Protokoll der Sitzung vom 15.06.2011

Ich will einmal ein bisschen Baden-Württemberg das Musterländle-Image abnehmen. Wir können das Musterland werden. Das ist gut für Rheinland-Pfalz, für die Bürger und für die Arbeitsplätze hier, und es ist auch eine gute Politik.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Jetzt stehen noch einige gegen diese Energiewende. Das ist vollkommen klar. Wenn ich Herr Großmann wäre von RWE, wäre ich jetzt auch nicht so begeistert. Zuerst einmal bekomme ich die Milliarden zugesichert, dann bekomme ich sie wieder weggenommen, dann heißt es, eventuell kann ich noch einen Meiler in Kaltreserve laufen lassen, also ein kleiner Anreiz, dann muss ich Brennelementesteuer zahlen, dann muss ich sie nicht zahlen.

Bei der Unsicherheit in der Investition kann sogar ich – da müssen Sie genau zuhören – die RWE verstehen, dass die verunsichert ist. Normalerweise hat ja die RWE vorgegeben, wie es geht. Das kann sie jetzt nicht mehr. Das ist natürlich begrüßenswert, aber man muss sehen, klare Vorgaben geben klare Investitionsentscheidungen bei RWE, aber auch – das war auch schon früher so – bei BASF und der Großindustrie vor.

Wir wollen zuverlässig sein, wir wollen für die Zukunft die richtigen Investitionen auslösen. Das geht nicht, wenn wir heute hü und morgen hott sagen und uns umdrehen und sagen: Interessiert mich jetzt nicht, was ich euch gestern versprochen habe. – Jeder Investor in diesem Land muss Sicherheit haben, egal ob er ein Windrad aufstellt, in Solarenergie investiert oder andere Industrien unterstützt. Jeder muss Sicherheit haben, und nicht einmal hin und einmal her, weil das jeden Standort niedermacht.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wir wissen ganz genau – ich werde mit Frau Lemke beim 100.000. Energiegipfel gemeinsam mit Ihnen ein Glas Sekt trinken, weil wir die 100.000 erreicht haben –, dass wir viele Gespräche brauchen und die Menschen in diesem Land mitnehmen müssen. Wir hatten aber noch nie so gute Ergebnisse bei den Umfragen: Würden Sie ein Windkraftwerk auch vor Ihrer Tür akzeptieren? – Woanders haben es immer schon alle akzeptiert, selbst die CDUler. So gute Ergebnisse hatten wir noch nie.

Da dürfen wir uns jetzt nicht streiten, ob die 380 zu viele oder zu wenige sind, sondern da müssen wir sagen, Stück für Stück – das war ja auch Ihre Forderung, die wir gerne aufgreifen – müssen wir berechenbar machen, wie der Ausbau der Windenergie, der Solarenergie und der Biomasse ist. Dafür werden wir einstehen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall der Abg. Dr. Mittrücker und Frau Klöckner, CDU – Frau Klöckner, CDU: So ist es! Er hat es verstanden!)

Es wurde ausgerechnet, dass wir 380 große Anlagen brauchen. Das ist eine wunderbare Rechnung, weil sie der Wahrheit sehr nahekommt.

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause)

Das ist aber keine Rechnung, die uns überrascht, weil wir die Rechnung auch gemacht haben. Wir brauchen, wenn wir nicht ganz so große Anlagen haben, sogar noch viel mehr. Aber wir haben schon über 1.000 Anlagen in Rheinland-Pfalz.

(Dr. Mittrücker, CDU: Zusätzlich!)

Nicht zusätzlich. Wenn wir Repowering machen, brauchen wir sie nicht alle zusätzlich.

Da ist genau der Mix gefragt. Ist es mit Repowering das Richtige, was wir auf den Weg bringen können? Wir sind der Auffassung ja, aber dann muss es natürlich auch den Bonus beim EEG beispielsweise geben.

Wir sagen auch, die 380 Anlagen in Rheinland-Pfalz sind zusätzlich verkraftbar. Wenn ich entscheiden müsste – ich glaube, das kann nach Fukushima inzwischen jeder relativ leicht entscheiden –, weiterhin ein Atomkraftwerk zu betreiben, in dem strahlender Müll produziert wird, von dem ich nicht weiß, wo ich ihn später hintun soll, und der vor Ort wahrscheinlich die nächsten 20 bis 30 Jahre weiterstrahlen wird und dann an einem anderen Ort für 1 Million Jahre weiterstrahlen wird, oder dann die Entscheidung habe, 380 Windkrafträder in Rheinland-Pfalz zu bauen und 800 Hektar Solaranlagen, die auf Dächern Platz haben, dann ist doch die Entscheidung vollkommen klar.

Dann kann doch kein vernünftiger Mensch mehr sagen: Ich will die Atomkraftwerke weiter betreiben. – Dann muss doch jeder sagen: Wir machen die Energiewende. Wir machen sie sicher. Wir machen sie zuverlässig, und wir machen sie so, dass wir die Leute mitnehmen, und ab heute gilt es, und ab heute machen wir das. –

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat die Kollegin Julia Klöckner das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Dr. Braun, ich freue mich sehr über Ihren Wortbeitrag, weil Sie sich die Mühe gemacht haben – so hatte ich den Eindruck –, auch bei der Opposition hinzuhören, was das Angebot war und was auch unsere Schritte anbelangt.

Sehr geehrte Frau Ministerin Lemke, mir geht es nicht darum, dass wir an jedem Abend überall irgendwo einen Energiegipfel der Landesregierung haben und wir als Oppositionspolitiker auch noch eine Einladung bekommen. Darum geht es nicht. Das hessische Modell geht anders vor. Ihr Kollege Al-Wazir unterstützt das hessische Modell. Ich habe nicht vernommen, dass er das schlecht findet, im Gegenteil. Er unterstützt es und ist auch dankbar, dass die Landesregierung in Hessen – auch speziell in Person des Ministerpräsidenten – diese Souveränität und auch Größe besitzt zu sagen, dieser Energiegipfel soll zusammen moderiert werden, zusammen getragen werden von einem Vertreter der Opposition und von einem Vertreter der Regierungsparteien.

Das ist ein großes und auch ein wichtiges Zeichen. Warum? Weil die CDU im Land sehr viele Verbandsbürgermeister stellt, von denen ich heute bei uns einen begrüße, weil die CDU auch viele Landräte stellt und viele Kommunalpolitiker stellt. Da müssen wir gemeinsam – ganz gleich, welche Parteifarbe – zusammenstehen. Wenn wir ganz offen und auch ehrlich sind – das kennen wir alle aus den Landkreisen, aus denen wir

kommen –, das hat vor Ort, wenn es darum geht, wo zum Beispiel ein Windrad steht, überhaupt nichts mehr damit zu tun, wer in welcher Partei ist, sondern wer wo wohnt und in welchem Gemeindeverband er zum Beispiel aktiv ist, wer die Einnahmen hat, aber wer auf der anderen Seite in seinem Sichtfeld die Windräder hat. Das bringt die Leute gegeneinander. Dabei verliert man die Einsicht in die Notwendigkeit, dass es natürlich Einschnitte geben wird; denn die schlechtere Alternative ist, dass wir mit dem Endlagerproblem noch länger nicht fertig werden und wir Risiken haben, die – wie ich sehr wohl nach Fukushima sage – mich sehr zum Nachdenken gebracht haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist der Punkt, wo wir eines schaffen müssen, was ich vorhin bei dem Thema „Regionale Planungsgemeinschaften“ versucht habe zu erläutern.

Lieber Herr Kollege Köbler, ich selbst bin da nicht drin, aber Sie kennen zum Beispiel den Landrat Diel, den Kollegen Nuphaus und viele andere auch. Mit denen habe ich am Wochenende – zum Beispiel auch mit Herrn Diel und noch mit anderen – gesprochen. Sie haben mir erläutert, wie wichtig dieser gemeinsame Kraftakt war, dass die Kommunen zusammengekommen sind und sie geschaut haben, dass sie die komplette Planungsfläche haben. Dann gibt es natürlich Kriterien, wonach Standorte wegfallen. Das wissen wir. Das hat etwas mit dem Siedlungsabstand und der Wohnbebauung zu tun. Das hat etwas mit Vogelschutzgebieten und vielen anderen einzelnen Bedingungen zu tun. Es gibt die geeigneten Plätze, es gibt die Ausnahmeplätze, diejenigen, bei denen es herausfällt. Dann bleibt etwas übrig.

Ich finde, das war auch ein richtiger Ansatz des Kollegen Mittrücker zu sagen, Ihr Ziel, das Sie gesetzt haben, setzt voraus, dass wir sagen müssen, wo wir heute sind, wie viel wir jährlich an Schritten brauchen – das gibt es bisher noch nicht –, weil sie überprüfbar sein müssen, ob man im Plan, also im Soll ist. Wenn wir wissen, dass Sie die Windenergie auf einer Fläche verfünffachen wollen, von der wir auch wissen, wie sie nach dem jetzigen Landesentwicklungsplan IV begrenzt ist, dann wird doch klar werden, dass wir in der Planung eingeschränkt sind.

Ich bin der Meinung, dass wir dezentralisieren müssen. Das wurde von verschiedenen Bereichen, auch von der SPD, heute gesagt. Wir müssen auch die mittelständischen Unternehmen fördern. Da sind wir bei Ihnen. Aber das heißt dennoch, dass wir auch eine gewisse Zentralisierung oder Konzentration in der Dezentralisierung brauchen, damit wir die Trassen auch kostengünstig bauen können. Je dezentraler und je „wildwuchsmäßiger“ das Ganze vonstattengeht, umso stärker brauchen wir auch andere und weitere Trassen.

(Vizepräsident Dr. Braun übernimmt den Vorsitz)

Das meine ich damit, dass wir dort auf die Planungsgemeinschaften Rücksicht nehmen müssen.

Liebe Frau Lemke, ich verstehe auch, wie ein solches Ministerium funktioniert. Ich mache Sie auch nicht direkt

dafür verantwortlich. Ich möchte Sie aber nur sensibilisieren, was meine Gespräche mit den Bürgermeistern und den Landräten ergeben haben. Diese sagen: Aus dem Ministerium bekommen wir das Zeichen, eure Planungen, die übrigens schon in die zweiten Anhörungsrunden gegangen sind, werden wir so nicht wahrnehmen, weil wir daran vorbeiwollen und noch direkt in die Dörfer wollen. –

Jetzt hat der Kollege Köbler das positiv formuliert.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wirklich großzügig!)

Ich glaube ihm das auch, dass er das so positiv sieht, dass der Kollege Köbler das so sieht, dass wir in die Kommunen gehen und sie selbst entscheiden sollen.

(Ministerpräsident Beck unterhält sich mit Staats- minister Lewentz)

Jetzt hat der Herr Ministerpräsident hier schon wieder von der Klippschule geredet.

(Ministerpräsident Beck: Aber nicht mit Ihnen!)

Ich finde, das ist hier in dieser Art und Weise nicht angebracht.

(Staatsminister Lewentz: Er hat mit mir gesprochen!)

Ich finde, Sie haben eine große Weisheit, aber nicht die übergroße Weisheit, so arrogant hier zu agieren.

(Beifall der CDU)

Herr Köbler, ich glaube, dass wir da Gefahr laufen, wenn wir sagen, wir wollen mehr zu den Kommunen direkt gehen. Dann passiert Folgendes – ich kann nur beschreiben, wie es in meiner Heimatverbandsgemeinde ist –, dass Unternehmen direkt auf die Gemeinden zugehen. Es wird auch ganz spannend mit den Kosten werden. Es hat mittlerweile ein solches Windhund- verfahren-System gegeben. Um es einmal im übertragenen Sinne zu sagen, die Kommunen sind sich nicht mehr grün, weil nicht die Gemeinschaft etwas davon hat, sondern Einzelne. Was ist unser Ziel? Dass wir entweder durch Umlagen, durch Mieten oder durch weitere Einnahmen alle partizipieren lassen. Ich finde es auch richtig, wenn ein Land der Trassen – – –

(Staatsminister Lewentz: Das gibt es doch schon alles!)

Das gibt es, aber nicht überall, Herr Minister Lewentz.

Der Punkt ist folgender: Mir müssen es schaffen, dass die Planungsgemeinschaften ihre Arbeit nicht als umsonst betrachten müssen. Frau Lemke, darum bitten wir Sie.

(Beifall der Abg. Frau Thelen, CDU)

Zweiter und letzter Punkt, was den Energiebericht anbelangt. Sehr geehrter Herr Hering, alles in Ehren, es ist klar, dass Sie verteidigen mussten, dass es bereits einen Bericht gibt. Der entscheidende Punkt ist aber ein

anderer, nicht der, dass wir jährlich oder alle zwei Jahre einen Bericht haben. Ich habe konkret etwas anderes gefordert, was übrigens die Opposition, Rot und Grün auch im Bund gefordert hat, dass wir jetzt mit Blick auf 2030 – 100 % erneuerbare Energien – jährlich erst einmal aufstellen, was Sie erreichen wollen, und dann aber als Regierung Bericht erstatten, ob Sie das erreicht haben und ob wir vielleicht nachsteuern müssen. So schwer kann es nicht sein, das zu kapieren.

(Beifall der CDU)

In diesem Sinne wünsche ich mir, dass diese Debatte vor Ort mit den Kommunen weitergeht. Wir als CDULandtagsfraktion haben die Verbandsbürgermeister und auch unsere Landräte eingeladen.