Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Titel der heutigen Aktuellen Stunde ist meilenweit von der Realität in diesem Land entfernt.
Meine Damen und Herren, schlimmer noch, es muss bei den Kommunen geradezu wie Hohn ankommen. Diese sind beim Ausbau der U3-Betreuung vom Land im Stich gelassen worden.
Es muss in den Ohren der Eltern wie Hohn klingen, die sich vergeblich um einen guten Betreuungsplatz für ihr Kleinkind bemühen. Es muss zu guter Letzt wie Hohn klingen in den Ohren der Erzieherinnen und Erzieher, die immer eindringlicher die schwierigen Bedingungen ihrer täglichen Arbeit schildern.
Meine Damen und Herren, ist es etwa spitze, dass die Regelungen zum Ausbau der frühkindlichen Betreuung in Rheinland-Pfalz vor dem Verfassungsgericht gelandet sind? Findet irgendjemand in diesem Land – außer RotGrün – die neuen Förderkriterien von Frau Alt spitze? Ist es nicht vielmehr so, dass die kommunalen Spitzenverbände hier vehementen Widerstand angekündigt haben?
Um es klar zu sagen: Es geht nicht um Quoten. Es geht zunächst einmal ganz nüchtern um die Frage: Schaffen wir es, den Rechtsanspruch zu erfüllen? – Auch da gibt
es Schwierigkeiten im Land. Wir brauchen gar nicht weit zu gehen; wir sehen doch, wie die Situation in Mainz ist. Da fragen wir uns: Haben wir es geschafft? Ist die Situation in Mainz spitze?
Ich habe hier einen Zeitungsbericht von letzter Woche vorliegen: Kein Kita-Platz in Mainz – Vater klagt. – Da ist Folgendes zu lesen: Rechtsratschlag der zynischen Art: Bei dem Prozess – im Landgericht in Mainz – heißt es: Der Prozessvertreter der Stadt hat unumwunden formuliert, was hinter vorgehaltener Hand schon lange über die Mainzer Praxis kursiert, nämlich: Bewirb dich fleißig monate- und jahrelang um einen Betreuungsplatz, aber am Ende kannst du doch Pech haben. Aber klage deinen Rechtsanspruch ein, am besten per einstweiliger Anordnung im Eilverfahren. Dann besorgen wir, die Stadt, dir irgendwie einen Platz. –
Sehr geehrter Herr Köbler, ist das fair? Ist das sozial gerecht? Wer kann denn klagen? Ist das wirklich spitze?
Meine Damen und Herren, es geht nicht um Quoten, und ich will jetzt auch von dem Rechtsanspruch wegkommen. Ich will auf eine Sache hinweisen, die in Ihrer Rede in keiner Weise vorgekommen ist. Sie haben von den Belangen der Wirtschaft gesprochen – prima. Hier geht es aber um die Belange der Kinder. Die Bedürfnisse der Kinder müssen doch im Mittelpunkt stehen.
Wir dürfen in dieser Debatte nicht die Wirtschaft in den Vordergrund stellen. Es geht doch letztendlich um die Kinder.
Wir, die CDU, möchten, dass unsere Kinder nicht nur gut betreut werden, sondern auch optimale Förderbedingungen in den Kindertagesstätten vorfinden.
Es gibt ganz viele Hilferufe von Experten vor Ort, die auch Sie hören müssen. Die GEW hat jüngst eine Studie von Personalräten veröffentlicht, in der das Meinungsbild von 1.300 Erzieherinnen und Erziehern dargestellt wurde. Das kann und darf man nicht überhören.
Das heißt, der Erziehermangel ist überall mit Händen zu greifen. Das heißt, die Hälfte der Kindertagesstätten muss das Angebot einschränken, was zum Beispiel Wanderungen und spezielle Förderungen angeht. All das wird eingeschränkt: Die Sprachförderung wird eingeschränkt. Die Eingewöhnungsphasen für neue Kinder werden abgebaut oder eingeschränkt.
Die Personalfluktuation steigt. Das heißt, gerade die kleinen Kinder finden keine verlässlichen Bezugsperso
Meine Damen und Herren, darunter leiden die Kinder, und darunter leiden auch die Erzieherinnen. Über 80 % der Personalräte berichten, dass die Belastungen in den Kindertagesstätten zu einem erhöhten Krankenstand führen. Dieser Mangel ist nicht neu. Die Landesregierung hat bereits vor Jahren eine Studie in Auftrag gegeben. Nur sind nie Konsequenzen daraus gezogen worden.
Wir, die CDU-Fraktion, haben im vergangenen Jahr einen Antrag dazu eingereicht. Viele der Punkte, die wir darin vorgeschlagen haben, sind in einer Anhörung positiv bewertet worden. Aber auch diese Dinge sind im Landtag ignoriert worden.
Es ist nicht nur der Mangel an Erzieherinnen und Erziehern. Nein, es sind auch die grundsätzlich falschen Weichenstellungen. Die Quoten, die Sie heute hier so feiern, haben wir erreicht, indem wir eben nicht in die teureren Krippengruppen investiert, sondern die Kindergartengruppen für die Allerkleinsten geöffnet haben. Sie wissen, dort sieht es mit den Relationen so aus, dass die Erzieherinnen und Erzieher, auch wenn sie noch so motiviert sind, für die Kleinsten nicht genügend Zeit haben.
Die Bertelsmann Stiftung hält in ihrem Länderreport für Rheinland-Pfalz fest: „Die Bildungschancen der unter Dreijährigen verschlechtern sich (…), wenn sie statt einer Krippe andere Gruppenformen besuchen (…).“ In Rheinland-Pfalz gilt dies für 70 % der unter dreijährigen Kita-Kinder. Die große Mehrzahl der unter Dreijährigen findet in Rheinland-Pfalz schon heute alles andere als optimale Bedingungen. Das sind die Dinge, über die wir heute sprechen müssen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Von der CDU bekommen wir dasselbe Bild wie immer – wir kennen es schon –: Schwarzmalerei. – Ich möchte nichts schönfärben, aber ich möchte Herrn Köblers Argumentation untermauern. Wir sind, was die Kindertagesstätten angeht, in Rheinland-Pfalz klasse.
Warum sage ich das so? Wo soll ich anfangen, um das zu begründen? – Ich möchte ein paar Beispiele aus meiner täglichen Praxis nennen. Da ist zum Beispiel ein junge Familie aus Niedersachsen, die mit drei kleinen Kindern nach Rheinland-Pfalz gezogen ist und ihr Glück
kaum fassen konnte: Sie haben sofort, also ohne Wartezeit, und beitragsfrei für ihr zweijähriges Kind einen Platz in der Kita am Wohnort bekommen – und sogar noch einen Platz für das Einjährige in derselben Einrichtung. Soll ich weitermachen?
Da sind die Mitarbeiter einer Bundesbehörde, die nach Nordrhein-Westfalen umziehen mussten und vor Ort keinen Kindergartenplatz für ihre Kinder bekamen, weil die Kinder nicht schon vor der Geburt auf allen Wartelisten standen. In Rheinland-Pfalz hatten sie aber selbstverständlich einen Platz. Oder da sind die jungen Familien aus meinem Bekanntenkreis zu nennen, die in Bayern wohnen und die nach ewiger Warterei für einen KitaPlatz mehrere 100 Euro pro Monat bezahlen müssen. Oder soll ich bei der Erzieherin weitermachen,
die aus familiären Gründen auch schon Stellen in anderen Bundesländern hatte, aber wegen der guten Bedingungen gern nach Rheinland-Pfalz zurückgekommen ist? – So könnte man fortfahren.
Sozial gerechte Politik in Rheinland-Pfalz macht sich auch an den Kindertagesstätten deutlich fest. Wir haben einen Rechtsanspruch zu erfüllen, Frau Huth-Haage, und das machen wir. Ein Sprichwort sagt: „Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt.“ Diese ersten Schritte haben wir in Rheinland-Pfalz schon lange gemacht. Wir haben nicht erst jetzt damit angefangen, sondern sie gründen bereits in der Änderung des KitaGesetzes von 2005 mit dem Programm „Zukunftschance Kinder – Bildung von Anfang an“. Wir haben damit Maßstäbe in diesem Feld gesetzt.
Wir sind jetzt bei der Versorgung der Kinder unter drei Jahren unter den westdeutschen Flächenländern spitze. Wir haben auch den dynamischsten Ausbau, und das ist vielen zu verdanken. Das ist ein Zusammenspiel von Kommunen, Land und Bund.
Einen großen Anteil hat das Land; denn wir haben den Anstoß dazu gegeben, und wir lehnen uns nicht zurück. Wir haben jetzt mit 41 % eine Quote erreicht, die das Deutsche Jugendinstitut einmal als Bedarf für Rheinland-Pfalz festgelegt hatte.
Ja, aber wir lehnen uns jetzt nicht zurück, sondern wir machen weiter. Wir fördern weiter vor Ort, wo ein Bedarf besteht, wo Rechtsansprüche erfüllt werden müssen und wo junge Eltern ihre Bedarfsplätze in den Kindertagesstätten oder in der Kindertagespflege – die man hinzurechnen muss – benötigen.
Ja, es gibt auch Baustellen. Diese Baustellen werden jetzt mit der neuen Verwaltungsvorschrift angegangen. Das heißt aber nicht, dass anderswo die Sache eingeschränkt wird. Wir, das Land, geben den Kommunen besondere Unterstützung und ziehen uns da nicht zurück. Dass das so ist, möchte ich anhand einer Grafik deutlich machen, die ich hier habe und die zeigt, wo das Land überall fördert.
Ich denke, wir dürfen beim Ausbau nicht nur die Investitionen in die Gebäude sehen, sondern auch die Personalkostenzuschüsse. Der dicke rote Balken, den Sie hier sehen, stellt die Personalkostenzuschüsse dar. Wir haben im Doppelhaushalt fast 1 Milliarde Euro für die Kindertagesstätten eingestellt. Der wesentliche Beitrag dient zur Unterstützung der Kommunen bei den Personalkostenzuschüssen. Das ist richtig so, und das werden wir auch weiter so machen.
Frau Huth-Haage, wir haben in Rheinland-Pfalz immer eine gute Balance zwischen der Versorgungsquote und dem Betreuungsschlüssel gehalten – zwischen Quantität und Qualität –, und wir haben dabei immer auch langfristig perspektivische Maßnahmen ergriffen. Das wissen Sie genau.