Wir brauchen Schulen, die faire Chancen und Vergleichbarkeit bieten. Dazu gehören vergleichbare Abschlüsse und Wissen, auf das sich Betriebe verlassen können.
Dazu gehört es auch, dass wir an unseren Schulen klare Ziele brauchen, um freie Wege zu ermöglichen. Ein klares Ziel und verbindliche Lehrpläne an unseren Schulen sind die Grundlagen dafür, dass die Lehrer pädagogisch frei agieren können. Sie müssen aber erst einmal wissen, was sie vermitteln sollen.
Wenn man Ihrem Antrag folgt, dann heißt es, dass ein Kind nachher nicht mehr die Möglichkeit hat, von Schule A nach Schule B zu wechseln, weil Schule B vielleicht überlegt, dass sie den Stoff, den die andere Schule in Klasse 6 gemacht hat, erst in Klasse 8 unterrichtet. Frau Ratter, das ist das, was in Ihrem Programm steht. Vielleicht haben Sie nicht daran mitgeschrieben, aber daran sollten Sie sich eigentlich halten.
Die regierungstragenden Fraktionen haben mit diesem Antrag ein klares Bekenntnis zur Abschaffung von Noten, von Klassenwiederholungen, von Querversetzungen und von Lehrplänen abgegeben. Was wir brauchen, sind faire Vergleiche durch Noten und Abschlussprüfungen. Wir brauchen verbindliche Lehrpläne und Inhalt statt nur Kompetenz. Ich hoffe, dass wir auf diesem Weg weiter diskutieren können.
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Frau Dickes, das war ein Griff in eine Schublade, von dem ich nicht so recht weiß, wie ich das abräumen soll.
Absage an Chancen, unkonkret peinlich, Ideologiepolitik: Was Sie alles ausgepackt haben, hat überhaupt nichts mit diesem Antrag zu tun.
Insofern bin ich sehr froh, dass wir diesen Antrag noch einmal im Ausschuss ausführlich beraten und dort an Ort und Stelle einiges an Erklärungen leisten können, was in einen Fünf-Minuten-Redebeitrag sicherlich nicht passen kann.
Richtig ist, dass der neue Schulversuch Budget und Personal im Fokus hat, da haben Sie vollkommen recht, aber nicht weil der erste gescheitert ist – der war durchaus erfolgreich und hat viele andere Dinge umgesetzt –, sondern weil wir einen Bedarf sehen, dass wir hier noch mehr entwickeln können.
Dass der Antrag nicht konkreter ist, ist kein Fehler dieses Antrags, sondern der Versuch, den Schulen, die diesen Antrag für sich beantragen, in Übereinstimmung mit Eltern und Schulträgern Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen, sodass sie ihren eigenen Fokus auf die Schulentwicklung als Modell setzen können.
Den Schulversuch stufe ich als erfolgreich ein. Er konnte sechs Jahre, von 2005 bis 2011, zeigen, dass sehr viele gute Beispiele aus der Praxis erwachsen sind. Ich wünsche, dass die Schulen diese Praxis weiter durchführen können.
Dass Sie Sensibilisierung für geschlechtergerechte Schule als alten Hut oder selbstverständlich bezeichnen, verwundert mich. Ich meine, mich erinnern zu können, dass Sie im Bildungsausschuss noch eine völlig andere Position vertreten haben. Haben Sie nicht einen GOLTAntrag dazu gestellt und gefordert, dass genau das vertieft werden sollte?
Die Selbstständigkeit und die Selbstverantwortung von Schulen ist in der Tat für uns GRÜNE immer schon ein Anliegen gewesen. Ich erinnere an das Schulgesetz, das die Fraktion der GRÜNEN im Jahr 1999 in diesen Landtag eingebracht hat. Auch dabei ging es um die Öffnung der Schule und um die Stärkung der Selbstverantwortung. Ich gebe Ihnen recht, wir wollen die Schule ertüchtigen, damit sie sich selbst profiliert und eigene Wege gehen kann. Diese eigenen Wege stehen aber sehr wohl in der Tradition des gerade abgeschlossenen und evaluierten Versuchs, und von daher ist es sinnvoll, dass SPD
und GRÜNE gemeinsam den vorhandenen Schulversuch weiterentwickeln und alle Schulen, die sich dabei auf den Weg machen, stärken.
Die Grundannahmen des ersten Schulversuchs waren nicht nur optimistisch, sondern sie sind auch erfüllt worden; denn die Schulabbrecherquote im ersten Projekt „Keiner ohne Abschluss“ ist deutlich erfüllt. Die Reduzierung der Klassenarbeiten hat eine deutliche Entlastung nicht zuletzt der Deutschlehrer, aber auch anderer Lehrkräfte zum Ergebnis gehabt. Der neue Antrag ist natürlich als Weiterführung von Lernentwicklungsberichten anstatt Noten gedacht. Das ist richtig, aber das haben wir doch schon, Frau Dickes. Wir haben es schon in der Grundschule, und ich finde es nur folgerichtig, dass die Schulen, die sich in diesem Schulversuch auf den Weg machen wollen, dies auch in der Sekundarstufe I können.
Sitzenbleiben überflüssig zu machen, kennen wir auch. Wir kennen es in der Orientierungsstufe. Falls Sie es nicht wissen, beim Übergang von der Klasse 5 in die Klasse 6 wird jedes Kind versetzt, und dies ist im Übrigen erfolgreich. Warum sollten wir also nicht die Schulen ermuntern, auf diesem Weg weiterzugehen?
Auch das Abschulen zu vermeiden, kennen wir: aus der Integrierten Gesamtschule. – Auch das ist erfolgreich. Ich erinnere Sie an eine Klemm-Studie, die wir im letzten Jahr schon zitiert haben und die letzten Endes ganz klar offenlegt, dass das Abschulen sich nicht nur für die Perspektiven der Schülerinnen und Schüler nachteilig auswirkt, sondern es auch den Schulen im Grunde keinen Gewinn bringt. Einmal davon abgesehen, ist es auch eine Verschwendung von sehr viel Geld, über die man einmal reden sollte.
Demokratische Beteiligungsformen zu stärken, ist uns ein Herzensanliegen. Es ist völlig, klar, warum. Wir wollen das Wahlalter auf 16 Jahre absenken. Ich weiß, darin sind Sie anderer Meinung,
Aber ich glaube, Demokratie muss eingeübt werden, und zwar von Anfang an. Wenn die Kita schon damit beginnt, und wenn die Grundschule den Klassenrat durchführt, dann frage ich mich, weshalb in den Sekundarschulen nicht auch demokratische Formen praktiziert werden sollen. Dies ist uns ein großes Anliegen. Es ist in der Tat die grüne Handschrift, aber ich weiß, dass auch die SPD durchaus diese Zielvorgaben mitträgt.
Zur Inklusion komme ich jetzt nicht mehr, aber dass die Inklusion ein Leib- und Magenthema dieser Koalition ist, müsste inzwischen auch bei Ihnen angekommen sein. Als Deutschlehrerin würde ich sagen, Sie haben das Thema verfehlt, und ich bin froh, dass wir uns im Bildungsausschuss noch weiter über diesen Antrag unterhalten können.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Frau Dickes, ich finde es wirklich schade, dass Sie nicht einmal bei diesem Modellversuch verbal abrüsten können.
Ich finde es schade, dass Sie sich nicht einfach einmal die Zeit nehmen, sich den Antrag in Ruhe durchlesen und sich überlegen, wie sich dies in der Schule auswirkt und ob es für die Schülerinnen und Schüler nicht vielleicht doch etwas Vernünftiges ist, was damit auf den Weg gebracht werden soll.
Stattdessen interpretieren Sie, was gemeint sein könnte, und arbeiten sich an einem ideologischen Bild ab, nur, dass Ihnen der Sparringspartner fehlt. – Sie streiten inzwischen mit Ihren eigenen Interpretationen, aber nicht mehr mit irgendjemandem, der real in diesem Hause sitzt, und schon gar nicht mit dem, was in irgendwelchen Anträgen steht, sondern damit, von dem Sie meinen, was man Schlimmes machen könnte. Ich weiß gar nicht, wen Sie dabei vor Augen haben. Auf jeden Fall dreht es sich bei Ihnen selbst inzwischen im Kreise.
Vielleicht ermöglicht gerade die Zeitungslektüre der letzten Tage, dass man einen sehr viel differenzierteren Blick werfen muss. Alle Grundschulen in der Bundesrepublik Deutschland haben nämlich vor Kurzem bescheinigt bekommen, dass sie im internationalen Vergleich eigentlich sehr gut sind. Dennoch bleiben Aufgaben übrig. Daher macht es doch sehr viel Sinn, dass wir uns konzentriert diesen Aufgaben zuwenden. Zu diesen Aufgaben gehört, dass wir eine zu große Gruppe an schwächsten Schülerinnen und Schülern und eine zu kleine Gruppe von stärksten Schülerinnen und Schülern haben.
Die Wissenschaft sagt uns, darauf müssen individuelle Antworten vor Ort gefunden werden, um möglichst alle Schülerinnen und Schüler gut fördern zu können. Nichts anderes tut dieser Antrag, als Rahmenbedingungen dafür zu beschreiben, wie man in einem solchen Modellversuch den Schulen mehr Handlungsmöglichkeiten geben kann.
Sie müssen schon richtig zitieren, was in dem Antrag steht. Wir wollen mehr Selbstständigkeit von Schulen, wir wollen Noten durch Lernentwicklungsberichte ergänzen, wir wollen das Sitzenbleiben überflüssig machen – das kann doch eigentlich überhaupt kein Streitpunkt sein –, und wir wollen auf Abschulungen verzichten. Auch das kann doch kein Streitpunkt sein. Dass dies das Ziel allen schulischen Handelns sein muss, wenigstens das dürfte doch in diesem Hohen Hause Konsens sein.
Hinzu kommen noch weitere Herausforderungen wie der erfolgreiche inklusive Unterricht oder demokratische Beteiligungsmöglichkeiten. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, da waren wir uns einig, dass Demokratie in der Kindertagesstätte anfängt, sie in der Grundschule fortgesetzt werden muss und sie in den weiterführenden Schulen ihren Platz hat. Nur weil dies nun in einem Modellversuch auftaucht, ist es Ihnen plötzlich nicht mehr recht, und Sie werfen Ihre eigenen Grundsätze über Bord. So etwas nenne ich Fundamentalopposition.
Bei dem Modellversuch, der eingerichtet werden soll, stehen die individuelle Förderung und ihre Rahmenbedingungen im Mittelpunkt. Es ist schon darauf hingewiesen worden, neben diesen pädagogischen Rahmenbedingungen geht es auch darum, den beteiligten Schulen mehr Budgetverantwortung und auch eine stärkere Mitsprache bei der Personalauswahl zu übertragen. Dass dies kein einfaches Unterfangen ist, weil viele auf diesem Weg mitzunehmen sind, wissen wir auch. Es sind auch viele einzubeziehen, und es ist auch ihre Zustimmung dazu einzuholen, dass neue Instrumentarien erprobt werden können. Aber das Ziel bleibt doch richtig, und es war bisher in diesem Hohen Hause eigentlich auch unbestritten.
Der Vorteil ist, wir können auf Vorerfahrungen zurückgreifen. Es wurde schon der vorhergehende Schulversuch „Selbstverantwortliche Schule“ genannt. Aber gerade was die Fragen von Budgetverantwortung und Personalauswahl anbelangt, muss man auch die berufsbildenden Schulen mit einbeziehen, die in den letzten Jahren wohl die Schulart sind, die die weitestgehenden Fortschritte gemacht hat, und vielleicht ist auch einiges aus diesem Bereich auf die allgemeinbildenden Schulen übertragbar.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Antrag und dieser Modellversuch ist wirklich zu allem anderen Anlass, als solche Befürchtungen an die Wand zu malen, wie Sie es heute getan haben. Dieser Antrag ist eine Unterstützung für die Schulen, weil er deutlich macht, dass wir Vertrauen darin haben, dass vor Ort noch bessere Lösungen gefunden werden können, wenn man den Betroffenen die Handlungsmöglichkeiten gibt. Insofern ist es ein Antrag, der voller Vertrauen auf die Schulen zugeht, und ich freue mich, auf der Grundlage dieses Antrags den Modellversuch auf den Weg bringen zu können.
Es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Es wurde beantragt, den Antrag – Drucksache 16/1858 – an den Bildungsausschuss zu überweisen. Wenn kein Widerspruch erfolgt, ist es so beschlossen.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, möchte ich Gäste im Landtag begrüßen. Ich begrüße