Nicht ohne Grund sind die Ministerpräsidentin, der Sozialminister und auch Teile der SPD immer wieder unterwegs, um die Lücken zu füllen und andere Botschaften zu setzen. Das führt mittlerweile allerdings schon dazu, dass es nicht mehr klar ist, wer eigentlich der wirkliche Ansprechpartner für die Wirtschaft ist.
Meine Damen und Herren, ich will mich an der Stelle wiederholen; ich habe es hier schon einmal gesagt: Wir brauchen eine klare Stimme der Wirtschaft am Kabinettstisch.
Die Wirtschaft braucht einen Fürsprecher, der sich für ihre Interessen einsetzt, nicht nur im eigenen Ressort, sondern im ganzen Kabinett. Dazu gehört auch – wie es Kollege Baldauf ausgeführt hat –, sich einmal in die Bildungspolitik einzumischen, wenn die Unterrichtsversorgung schlechter wird, oder eine mahnende Stimme zu sein, wenn die Regierung wieder einmal Steuererhöhungen fordert.
Stattdessen – da war auch die Eingangsbemerkung des Kollegen Guth symptomatisch, der noch einmal ganz zentral auf die Arbeitnehmerinteressen abgehoben hat – muss sich unser Sozialminister, der große Kämpfer für den Mindestlohn, der von seiner Überzeugung, von seinen Aufgaben und von seiner Nähe zu den Gewerk
schaften eher links verortet ist, zum Fürsprecher der Wirtschaft machen. Das ist fast schon paradox.
Meine Damen und Herren, nun genug der Vergangenheit. Ich will Ihnen einen Ausblick geben, wie dieser Haushalt die nächsten zwei Jahre die Wirtschaftspolitik ein Stück weit bestimmen wird.
Frau Lemke, Sie verfügen über einen Haushalt von rund 185 Millionen Euro. Das einst so starke und wichtige Wirtschaftsministerium hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung verloren. Zunächst wurden die Kompetenzen für die ISB abgegeben, Teile der Forschungs- und Innovationsförderung wanderten ins Bildungsministerium, und zu guter Letzt ging auch noch das Verkehrsressort verloren.
Was bleiben soll, sind neben der Energie und den Klimaschutzbereichen die letzten Kernbereiche der Wirtschaftspolitik, die klassische Wirtschaftsförderung. Dabei geht es um Innovationsförderung, um Tourismus, um Mittelstandsförderung und um Dutzende Millionen Euro an EFRE-Fördermitteln aus Europa, die entsprechenden Vorgaben, die helfen sollen, den Wirtschaftsstandort Rheinland-Pfalz zu gestalten.
Die zentrale Frage ist nun: Was lässt sich aus diesem Haushalt an den einzelnen Positionen immer deutlicher in dieser Richtung ablesen? Gerade die wirtschaftlichen Kernkompetenzen werden unter Ihrer Regie immer weiter zurückgefahren. Sie betonen immer wieder, dass es vor allem die Forschungs- und Innovationspolitik ist – Kollege Guth hat es auch noch einmal gesagt –, die hilft, unseren Standort zu stärken.
Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, aber wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben wollen – das müssen wir aufgrund unserer hohen Exportquote –, dann müssen wir doch genau diese Kernbereiche stärken.
Doch was passiert stattdessen? Genau diese Fördermittel werden in diesem Doppelhaushalt gekürzt. Es gibt Kürzungen beim Meister-BAföG. Es gibt Kürzungen bei der Innovationsförderung für private Unternehmen. Es gibt erhebliche Kürzungen bei der Mittelstandsförderung. Das Mittelstandsförderprogramm soll sogar mittelfristig ganz entfallen. Auch die von Ihnen im Haushaltsbegleitantrag noch so hoch gelobte Förderung der überbetrieblichen Bildungsstätten, Herr Guth, wird nicht erhöht, sondern im Vergleich zu 2012 sogar um 180.000 Euro gekürzt.
Wir finden es letztendlich falsch, dass ohne große Not diese zentralen Steuerungsinstrumente für die Wirtschaftsförderung zunehmend als Sparpotenzial entdeckt werden.
Meine Damen und Herren – Kollege Steinbach hat es schon angerissen –, ich will mich an der Stelle nicht dafür verkämpfen, dass wir das Mittelstands
förderprogramm 1 : 1 weiterlaufen lassen. Wir sehen durchaus die mangelnden Fördermöglichkeiten eines Zinszuschusses in der aktuellen Niedrigzinsphase.
Aber warum gleich ein hoch flexibles Instrument aus den Händen geben? Warum lassen Sie sich die Kompetenz aus dem Wirtschaftsministerium wiederum entziehen? Es muss doch auch in Ihrem Interesse sein, dass diese Mittel umgeschichtet werden und ein Wirtschaftsministerium auch weiterhin flexibel fördern und agieren kann.
Dazu muss aus unserer Sicht das Wirtschaftsministerium selbst anfangen, ein Stück weit innovativer zu agieren. Wir brauchen neue Ansätze und neue Ideen, um eine zweite Säule der Mittelstandsförderung aufzubauen,
ein neues Förder- und Anreizprogramm, das eine Kultur der Existenzgründung entstehen lässt, das eine Innovationskultur gerade in kleineren und mittleren Unternehmen schafft, eine Kultur der Verbindung zwischen Wissenschaft und Innovationen des Mittelstands.
Diese neue Mittelstandsförderung muss es ermöglichen, auch kleinere Förderbeträge in Aussicht zu stellen und unbürokratisch kompetente Unterstützung anbieten zu können. Die alleinige Abbildung des Wirtschaftsförderprogramms über die ISB halten wir grundsätzlich für nicht ausreichend.
Ich will den Regierungsfraktionen auch gar nicht absprechen, dass sie nicht ebenfalls ähnliche Ziele verfolgen. Ihr Begleitantrag lässt diese Ziele durchaus erkennen, aber die Kürzungen, die Sie dem entgegengesetzt im Haushalt letztendlich absegnen werden, sprechen eine andere Sprache. Deshalb haben wir andere Deckblätter eingebracht, die die richtigen Schwerpunkte setzen.
Meine Damen und Herren, ein zweites Thema will ich noch einmal ansprechen. Es geht um das Thema „Fachkräftesicherung in Rheinland-Pfalz“. Herr Guth, Sie haben es auch schon sehr gut dargestellt, aber ich habe es zur Vorbereitung der heutigen Sitzung noch einmal nachgelesen. Zu Beginn der Legislaturperiode, Frau Lemke, haben Sie die Bekämpfung des Fachkräftemangels als eines Ihrer zentralen politischen Ziele in den Mittelpunkt gerückt.
Doch was lesen wir nun im Haushalt? Die Maßnahmen der Aus- und Weiterbildung vor dem Hintergrund der Fachkräftesicherung – das ist der Name des Titels – werden von Ihnen um 25 % und konkret um 318.000 Euro gekürzt. Auf der einen Seite sagen Sie, wir wollen etwas für die Fachkräftesicherung tun, auf der anderen Seite kürzen Sie diesen Titel um 25 %. Konsolidierungspotenzial heißt das dann. Im Gegenzug schaffen Sie Werbemaßnahmen für die Fachkräftesicherung, einen neuen Titel von 80.000 Euro. Ich frage mich: Wie passt
das zusammen? – Auf der einen Seite machen Sie Werbung, indem Sie sagen, dass Sie etwas tun müssen – das ist auch richtig –, aber auf der anderen Seite sagen Sie: Das Geld, um irgendetwas zu tun, sparen wir lieber ein. Das haben wir nicht mehr.
Meine Damen und Herren, wichtig in diesem Zusammenhang ist – das sage ich immer wieder gerne –, der Fachkräftemangel ist ein drängendes Problem. Ich mahne noch einmal die dringende Etablierung einer übergreifenden Strategie gegen den Fachkräftemangel an. Es wird wirklich Zeit, dass wir uns ganz intensiv mit diesem Thema auseinandersetzen.
Frau Lemke, man sollte eigentlich meinen, dass zumindest bei Ihrem Leib- und Magenthema „Energiewende“ ein gutes Bild abgegeben wird und der Haushalt an der Stelle durchdacht ist.
Herr Köbler, an der Einstellung der CDU zur Energiewende hat sich überhaupt nichts geändert. Wir stehen zur Energiewende und zum Ausstieg aus der Atomenergie.
Herr Norbert Mittrücker wird Ihnen im Anschluss noch einmal unsere Lösungswege vorstellen, transparent, in kleinen Schritten und vor allem nachprüfbar und nachsteuerbar. Das ist unser Weg zur Energiewende in Rheinland-Pfalz.
Frau Lemke, auch im Energieressort sind Sie mit hohen Erwartungen gestartet und wollten regenerative Energieprojekte, große Investitionen mit Zuschüssen anschieben. Ein Innovationssprung für Rheinland-Pfalz sollte es werden. Grüne Vorzeigetechnologie als Exportschlager. Was mussten Sie aber schon ein halbes Jahr nach Genehmigung des Haushalts erkennen?
Keiner wollte das Geld haben. Die Mittel fließen nicht ab. Fast 9 Millionen Euro Investitionszuschüsse für private und öffentliche Unternehmen, für private und öffentliche Haushalte, und Sie bringen die Gelder nicht an den Mann.
Ich darf feststellen, Ihr Energiehaushalt 2012/2013 ist schon nach wenigen Monaten gescheitert gewesen. Sie hatten im Haushalt auf das falsche Pferd gesetzt, weil
Nun sollte man meinen, das ist vielleicht gar nicht so schlimm, wenn wir keine konkrete Wertschöpfung beteiligen können, dann bauen wir den Haushalt ein halbes Jahr nach Genehmigung durch das Parlament so um, wie wir es wollen. Es gibt einen tollen Titel im Haushalt, der „Maßnahmen zur Stärkung des Bewusstseins für nachhaltigen und effizienten Energieeinsatz“ heißt. Spötter sagen, bewusstseinserweiternde Maßnahmen.
Statt der geplanten 500.000 Euro fließen 4 Millionen Euro in diesen Titel für Maßnahmen zur Bewusstseinssteigerung.