Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

AKTUELLEN STUNDE

„Steuerehrlichkeit und Steuergerechtigkeit“ auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 16/2264 –

Es spricht der Abgeordnete Hering.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Durch das besonnene, konsequente und mutige Vorgehen des Finanzministers von Rheinland-Pfalz, Carsten Kühl, und der Steuerfahndung in RheinlandPfalz dürfen der Bund, die Länder und Kommunen sich über Steuermehreinnahmen von über 500 Millionen Euro freuen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Datenqualität wurde genau geprüft. Man hat Vorkehrungen getroffen, dass Fahndungen nicht durch öffentliche Bekanntmachungen gefährdet werden. Das Parlament wurde durch die Fraktionsvorsitzenden eingebunden. Meine Damen und Herren, durch den Ankauf der Steuer-CD hat sich der Rechtsstaat behauptet. Straftaten werden verfolgt, und Straftäter werden durch den Ankauf der CD verurteilt werden, meine Damen und Herren.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Öffentliche Haushalte erleiden in Deutschland einen Schaden in Milliardenhöhe. Steuerhinterziehung in diesem höheren Maße ist unsolidarisch.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Steuerhinterzieher sind schuld daran, dass wir Kürzungen im Sozialbereich vornehmen dürfen und wir für Verkehrsinfrastruktur und andere Dinge nicht ausreichend Mittel zur Verfügung haben. Daran sind in ganz entscheidendem Maße auch Steuerhinterzieher schuld.

(Beifall der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die rheinland-pfälzische CDU hat auch hier im Parlament vehement den Ankauf der Steuer-CDs immer abgelehnt. Ihre Position ist heute nicht mehr haltbar. Herr Schreiner, Sie haben auch Ihre Position im Haushaltsausschuss beachtlicherweise revidiert und plötzlich den Ankauf der CD für vertretbar gehalten. Das sind andere Worte als noch vor wenigen Monaten hier im Parlament.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Pörksen, SPD: Sehr wahr!)

Das ist mit Sicherheit auch der Tatsache geschuldet, dass die Menschen in Deutschland immer mehr über das zunehmende Ausmaß von Steuerhinterziehung empört sind.

Meine Damen und Herren, es hat sich als richtig erwiesen, das ursprüngliche Steuerabkommen mit der Schweiz abzulehnen. Das Steuerabkommen von Merkel und Schäuble hätte bedeutet, dass die Strafverfolgung von Steuerhinterziehern vereitelt worden wäre.

Das Steuerabkommen in der Konzeption von Schäuble bedeutet auf den Punkt gebracht, der Rechtsstaat kapituliert vor Steuersündern.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Mit diesem Steuerabkommen sollte akzeptiert werden, dass gegen Geldzahlungen Straftaten unentdeckt bleiben und sich Steuerhinterzieher weiter als Saubermänner in der Öffentlichkeit gerieren können.

Hoeneß hat das auf den Punkt gebracht. Er hat auf das Steuerabkommen mit der Schweiz gehofft. Er hat sich

getäuscht. Der Bundesrat hat dies zu Recht abgelehnt. Nur deswegen sind die Dinge zutage getreten.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Steuergerechtigkeit und -ehrlichkeit ist mehr als nur seine Steuern auf Heller und Pfennig zu zahlen. Es geht auch darum, dass sich niemand ein Privileg erkaufen darf. Es geht um die Gleichbehandlung vor dem Gesetz. Es muss bereits der Anschein vermieden werden, dass bekannte Persönlichkeiten und Besserverdienende Privilegien in der Gesellschaft haben und andere brav und treu ihre Steuern zahlen müssen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, interessant ist die Aussage von Ministerpräsident Seehofer, ihm sei der Fall Hoeneß lange bekannt gewesen. Wird offensichtlich in der bayerischen Landesregierung über einzelne Steuerfälle gesprochen? Wie sieht dort das Steuergeheimnis aus? Werden dort Persönlichkeiten beraten?

Meine Damen und Herren, eines ist klar, nicht die Vorgehensweise der Bundesregierung hat dazu geführt, dass Länder wie Luxemburg, die Schweiz oder Österreich bereit sind, Transparenzabkommen mit anderen Ländern zu schließen, sondern es ist unter anderem die USA gewesen, die gesagt hat,

(Glocke des Präsidenten)

wir werden das Decken von Steuerhinterziehungen nicht weiter akzeptieren. Wenn diese Praxis weiter fortgeführt wird, wird Banken aus Luxemburg und der Schweiz untersagt, in den USA Geschäfte zu machen.

(Glocke des Präsidenten)

Das waren die Anstöße für mehr Transparenz und Steuerehrlichkeit in Europa.

Alles Weitere sage ich im zweiten Teil.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Kollegen Dr. Weiland das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich zunächst bei der sozialdemokratischen Fraktion in diesem Haus dafür bedanken, dass sie diese Aktuelle Stunde beantragt hat. Das gibt uns die Möglichkeit, uns gemeinsam mit einem grundsätzlichen und aktuellen Thema zu beschäftigen, das eng in den Legitimationszusammenhang des freiheitlichen und demokratischen Staates eingewoben ist. Die Stichworte

„Steuerehrlichkeit“ und „Steuergerechtigkeit“ gehören im Zentrum dazu.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Deswegen regt sich Herr Schreiner immer über die CDs auf!)

In einem Teil seiner Rede hat Herr Kollege Hering das angesprochen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, vielleicht sollten wir, bevor wir uns darauf verständigen, an welcher Stelle wir unterschiedlicher Meinung sind, uns vergewissern, was unsere Gemeinsamkeiten über alle Unterschiede zwischen den Fraktionen hinweg sind.

Ich meine, zu den Gemeinsamkeiten gehört die Einsicht, dass der freiheitliche demokratische Staat keine bzw. keine nennenswerten Einnahmen aus staatswirtschaftlicher Betätigung hat und haben soll und sich deshalb über das Steuereinkommen finanzieren soll und muss.

Grundlage für die Besteuerung ist der wirtschaftliche Erfolg der Bürgerinnen und Bürger und der Unternehmen. Die Begründung, dass die Besteuerung beim wirtschaftlichen Erfolg ansetzt, ist, dass wirtschaftlicher Erfolg nicht voraussetzungslos geschieht oder eintritt, sondern wirtschaftlicher Erfolg auch auf Voraussetzungen beruht, die der Staat gewährleistet, wie zum Beispiel eine funktionierende Verkehrsinfrastruktur, eine Bildungsinfrastruktur, Rechtssicherheit und die Ordnung des Marktes.

Die Steuerpflicht ergibt sich also einzig und allein aus dem wirtschaftlichen Erfolg, aus der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Das muss deutlich gesagt werden. Ich denke, da sind wir übereinstimmender Meinung. Steuerpflicht ist nicht das, was für die Ehrlichen übrigbleibt.

(Beifall der CDU)

Steuerpflicht ist auch nicht das, was für diejenigen übrigbleibt, denen es nicht gelingt, ihren wirtschaftlichen Erfolg und ihre finanzielle Leistungsfähigkeit zu verschleiern. Besteuerung nach der wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit, gleiches Recht für alle – ohne die Einhaltung dieser Prinzipien kann der freiheitliche demokratische Staat nicht funktionieren.

(Beifall der CDU)

Ohne diese Prinzipien lässt sich die Solidarität nicht verwirklichen und löst sich die für ein Gemeinwesen notwendige Solidarität schleichend auf.

Die Steuerfahndung leistet hierzu einen nicht unerheblichen Beitrag, indem sie dafür sorgt, dass diese Grundsätze befolgt werden. Aber, auch das gehört zur Wirklichkeit, noch so begrüßenswerte und spektakuläre Fahndungserfolge, noch so medienwirksame Ankäufe von CDs ersetzen nicht eine richtige Steuerpolitik.

(Beifall der CDU – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Die der Herr Schreiner ablehnt!)

Die Vorsitzende meiner Fraktion hat natürlich recht.

Sie hat immer recht, aber hier hat sie besonders recht,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

wenn sie sagt, unser Ziel muss es sein, – – –

(Pörksen, SPD:– – – hat die Partei immer recht!)