Sie haben eben gesagt, im Schnitt würden nur 78 % der Mittel bei den Jobcentern überhaupt abgefragt oder verwendet. Ich kann das aus meiner Erfahrung nicht sagen. Ich komme aus einem Bereich mit einem Jobcenter, das wirklich händeringend nach Mitteln sucht und sehr froh ist, dass es verschiedene Projekte durch die Landesförderung weiterhin finanzieren kann.
Man muss sich fragen: Was passiert, wenn wir die Mittel deutlich reduzieren? Was sagen Sie Alleinerziehenden, die in speziellen Programmen sind? Was sagen Sie jugendlichen Arbeitslosen, die zum Beispiel bei mir im Wahlkreis oder auch im Wahlkreis des Kollegen Puchtler durch das Projekt „JUWEL“ massiv und intensiv unterstützt werden, damit sie wirklich eine Chance haben, überhaupt wieder auf dem Arbeitsmarkt aktiv zu werden?
Wir wollen niemanden zurücklassen. Jeder und jede hat aus unserer Sicht eine zweite und wenn nötig auch eine dritte Chance verdient, und Sie lassen sie mit solchen Kürzungen einfach zurück. Das zeigt an dieser Stelle deutlich die unterschiedliche Wertevorstellung zwischen Ihnen als CDU und uns als SPD.
Es ist kein Bauchladen, wenn Sie sich die Programme anschauen, es ist zielgerichtet. Gerade „JUWEL“ ist das beste Beispiel dafür, dass es wirklich um eine zielgerichtete Arbeitsmarktpolitik geht, die wirklich Erfolg hat.
Wir wollen auch, dass Menschen mit Behinderungen besser am Arbeitsmarkt partizipieren können. Frau Kollegin Wieland ist eben sehr intensiv auf den Bereich der
Behindertenhilfe eingegangen. Das gilt für uns für alle Formen der Behinderung. Mit dem Budget für Arbeit haben wir inzwischen 260 Menschen mit Behinderungen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bringen können. Das Land geht mit dem Projekt „Beschäftigung arbeitsloser schwerbehinderter Menschen im Landesdienst“ voran. Der Ansatz bleibt im nächsten Doppelhaushalt stabil. Hier ist besonders der Stellenpool zur Verbesserung der Ausbildungssituation junger schwerbehinderter Menschen hervorzuheben. Da sind 30 Stellen ausschließlich für schwerbehinderte Auszubildende reserviert. Ich denke, das ist ein sehr gutes Signal, das wir als Land setzen.
Noch einmal: Wir haben hier im Land die drittniedrigste Arbeitslosenquote bundesweit. Dennoch haben wir – das zeichnet sich sehr deutlich ab – Risiken, die einzuplanen sind wie das Thema „Truppenabzug, Veränderung im US-Haushalt“, das in den nächsten Jahren dazu führen wird, dass wir an den Militärstandorten der USArmy mit Veränderungen rechnen müssen. Diese gilt es, vernünftig frühzeitig abzusichern und auch Menschen, die jahrzehntelang dort gearbeitet haben und nicht über die Qualifikation verfügen, die sie von heute auf morgen in anderen Arbeitsplätzen anwenden können, auf die Situation vorzubereiten.
In Gesprächen mit Betriebsräten wurden wir davon überzeugt, dass die Mittel in der Höhe, wie sie bisher im Landeshaushalt veranschlagt waren, weiterhin nötig sind. Ich denke, es ist auch ein gutes Signal zu sagen: Wir bleiben an dieser Stelle auf dem Niveau, das wir in den letzten Jahren gefahren haben, weil wir wissen, dass in den nächsten Jahren Herausforderungen auf uns zukommen, die es zu bewältigen gilt.
Wir wollen, dass frühzeitig Qualifikationsprofile erstellt werden, damit diese Leute auf dem normalen Arbeitsmarkt auch eine Chance haben. Deswegen wollen wir die Mittel zurücksetzen. Ich denke, auch das ist ein sinnvolles und gutes Signal. Im Übrigen wäre das eine Aufgabe, bei der sich auch die Bundesagentur für Arbeit noch deutlich stärker engagieren könnte.
Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Kollege Dr. Konrad das Wort. Die Redezeit beträgt 10 Minuten.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen hier über einen Haushalt, der das positive Bewerten schwermacht, denn sozial heißt immer auch, dass für Menschen, die Unterstützung brauchen, Geld ausgegeben werden muss. Wenn wenig Geld da ist
darauf haben alle vorherigen Rednerinnen und Redner bereits hingewiesen –, dann wird es schwierig zu entscheiden, wofür es am wichtigsten ist, noch Geld in die Hand zu nehmen. Da liegen wir zum Teil auseinander.
Frau Wieland, ich danke für Ihr Eingehen auf die Inklusion; denn Sie haben im Unterschied zu Ihren bildungspolitischen Kolleginnen darauf hingewiesen, dass nicht die Inklusion als solche infrage zu stellen ist, sondern infrage zu stellen ist, in welcher Form und auf welchem Weg wir mehr – – –
Aha, es muss richtig gemacht werden. Dann sind wir uns hier im Hohen Hause einig, dass Inklusion notwendig ist, wir sie auch ratifiziert haben und wir mehr Inklusion wollen. Wir müssen den Weg dorthin finden, und wir müssen ihn bezahlen. Es wird nicht so leicht von heute auf morgen gehen, wie sich manche vorstellen, aber das Ziel sollte uns doch einen. Ich habe es heute Mittag so wahrgenommen, dass es teilweise auch infrage gestellt wird.
Wichtig ist jetzt eine Eingliederungshilfe, Frau Wieland, dass gerade die Fehlanreize für die stationäre Versorgung entfallen sollen. Auch das ist ein wichtiger Weg. Bisher war es so, dass teilstationäre und stationäre Versorgung, die Eingliederungshilfe, zu 5 % übernommen wurde. Das weiten wir für den ambulanten Bereich jetzt aus. Das ist gerade das, was Sie gesagt haben. Es geht darum, dass Fehlanreize für den Kostenträger entfallen, Menschen nicht mitten unter ihren Mitmenschen in der Mitte der Gesellschaft leben zu lassen, sondern in stationären Einrichtungen.
Frau Thelen, auch Sie hatten Bezug genommen auf Menschen mit schweren Beteiligungs- und Teilhabehemmnissen im Arbeitsmarkt. Sie haben gesagt – ich hoffe, ich zitiere Sie richtig –: Ergänzende Maßnahmen sind sinnvoll. –
Auch da wieder müssen wir feststellen, Sie stellen also nicht infrage, dass Mittel des Landes notwendig sind. Wir müssen auch darauf hinweisen, diese Mittel sind umso notwendiger, da die Arbeitsförderungsmaßnahmen – ich habe es letzte Woche auch im Ausschuss gesagt – von der Bundesregierung in den letzten vier Jahren zurückgefahren worden sind.
Auch deshalb brauchen wir diese Mittel, und auch aus diesem Grund sollten wir sie gerade nicht reduzieren, sondern wir sollten sie erhalten, gerade für die Menschen, die bei der Arbeitsförderung auf die stärkste Unterstützung angewiesen sind.
Noch eines: Wenn ich den Effizienzgedanken – Sie haben es auch in einem Nebensatz erwähnt – zugrundelege, wie die Bundesregierung das in den letzten vier Jahren gemacht hat, dann werde ich die Mittel systematisch zu Menschen umleiten, die geringe Vermittlungshemmnisse haben. Wenn die Arbeitsagentur selbst davon ausgehen muss, dass sie möglichst gute Ergebnisse braucht, dann bleiben gerade die Leute auf der
Dann brauchen wir eben unsere Sozialpolitik in unserem Bundesland, um das zum Teil ausgleichen zu können.
Ich halte es für keine gute Idee von Haushaltswahrheit und -klarheit und schon gar nicht von Nachhaltigkeit, Sparmaßnahmen durch globale Minderausgaben abzudecken, wie Sie es vorschlagen. Ich glaube, dass das kein Weg ist, wie man eine vernünftige und nachvollziehbare Haushaltspolitik gestalten kann.
Sie würde ja unterstellen, dass wir die Haushaltsrestte nächstes Jahr hätten und das Ministerium diese nicht rückführen würde, aber das Ministerium ist dazu verpflichtet. Das heißt, diese Gegenfinanzierung sozusagen aufzustellen, um dem Ministerium ein wirtschaftliches Gebaren aufzuzwingen, würde heißen, dass es das nicht hat. Wir teilen als Fraktion diese Unterstellung ausdrücklich nicht, dass die Beamtinnen und Beamte unserer Ministerien nicht ordnungsgemäß arbeiten, Frau Thelen.
Um Sozialpolitik machen zu können, brauchen wir Institutionen, und es ist umso schwieriger, je enger die finanziellen Mittel sind, diese Institutionen am Leben und auch wirksam zu erhalten. Wir brauchen über diesen Erhalt hinaus den Aufbau neuer Strukturen; denn alle Vorrednerinnen haben erwähnt, diese Gesellschaft wandelt sich, und wir brauchen andere Strukturen und Institutionen, um diesen Herausforderungen zu begegnen.
Wir brauchen eine Weiterentwicklung neben dem Erhalt des Pflegeangebots. Wir brauchen eine Sicherung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum. Wir brauchen eine Weiterentwicklung der Altenhilfe. Wir brauchen andere Wohnformen, die generationengerecht und für unsere Zukunft noch tragfähig sind. Aber – ich glaube, da haben alle Fraktionen das gleiche Interesse – ein überschuldeter Staat kann diese Unterstützung für die Institutionen nicht geben. Deshalb müssen wir sparen.
Ich muss sagen, Herr Blüm hätte mich beinahe einmal davon überzeugt, statt zu den GRÜNEN in die Union zu gehen.
Allerdings wollte sich damals von den Freunden der Jungen Union niemand mit auf die Straße setzen, um zu verhindern, dass dieser Planet immer weiter voll Waffen gestellt und immer weiter zerstört wird. Deswegen waren die Entwicklungswege dann doch unterschiedlich.
Aber damit hatte er recht, ein Staat kann nur sozial sein, wenn er auch vernünftig finanziert ist. Deshalb ist auch
Es ist mir aus dem Grund wichtig, und zwar wichtig für die Schwächsten in der Gesellschaft, dass wir am Abbau des Defizits weiter arbeiten und daran festhalten.
Wir haben als regierungstragende Fraktionen deshalb gerade auf die Schwächsten unserer Gesellschaft ein Augenmerk bei den Zugangsproblemen zur gesundheitlichen Versorgung gelegt. Wir haben zwei Deckblätter gemacht, einmal zum Zugang wohnungsloser Menschen zur medizinischen Versorgung, und einmal zum Zugang behinderter Menschen zur medizinischen Versorgung. Da ist es wichtig, in dieser Struktur Sensibilität zu erzeugen und entsprechend weiter- und fortzubilden.
Dazu passt der Antrag der CDU-Fraktion, den wir mit unterstützen, die Hospizarbeit für Kinder stärker zu unterstützen. Allerdings fand ich auch die Weiterentwicklung dieses Antrags ausgesprochen hilfreich; denn nicht nur die stationäre, sondern vor allem die ambulante Hospizarbeit, in der vor allem ehrenamtlich sehr viel Arbeit geleistet wird, ist unterstützungsbedürftig. Gerade die Ehrenamtlichen brauchen Unterstützung durch Fort- und Weiterbildung, dadurch, dass sie innerhalb ihres Arbeitsverhältnisses nicht die entsprechende psychosoziale Unterstützung bekommen.
Allerdings möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich erwähnen, dass ich es für nicht sachgerecht halte, dass der gemeinsame Bundesausschuss ausdrücklich die Hospizversorgung für schwerstmehrfachbehinderte Kinder geöffnet hat, weil damit zwar eine wichtige Versorgung für Familien, die entlastet werden müssen, möglich ist, aber gerade die Palliativversorgung für schwerstmehrfachbehinderte Kinder nicht der richtige Weg ist. Diese Kinder sollen Behandlung, also in erster Linie kurative Versorgung und rehabilitative Versorgung, bekommen und nur im Bedarfsfall palliative Versorgung; denn wir wollen schwerstmehrfachbehinderte Kinder für ein würdiges Leben und nicht nur Kinder mit anderen schweren Erkrankungen für einen würdigen Tod und ein würdiges Sterben vorbereiten und begleiten.
Dennoch ist gerade dieser Antrag etwas, das auch mir ein Herzensanliegen unterstützt. Auch ich möchte noch einmal wiederholen, was schon dreimal gesagt worden ist, dass wir die Arbeit, die in den Hospizdiensten sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern geleistet wird, nicht hoch genug einschätzen und uns nicht ausreichend bedanken können.
Was ich ganz wichtig finde, ist, dass bei der Behindertenhilfe – damit komme ich noch einmal auf den Anfang meiner Rede zurück – der Teilhabegedanke in das Zentrum gestellt wird. Das gilt für die Inklusion, für die Teilhabe an Bildung, Gesundheit, Versorgung, für die
Selbstbestimmung beim Wohnen. Ich begrüße deshalb ausdrücklich, dass die neu zu bildende Bundesregierung, wenn sie denn nächste Woche tatsächlich auf den Weg gebracht wird, ein Teilhabeleistungsgesetz auf den Weg bringen wird. Dies entspricht ausdrücklich den Vorgaben – Sie können es nachlesen – unseres hiesigen Koalitionsvertrags.
Ich hoffe, dass wir für die Menschen mit Unterstützungsbedarf in dieser Gesellschaft mit den begrenzten Mitteln die Unterstützung auf Dauer sichern können und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.