Protokoll der Sitzung vom 11.12.2013

(Zuruf der Abg. Frau Kohnle-Gros, CDU)

Sie haben Millionen Euro für eine Briefkastenfirma übrig, aber nicht 550.000 Euro für eine Schwangerenkonfliktberatung.

(Beifall der CDU)

Das ist nicht sozial ausgewogen. Wenn das Ihre Interpretation von sozialer Gerechtigkeit ist, dann ist es höchst ungewöhnlich und auch bedenklich.

Frau Ministerpräsidentin, meine Damen und Herren Minister! Machen Sie Schluss mit dieser trickreichen Haushaltspolitik. Der Rechnungshof Rheinland-Pfalz hat diese Praxis in seinem Jahresbericht 2011 schon eindeutig verurteilt. Wenigstens von den GRÜNEN hätten wir erwartet, dass sie das Ruder herumreißen.

Dieser Haushalt ist ungeheuer wichtig, um den nächsten Schritt hin zur Schuldenbremse und nicht weg von ihr zu gehen. Für uns ist klar, ohne Tricks, ohne Verschleie

rung, für jeden einsehbar muss die Schuldenbremse erreicht werden. Dies darf nicht aus einem Selbstzweck heraus geschehen, sondern weil wir unser Land handlungsfähig erhalten möchten, weil die kommende Generation Chancen der Gestaltung haben muss, weil man auch in Zeiten knapper Kassen nicht überall kürzen muss, sondern gute Schwerpunkte setzen kann, weil wir eine Kultur des Sparens wollen und nach Verrechnung neuer Ausgaben und Einsparungen klar sein muss, dass die Einsparungen weitaus größer sind als die Mehrausgaben.

Es darf keine Rasenmäheraktionen geben. Wir brauchen Geld für Menschen in Grenzsituationen, und zwar – um sie noch einmal zu nennen – nicht nur für die Schwangerenkonfliktberatung, sondern auch zur Vorbeugung von Gewalt gegen Frauen und Mädchen wie auch für Hilfen für die Resozialisierung ehemaliger Strafgefangener. Dafür brauchen wir Geld, und jeder Cent, der darin investiert worden ist, ist ein Cent und ein Euro, der sich rechnet. Nur der Regierungsentwurf zeigt dort nicht soziale Gerechtigkeit, sondern Unvernünftigkeit, und deshalb hat es dieser Opposition bedurft, um diesen Antrag einzubringen.

(Beifall der CDU)

Es gibt deshalb soziale Unwuchtungen in Ihrem Haushalt, und es gibt auch permanent eine neue Verschuldung. Vor diesem Hintergrund fragen wir uns schon, wohin das noch führen soll. Dieses Eiltempo, das für so wichtige Entscheidungen an den Tag gelegt wurde, zeigt sich wiederum an dem Paket, das Sie uns zur Finanzierung des Flughafens Hahn vorgelegt haben. Man braucht nicht viel Phantasie, um herausfinden zu können, wer der Autor dieser Anträge ist. – Die Autoren sitzen in der Regierung, und quasi über Nacht sollen die Ausgabeermächtigungen der Landesregierung für den Flughafen grundlegend verändert werden.

Ich möchte nur an eines erinnern. Wir saßen zusammen über mehrere Stunden und haben über den Nachtragshaushalt intensiv debattiert. Wer die Protokolle durchliest – im Übrigen auch Ihre Aussagen und Zusagen, Frau Ministerpräsidentin; das ist noch nicht lange her, das war in diesem Frühjahr –, der hat sich auf etwas verlassen, von dem wir schon vermutet haben, dass wir nicht glaubten, dass Sie es einhalten würden, und Sie halten es nicht ein; denn Sie nehmen mit einem Schlag plötzlich eine Umschichtung vor. Es war etwas anderes geplant, es war eine schrittweise Ablösung geplant. Wir haben den Eindruck, dass beim Flughafen Hahn genau das Gleiche geschieht, wie Sie es damals auch am Nürburgring getan haben.

Frau Ministerpräsidentin, Sie kennen diese Entwicklung durch Ihre Mitgliedschaft im Kabinett, und bei Ihnen sollten heute die Alarmglocken klingeln.

Sie dürfen die Dinge nicht so treiben lassen, wie Sie das bisher getan haben. Eine Zukunft des Hahn wird es nur mit dem Land Hessen und nur mit der Fraport geben. Ich fordere Sie daher auf: Machen Sie sich jetzt schon einen Termin, um mit der neuen Regierung ein Gespräch zu führen. Es wäre gut gewesen, Sie hätten schon vorher mit ihr in Hessen gesprochen. Nur so werden wir es

gemeinsam am Hahn mit einem klaren Zukunftskonzept schaffen können.

Ich frage mich natürlich auch ab und an, Herr Lewentz, wie lange denn Herr Rethage noch bleiben wird. Es gibt ein sogenanntes „Rethage-Konzept“ zur Konsolidierung dieses Flughafens. Öffentlich zu sehen bekommen haben wir dies noch nicht, auch noch nicht im Landtag besprochen. Wir hören, dass es teilweise zerfleddert worden ist. Die Flughafenleitlinien liegen noch nicht vor. Wir wissen nicht genau, was überhaupt europarechtskonform ist.

Was machen Sie? Sie legen bei diesem Haushalt überfallartig neue Anträge vor, wollen, dass wir mitstimmen, bevor es überhaupt ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept gibt. Dazu bekommen Sie von uns heute und morgen und die nächsten Jahre nie ein Ja.

Gehen wir an eine andere Stelle. Wir haben uns die Haushaltsposten angeschaut. An anderer Stelle dagegen wollen Sie symbolische Beträge einstreichen. Ich sage „symbolische Beträge“. Ihre Entscheidung, sich aus der Finanzierung des Polen-Instituts zu verabschieden, war und ist ein grober Fehler. Man kann den Fehler noch nicht einmal nachvollziehen. Helmut Schmidt, der sich an Sie gewandt hat,

(Ministerpräsidentin Frau Dreyer: Hat mich verstanden!)

geht es nicht anders.

Er hat Sie verstanden? – Komisch, mir hat er einen anderen Brief geschrieben.

(Ministerpräsidentin Frau Dreyer: Klar!)

Ich weiß nicht, ob das klar ist. Sie, Frau Ministerpräsidentin, empfangen doch gerne Botschafter in der Staatskanzlei. Aber wie Sie hier verfahren sind, ist gänzlich undiplomatisch. Wahre Völkerverständigung sieht wirklich anders aus.

Für einen minimalen Ertrag richten Sie, Frau Ministerpräsidentin, einen maximalen Flurschaden an! Das hat unser Land nicht verdient.

(Beifall der CDU)

Unser Land ist Mitbegründer dieses Instituts. Es profitiert davon. Die abrupte Kündigung passt aber in ein Muster, ich finde in ein stilloses Muster im Umgang auch mit befreundeten und benachbarten Bundesländern, die übrigens Geberland sind.

Als es damals um die Fachhochschule in Geisenheim ging, wurde in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die Kündigung in den Briefkasten geworfen.

(Frau Schneider, CDU: So ist es!)

Bei diesem Polen-Institut hat man die Betroffenen kurz vorher informiert. Es bringt nichts, nach außen hin guten

Stil zeigen zu wollen und dann, wenn es wirklich darauf ankommt, schlechten Stil durchzuziehen.

(Beifall der CDU)

Das Gleiche gilt für die Kürzungen bei der Atlantischen Akademie. Beim Polen-Institut geht es gerade einmal um 200.000 Euro. Ich erinnere daran, dass Sie für die umstrittene neue Energieagentur gleich über 7 Millionen Euro in die Hand nehmen. Uns stört diese undurchdachte Vorgehensweise.

Sie wissen es selbst. Aber es wäre schön, wenn Sie auch einmal die Größe finden würden, zu sagen – das können wir Politiker doch machen –, dass Sie sich geirrt haben. Sie könnten sagen, es gibt neue Argumente, ich hätte mit der Wucht überhaupt nicht gerechnet. Ich hätte gedacht, streichen wir etwas in Hessen, da stört es keinen. Streichen wir etwas in Münster, das sind auch nicht meine Wähler. –

Wenn man aber erkennt, dass die Wucht so heftig ist, dann kann man auch einmal als Regierungschefin sagen: Ich habe einen Fehler gemacht. – Das würde Sie doch herausstellen, Frau Ministerpräsidentin.

Sie haben heute die Chance, diese symbolische Streichung zu überdenken. Ich stelle das in einen Gesamtzusammenhang.

Auch bei der Polizeiakademie in Münster wollen Sie die Zuschüsse herunterfahren.

(Staatsminister Lewentz: Wir verhandeln die Steigerung!)

Wir profitieren davon. Ich schaue Ihren Haushalt an, Herr Minister.

(Staatsminister Lewentz: Sie haben keine Ahnung!)

Ich habe keine Ahnung. Sie haben die Ahnung, Herr Minister. Das weiß ich. Sie waren jetzt in Brüssel. Jetzt haben Sie die Ahnung, das ist mir klar.

(Staatsminister Lewentz: Fragen Sie einmal die anderen Ministerkollegen!)

Wissen Sie, Herr Lewentz, ich weiß, Sie sind kurz vor der Heiligsprechung. Aber ich finde schon, dass man auch als Minister seine Fehler einmal eingestehen kann. Soweit ich weiß, sind Sie zuständig für den Nürburgring und den Hahn. Soweit ich weiß, haben beide erhebliche Probleme.

Wenn wir keine Ahnung haben, dann weiß ich nicht, was das ist, was Sie haben, Herr Lewentz.

(Beifall der CDU)

Betrachten wir den Haushaltsansatz der Landesregierung. Ich weiß nicht, ob da ein Fehler unterlaufen ist. Wir lassen uns gerne belehren. Wenn Sie mir das zeigen können, dann schaue ich mir das gerne im Haushalt an. Ich kann nur sagen, dass ich im Haushalt gefunden habe, dass Sie bei der Polizeiakademie etwas zurück

fahren. Ich sage auch gerne, dass ich mich geirrt habe, wenn dies der Fall ist. Die Größe würde ich dann heute auch zeigen, weil es mir um die Polizeiakademie geht.

Da geht es um qualifizierte Fort- und Weiterbildung. Es ist doch unwirtschaftlich, dass wir selbst eine betreiben sollen.

Jetzt kann man gerne noch einmal die Argumente hinzunehmen, die auch Herr Kühl sagt, es geht um die Schuldenbremse, deshalb müssen wir zurückfahren. Wenn das denn so wäre, dann würde dieses Geld auch ins Sparen gesteckt werden. Sie haben aber mit dem Geld aber etwas ganz anderes vor. Dieser Abschied aus länderübergreifenden Einrichtungen wird unglaubwürdig, da es in eine neue „Friedensakademie“ fließt. Da geht es gleich um mehr Geld, nicht um 200.000 Euro wie beim Polen-Institut, sondern um 600.000 Euro, die im Doppelhaushalt stehen.

Ich glaube, Haushaltssanierung war dann doch wohl nicht gemeint. Bei der Vorstellung des Haushalts haben Sie vergessen zu sagen, wohin Sie das Geld anders hineinstecken wollen. Das war, so sage ich es jetzt einmal, gelinde eine Vernebelung der Öffentlichkeit. Meine Sorge ist, der Schuss kann nach hinten losgehen, Frau Ministerpräsidentin.

Wir haben mit der Europäischen Rechtsakademie in Trier und der Verwaltungshochschule in Speyer zwei bedeutende Beispiele – wir haben noch mehrere –, bei denen sich andere Länder beteiligen, wovon wir als Standort profitieren.

Wollen Sie wirklich, dass sich die anderen Länder nach Ihrem Vorbild umgekehrt aus Gemeinschaftsfinanzierungen zurückziehen? Ich appelliere deshalb noch einmal an Sie: Überdenken Sie das! Lassen Sie die „Friedensakademie“. Diese müssen Sie nicht neu aufbauen. Setzen Sie auf Bewährtes, und gestehen Sie diesen Fehler ein. Ich glaube, dann müssen wir auch nicht mehr darüber reden.

Die CDU-Fraktion spricht sich für eine Kultur des Sparens aus. Andere Bundesländer haben ihre Haushalte bereits ausgeglichen oder sind auf dem Weg dorthin und haben die Vorbereitungen getroffen. Deshalb möchte ich darauf eingehen, weshalb wir so ambitioniert, so glaubwürdig – das sage ich auch selbstbewusst – in einer sehr harten Arbeit das vorgelegt haben, was heute auf dem Tisch liegt.