Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mir einen weitaus angenehmeren Anlass gewünscht, meine erste Rede hier in diesem Hohen Haus zu halten.
Die EHEC-Krise führt aber nun einmal dazu, dass wir uns heute hier im Landtag mit den dramatischen wirtschaftlichen Folgen für die Betriebe beschäftigen müssen.
Vorab möchte ich sagen, dass unsere Sorge den erkrankten Menschen gilt und wir mit den Angehörigen der Erkrankten und Verstorbenen mitfühlen. Wir alle hoffen, dass die erkrankten Patienten bald genesen und so wenig wie möglich dauerhafte Schäden davontragen.
Reden müssen wir aber heute über die Erzeugerbetriebe, die durch das Krankheitsgeschehen unverschuldet in eine wirtschaftliche Notlage geraten sind. Unser Land hat einen bedeutenden Gemüse- und Obstanbau. Diese Betriebe sind durch den EHEC-Ausbruch und die ausgesprochenen Verzehrwarnungen in große Bedrängnis geraten.
Der Absatz von Gemüse ist um ca. 35 bis 50 % zurückgegangen. Bei Salaten haben wir sogar einen Einbruch von 70 bis 90 % zu verzeichnen. Betroffen sind alle Betriebe, sowohl konventionell als auch ökologisch wirtschaftende Betriebe.
Ich als praktizierender Landwirt mit einem eigenen Betrieb kann die Gefühle der Betroffenen ganz gut nachvollziehen. Sie haben guten Glaubens und ausgerichtet an ihrem jeweiligen Qualitätsstandard sorgfältig produziert, und bei nicht wenigen ist die existenzielle Notlage infolge der Umsatzeinbrüche eingetreten.
Die Betroffenheit reicht über unser Bundesland Rheinland-Pfalz hinaus. Auch in anderen Bundesländern und in anderen europäischen Mitgliedstaaten sind viele Erzeugerbetriebe unverschuldet in eine Notlage geraten. Das gilt auch für den Sprossenbetrieb in Niedersachsen;
denn Anhaltspunkt für eine schuldhaft herbeigeführte Verunreinigung der Sprossen in diesem Betrieb haben sich bisher nicht ergeben.
Die anfänglich in der Öffentlichkeit aufgebrachten Vermutungen, die Krankheit sei durch die Verwendung von Rindergülle auf Gemüsekulturen verursacht worden, haben sich eindeutig nicht bestätigt. Sämtliche Proben, die dankenswerterweise die Landesregierung und die Privatwirtschaft frühzeitig veranlasst haben, waren im Ergebnis alle negativ.
Die weitreichenden und umfangreichen Untersuchungen haben dazu beigetragen, Klarheit zu gewinnen und das Vertrauen der Verbraucher und Verbraucherinnen in gesunde Obst- und Gemüseprodukte aus RheinlandPfalz wieder aufzubauen. Sie entlassen uns aber nicht aus der Notwendigkeit, den Erzeugerbetrieben bei der Bewältigung dieser wirtschaftlichen Krise zu helfen. Daher begrüße ich es außerordentlich, dass die Landesregierung frühzeitig Hilfen zugesagt hat und den Bund zu einem Tätigwerden aufgefordert hat.
Die Landesregierung hat sehr schnell reagiert. Schon am Freitag, den 3. Juni, sind drei wichtige Landesmaßnahmen öffentlich gemacht worden. Mit Unterstützung des Finanzministeriums wurde ein Paket der Maßnahmen geschnürt. Dazu zählen die Anpassungen der Steuervorauszahlungen auf die Einkommensteuer, die Stundung fälliger Steuern des Landes, der Verzicht auf Stundungszinsen, Vorauszahlungen und Vollstreckungsmaßnahmen.
Die Landesregierung hat aber auch ein Liquiditätshilfeprogramm mit der Rentenbank auf den Weg gebracht, um dieses Darlehen mit 1 % Zinssenkung mit Landesmitteln zu unterstützen.
Die meisten Bundesländer bieten ein solches Liquiditätshilfeprogramm gar nicht an. Das zeigt, wie effizient und frühzeitig die Landesregierung für die Erzeugerbetriebe gehandelt hat. Mit den Landeshilfen kann aber nur erreicht werden, dass die Betriebe nicht wegen Liquiditätsschwierigkeiten kurzfristig zahlungsunfähig werden.
Der eigentliche Schadenausgleich muss durch den Bund und die EU erfolgen; denn es handelt sich um ein grenzüberschreitendes Geschehen, von dem viele Länder in der EU betroffen sind. Daher ist die Bundesregierung gefordert, ein entsprechendes Hilfeprogramm zu organisieren und Verhandlungen mit der EU zu führen.
Anders als auf der Landesebene ist auf der Bundesebene zunächst keine Task-Force gebildet worden. Darunter hat ein koordiniertes Vorgehen der Bundesregierung gelitten. So wurde zwar seitens des Bundes zu Verbraucherschutz- und Gesundheitsministerkonferenzen eingeladen, aber nicht zu einer Agrarministerkonferenz, sodass die Entschädigungsfrage zunächst ein Schattendasein führte. Unsere Ministerin Ulrike Höfken hat daraufhin die Bundesministerin am 6. Juni per Fax aufgefordert, eine Sonderagrarministerkonferenz zur Entschädi
Es herrschte Einigkeit darüber, dass bei den ursprünglichen Plänen erhebliche Nachbesserungen erforderlich sind. So wurde der Bund aufgefordert, in den Verhandlungen mit der EU zu erreichen,
dass nicht nur Kopfsalat, sondern auch andere Salate aufgenommen werden. 50 % des Preisausgleichs sollen auf EU-Ebene kommen.
Ich komme jetzt zum Schluss. Es ist mir ganz wichtig, dass nicht auf dem Rücken der Erzeuger, der Gesundheit der Verbraucher populistisch und immer wieder in öffentlichen Mitteilungen in der Presse Botschaften versendet werden, dass diese Landesregierung nichts getan hat. Diese Landesregierung hat verdammt viel getan. Davon könnten sich andere Bundesländer und der Bund eine Scheibe abschneiden.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich beginnen mit einem „Gott sei Dank“, dass die EHEC-Epidemie abklingt und zumindest mit dem Auffinden der wahrscheinlichen Quelle in Deutschland sich die Lage in den nächsten Tagen wohl weiter entspannen wird.
Insofern ist die Aktuelle Stunde ein Teil Rückschau. Aber was bleibt, ist die traurige Zahl von bisher 36 Toten, Hunderten Patienten, die noch in den Krankenhäusern behandelt werden, und zahlreichen Menschen, die vermutlich ihr Leben lang mit den bösen Folgen der EHECInfektion leben müssen.
Das sind menschliche Schicksale, denen ich – ich denke, da spreche im Namen aller – von dieser Stelle aus mein Mitgefühl ausdrücken möchte.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu den Folgen gehören auch die wirtschaftlichen Schäden. Wir wären schlechte Landespolitiker, wenn wir dazu hier nicht Stellung nehmen würden. Die heimischen Gemüsebauern sind ohne eigenes Verschulden stark betroffen. Das wurde uns bei einem Besuch des Pfalzmarktes in Mutterstadt eindringlich vor Augen geführt. Bei manchen Produkten haben wir Umsatzeinbrüche von bis zu 70 %. Das geht bis an die Existenz manches Betriebes.
Obwohl die Landesregierung mit ihrer Informationspolitik sehr verantwortungsbewusst umgegangen ist und immer wieder auf die Beprobung der landwirtschaftlichen Pro
dukte mit negativem Ergebnis hingewiesen hat, war das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher zerstört. Medien, die ihre Rolle nicht immer ganz so verantwortungsbewusst wahrnehmen und es nicht immer ganz differenziert darstellen, haben ihr Übriges dazu beigetragen. Jedenfalls blieben die Erzeuger auf ihren Produkten sitzen, auch wenn Rheinland-Pfalz EHEC-frei geblieben ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat da, wo sie konnte, zügig gehandelt, und zwar mit dem zur Verfügung stehenden Instrumentarium, das sich bewährt hat. Das war auf der einen Seite die Beprobung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse, um deren EHEC-Freiheit zu dokumentieren, auf der anderen Seite waren das schon bewährte Programme zur Liquiditätssicherung und Stundung von Steuerschulden. Wir haben das eben schon gehört.
Die Zusammenarbeit der beteiligten Ministerien hat sich mir sehr gut dargestellt. Sie war reibungslos und hat mit dem Einsetzen der Task-Force Handlungsfähigkeit bewiesen. Ich gehe davon aus, dass Frau Ministerin Höfken das eine oder andere im Detail noch dazu sagen wird.
Ich denke, wir sind uns einig, dass die Dimension des Desasters nicht allein von Rheinland-Pfalz bewältigt werden kann. Das hatte europaweite und darüber hinausgehende Auswirkungen. Biohöfe waren genauso wie konventionelle Betriebe betroffen. Deshalb war und ist die EU der richtige Adressat, damit die Landwirtinnen und Landwirte einen finanziellen Ausgleich erhalten. Aber auch der Bund ist hier in der Pflicht.
Es ist aus meiner Sicht deshalb sehr zu begrüßen, dass die EU diesmal sehr schnell und zeitnah gehandelt hat. Ob die Summe von 210 Millionen Euro letztendlich auskömmlich ist, sei dahingestellt. Sehr gut ist aber, dass sie so schnell das Signal gesendet hat.
Wichtig ist jetzt, dass das Geld ohne Verzögerung und ohne bürokratischen Aufwand zu den Leuten kommt, die es benötigen. Seitens der SPD-Fraktion bitten wir die Landesregierung, sich bei jeder sich ihr bietenden Gelegenheit dafür einzusetzen. Im landwirtschaftlichen Sektor könnte es dann einigermaßen glimpflich ausgehen. Ich denke, wir als Abgeordnete sind dazu aufgerufen, für unsere Produkte im landwirtschaftlichen Bereich zu werben, damit das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbrauchern wiederhergestellt wird.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist sehr bedauerlich, dass mit der EHEC-Epidemie Ver
braucher zu Schaden gekommen sind. Das ist auch für die CDU sehr bedauerlich. Das haben wir in dem Antrag und in der Diskussion in der letzten Woche in den Ausschüssen zum Ausdruck gebracht.
Die Lobhudelei der SPD-Fraktion über die Landesregierung sind wir gewohnt. Wenn die GRÜNEN in diese Lobhudelei mit einstimmen, dann wird das dem Ernst der Lage nicht gerecht. So gut, wie die Landesregierung hier dargestellt wird, ist sie wirklich nicht.
Am 1. Juni hat Ministerin Höfken gesagt – sie wird im „Trierischen Volksfreund“ zitiert –, dass man hilflos dastehe. Die Task Force und die Hotline wurden eingerichtet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Task-Force war eine Sammlung der Informationen von den Bundesoberbehörden. Mit dem Begriff „Task-Force“ konnte die Bevölkerung wenig anfangen. Wenn man nachschaut, wird das mit „schnelle Eingreiftruppe“ übersetzt. Uns erschließt sich nicht, wer hier wo schnell eingegriffen hat.
(Beifall der CDU – Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Waren Sie im Tiefschlaf? – Weitere Zurufe von der SPD)
Letzte Woche hat Frau Ministerin Höfken im Ausschuss gesagt, dass die DLR die Schäden erfasse. Es hatte den Anschein, dass man an die Problematik des Ausgleiches der Landwirte noch gar nicht gedacht habe. Sie sagte, die DLR erfasse die Schäden. Mittlerweile wurde uns zugetragen, dass das jetzt drei Gutachter machen. Dabei ist völlig unklar, wer diese bezahlen soll. Frau Ministerin, ich hoffe, dass die betroffenen Bauern nicht auch noch die Gutachter bezahlen müssen.
Frau Ministerin und liebe Kollegen, es wird gesagt, die Landesregierung hätte so gut gehandelt. Das, was die Ministerin vorgestellt hat, war das Liquiditätsprogramm der Rentenbank. Lediglich 1 % Zinsverbilligung gibt es für unsere Bauern, die wirklich um ihre Existenz kämpfen. Die Zinsen werden von 4 % auf 3 % heruntergesetzt. Das soll dann die Hilfe für unsere Bauern sein, die um ihre Existenz kämpfen und nicht mehr wissen, wie es mit ihrem Betrieb weitergehen soll. Wenn das ein Soforthilfeprogramm sein soll, dann ist mir angst um unsere bäuerlichen Betriebe, liebe Kolleginnen und Kollegen.