Frau Kohnle-Gros, auch darin, was es heißt, individuell zu fördern, nämlich die Schere von sozialer Herkunft, die Schere, ob jemand aus einem Migrantenhaushalt oder einem anderen Haushalt kommt, ist in Rheinland-Pfalz deutlich enger geschlossen als in anderen Ländern. Deshalb gelingt es uns besser als anderswo. Dass es noch besser kommt, darum geht es in dieser Bundesratsinitiative.
Ich denke, wir müssen alle zusammenhalten, was das anbelangt, und der Bund darf sich seiner Verpflichtung nicht entziehen.
Bei Chancengleichheit muss man sehen, dass der Bund sich in der Mitfinanzierung mehr engagiert, auch was die verfassungsrechtlichen Kompetenzen anbelangt. Dabei sind uns vier Punkte besonders wichtig.
Das Kita-Ausbauprogramm. Schaffen Sie endlich das unsägliche Betreuungsgeld mit Ihrer Partei auf Bundesebene ab, und setzen Sie es für die sinnvolle Finanzie
Für mehr Kita-Plätze, für eine stetige Bundesbeteiligung an den Betriebskosten. Frühkindliche Bildung ist die Basis, auf der wir aufbauen, und es ist wissenschaftlich erwiesen, dass es positive Effekte dafür bringt, wie die weitere Bildungskarriere und der Bildungserfolg unserer Kinder sind. Da muss auch für den Bund Konnexität gelten. Wer ein Recht auf einen Kita-Platz ab dem 1. Lebensjahr in ein Gesetz schreibt, muss sich auch an den Finanzierungen beteiligen. So ist das.
Dieser positive pädagogische Nutzen ist heute unbestritten. Den wollen wir weiter ausbauen. Ganztagsschulen bieten den Raum für individuelle Förderung, für Möglichkeiten wie „Keiner ohne Abschluss“, zweite Chancen oder außerschulische Partner in die Schule zu bringen.
Diese stetige qualitativ hochwertige pädagogische Arbeit und Ausgestaltung muss Garant sein für noch mehr Chancengleichheit. Dies ist eine bildungspolitische Aufgabe in der gesamten Bundesrepublik. Kein Land hat hierbei mehr Nachholbedarf als Deutschland.
Ja, wir fordern die Entfristung dieser Bundesmittel aus dem Bildungs- und Teilhabepaket und eine dauerhafte Finanzierung über 2013 hinaus.
In Rheinland-Pfalz wurden 178 zusätzliche Stellen geschaffen. Diese Finanzierung können die Kommunen als Träger der Jugendhilfe nicht alleine schultern; denn in diesen Bereich gehört es hinein. Die Schulsozialarbeit ist eine Aufgabe der Jugendhilfe.
Bemerkenswert dazu ist die Antwort von Frau von der Leyen an den Landrat in Bad Kreuznach, in der sie die Weiterfinanzierung aus den Mitteln der Bundesbeteiligung aus der KdU anpreist.
Das ist vollkommen an der Realität vorbei; denn man kann einen Euro nicht zweimal ausgeben. Hier brauchen wir hilfreiche Lösungen und Bundesmittel vom Bund.
Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Länder haben in der Bildung neue Aufgaben bekommen. Dafür brauchen sie auch zusätzliches Geld. – Das sage nicht ich, sondern das sagt Jörg Dräger, Ihnen bekannt, weil er bei der Bertelsmann Stiftung ist und mehrere Jahre Bildungs- und Wissenschaftssenator unter CDU-Bürgermeister Ole von Beust in Hamburg war. Das hat er vor Kurzem gesagt.
Liebe Frau Kohnle-Gros, vor dem Hintergrund, dass es an dieser Stelle offensichtlich parteiübergreifend Konsens gibt, war das ein ziemlich müder Versuch vorhin, diese Notwendigkeit hier abzuweisen. Andere an anderen Orten sind da deutlich weiter als die CDU im rheinland-pfälzischen Landtag.
Andere begründen auch, warum das so ist. Das hat nichts damit zu tun, dass man den Föderalismus nicht wolle, wir unsere Verantwortung nicht übernehmen würden oder in Rheinland-Pfalz nicht erhebliche Fortschritte erzielt hätten, sondern damit, dass ich noch nie hier gestanden und gesagt habe, dass es im Bildungssystem keinen Handlungsbedarf mehr gebe, sondern immer gesagt habe, bei uns setzt Schritt auf Schritt auf, aber es gibt nach wie vor und immer wieder neue Herausforderungen. Dazu stehe ich ausdrücklich.
Herausforderungen bei den Kitas, in den Ganztagsschulen, bei der Lehrerbildung und jetzt insbesondere auch bei der Inklusion. Was sind die großen Herausforderungen? – Mehr Chancengleichheit im Bildungssystem: Da ist Rheinland-Pfalz besser als andere Länder, aber auch bei uns sind die Chancen immer noch ungleich verteilt. Wir wollen einen noch größeren Fortschritt erzielen, als wir ihn in den letzten Jahren erzielt haben, und wir wollen bundesweit bei diesem Thema an der Spitze bleiben.
Im Bereich der Inklusion und gleichen Teilhabe von Menschen wissen Sie genau, wie viel da noch zu machen ist und welches ehrgeizige Programm wir uns vorgenommen haben. Jetzt sage ich Ihnen auch eines: Die UN-Behindertenrechtskonvention ist zu Recht von der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert worden. Es ist aber zu Recht nicht nur ein bildungspolitisches Thema, sondern auch ein sozialpolitisches Thema. Ich finde es
falsch, wenn eine politische Ebene meint, sie kann sich ausnehmen. Auch der Bund ist an dieser Stelle gefordert. Das haben übrigens alle Länderministerinnen und Frau Ministerin Wanka bei der letzten KMK deutlich gemacht.
Es geht nicht, das Thema allein bei Ländern und Kommunen anzusiedeln. Wir brauchen bei diesem großen Thema Unterstützung.
Das gilt auch bei dem Thema „Integration durch Bildung“. Ja, das ist gerade wieder bescheinigt worden. Bei uns ist der Unterschied in Rheinland-Pfalz zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund im Bildungserfolg kleiner als in anderen Ländern, aber er ist auch in Rheinland-Pfalz nicht bei null. Unser Anspruch muss sein, dass wir ihn weiter reduzieren. Natürlich sind dazu Investitionen nötig.
Frau Kohnle-Gros, das Beispiel der Ganztagsschule war völlig missglückt. Bei der Ganztagsschule nimmt Rheinland-Pfalz jedes Jahr seit vielen Jahren nach wie vor Landesmittel in beträchtlichem Umfang in die Hand, um auch bauliche Investitionen zu tätigen. Die Kommunen im Land tun es auch. Aber dass wir noch mehr machen könnten, wenn wir ein zweites Ganztagsschulprogramm bekämen, das könnte auch niemand bestreiten.
Wir kämpfen darum, dass sich der Bund an diesen großen Herausforderungen auch finanziell und substanziell beteiligt, und nicht nur mit guten Ratschlägen über Interviews, und wir vor Ort schauen können, wie wir es am Ende umsetzen. Das ist die Forderung in diesem Antrag.
Wir bringen ihn auch deshalb noch einmal in den Bundesrat ein, weil wir den Eindruck haben, auch andernorts bewegt sich einiges und es ist kein parteipolitisches Thema, sondern ein Thema, bei dem die Länder ihre Interessen deutlich machen müssen, damit sie auch in Zeiten der Schuldenbremse an diesen Stellen die Ressourcen mobilisieren können, die wir brauchen, um diese großen Herausforderungen anzugehen.
Hinzu kommt der Wissenschaftsbereich. Im Wissenschaftsbereich arbeiten Bund und Länder zusammen. Wir sind froh, dass wir uns gerade über den Hochschulpakt verständigt haben. Aber Sie wissen auch, mit dieser Verfassungslage geht das immer nur projektförmig und immer nur zeitlich befristet. Vieles, was wir gemeinsam angehen, ist keine zeitlich befristete Aufgabe. Deshalb brauchen wir ein Zusammenarbeiten von Bund und Ländern, dass wir den Hochschulen auch sagen können, wie wir sie auf längere Sicht unterstützen und dass wir sie gemeinsam substanziell unterstützen wollen. Deshalb brauchen wir an dieser Stelle eine Grundgesetzänderung. Das ist meine feste Überzeugung.
In diesem Antrag wird deutlich, wir brauchen eine Grundgesetzänderung, um den Geldtransfer und wichtige Ziele miteinander vereinbaren zu können. Es wird
aber auch deutlich, eine Grundgesetzänderung alleine reicht nicht, sondern es muss auch die Bereitschaft geben, sich materiell zu beteiligen. Ja, auch dazu wollen wir die Bundesregierung in diesem Entschließungsantrag noch einmal auffordern.
Ich sage zur Ehrlichkeit dazu – das ist ein Thema, bei dem die Bundesregierung im Moment völlig wegtaucht –, wenn wir einen Weg haben, wie wir substanziell zusammenarbeiten können, und dann darüber reden, mit wie viel Geld dieser Weg unterlegt ist, dann sagt der Bund in Richtung der Länder – das wird man immer wohlfeil sagen können –, das sei eine Frage der Prioritätensetzung.
Ich sage Ihnen, das, was für Bildung und Wissenschaft notwendig ist, werden wir nur dann in einem wirklich zufriedenstellenden Maße mobilisieren können, wenn wir über die Einnahmesituation des Staates und darüber reden, dass der Staat gerade im Bildungs- und Wissenschaftsbereich seine Aufgaben erfüllt. An der Stelle kann man nicht wegtauchen. Auch das wird noch einmal in diesem Antrag deutlich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Frau Kohnle-Gros, ich glaube, dass man uns gerne bittet, mit anderen zusammen einen solchen Antrag zu entwickeln und in den Bundesrat einzubringen, geschieht nicht aus dem Grund, weil man meint, in Rheinland-Pfalz könne man besondere Defizite ausmachen, sondern das ist sicherlich dem Umstand geschuldet, dass man weiß, dass wir hier an vielen Stellen weiter sind, als es vielleicht insgesamt in der Republik der Fall ist, wir aber auch immer ehrlich sagen, wir haben noch große Herausforderungen vor uns. Mit diesem Bundesratsantrag wollen wir uns ein Stück weit Unterstützung holen.
Frau Kollegin Ratter hat das Wort. Aufgrund einer leichten Überziehung der Redezeit werde ich großzügig mit den 2 Minuten umgehen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Ja, auch Gutes kann man noch besser machen. Das ist richtig, aber es ist auch richtig, dass der Bund sehr wohl in der Pflicht steht.