Meine Damen und Herren, der Erziehermangel ist nicht von heute auf morgen über das Land gekommen, sondern die Landesregierung hat hier die Entwicklung über Jahre hinweg verschlafen.
In den vergangenen zehn Jahren, in Ihrer Verantwortungszeit, sind Fachschulen geschlossen und Ausbildungskapazitäten heruntergefahren worden. Wir hatten im Jahr 2009 eine Anfrage der CDU-Fraktion zur Situation der Kinderbetreuung. Ich kann nur sagen, Sie haben damals geschrieben, die Situation sei nicht so schwierig, weil es weniger Kinder gäbe und der Arbeitsmarkt genügend Fachkräfte hergeben würde.
Dabei war schon vor vier Jahren der Arbeitsmarkt leer. Die Situation des Fachkräftemangels war mit Händen zu greifen. Sie haben hier kläglich versagt.
Meine Damen und Herren, die Ausweitung und der Aufbau neuer Fachschulen ist sicherlich ein richtiger Schritt, den wir begrüßen und mittragen. Wir brauchen aber auch die Klärung von strukturellen Fragen: Wie können wir Kindertagesstätten spürbar für andere Professionen öffnen, beispielsweise für Lehrer, Psychologen und Sozialpädagogen? Wie können wir Erzieherinnen und Erzieher auch mit einer akademischen Ausbildung in den Kindertagesstätten halten? Das Problem ist, dass sie die Fortbildung machen, dann aber aus den Kindertagesstätten herausgehen. Wie kann die Erzieherausbildung strukturell so reformiert werden, dass die Attraktivität steigt und die Qualität erhalten bleibt? Hier müssen wir dringend Fortschritte erzielen; denn ohne qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher steht nicht nur die Frage des Rechtsanspruchs auf dem Spiel, sondern die Qualität der Kindertagesstätten steht zur Disposition.
Meine Damen und Herren, die Expertise von Professor Sell war ein erster Schritt. Aber auf viele Ergebnisse und Erkenntnisse, die Professor Sell gewonnen hat, ist die Landesregierung nicht oder nur unzureichend eingegangen.
Meine Damen und Herren, die Herausforderungen sind zu groß, als dass wir uns ein „Weiter so“ leisten können. Deshalb ist auch der Alternativantrag von Rot-Grün so enttäuschend. Sie beweihräuchern auf zwei Seiten den Status quo, von dem Sie wissen, dass er erst in diese Misere geführt hat.
In Ihrem Antrag loben Sie die gewachsenen Ausbildungskapazitäten und unterschlagen trotz besseren Wissens – denn Sie müssen es wissen –, dass in den Jahren zuvor eine massive Reduzierung der Kapazitäten stattgefunden hat.
Wir vermissen gänzlich die Ansätze, wie wir dem Erziehermangel begegnen können. Stattdessen formulieren Sie wiederum neue Ansprüche. Deswegen verweise ich noch einmal auf die INITIATIVE GUTE KITA aus der Pfalz. Was nach außen von der Politik gefordert wird, können wir innen gar nicht mehr leisten.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen bleiben unsere Forderungen auch bestehen. Sie sind richtig. Wir brauchen als Grundlage für ein koordiniertes Handeln eine regionalisierte Bedarfsanalyse, wie es das Bundesland Hessen vorgemacht hat.
Wir müssen den Beruf der Erzieherin bzw. des Erziehers attraktiver gestalten. Wir sind auch der Meinung, dass ein Übergang in eine duale Ausbildung Erfolg versprechend sein kann. Aber wir brauchen klare Konzepte auch dafür, wie wir es schaffen, dass die Fachkräfte in den Kitas bleiben.
Die Kindertagespflege muss gefördert werden. Sie ist ein wichtiger Baustein. Auch hier gilt es, strukturelle Nachteile zu beseitigen. In Ihrem Antrag ist dazu nichts zu lesen.
Das ist eine Botschaft, die Sie den Eltern mitgeben, die das in Anspruch nehmen, die Sie den Tagespflegepersonen geben, dass sie sich in keiner Weise wiederfinden.
Frau Ministerin, an Ihre Adresse sei die Frage erlaubt, wann wir endlich mit der angekündigten Gesetzesinitiative zur Festanstellung von Kindertagespflegerinnen rechnen können.
Wir brauchen kreative Ideen. Wir haben Vorschläge gemacht, beispielsweise wenn es darum geht, Erzieherinnen und Erzieher von bürokratischen Tätigkeiten zu entlasten, etwa durch die Einstellung von Verwaltungsfachkräften. Wir wissen, dass viele unserer Vorschläge und unserer Ideen in der Anhörung großen Rückhalt bei den Fachverbänden, aber auch bei dem Landeselternausschuss erhalten haben.
Ich habe leider nicht die Zeit, Zitate zu bringen, aber ein Zitat möchte ich Ihnen doch vorlesen. Der Vertreter der Liga gab zu bedenken: Vielleicht war die politische Entscheidung zur Abschaffung der Elternbeiträge in Rheinland-Pfalz nicht klug; denn dem Land wird eine Menge Geld fehlen, um möglicherweise Prozesse in der Kita noch einmal qualitativ umzusteuern. – Das sollten Sie bedenken, wenn Sie immer wieder neue Forderungen an die Erzieherinnen und Erzieher stellen, wie Sie es in Ihrem Antrag gemacht haben.
Ich glaube, wir waren mit unserem Antrag sehr innovativ und haben gute Vorarbeit geleistet. Das kann man von Ihrem Antrag leider nicht sagen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir wollen die Welt nicht in Schwarzmalerei darstellen. Wir sind an einer echten Weiterentwicklung unserer qualitativ guten Kindertagesstätten interessiert. Wir wissen, welchen anspruchsvollen und tollen Job unsere Erzieherinnen und Erzieher jeden Tag leisten. Wir wissen, wie anstrengend der Beruf ist und welch hohe Anforderungen gestellt werden. Deshalb haben wir großen Respekt und zollen der täglichen Leistung unserer Erzieherinnen und Erzieher große Anerkennung und Dank.
Gerade deshalb wollen wir die Rahmenbedingungen so gut wie möglich setzen. Das ist der Grund, warum wir heute den Alternativantrag zu Ihrem Antrag vorlegen, Frau Huth-Haage. Wir haben das bereits letztes Jahr angekündigt. Die Auswertung der Anhörung vom Dezember und viele Gespräche mit den Praktikerinnen und Praktikern vor Ort haben uns in unserer Auffassung bestärkt.
Der CDU-Antrag enthält eine Reihe von Forderungen, die teils schon lange erfüllt sind und bereits heute bei den Trägern oder Kommunen möglich sind oder die unserem Verständnis von Qualität und auch dem von den Kindertagesstätten widersprechen.
Wir müssen uns alle noch einmal vor Augen führen, dass wir hier bei der Frage von Bildung und Betreuung in der Kita von einer ureigensten Aufgabe der kommunalen Selbstverwaltung sprechen. Dabei kommen wir als Land unserer Verpflichtung auch aus der Konnexität voll nach. Wir haben den Ausbaugrad von 35 % für die unter Dreijährigen seit dem 1. Februar 2013 als erstes westdeutsches Flächenland erfüllt und arbeiten weiter an dem Ziel von 39 %.
Wir zahlen die Personalkosten der Träger für das zusätzliche U3-Personel. Es gibt eine Menge Möglichkeiten für Fort-, Aus- und Weiterbildung.
Selbstverständlich sind auch die Kommunen mit in der Pflicht und haben eine große Leistung und große Anstrengungen vollbracht. Die Frage nach ausreichend geeigneten Fachkräften wird mit einer Fülle von Maßnahmen, wie unter anderem die Ausweitung der Fachschulplätze in einer großen Anzahl, mit mehr Fachschulen, mit Teilzeitausbildung oder dem neuen Schulversuch für pädagogische Hilfskräfte beantwortet. Jeder in dem Prozess Beteiligte muss aber sein Scherflein dazu beitragen: Land, Kommunen und Träger.
Frau Huth-Haage, wenn Sie dann auch nur im Entferntesten an der Beitragsfreiheit kratzen, so sagen wir Ihnen, wir werden bei Beitragsfreiheit in der Bildung und auch bei der Beitragsfreiheit in den Kindertagesstätten bleiben.
Wenn Sie die INITIATIVE GUTE KITA ansprechen, so habe ich mich mit den betroffenen Kindergartenleiterinnen, zumindest mit einem Kreis der Sprecher, auf Initiative von Herrn Schwarz gemeinsam mit dem Kollegen Schwarz bereits mit den Damen und Herren unterhalten. Wir waren in einem sehr guten Dialogprozess.
Was wir im Gegensatz zur CDU als qualitative Maßnahme in der frühkindlichen Bildung nicht wollen, ist, die Kindertagespflege den Kitas gleichzusetzen. Das wäre aus unserer Sicht und aus Sicht der Erzieherinnen und Erzieher ein absoluter Affront gegen die besonderen
Leistungen der hervorragend ausgebildeten und gut weitergebildeten Erzieherinnen und Erzieher in unserem Land.
Tagespflege ist eine sehr gute Ergänzung, aber nicht identisch mit der Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kita.
Deshalb wollen wir an dieser hochwertigen dreijährigen Fachschulausbildung auch nicht rütteln. Wir werden in den nächsten Monaten die Änderung des Kita-Gesetzes mit der Möglichkeit der Festanstellung und der Ausübung der Tagespflege in anderen geeigneten Räumen diskutieren. Das werden wir dann tun.
Was wir nicht wollen, ist eine Kita „light“ nach den CDUVorstellungen, wie sie aus dem Antrag heraus kommen, in der sich mehrere Tagesmütter zusammenschließen und in angemieteten Räumen arbeiten. Hier muss es einen Unterschied zu Kindertagesstätten geben. Ich bin fest davon überzeugt – vor allem nach den jetzt gesammelten Erfahrungen –, dass sich die Eltern bei der Frage der Inanspruchnahme an den qualitätsvollen Angeboten der Kita orientieren und die Tagespflege als Ergänzung betrachten.
Wir dürfen bei der Weiterentwicklung der Qualität in unseren Kindertagesstätten nicht stehenbleiben. Wir konzentrieren uns in unserem Alternativantrag auch darauf, was wir als Land leisten können.
Ich habe das vorhin schon einmal gesagt, alle sind in diesem Prozess mit in einem Boot: das Land, die Kommunen, die Jugendhilfeträger und auch die Träger der Kindertagesstätten. Jeder muss hier in seinem Bereich sehen, was er leisten kann und wie er die Arbeitsbedingungen vor Ort verbessern kann.
Wir stehen auch dazu, die Angebotsformen in der Kindertagesstätte weiterzuentwickeln, um den Familien gerecht zu werden.
Dabei werden wir gemeinsam an weiteren Empfehlungen mit den Betroffenen vor Ort und kontinuierlich weiter daran arbeiten, dass sich die Qualität in den Kindertagesstätten weiterentwickelt, die Kinder sich wohlfühlen können und die Eltern ihre Kinder gut versorgt und geborgen wissen.