Protokoll der Sitzung vom 03.07.2013

............................................................................................................................. 3266, 3270 Abg. Dr. Konrad, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................................................................................. 3274, 3277 Abg. Dr. Weiland, CDU:................................................................................................. 3284, 3285, 3289, 3290 Abg. Dr. Wilke, CDU:................................................................................................................................... 3299 Abg. Frau Klöckner, CDU:................................................................................................................. 3292, 3296 Abg. Frau Raue, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:........................................................................................... 3309 Abg. Frau Schellhammer, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:................................................................... 3280, 3284 Abg. Frau Thelen, CDU:.................................................................................................................... 3272, 3276 Abg. Geis, SPD:........................................................................................................................................... 3310 Abg. Guth, SPD:................................................................................................................................ 3267, 3271 Abg. Haller, SPD:......................................................................................................................................... 3282 Abg. Hartenfels, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.................................................................................. 3306, 3312 Abg. Heinisch, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.............................................................................................. 3265 Abg. Hering, SPD:................................................................................................................... 3273, 3277, 3294 Abg. Hüttner, SPD:............................................................................................................................ 3291, 3307 Abg. Klein, CDU:................................................................................................................................ 3279, 3283 Abg. Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.................................................................................................. 3295 Abg. Lammert, CDU:................................................................................................................................... 3308 Abg. Licht, CDU:.......................................................................................................................................... 3301 Abg. Pörksen, SPD:........................................................................................................................... 3278, 3291 Abg. Ramsauer, SPD:....................................................................................................................... 3290, 3304 Abg. Schreiner, CDU:........................................................................................................................ 3305, 3306 Abg. Steinbach, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:.............................................................. 3270, 3286, 3289, 3306 Abg. Wansch, SPD:................................................................................................................. 3284, 3285, 3290 Abg. Weiner, CDU:...................................................................................................................................... 3311 Abg. Wiechmann, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:..................................................................... 3297, 3298, 3299 Dr. Kühl, Minister der Finanzen:.............................................................................................. 3287, 3290, 3303 Frau Dreyer, Ministerpräsidentin:................................................................................................................ 3281 Frau Lemke, Ministerin für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung:.................................... 3268 Lewentz, Minister des Innern, für Sport und Infrastruktur:...................................................... 3300, 3302, 3310 Schweitzer, Minister für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie:..................................................... 3275 Dr. Griese, Staatssekretär:.......................................................................................................................... 3313 Präsident Mertes:................. 3265, 3266, 3267, 3268, 3269, 3270, 3271, 3273, 3274, 3275, 3276, 3277, 3278 Vizepräsident Dr. Braun:............... 3279, 3280, 3281, 3282, 3283, 3284, 3285, 3286, 3287, 3289, 3290, 3291 Vizepräsident Schnabel:.............................................. 3306, 3307, 3308, 3309, 3310, 3311, 3312, 3313, 3314 Vizepräsidentin Frau Klamm:........ 3292, 3294, 3295, 3296, 3297, 3298, 3299, 3300, 3301, 3302, 3304, 3305

52. Plenarsitzung des Landtags Rheinland-Pfalz am 3. Juli 2013

Die Sitzung wird um 14:00 Uhr vom Präsidenten des Landtags eröffnet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste! Seien Sie herzlich willkommen zur 52. Plenarsitzung des Landtages!

Schriftführende Abgeordnete sind die Kollegin Simon und der Kollege Kessel.

Wir haben durch die Parlamentarischen Geschäftsführer einige kleine Änderungen in der Tagesordnung mitgeteilt bekommen, und zwar wird Punkt 5 der Tagesordnung, das Landesgesetz zur Einrichtung einer Regulierungskammer Rheinland-Pfalz, ohne Aussprache behandelt werden. Nach den Gesetzen kommt zusätzlich die Aussprache zu Punkt 20 der Tagesordnung „Der Westwall – Friedensmahnmal, Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen und Kulturdenkmal“ hinzu. Dies ist mir für den heutigen Tag von den Parlamentarischen Geschäftsführern annonciert worden. Das scheint bei allen angekommen zu sein.

Frau Dickes, Herr Sippel und Frau Spiegel sind ebenso entschuldigt wie die Ministerinnen Doris Ahnen und Margit Conrad sowie Staatsminister Roger Lewentz und Staatssekretär Dr. Salvatore Barbaro. Sie sind jeweils wegen Verpflichtungen in Berlin und in Brüssel beim Ausschuss der Regionen entschuldigt.

Meine Damen und Herren, es hat Geburtstage gegeben. Frau Raue hat einen runden Geburtstag gehabt. Herzlichen Glückwunsch für die nächsten zehn Jahre des neuen Jahrzehnts!

(Beifall im Hause)

Herr Steinbach bleibt auch nicht immer jung. Er ist 45 Jahre alt geworden. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall im Hause)

Ebenso alt ist der Kollege Lammert, also 45 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch!

(Beifall im Hause)

Der Vizepräsident Dr. Bernhard Braun ist 55 Jahre alt geworden. Ihm gelten sowohl Glückwünsche als auch Wünsche zur Gesundheit, damit er mich immer zeitig ablösen kann!

(Beifall im Hause)

Diese Sitzung wird leider nicht übertragen werden können, weil unser Livestream aus technischen Gründen zurzeit nicht nutzbar ist.

Zur Tagesordnung gibt es zur Beschlussempfehlung zu Punkt 4 der Tagesordnung den Hinweis, dass die Be

schlussempfehlung verteilt worden ist. Zu Punkt 14 der Tagesordnung „Opfer besser schützen – Verschärfung des Stalking-Paragraphen“ ist die Vorlage nach der Sitzung des Rechtsausschusses ebenfalls verteilt worden. Änderungs- und Entschließungsanträge werden bei dem jeweiligen Tagesordnungspunkt aufgerufen. Haben Sie noch Punkte, die wir beachten sollten? – Das ist nicht der Fall.

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung mit dem ersten Thema auf:

AKTUELLE STUNDE

„Dem Fachkräftemangel durch die verbesserte Anerkennung ausländischer Berufsab- schlüsse begegnen“ auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Drucksache 16/2526 –

Die Regeln sind wie folgt: In der ersten Runde steht eine Redezeit von 5 Minuten zur Verfügung, in der zweiten Runde 2 Minuten je Fraktion.

Herr Kollege Heinisch, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste! Wenn wir in dieser Aktuellen Stunde über die Integration von Menschen sprechen, die mit beruflichen Qualifikationen aus unterschiedlichen Ländern ihren Weg nach Rheinland-Pfalz gefunden haben und hier leben, dann ist Anerkennung eine wichtige Aufgabe. Wir brauchen eine umfassende Anerkennung von Menschen unterschiedlicher Herkunft mit ihren vielfältigen Prägungen, ihren Bedürfnissen und nicht zuletzt auch mit ihren Möglichkeiten, zu einer Gesellschaft der Vielfalt ihren Beitrag zu leisten.

Daraus ergibt sich auch der Auftrag, dass wir Barrieren abbauen müssen, damit in anderen Ländern erworbene berufliche Qualifikationen nicht ungenutzt bleiben.

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Es ist zu unruhig!

Wir alle kennen die Beispiele hoch qualifizierter Fachkräfte, die weit unter ihren Qualifikationen beschäftigt sind: Menschen mit einer beruflichen oder akademischen Ausbildung, die Gebäude reinigen oder Taxi fahren. – Es ist aus gesellschaftlichen wie auch aus wirtschaftlichen Gründen komplett irrational, wenn diese Menschen wegen einer schlechten Anerkennungspraxis ihre Qualifikationen nicht einsetzen können. Nach einer Schätzung der Bundesregierung, die auf Zahlen aus

dem Jahr 2008 zurückgeht, waren zu diesem Zeitpunkt in Deutschland rund 300.000 Menschen mit beruflichen Abschlüssen, die in anderen Ländern erworben wurden, an einer Anerkennung interessiert. Durch ungleiche Zugangschancen zu Anerkennungsverfahren, unklare Zuständigkeiten und unterschiedliche Standards konnten diese Menschen jedoch häufig ihre bereits vorhandenen Qualifikationen nicht angemessen einbringen. Gerade in Zeiten des beschleunigten demografischen Wandels und mit Blick auf den Fachkräftemangel ist es nicht zu vertreten, diese Menschen mit ihren beruflichen Kompetenzen und Fähigkeiten vom deutschen Arbeitsmarkt auszuschließen.

Anfang April 2012 trat daher das Bundesgesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufsqualifikationen in Kraft. Die bereits bestehenden Regelungen der EU wurden dadurch auch auf Personen aus Drittstaaten ausgeweitet. Nun stehen wir vor der Aufgabe, entsprechende landesrechtliche Grundlagen zu schaffen, um auch hier die Anerkennung für Berufe zu ermöglichen, die landesrechtlich geregelt sind.

(Baldauf, CDU: Das hättet ihr schon vor einem Jahr machen können! – Pörksen, SPD: Das hättet ihr ja beantragen können!)

Rheinland-Pfalz macht sich mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung auf den Weg, die Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt gerechter zu gestalten und bisher ungenutztes berufliches Know-how zu aktivieren. Menschen mit Migrationshintergrund wird dadurch eine langfristige Perspektive in der Gesellschaft eröffnet. Der Gesetzentwurf der Landesregierung schafft die erforderliche Verbindlichkeit auch für die Berufsabschlüsse, die landesrechtlich geregelt sind. An dieser Stelle möchte ich einige Eckpunkte hervorheben:

1. Der Gesetzentwurf sieht einen allgemeinen Anspruch auf individuelle Prüfung der Gleichwertigkeit ausländischer Berufsabschlüsse vor. Es kommt nicht mehr auf die Staatsbürgerschaft an oder darauf, wo die Qualifikationen erworben wurden, sondern allein auf die Gleichwertigkeit mit den Qualifikationen, die hierzulande für die Berufsausübung gefordert sind.

(Frau Kohnle-Gros, CDU: Das ist eine Aktuelle Stunde!)

2. Das Prinzip der wesentlichen Unterschiede wird als Bewertungsmaßstab eingeführt. Bestehen wesentliche Unterschiede, dann wird auch die Möglichkeit eröffnet, durch Anpassungslehrgänge oder Eignungsprüfungen die entsprechenden Qualifikationen auszugleichen.

(Bracht, CDU: Machen wir jetzt eine Gesetzesbera- tung?)

Neben den formalen Qualifikationen können berufspraktische Erfahrungen bei der Gleichwertigkeitsfeststellung ergänzend berücksichtigt werden. Der Gesetzentwurf sieht klare und verlässliche Anerkennungsverfahren vor. Es ist an der Zeit, zusammenzubringen, was zusammengehört: hoch qualifizierte Fachkräfte, die ihr Können

und ihre Qualifikationen einbringen wollen, und Unternehmen, die auf diese Qualifikationen zunehmend angewiesen sein werden. –

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das neue Anerkennungsgesetz ist damit ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit beim Zugang zum Arbeitsmarkt, den wir nicht abschotten, sondern weiter öffnen wollen. Es ist ein bedeutender Schritt auf dem Weg zu mehr Integration und ein wichtiger Baustein zur Bewältigung des Fachkräftemangels.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat der Kollege Brandl das Wort.

Herr Präsident, vielen Dank! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, das Kernthema dieser Aktuellen Stunde, der Fachkräftemangel, ist schon lange vorhergesagt, aber er nimmt immer konkretere Formen an. Heute Morgen ist in der „RHEINPFALZ“ zu lesen, dass im Vergleich zum letzten Jahr 10 % weniger Ausbildungsverträge im Handwerk geschlossen wurden. Sieht man die Entwicklung der geschlossenen Ausbildungsverträge über die letzten fünf Jahre, so ist der Rückgang in einigen Branchen alarmierend. Der Nachfragemarkt für die Berufsausbildung hat sich zu einem Angebotsmarkt entwickelt. Wir haben mehr offene Lehrstellen als Bewerber. Perspektivisch ist dies auch eine massive Gefährdung unserer Wirtschaft. Gerade das Handwerk und auch der Mittelstand, aber auch die Gesundheitswirtschaft sind hier massiv betroffen.

(Beifall der CDU)

Was ist also zu tun? – Die Landesregierung bringt heute das Anerkennungsgesetz für Berufsabschlüsse in den Landtag ein, eine direkte Folge des entsprechenden Bundesgesetzes, federführend ausgearbeitet von Maria Böhmer und verabschiedet von der Berliner Koalition. Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Mittlerweile sind schon 30.000 Anträge gestellt worden, davon 20.000 in der Gesundheitswirtschaft. Über 60 % der bearbeiteten Anträge wurden positiv beschieden. Hier zeigt sich, dass Gesetze – das, was in Berlin beschlossen wird – positive Wirkungen haben.

(Beifall der CDU)

Aber was der Bund erfolgreich vormacht, wurde im Land offensichtlich verschlafen.

(Beifall der CDU)