Protokoll der Sitzung vom 20.02.2014

Leider sind wir auf der internationalen Ebene, insbesondere beim Klimaschutz, dem Prinzip der Einstimmigkeit unterworfen. Das bedeutet, dass jedes Land der Erde mit den Zielen und Maßnahmen einverstanden sein muss, um tatsächlich auch verbindliche Wirkungen zu erzielen.

Wenn wir also in Rheinland-Pfalz einen effektiven Klimaschutz betreiben wollen, so ist es in erster Linie notwendig, den globalen Klimaschutz verbindlicher zu gestalten und entsprechend voranzutreiben. Hierzu hat das Land Rheinland-Pfalz über den Bundesrat entsprechende Möglichkeiten.

(Pörksen, SPD: Ja! Ja!)

Nun haben Sie für Rheinland-Pfalz ein eigenes Klimaschutzgesetz vorgelegt. Hierzu gibt es ein Rechtsgutachten von Professor Dr. Martin Beckmann im Auftrag der Unternehmerverbände Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, das Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines solchen Landesgesetzes beschreibt. Es stellt sich somit die Frage, ob möglicherweise gegen das Grundgesetz, indem mittelbar in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes eingegriffen wird, verstoßen

wird. Das will und kann ich heute nicht beurteilen. Aber ich denke, diese Bedenken müssen im weiteren Verfahren entsprechend ausgeräumt werden.

Wie uns die Gesetze anderer Bundesländer zeigen oder auch die Entwürfe der Umweltverbände, so ist klar, dass es auch sehr unterschiedliche Versionen eines Klimaschutzgesetzes geben kann. Jeder stellt sich ein bisschen etwas anderes darunter vor. Der BUND war vor Kurzem bei uns. Er fordert ein Klimaschutzgesetz, so nennt er es, für Rheinland-Pfalz, dessen Inhalt letztendlich die energetische Zwangssanierung aller Gebäude in Rheinland-Pfalz ist. Nach dieser Lesart – aber in einer freiwilligen Variante – wäre somit das Gebäudesanierungsprogramm der Bundesregierung, das in der letzten Periode noch von Ihnen abgelehnt wurde, auch eine Art Klimaschutzgesetz gewesen.

(Beifall der CDU)

Wenn ich mich nun durch das vorliegende Klimaschutzgesetz entsprechend durcharbeite, dann ist es natürlich interessant, welche Auswirkungen dieses Gesetz hat. Sie behaupten in den verschiedenen Veröffentlichungen, dass das Klimaschutzgesetz letztendlich keine Auswirkungen auf die Wirtschaft haben wird. Wenn man sich die Vorgängerversion des Gesetzentwurfs vom 5. Dezember anschaut, so war neben der Beteiligung der Wirtschaft auch noch die Verpflichtung jeder Person, im Rahmen ihrer Möglichkeiten beim Klimaschutz mitzuwirken, im Gesetzentwurf verankert.

Herausgekommen ist nun aber angeblich nur ein Gebäudesanierungs- und Dienstfahrtenprogramm für die Landesregierung und die Liegenschaften. Wenn es tatsächlich so wäre, dass es nur dieses Programm ist, dann stellt sich die Frage, ob wir hierfür tatsächlich ein eigenes Gesetz brauchen.

Meine Damen und Herren, ich möchte hier keinen Raum für falsche Vermutungen lassen, die CDU hätte ein Gesetz, das insbesondere die Wirtschaft in die Pflicht nimmt und somit für erhebliche Wettbewerbsnachteile sorgen würde, von vornherein scharf bekämpft. Wie ausgeführt, würden wir insbesondere vor dem Hintergrund der marginalen Bedeutung rheinland-pfälzischer Maßnahmen für den globalen Klimaschutz eine mögliche Verpflichtung der Wirtschaft, wie sie im Vorgängerentwurf noch deutlicher zu erkennen war, nicht unterstützen können.

Sie selbst lassen in dem Gesetzentwurf durchblicken, dass das vorliegende Klimaschutzgesetz wirtschaftliche Wettbewerbsnachteile bringen würde. Sie nehmen nämlich vom Klimaschutzgesetz in § 9 Abs. 3 die Einrichtungen des Landes aus, die Dienstleistungen im freien Wettbewerb mit Privaten erbringen. Warum? Warum nehmen Sie diese entsprechenden Dienstleistungen aus, die im freien Wettbewerb stehen? – Der Grund liegt auf der Hand. Dieses Gesetz kann zu entsprechenden Wettbewerbsnachteilen führen. Das ist eben ein ganz zentraler Punkt bei diesem Gesetz. Wir werden intensiv nachhaken und bei der Anhörung einen Schwerpunkt darauf legen. Wenn dieses Gesetz einseitig auf Kosten

der Wirtschaft geht und zu Wettbewerbsnachteilen führt, dann ist es für uns ein absolutes No-Go.

(Beifall der CDU)

Jetzt nehmen wir einmal an, die Wirtschaft wäre tatsächlich nicht betroffen. Was bliebe dann von diesem Gesetz übrig? Hätten Sie tatsächlich ein neues Gesetz gebraucht, um ein Gebäudesanierungsprogramm aufzulegen? Herr Kühl hätte sich wahrscheinlich gefragt, wovon er das alles bezahlen soll. Wahrscheinlich fragt er sich das auch. Aber es wäre doch kein Gesetz notwendig gewesen. Von daher zweifele ich auch stark an den Punkten C und D in der Begründung Ihres Gesetzentwurfs, der Kostenabschätzung. Die Kostenabschätzung habe ich schon an Montag in einer Presseerklärung aufgegriffen. Wer ein Gesetz verabschiedet, muss letztendlich auch wissen, was es kostet, oder zumindest eine Schätzung vorlegen. Das ist unzureichend im Gesetz erläutert.

(Beifall der CDU)

Unter Abschnitt C schreiben Sie, es gäbe keine Alternativen. Wenn es aber tatsächlich nur der kleine Wurf ist und es nur ein Gebäudesanierungsprogramm wäre, dann wäre die Alternative tatsächlich die, das Gesetz nicht so einzubringen, um sich letztendlich die Bürokratie zu sparen.

(Beifall der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, das führt mich also zu der Frage, ob das Gesetz nicht doch irgendwo eine gewisse Marketingaktion für die eigene Basis ist. Wenn man sieht, welcher Marketingaufwand im Moment schon mit den Schildern „Dein, mein, unser Klimaschutz“ betrieben wird, was überall vorhanden ist, dann könnte ich sagen, es gibt Indizien für diese Thesen.

(Dr. Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Unser Klimaschutz!)

Unser Klimaschutz. Auch das Faktum, dass das Gesetz von den Fraktionen eingebracht wird, erstaunt. Ich meine, die grüne Wirtschaftsministerin, die sich auch Klimaschutzministerin nennt, hat den Passus in den Koalitionsverhandlungen hineinverhandelt. Sie darf aber nun leider das Gesetz nicht einbringen. Ich denke, es wäre wohl zu viel gewesen, der Wirtschaft auch noch ein solches Gesetz aus dem Wirtschaftsministerium zuzumuten.

(Beifall der CDU – Ramsauer, SPD: Das müssen Sie schon uns überlassen, wer ein Gesetz einbringt oder nicht! So weit käme es noch!)

Nun zu den zentralen Inhalten. Die §§ 2 und 13 sind aus meiner Sicht einfach zu vage formuliert, um tatsächlich Rechtssicherheit für die Wirtschaft zu gewährleisten. Es erscheint in diesen Absätzen unklar, was passiert, wenn die Klimaschutzziele der Landesregierung nicht erreicht werden oder nicht erreicht werden könnten. Inwiefern wird sich diese Landesplanung mit den Vorgaben dieses

Klimaschutzgesetzes verändern? Werden wir zum Beispiel die Ausweisung von Gewerbegebieten weiter einschränken müssen, falls diese Ziele nicht erreicht werden?

Neuansiedlungen oder Erweiterung von Industrie- oder Gewerbegebieten oder die Ertüchtigung von Verkehrsinfrastruktur – Wäre das alles noch möglich, ohne dass der Zertifikatehandel diese Vorhaben deutlich verteuert? Wie teuer würden diese Investitionen dann? Rechnen Sie sich dann überhaupt noch?

Sie haben sich aufgeteilt bei der Redezeit. Ich denke, Herr Braun geht auf einige dieser Fragen gleich ein.

Selbst wenn sich diese Vorhaben rechnen, besteht dann nicht durch das Gesetz auch die Möglichkeit, dass Umweltverbände oder Bürgerinitiativen mit der Berufung auf dieses Gesetz diese Investitionen wieder zu Fall bringen? Fragen über Fragen. Aber dies zeigt letztendlich auch die Unsicherheit, die ein solches Gesetz bei der Wirtschaft auslösen kann bzw. heute schon auslöst. Dazu passt die heutige Pressemitteilung der Landesvereinigung der Unternehmerverbände. Dort stehen zwei Sätze drin, die ich kurz zitieren darf: „Wenn die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes zur Leitnorm für die Landesplanung werden, droht uns in Rheinland-Pfalz eine Entwicklungsblockade.“ – Weiter schreiben sie: „Regionale Einsparziele führen jedoch zu Wettbewerbsverzerrungen. Diese Politik schadet den Industriebetrieben in Rheinland-Pfalz.“ –

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir nehmen diese Worte ernst und werden sie im weiteren Prozess ausgiebig prüfen.

(Pörksen, SPD: Die haben Ihnen doch wahrschein- lich Ihre Rede geschrieben! – Frau Klöckner, CDU: Bitte?)

Spannend wird es deshalb schon im Jahr 2020, in dem Sie 40 % Reduktion festschreiben wollen. Es stellt sich daher kurzfristig die Frage: Wo stehen wir heute? Wie ist der Pfad bis 2020? Werden wir dort locker hinkommen?

Sie behaupten, dass wir dort locker hinkommen. Das ist schön. Aber ich habe im Moment leider noch nichts Handfestes, um zu sagen: Jawohl, dort ist ein klarer Weg vorgegeben. –

(Beifall der CDU)

Deshalb ist es eben wichtig zu wissen, wo man steht. Spannend sind in diesem Zusammenhang auch die Ziele dieses Klimaschutzgesetzes. 40 % Reduktion haben Sie hineingeschrieben. Baden-Württemberg hat nur 25 % aufgenommen. Es wäre einfach wichtig, hier die Hintergründe zu kennen, woher diese Zahlen kommen und ob sie letztendlich auch realistisch sind.

Sind die Ziele für 2050, dann um mindestens 90 % die Emissionen zu reduzieren – das wäre jährlich eine Reduktion von 1,42 % – machbar? Ist das realistisch? Hier fehlen uns letztendlich auch die entsprechenden nach

prüfbaren Zwischenschritte. Bei der Energiewende hatten wir es auch eingefordert.

Wie ist der Zeitplan zwischen 2020 und 2050? 30 Jahre kann man nicht in einem so großen Satz überspringen. Hier muss man nachvollziehbare Zwischenschritte gehen, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Diese Zwischenschritte und die Maßnahmen sollen das Klimaschutzkonzept liefern. Ich denke, dass es transparenter gewesen wäre, wenn die Landesregierung zunächst beauftragt worden wäre, ein solches Konzept zu erstellen und wir im Anschluss die Konsequenzen in Form eines Gesetzes beschließen, falls das dann noch notwendig gewesen wäre.

In diesem Zusammenhang fallen noch zwei Dinge auf, die ich thematisieren will. Die Landesregierung soll nun das Klimaschutzkonzept erstellen, obwohl doch eigentlich das Klimaschutzministerium dafür prädestiniert wäre. Hier darf ich ein klein wenig suggestiv nachfragen: Genießt die Klimaschutzministerin eigentlich noch das Vertrauen Ihrer Fraktion, wenn Sie sie aus dem Antrag so herausgeschrieben haben?

(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Frau Schleicher-Rothmund, SPD, und Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf zum Zweiten feststellen, dass Sie offenbar das Parlament lieber aus der Diskussion über das Klimaschutzgesetz heraushalten wollen.

(Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Herr Pörksen, hören Sie als Parlamentarier gut zu.

(Pörksen, SPD: Die ganze Zeit schon!)

Im ersten Entwurf war noch von einer frühzeitigen und ergebnisoffenen Öffentlichkeitsbeteiligung sowie einer Anhörung betroffener Vereinigungen und Verbände die Rede. Zudem war der Landtag zumindest dafür vorgesehen, eine Stellungnahme zu diesem Konzept abzugeben. Davon finden Sie in diesem aktuellen Entwurf nichts. Der Paragraph wurde ersatzlos gestrichen.

(Beifall bei der CDU)

Mich würde dringend interessieren, wer hierfür verantwortlich ist. Es ist ein Fraktionsgesetz, somit haben die Fraktionen mit diesem Entwurf die Mitwirkungsrechte des Parlaments und die Anhörungsrechte der Verbände dramatisch beschnitten. Das ist nicht in Ordnung, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU)

Die Zeit läuft mir davon. Ich wollte Sie noch für den Bereich des Monitorings loben. Der gefällt mir sehr gut, wie Sie das an der Stelle aufgesetzt haben.

Ich möchte kurz zusammenfassen. Es gibt einige Ungereimtheiten, einige offene Fragen und letztendlich Zweifel, ob dieses Gesetz in dieser Form einen effektiven Beitrag zur Begrenzung der Klimaerwärmung leisten kann. Es gibt erhebliche Zweifel, ob wir mit diesem Gesetz nicht die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft behindern. Von daher sind wir gespannt auf die Anhörung der Betroffenen. Wir sind gern bereit, das Angebot des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu einem gemeinsamen Gespräch anzunehmen. Daher sehen wir den Beratungen mit Spannung entgegen.