr genau beschrieben. Schauen Sie sich den Absatz 3 unseres Antrags an. Da steht genau, dass die EEG-Umlage darauf überprüft werden muss, dass sie passgenau ist und den Firmen die Befreiung gewährleistet wird, die im internationalen Wettbewerb stehen.

Unsere Kritik war immer und ist es noch, dass mittelständische Firmen, die viel verbrauchen – es ist kein Belohnungseffekt, Energie einzusparen –, aber nicht im internationalen Wettbewerb stehen, jetzt mit aufgenommen werden sollen. Die Ausnahmen vom EEG – Sie müssen nicht so tun, als ob Sie es nicht wüssten – sind eine rot-grüne Idee. Warum sollen wir uns davon abwenden? – Wir haben immer gesagt, wir wollen den Industriestandort Deutschland erhalten. Es ist uns gelungen. Sie sagen auch jedes Mal, Deutschland hat im Vergleich zu Frankreich – angeblich billiger Atomstrom –

oder im Vergleich zu England – billiger Kohlestrom – Industrieproduktionen mit weit höherem Ausmaß als diese beiden Länder. Das ist auch den Ausnahmen zu verdanken, die wir völlig gerechtfertigt eingeführt haben. Also ist Deutschland ein guter Industriestandort, und Sie wollen ihn schlechtreden, meine Damen und Herren von der CDU. Das wird Ihnen nicht gelingen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der CDU: Oh! Oh!)

Damit dieser Industriestandort gut bleibt, brauchen wir aber auch die soziale Gerechtigkeit. Die soziale Gerechtigkeit erreichen wir nur, wenn nicht die große Masse, die wenig hat, die Förderung für die zahlen muss, die mehr haben und daran verdienen, dass sie viel Strom verbrauchen. Also müssen wir die Ausnahmen des EEG begrenzen. Das sagen Sie auch. Wir haben aber genau festgelegt, wie wir es begrenzen wollen, nämlich mit dem Kriterium „internationaler Wettbewerb“.

Sie haben keine Kriterien festgelegt und wollen allgemein, dass der Mittelstand auch befreit wird, aber Sie nennen keine Kriterien dazu. Wer ist denn der Mittelstand? – Die Metzgerei um die Ecke, die Bäckerei um die Ecke? Die Bäckerei braucht sehr viel Strom für ihren Ofen, klar. Aber Sie sagen nicht, Sie wollen den kleinen Mittelstand befreien, sondern Sie wollen den großen Mittelstand befreien; denn selbst wenn 2.000 Firmen Ausnahmen erreichen, ist die Bäckerei um die Ecke nicht dabei, aber die Großbäckerei, die zentral agiert, oder verschiedene Firmen, die gemeinsam zentral einkaufen und gemeinsam abrechnen. Die können dabei sein.

Genau das wollen wir verhindern, dass es zu Tricksereien kommt. Ihr System verhindert eben genau das nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Wir sind auch der Auffassung, dass man diese Ausnahmen, wenn man nun das EEG unterstützen will – das wollen wir alle, und erneuerbare Energien wollen wir fördern –, passgenau machen muss. In Rheinland-Pfalz stellt sich diese Frage klar beispielsweise bei der BASF, dem größten Energieverbraucher in Rheinland-Pfalz. BASF braucht so viel wie ein Viertel von Rheinland-Pfalz insgesamt.

(Frau Klöckner, CDU: So viel wie Dänemark!)

Die BASF braucht so viel wie Dänemark, sagt Frau Klöckner immer. Bei diesem Vergleich muss man aber immer neu aufpassen, weil Dänemark seinen Verbrauch auch senkt.

Von daher muss man sehen, wir haben Verbraucher hier, die ihren Strom selbst erzeugen. Beispielsweise die BASF, aber auch andere große Firmen erzeugen ihren Strom selbst. Genau das haben wir in unseren Antrag mit aufgenommen, dass diejenigen, die ihren Strom selbst erzeugen, nicht in die EEG-Umlage mit hinein genommen werden und das dauerhaft so bleibt, weil

man meist bei der Selbsterzeugung eine hohe Effizienz hat – Kraft-Wärme-Koppelung.

Wir setzen einerseits auf hohe Effizienz

(Glocke der Präsidentin)

und andererseits auf soziale Gerechtigkeit und auf einen zukunftsfähigen Industriestandort Rheinland-Pfalz und Deutschland. Meine Damen und Herren, dazu sind wir auf dem richtigen Weg, und Sie sind offensichtlich in der Irre.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Landesregierung hat Frau Wirtschaftministerin Lemke das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nicht die ganze Debatte wiederholen, aber ich nehme Sie mit in weiterer Erkenntnis. Die IHK bzw. die DIHK als Dachverband hat ein Energiewendebarometer 2012 herausgebracht mit einer ziemlich umfassenden Statistik darüber, wie Betriebe und Unternehmen in dieser Republik die Energiewende empfinden, wie sie darauf reagieren wollen, welche Skepsis und welche Befürchtungen sie haben und welche Hoffnungen bzw. Chancen sie für sich darin sehen. Ich glaube, es wird etwas erhellend für Sie sein, und deswegen trage ich dazu gern etwas vor.

Zum Thema „Kosten und Preise“ ist interessant zu sagen, dass in 57 % der Unternehmen weniger als 2 % Kosten im Bereich des Stroms und weniger als 14 % Kosten für Energie anfallen. Der größte Bereich, nämlich 44 %, fällt an für Rohstoffkosten. Das muss man in dieser Debatte wissen, die Sie sehr angeheizt führen. Wenn wir über das EEG reden, reden wir auch über diesen Anteil von weniger als 2 % Kosten, die für die Unternehmen anfallen.

Dies sehen die Unternehmen auch selbst, das heißt, sie schätzen die Frage, wie skeptisch sie sein müssen, wie groß ihre Angst sein muss, dass in diesem Bereich Steigerungen oder Risiken entstehen oder eher in den anderen Bereichen, zum Beispiel bei den Rohstoffkosten, richtig ein. Die größten Befürchtungen bestehen nämlich im Bereich der Rohstoffkosten.

Auswirkungen auf den Betrieb werden deshalb ziemlich neutral eingeschätzt: 46 % der Betriebe sagen, dass sie keine Auswirkungen der Energiewende auf ihren Betrieb sehen. 20 % sehen die Auswirkungen positiv.

(Unruhe im Hause)

Ich kann also zusammenfassen, 66 % der befragten Betriebe sehen die Auswirkungen der Energiewende auf

ihren Betrieb neutral oder positiv. Ich denke, dies sind entscheidende Botschaften in dieser Debatte.

Ich komme zum Thema „Eigenversorgung“: Wie reagieren die Betriebe darauf, dass sich im kleinen Bereich von 2 % etwas tun wird? – 90 % der Betriebe sagen, sie wollen in Zukunft in die Eigenenergieversorgung mit erneuerbaren Energien einsteigen. Sie wollen Effizienzsteigerungen durch Investitionen in ihren Betrieben herbeiführen, und sie wollen die Weichenstellungen, die dafür vorgesehen sind und entsprechend ausgebaut werden, dafür nutzen. Das heißt, 90 % der Betriebe machen aktiv mit, wollen investieren und wollen den Weg der Energiewende aktiv mitgehen.

Das widerspricht natürlich ein wenig dem, was Sie als Schwarzmalerei betreiben, wenn Sie sagen, es schade unserer Industrielandschaft und es schade der Wirtschaft. – Dies ist nicht der Fall. Die Betriebe haben eine andere Einschätzung.

Im Fazit des DIHK-Gutachtens steht – ich zitiere –: Die Energiewende gelingt nur, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben wird. –

Um wieder etwas Statistik zu verwenden, zwei von fünf Betrieben stehen absolut zu dieser Aussage, und im norddeutschen Raum, wo die Energiewende noch weiter vorangeschritten ist als bei uns, steht sogar jeder zweite Betrieb uneingeschränkt hinter dieser Aussage. Man kann sagen, gerade dort, wo noch mehr Erfahrung mit der Energiewende gemacht wurde, sind die Erfahrungen positiver.

Das heißt, die Energiewende kommt bei den Menschen an, weil sie funktioniert. Sie wird als positiv wahrgenommen und nicht mehr als Angstmacherei empfunden. Deswegen sollten wir uns von dieser Angstmacherei auch einmal verabschieden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Wir sollten es auch unterlassen, immer falsche Zahlen darzustellen, wie Sie dies in Ihrem Antrag getan haben.

Sie haben gesagt, Rheinland-Pfalz liege im internationalen Preisvergleich ganz oben. Wir liegen nicht an zweiter Stelle, wie Sie dies in Ihrem Antrag behaupten, sondern viel weiter darunter. Wir befinden uns im zweiten Drittel. Ein Blick in die aktuelle Energiestatistik, die das BMWI vorgelegt hat, zeigt, dass in Ländern wie Italien, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Zypern oder Malta viel höhere Industriestrompreise zu zahlen sind als in Deutschland.

Auch die Preise, die Sie nennen, sind nicht richtig. Die Preisdifferenz zu den europäischen Nachbarstaaten mit vergleichsweise niedrigen Industriestrompreisen wie beispielsweise Frankreich oder den Niederlanden beträgt nicht, wie in Ihrem Antrag behauptet, bis zu zehn Cent pro Kilowattstunde.

In den vergangenen Jahren sind die Industriestrompreise in allen europäischen Ländern stark angestiegen.

(Vizepräsident Schnabel übernimmt den Vorsitz)

In einigen Ländern, wie beispielsweise Norwegen und Finnland oder auch in vielen osteuropäischen Ländern, war der Anstieg der Strompreise dabei wesentlich höher als in Deutschland. Daher bitte ich an dieser Stelle auch Sie, korrekt zu bleiben und nicht immer falsche Dinge zu propagieren.

Ich möchte noch auf eine Zahl eingehen, die Herr Guth soeben genannt hat. Für das Jahr 2013 hat sich die Zahl der Unternehmen, die nach § 40 ff. des EEG befreit werden wollen, von bundesweit 734 mit einer Strommenge von ca. 85,4 Terawattstunden auf 2.057 Unternehmen erhöht. Dies ist per 30. Juni die Anmeldezahl, die einen Antrag auf Privilegierung nach § 40 gestellt haben. Dabei wird nun die Gesamtstrommenge auf 107,5 Terawattstunden bemessen sein, und dies wird sich natürlich auch wiederum auf die EEG-Umlage auswirken, sodass wieder der Mittelstand betroffen ist, der sich schon beeinträchtigt fühlt.

Dies zeigt auch wieder das Energiewendebarometer der DIHK, in dem steht, dass sich gerade nicht die Industrie in ihrer Wettbewerbsfähigkeit stark betroffen fühlt, sondern der Mittelstand, und es ist die von Schwarz-Gelb beschlossene Ausnahme, die an dieser Stelle dazu beigetragen hat, meine Damen und Herren. Ich möchte also doch auch weiterhin um Korrektheit in dieser Debatte bitten.