Protokoll der Sitzung vom 24.04.2013

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf, da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen.

(Zuruf von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Doch!)

Oh, Entschuldigung. Dann haben Sie das Wort, Frau Raue.

Auch wenn Sie es nicht so gerne hören, möchte ich das so nicht stehen lassen. Klare Ansage: Mitwirkungspflichten, Arbeitspflicht – das erleichtert sicherlich den Vollzug. Aber befähigt zu einem selbstbestimmten Leben ohne Straffälligkeit werden Menschen dadurch nicht. Die Ausschaltung jeder Mitbestimmung im Vollzugsverlauf, das mag gut und schön sein. Aber was passiert, wenn wir diese Menschen in die Freiheit entlassen? In der Freiheit gibt es keine klaren Ansagen, meine Damen und Herren, da braucht es die Fähigkeit zum selbstbestimmten Entscheiden.

Deshalb stehen Motivierung und Therapie im Vordergrund – beim Strafvollzug wie auch bei der Sicherungsverwahrung. Der Vollzug muss dem Ziel untergeordnet bleiben, die Gefährlichkeit der Menschen so zu verringern, dass sie keine weiteren Straftaten begehen werden und möglichst bald entlassen werden können.

Ich würde gern auf die Regelung zur Zwangsbehandlung eingehen, die wir vereinbart haben. Ich will mich dafür bedanken, dass wir diesen Weg gehen und eine solche Regelung tatsächlich noch in den Gesetzentwurf aufnehmen konnten, wissend um die Schwierigkeit der bislang bestehenden verfassungswidrigen Regelung. Mit der Neuregelung gehen wir ein Stück weit voran. Wir haben eine sehr gute Regelung gefunden, die sich auf ernsthafte Aufklärung stützt, die betroffenen Rechtsgüter sorgsam gegeneinander abwägt, den Betroffenen die Kontrolle durch einen unabhängigen Arzt ermöglicht und ausreichend Raum zur Verfügung stellt, um vorbeugenden Rechtsschutz zu erreichen. Wir begrüßen diese Regelungen deshalb ausdrücklich.

Weil das noch gar nicht Gegenstand der Debatte war, möchte ich auf die Änderungsvorschläge der CDUFraktion zum Sicherungsverwahrungsgesetz eingehen. Sie haben beantragt, meine Damen und Herren, Fristen

zu verlängern und zwingende Vorschriften zu relativieren, beispielsweise die ärztliche Untersuchung nach der Aufnahme. Unter dem Deckmantel der Flexibilisierung soll hier ein Schmalspurvollzug der Sicherungsverwahrung Gesetz werden. Aber, meine Damen und Herren, so erreichen wir keine Therapie der Unterbringung. So entsprechen wir den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht. Wir müssen diesen Änderungsantrag daher ablehnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ausdrücklich würdigen möchte ich das Gesetz über den Datenschutz im Justizvollzug. Das ist wegweisend, meine Damen und Herren. Es ist ein Novum in der Rechtslandschaft der Bundesrepublik; denn es wurde gemeinsam mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit entwickelt. Wir schlagen nur einige wenige Änderungen vor, um diesen Gesetzentwurf noch ein Stückchen weiter zu komplettieren.

Das Landesjustizvollzugsgesetz ist ein Gesetz, das alle Materien des Justizvollzugs regelt. Es ist ein Gesetz aus einem Guss. Wichtig ist, was darin steht, und es stehen gute Dinge darin. Es ist eine moderne, an Therapie und Resozialisierung ausgerichtete Regelung. Ich bitte Sie hierfür um Ihre Zustimmung.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun sehe ich wirklich keine Wortmeldungen mehr. Wir kommen zur Abstimmung.

Wir stimmen zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/2256 – ab. Wer diesem Antrag zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen?

(Abg. Frau Klöckner, CDU, stimmt mit SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen den Antrag. – Heiterkeit und Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Klöckner stimmt auch mit, sehr schön.

(Frau Klöckner, CDU: Ich widerrufe!)

Ob das nach der Geschäftsordnung möglich ist, weiß ich im Moment gar nicht.

(Heiterkeit im Hause)

Der Antrag ist mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU abgelehnt.

Wir stimmen nun über die Beschlussempfehlung – Drucksache 16/2243 – ab. Wer der Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Vielen Dank. Wer lehnt die Beschlussempfehlung ab? – Danke schön. Somit ist die Beschlussempfehlung mit den Stimmen von SPD und BÜND

NIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU angenommen.

Wir kommen in zweiter Beratung zur Abstimmung über den Gesetzentwurf – Drucksache 16/1910 – unter Berücksichtigung der Annahme der Beschlussempfehlung – Drucksache 16/2243 –. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer lehnt den Gesetzentwurf ab? – Somit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der CDU angenommen.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer dem Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung zustimmen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben! – Wer stimmt dagegen? – Vielen Dank. Somit ist der Gesetzentwurf in der Schlussabstimmung mit den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der der CDU angenommen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Somit kommen wir zu Punkt 4 der Tagesordnung:

Landesgesetz zur Änderung der Verfassung für Rheinland-Pfalz (Absenkung des Wahlalters für Kommunalwahlen auf 16 Jahre) Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 16/2076 – Zweite Beratung

dazu: Beschlussempfehlung des Innenausschusses – Drucksache 16/2244 –

Zuerst erhält der Berichterstatter das Wort. Ich weise darauf hin, dass eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart wurde. – Herr Kollege Schwarz, Sie haben als Berichterstatter das Wort.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns jetzt mit einem Landesgesetz zur Änderung der Verfassung von Rheinland-Pfalz. Konkret geht es dabei um die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Kommunalwahlen.

Mit Beschluss des Landtags vom 7. März 2013 ist der Gesetzentwurf an den Innenausschuss – federführend – und an den Rechtsausschuss – mitberatend – überwiesen worden. Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner 21. Sitzung am 14. März beraten, der Rechtsausschuss hat dies in seiner 22. Sitzung am 18. April 2013 getan. Werte Kolleginnen und Kollegen, die Ausschussempfehlung lautet, den vorliegenden Gesetzentwurf unverändert anzunehmen.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Hering hat für die SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mittlerweile hat die Mehrheit der Länder in Deutschland die Entscheidung getroffen, Jugendlichen das Wahlrecht bei Kommunalwahlen ab dem 16. Lebensjahr zu geben. Da auch die großen Flächenländer Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg diese Entscheidung getroffen haben, hat die Mehrheit der Jugendlichen in Deutschland die Möglichkeit, mit 16 Jahren das aktive Wahlrecht bei Kommunalwahlen auszuüben.

Die CDU in Rheinland-Pfalz verweigert Jugendlichen das, was für die Mehrheit der Jugendlichen in Deutschland erfreulicherweise mittlerweile Realität ist, nämlich mitgestalten und mitentscheiden zu können.

In Rheinland-Pfalz haben sich alle Jugendorganisationen, die im Landesjugendring organisiert sind – bis auf die Junge Union, muss man redlicherweise sagen –, für die Einführung des Wahlrechts ab 16 Jahren ausgesprochen.

Erfreulicherweise können wir auch zur Kenntnis nehmen, dass sich junge Menschen zunehmend für Politik interessieren und sich politisch bei verschiedenen Mitwirkungsmöglichkeiten engagieren, wie zum Beispiel bei Kundgebungen im Internet. Sie sind mittlerweile aber auch kritisch gegenüber formaler politischer Beteiligung in Parteien. Das gibt aber eher Anlass, uns anstatt Jugendliche infrage zu stellen und zu fragen, warum sie nicht die Angebote von Parteien annehmen.

Meine Damen und Herren, wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass das Durchschnittsalter in den Kommunalparlamenten ständig steigt. Aufgrund des demografischen Wandels und der kommunalen Verfassungsstruktur, die wir in Rheinland-Pfalz haben, werden wir in den nächsten Jahren Tausende von Bürgerinnen und Bürgern benötigen, die kommunalpolitische Mandate übernehmen.

Ich meine, gerade unter diesen Herausforderungen und Rahmenbedingungen, die ich genannt habe, sollten wir Jugendlichen ein klares Signal geben: Ihr Engagement, ihre Meinung, ihre Mitbestimmung sind uns etwas wert und wichtig. Wir wollen ein Signal geben, auf Jugendliche zuzugehen und sie zu motivieren, sich zu engagieren, und nicht genau das Gegenteil von dem zu machen, was Sie faktisch mit der Ablehnung tun.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Die Mehrheit der Parlamente in Deutschland hat die Entscheidung getroffen, dass gerade die Kommunalpolitik, in der Politik am unmittelbarsten erfahren wird, in der Lage ist, einen Einstieg zu ermöglichen, politisch mitzugestalten, weil dort die Entscheidungsprozesse über

schaubar sind und Entscheidungen unmittelbar die Lebenssituation junger Menschen prägen.

Ein Weiteres sollten wir beachten: Die Alterszusammensetzung der Wählerschaft ändert sich. Sie wird mit dem demografischen Wandel zunehmend älter. Da ist es auch ein Gebot der Fairness, durch einen höheren Anteil junger Menschen, die das Wahlrecht haben, für einen gewissen Ausgleich zu sorgen.

(Vizepräsident Dr. Braun übernimmt den Vorsitz)

Meine Damen und Herren, dort, wo Jugendliche das Wahlrecht bereits haben – in Niedersachsen seit dem Jahr 1996 –, üben sie das mit hohem Verantwortungsbewusstsein aus. Das ergeben alle Untersuchungen.

Junge Menschen haben ein gutes Gespür dafür, was ihre Belange und was wichtige Zukunftsentscheidungen sind. Sie nehmen zur Kenntnis, dass heute Entscheidungen mit langfristiger Wirkung getroffen werden, die ihre Lebenssituation prägen werden.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Deswegen sollten wir ein klares Signal für das Wahlrecht junger Menschen geben.

Sie argumentieren, auch das Wahlrecht bei Kommunalwahlen müsse zwingend mit der Volljährigkeit zusammenfallen. Das ist eine vollkommene Verkürzung der Diskussion und negiert eine ganz andere Entwicklung in Deutschland, die es seit Jahrzehnten und im Grunde genommen gibt, seit es demokratische Mitwirkungsrechte gibt.