Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

Ich möchte in dieser Runde noch zum Abschluss sagen, es sind allein 180 Kinder in der Aufnahmeeinrichtung in Trier, an die man auch einmal denken sollte und die mit ihren Eltern und mit den anderen hervorragend betreut werden.

(Glocke des Präsidenten)

Alles Weitere sage ich in der zweiten Runde.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Frau Staatsministerin Alt.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Landtagsabgeordnete, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die aktuelle Situation von Flüchtlingen in Rheinland-Pfalz sieht wie folgt aus: Wir haben – das wurde von den Vorrednerinnen und Vorrednern schon gesagt – seit einigen Monaten eine Zunahme von Flüchtlingen zu verzeichnen. Um einmal eine Zahl zu nennen, im Oktober beispielsweise kamen täglich bis zu 70 neue Flüchtlinge an. Mittlerweile hat sich aber die Situation entspannt. Ich habe gestern noch einmal in der Fachabteilung nachgefragt: Mit Stand Anfang Dezember 2012 kommen täglich bis zu 30 Flüchtlinge. Daran merken Sie, dass sich die Situation bei uns so langsam entspannt. Der heutige Stand der gesamten Flüchtlingszahl liegt bei 620 Menschen, sodass ich glaube, dass wir uns diesbezüglich auf einem guten Weg befinden und entspannter mit dieser Situation umgehen können.

Als klar war, dass die Flüchtlingszahlen so enorm zunehmen, haben wir zeitnah reagiert und die Aufnahmekapazitäten erweitert. Wir haben in der Aufnahmeeinrichtung in Trier zusätzliche Wohncontainer für 70 Menschen aufgestellt, und wir sind momentan dabei und hoffen, dass wir bis Ende des Jahres damit fertig werden, einzelne Gebäude der ehemaligen ZAST oder der ehemaligen LURP – je nachdem, als was Sie die Einrichtung kennen – in Ingelheim so auszubauen und zu sanieren, dass wir dort 200 weitere Menschen unterbringen können.

Wir haben – auf diesen Aspekt hat auch schon Frau Kollegin Spiegel hingewiesen – auch die soziale Beratung zusätzlich verstärkt; denn wenn, wie bisher in Trier, so viele Menschen auf engem Raum zusammen gelebt haben und nun etwas entzerrt untergebracht werden können, bedürfen sie natürlich auch besonders der Beratung.

Ich möchte noch einmal darauf eingehen, woher die Flüchtlinge in unserem Land kommen. Auch diesbezüglich zeichnet sich eine Veränderung ab: Mit Stand August/September kamen die Flüchtlinge in der Rangfolge aus Syrien, Mazedonien, Afghanistan, dem Iran, Serbien und Pakistan und aus anderen Ländern, die nicht so stark vertreten waren. Mit Stand von Anfang Dezember kommen die Menschen aus Syrien, dem Iran, dem Irak und aus Afghanistan. Diese Menschen haben ihre Heimat und ihre Familien verlassen und suchen Schutz bei uns. Diese Menschen haben ein Recht auf ein Asylverfahren und darauf, dass ihre Asylanträge geprüft werden und darüber entschieden wird.

(Beifall der Frau Abg. Spiegel, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Danke schön, Frau Spiegel.

Dies geschieht in der Erstaufnahmeeinrichtung in Trier und wird dort auch sehr eng begleitet.

Ich möchte auch noch einmal auf die größere Gruppe der Roma eingehen, die aus Serbien und Mazedonien kommen und über die schon viel gesprochen worden ist. Die Roma sind mit rund 12 Millionen Angehörigen die größte ethnische Minderheit Europas. Sie gehören zu den ärmsten und am meisten diskriminierten Minderheiten in Europa.

Sie erfahren in ihren Heimatländern oft keinen Zugang zur Bildung, keinen Zugang zur Arbeit, und die medizinische Versorgung ist erschwert. Zum Teil müssen sie in slumähnlichen Siedlungen ohne Wasser und Strom leben. Sie erfahren regelmäßig Diskriminierung und werden nach einem Bericht der EU-Kommission regelmäßig Opfer rassistischer Übergriffe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich auf die Bundesebene schaue und sehe, dass Bundeskanzlerin Merkel in diesem Jahr das Mahnmal für die von den Nazis ermordeten Sinti und Roma eingeweiht hat, so hat sie sich bei dieser Gelegenheit ausdrücklich gegen Diskriminierung ausgesprochen. Sie hat zu der Aufgabe, dass Sinti und Roma innerhalb der EU ihre Rechte wahrnehmen können, wörtlich gesagt – ich zitiere –: „Es ist eine deutsche und eine europäische Aufgabe, sie“ – die Sinti und Roma – „dabei zu unterstützen, innerhalb welcher Staatsgrenzen auch immer sie leben.“

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich denke, es war gut und richtig, dass sie das gesagt hat. Aber wir müssen konstatieren, dass diese Aussagen in krassem Gegensatz zu dem stehen, was wir von unserem Innenminister Friedrich hören, der alte Vorurteile schürt und Menschen aus Serbien und Mazedonien, die bei uns Asyl beantragen, weniger Geld zukommen lassen will als anderen.

Gerade aber ein solches Verhalten hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum Asylbewerberleistungsgesetz als verfassungswidrig eingestuft. Ich zitiere auch hier: „Die im Grundgesetz garantierte Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“ Das bedeutet, die Beiträge zum Asylbewerberleistungsgesetz für bestimmte Gruppen zu kürzen, ist definitiv verfassungswidrig. Deshalb wird es das mit uns auch nicht geben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Lassen Sie mich abschließend feststellen, dass alle Menschen, egal, aus welchem Land sie kommen, vor Not und Verfolgung geflohen sind. Sie benötigen unseren Schutz. Alle Asylanträge werden in einem fairen Verfahren von einer unvoreingenommenen Behörde geprüft und nach Recht und Gesetz entschieden. Dafür stehe ich, dafür steht mein Integrationsministerium, und dafür steht diese Landesregierung.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich Frau Kollegin Spiegel das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hoffe, dass wir zu einer differenzierten Debatte zurückkommen können. Herr Kessel, den letzten Teil Ihrer Rede fand ich einen nicht sehr differenzierten Beitrag zur Debatte. Ich hoffe, wir sind uns alle hier im Raum einig, dass Sinti und Roma in Europa von Diskriminierung und Ausgrenzung betroffen sind und dies ein wichtiges Problem ist, bei dem wir auch als Deutschland und als RheinlandPfalz eine Verantwortung haben, die Situation der Sinti und Roma zu verbessern.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal auf zwei Aspekte eingehen, die mir wichtig sind. Die Sinti und Roma, die zu uns kommen, kommen nicht, um ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern und weil das Asylbewerberleistungsgesetz angehoben wurde. Das wurde in der öffentlichen Debatte, wenn man so einiges liest, durchaus miteinander in Verbindung gebracht. Es geht darum, dass die Menschen vor Ort keinen Zugang zu Bildung, Gesundheit und Arbeit haben, sie unter katastrophalen Verhältnissen leben – die Ministerin hat es eben schon angedeutet –, sie zum Teil auf der Flucht ihre Kinder, ihre Angehörigen, ihr Haus, ihre Heimat, ihre Erinnerungen und alles zurücklassen, um Schutz und Hilfe zu suchen. In dieser Situation kommen sie zu uns. In dieser Situation verdienen sie unsere Unterstützung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Ich verwahre mich auch gegen den Begriff des Asylmissbrauchs. Herr Kessel hatte sicherlich recht – das bestreitet auch niemand –, die große Mehrzahl der Antragsstellenden aus Serbien und Mazedonien bekommt kein Asyl gewährt, wenn der Antrag fertig bearbeitet ist. Es geht uns aber darum, dass jeder einzelne Flüchtling, der zu uns kommt, ein Recht auf ein faires, ordentliches und sorgfältiges Verfahren hat, in dem geprüft wird, ob es tatsächlich ein Recht als anerkannter Flüchtling gibt oder nicht. Hier von Asylmissbrauch zu sprechen, halte ich für eine Verdrehung der Debatte.

(Glocke des Präsidenten – Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile Herrn Kollegen Kessel das Wort.

Sehr geehrte Frau Kollegin Spiegel, ich bin ganz nah bei Ihnen. Auch wir sehen, dass wir das Problem haben, dass Sinti und Roma dort, wo sie leben, diskriminiert werden und man etwas dagegen tun muss. Es muss aber dort geschehen.

(Beifall der CDU)

Es muss darauf eingewirkt werden, dass sich die Zustände in Serbien und Mazedonien ändern, damit die Leute so, wie Sie es eben geschildert haben, gar keinen Grund haben, dort wegzugehen, sondern in ihrer angestammten Heimat bleiben können. Genau das möchten wir.

(Dr. Konrad, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das sagen wir doch auch!)

Genau dort bitten wir auch um die Unterstützung dieser Landesregierung, damit auf europäischer Ebene eingewirkt wird, dass dort bessere Zustände herrschen.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Ich erteile Frau Kollegin Sahler-Fesel das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kessel, ich stimme Ihnen voll und ganz zu, wir sollten nicht nur Geld geben, um Griechenland zu retten, sondern wir sollten sehen, dass wir in diesen Ländern, in denen Probleme herrschen, die Lebensbedingungen verbessern, bevor die Länder komplett mit dem Rücken an der Wand stehen.

Ich möchte aber noch einmal feststellen – da bin ich mir ganz sicher –, dass niemand sein Heimatland leichtfertig verlässt. Da sind wir auch beieinander.

Asyl ist ein verbrieftes Recht, unabhängig davon, wie viel Asylbewerber zu uns kommen. Da kann es nicht sein – das ist die Gefahr bei der Diskussion, die auf der Bundesebene geführt wird und bei der leider Bundesinnenminister Friedrich ganz stark dabei ist –, dass durch die jetzt gestiegene Zahl von Asylbewerbern die Diskussion anders geführt wird. Das ist die Sorge, die wir haben.

Ich möchte noch einmal meinen Dank an die Aufnahmeeinrichtung in Trier, ihre Leitung und ihre Mitarbeiter aussprechen, die eine Situation mit Menschen aus über 30 verschiedenen Herkunftsländern mit einem hohen Anteil von Kindern, zum Teil Klein- und Kleinstkindern, hervorragend meistert. Hier wird sich gekümmert. Es wird mit den Menschen gesprochen, es wird mit ihnen gearbeitet, es wird nicht nur verwaltet.

Von daher ist die Akzeptanz in der Trierer Bevölkerung – auch das ist ganz wichtig – vorhanden. Auch im Bereich der Schulen – die Kinder müssen auch beschult werden – ist die Akzeptanz sehr groß. Es muss einiges getan werden. Es wird miteinander gearbeitet und gelebt. Es wird dafür Sorge getragen, dass auch die Verfahren möglichst schnell abgeschlossen werden, damit es zu einer Klärung kommt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am Ende des zweiten Teils der Aktuellen Stunde.

Wir kommen nun zum dritten Thema der

AKTUELLEN STUNDE

„Verpflichtung der Landesregierung zur Entwicklung einer dauerhaften Lösung für den Flugbetrieb am Hahn mit einem betriebswirtschaftlich sinnvollen Geschäftsmodell“ Antrag der Fraktion CDU – Drucksache 16/1892 –

Ich erteile Herrn Kollegen Licht das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr richtig, ein tragfähiges Zukunftskonzept für den Flughafen Hahn fordert die CDU. Das fordert die Fraktionsvorsitzende, das fordern Herrn Kollege Bracht und ich seit Jahren. Ich betone aber noch einmal, wir fordern nicht nur ein Zukunftskonzept, sondern ein t r a g f ä h i g e s Zukunftskonzept.