Protokoll der Sitzung vom 19.09.2013

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Lüge Nummer 3: Der Flughafenausbau ist ein Jobwunder für die Region. – Die Fraport AG hat den Ausbau mit der gigantischen Zahl von 100.000 neuen Jobs begründet. Ich möchte Ihnen nur vortragen, wie viele neue Jobs im Jahr 2012 von der Fraport AG geschaffen worden sind. Es waren nicht 100.000. Es waren noch nicht einmal 100. Es waren 76. Das bedeutet, dieser ganze Ausbau ist auf Argumenten aufgebaut, die sich alle in Luft aufgelöst haben.

Meine Damen und Herren, der Ausbau ist auf Sand gebaut, und es wird Zeit, dass nach zwei Niederlagen vor Gericht, nach zwei Klatschen und nach dem Protest über alle Parteigrenzen hinweg, auf der rheinlandpfälzischen wie auf der hessischen Seite, nun endlich Vernunft auf der anderen Rheinseite einkehrt und sich auch Hessen den Bemühungen der Landesregierung in

Rheinland-Pfalz anschließt, durch bundesrechtliche Grundlagen hier endlich für mehr Ruhe zu sorgen; denn dort liegen die Entscheidungshoheiten.

Ich bin sehr dankbar – insbesondere den Akteuren aus der Stadt Mainz, lieber Herr Reichel –, dass das hier auf dieser Rheinseite weitgehend Konsens ist. Ich weiß, dass Sie sich dafür immer sehr engagiert haben, und möchte Sie auch bestärken, das weiterhin zu tun. Ich glaube, es wäre gut, wenn auch heute aus der Debatte das Signal ausgeht, in Rheinland-Pfalz ziehen alle an einem Strang für mehr Lärmschutz, für mehr Rechtssicherheit und auch dafür, dass die Bürgerinnen und Bürger hier auf offene Ohren stoßen und ihre Ohren insbesondere in der Nacht nicht weiter von unerträglichem Fluglärm zugedröhnt werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Reichel für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Urteil zur Südumfliegung ist wie das Urteil über den Nachtflug ein Urteil, das bestätigt, dass Klagen gegen die Fluglärmbelastung oder Klagen gegen die Festlegung von Flugrouten sinnvoll sind, weil sie das öffentliche Bewusstsein für die lärmgeplagte Bevölkerung im gesamten Rhein-Main-Gebiet nachhaltig verändern. Schließlich haben alle Medien den jeweiligen Urteilen eine hohe Aufmerksamkeit geschenkt, und dies nicht nur, weil wir uns aktuell mitten im Bundestagswahlkampf befinden.

Im aktuellen Urteil zur Südumfliegung, bei dem sowohl betroffene Kommunen als auch Privatpersonen geklagt hatten, ist eine genaue Folgenabschätzung zum heutigen Zeitpunkt schwierig; denn bisher fehlt die genaue Urteilsbegründung, und es steht nicht fest, wie das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung gemeinsam mit der DFS dieses Urteil umsetzen wird. Das ist aber erforderlich, wenn man das Urteil und seine Auswirkungen auf Rheinland-Pfalz seriös bewerten will. Insofern ist die heutige Diskussion darüber eigentlich zu früh. Der Fraktionsvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat es auch deutlich gemacht, diese Debatte heute soll nur dazu dienen, bei sinkender eigener Zustimmung beim Wähler vor den Wahlen Stimmung gegen die Hessische Landesregierung zu machen.

(Pörksen, SPD: Was nicht verkehrt ist!)

Meine Damen und Herren, dieses Ansinnen läuft aber ins Leere.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Frau Brede-Hoffmann, ich habe mich schon gefreut, dass Sie da hinten gestanden haben.

(Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)

Die Freude wollten Sie mir nicht machen, aber Sie tun hier keinem einen Gefallen mit Ihren Zwischenrufen.

Klar ist, die rheinland-pfälzische SPD-Regierung hat in den letzten Jahren, und zwar genau bis zur Landtagswahl 2011,

(Pörksen, SPD: Leier, Leier, Leier!)

an keiner einzigen Stelle gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens Stellung genommen. Vielmehr blieben alle Einspruchsmöglichkeiten ungenutzt, und nichts wurde unternommen. Am Rande sei nur erwähnt, dass die größte Kapazitätserweiterung am Frankfurter Flughafen in den Zäunen des Frankfurter Flughafens unter RotGrün stattgefunden hat. Ich belege dies gern mit einer Äußerung des damaligen rheinland-pfälzischen Verkehrsminister Hendrik Hering aus dem Jahr 2010.

Herr Hering, dort haben Sie im Rahmen der Landtagsdiskussion gesagt, die rheinland-pfälzische Landesregierung steht aufgrund der Struktur und Beschäftigungswirkungen des Ausbaus des Flughafens Frankfurt/Main zu diesem Vorhaben.

Im Jahr 2007 hat die damalige Umweltministerin Conrad im Rahmen der Diskussion um ein neues Fluglärmgesetz im Bundesrat gesagt, Rheinland-Pfalz stimmt dem Gesetz zu; denn das Gesetz ist ein Interessenausgleich zwischen den Schutzbedürfnissen der Allgemeinheit und wirtschaftlicher Notwendigkeit.

Leistungsfähige Flughäfen sind im Hinblick auf die Wirtschaft und den Erhalt und Ausbau der Arbeitsplätze wichtig, und alle wissen, dass dieses neue Fluglärmgesetz den Ausbau des Frankfurter Flughafens erst ermöglicht hat.

Klar ist schließlich auch, dass eine SPD-geführte Landesregierung in Hessen die Kapazitätserweiterung in Frankfurt überhaupt erst umgesetzt hat.

Ministerpräsident Eichel hat das Mediationsverfahren mit dem klaren Ziel des Baus einer neuen Bahn eingesetzt.

(Hering, SPD: Aber unter welchen Voraussetzungen?)

Das alles sind die Fakten.

(Pörksen, SPD: Eine Frechheit, was Sie da machen!)

Fakt ist auch, dass die Landesregierung mit ihrer jetzigen Initiative auch bei anderen rot-grünen Regierungen keine Unterstützung fand.

(Pörksen, SPD: Wie haben Sie eigentlich abgestimmt bei der Südumfliegung?)

Wenn wir also heute über das Kasseler Urteil sprechen, bedarf es einer ganzheitlichen Betrachtung; denn ich bin zutiefst davon überzeugt, ohne die Zustimmung der SPD-Regierung in Rheinland-Pfalz wäre der Ausbau des Frankfurter Flughafens so nicht erfolgt.

(Beifall der CDU – Zurufe von der SPD)

Wir wissen aus unendlich vielen Fluglärmdiskussionen in Mainz, dass Sie das alles nur ungern hören, aber das gehört bei einer ehrlichen Bewertung einfach dazu.

(Frau Schmitt, SPD. Ehrlich aber falsch! – Frau Brede-Hoffman, SPD: Ohne die Zustimmung von Herrn Reichel wäre vielleicht die Süd- umfliegung nicht entschieden worden!)

Melden Sie sich doch zu Wort!

Hier kann heute nur anhand einiger Eckpunkte eine vorsichtige Bilanz gezogen werden.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Der unabhängige Parallelbetrieb von zwei Start- und Landebahnen mithilfe von Funknavigation hat sich demnach als nicht realisierbar erwiesen. Damit fehlt laut Gericht die Begründung für die Südumfliegung. Die Entscheidung sei damit fehlerhaft und willkürlich.

Was folgt daraus? – Das heißt, ein Teil der Bevölkerung, der derzeit stark belastet ist, wird künftig entlastet, während ein anderer Teil stärker belastet wird. Für Mainz bedeutet das, Laubenheim und Weisenau werden entlastet, während vielleicht die Mainzer Neustadt zusätzlich zum Bahnlärm künftig durch Fluglärm stärker belastet wird.

(Glocke des Präsidenten)

Ich werde nachher noch ein paar Worte sagen.

(Beifall der CDU)

Bevor ich das Wort weitergebe, begrüße ich Gäste, und zwar Seniorinnen und Senioren aus Mölschbach. Herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Jetzt hat Herr Kollege Hüttner für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 3. September hat der Verwaltungsgerichtshof in Kassel die aktuelle Südumfliegung gekippt. Das war ein großer Freudentag für die klagenden Gemeinden und für die Bürger sowie ein wegwei

sendes Urteil für die Menschen. So kann man Landrat Claus Schick zitieren. Das ist der entscheidende Punkt.

Lieber Herr Reichel, Sie würden besser auch einmal den Umstand negativ betrachten, dass die DFS mit den Menschen so umgeht, wie sie umgeht, nämlich sie einfach nicht beachtet, anstatt alte Kamellen auszupacken.

Das Gericht hat klar gesagt, dass ein Ermittlungsdefizit vorliegt und die Flugrouten ohne alternative Prüfung festgelegt wurden. Wenn man sich betrachtet, dass das Land Rheinland-Pfalz ein Gutachten in Auftrag gegeben hat, in dem Alternativrouten aufgezeigt wurden, die aber überhaupt nicht bedacht wurden, muss man die Frage stellen, wie die DFS tickt. Ich habe mir sagen lassen, dass es schwieriger war, einen Gutachter zu finden, der der DFS einmal die Stirn bietet, als tatsächlich die Alternativen festzustellen. Das ist das Erschreckende an der ganzen Sache und stellt die Macht der DFS dar.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Man könnte den Eindruck gewinnen, es war überhaupt nicht gewollt, dass eine Alternative gefunden wird. Schließlich ist der Bereich entlastet worden, in dem der frühere Ministerpräsident Koch wohnt.

(Pörksen, SPD: Wie kommt denn das?)