Protokoll der Sitzung vom 17.08.2011

Ich möchte aber auch einen kurzen Blick nach vorne werfen.

(Glocke des Präsidenten)

Bin ich schon am Ende meiner Redezeit?

Sie haben sie schon um eine halbe Minute überschritten.

Trotzdem noch ein Blick nach vorne. Er ist so, dass wir weiter positiv in die Zukunft blicken. Auch in der rotgrünen Koalition wird es eine hervorragende Zusammenarbeit geben. Mir ist nicht bange um den Weinbau. Ich meine, dass Ökologie und konventioneller Weinbau nebeneinander harmonisch funktionieren können und unsere qualitätsvollen Weine auch weiter die Nummer 1 in Deutschland bleiben werden.

Herzlichen Dank.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Landesregierung hat Frau Staatsministerin Höfken das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann nicht sagen, dass ich mich freue, diesen Agrarbericht vorstellen zu dürfen. Das gibt der Inhalt so nicht her. Das ist bereits dargestellt worden. Ich bin aber froh, dass sich der Landtag mit diesem Bericht und der Situation der Landwirtschaft auseinandersetzt.

Zu den Zahlen, die die Kollegen Abgeordneten schon vorgetragen haben, will ich deutlich machen: Die Situation ist tatsächlich nicht besonders gut. – Wir haben einmal ausgerechnet, dass sich berechnet auf die Stundenzahlen – in der Landwirtschaft wird locker zwischen 70 und 80 Stunden in der Woche gearbeitet – aus dem Gewinn, der sich spärlich darstellt, ein Stundenlohn von ungefähr 5,57 Euro ergibt. Es gibt Unterschiede in den Betriebsformen, aber klar ist, dass das ein Lohn ist, der weit unter den Mindestlöhnen der meisten Branchen liegt und sich weitab vom gewerblichen Vergleichslohn bewegt.

Wenn wir von der Agrarwende sprechen, sagen wir damit, dass das so nicht weitergehen kann; denn Landwirtschaft und deren Produkte sind ein wichtiger strategischer Bereich. Es handelt sich um existenzielle Produkte, die im wahrsten Sinne des Wortes für die Existenz des Menschen erforderlich sind. Dabei geht es

auch um einen großen Bereich der sozialen Gerechtigkeit. Denken Sie an die Hungerkrisen oder die Auswirkungen von Agrarpreiserhöhungen bzw. in manchen Bereichen von Verbraucherpreiserhöhungen.

Es ist natürlich auch entscheidend für unsere Umwelt, wie dieser Bereich mit den Ressourcen, die wir haben, umgeht. Insofern ist es auch richtig, dass wir uns wie im Energiebereich unglaublich ernsthaft damit auseinandersetzen, wo es hingehen soll. Da streiten wir – das muss man auch auf den Punkt bringen – letztendlich darum, ob es mittelständisch und bäuerlich weitergeht oder ob es in Richtung Industrialisierung und Monopole geht. Das sind tatsächlich Systemunterschiede, so wie sie übrigens auch Frau Dreyer im Gesundheitswesen beschrieben hat.

Wenn wir davon reden, dass es im Jahr 2011 besser sein soll, müssen wir das leider mit Einschränkungen tun. EHEC ist schon erwähnt worden. Ich muss ganz klar den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Behörden und im Ministerium dafür danken, dass sie die Leistung vollbracht haben, ganz, ganz schnell die Zahlungen, die zu leisten waren, vorzunehmen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war tatsächlich so, dass der Bund am 3. August die haushaltsmäßigen Voraussetzungen geschaffen hatte. Am 5. August wurden schon die ersten Zahlungen geleistet. Am 16. August hatten bis auf einen Betrieb, der Widerspruch eingelegt hat, alle das Geld erhalten. Das ist eine Superleistung.

Gleichzeitig muss ich aber sagen, dass ich von der Bundesregierung enttäuscht bin, die letztendlich nicht dazu beigetragen hat, dass die Probleme, die alle so beklagen, abgewendet wurden. Wir sehen, es sind etwa 655 Hektar umgebrochen oder nicht genutzt worden. Nur ein Teil davon, nämlich 355 Hektar, ist aber entschädigt worden. Der Rest ist leer ausgegangen, weil die Produkte, die in Rheinland-Pfalz und Deutschland wachsen, in der entsprechenden Liste nicht berücksichtigt worden sind. Das heißt, hier haben wir eine sehr schlechte Situation für viele Betroffene. Die Bundesregierung hat sich auch geweigert, sich finanziell an der Hilfe zu beteiligen. Das ist der eine Punkt.

Der zweite Punkt ist, Agrarpolitik und die Situation der Landwirtschaft werden nun einmal maßgeblich vom Bund und der EU bestimmt. Das ist so. Es ist wichtig, dass wir einmal einen Blick darauf werfen, was da derzeit läuft. Deshalb habe ich eben auch die Ernsthaftigkeit der Auseinandersetzung angesprochen. Wenn wir dann auf Minister Rösler (FDP) , die CDU/FDPBundesregierung schauen, setzt er nach den Zerschlagungen im Gesundheitssystem auch in dem Bereich Lebensmittel damit an. Das geht damit los, dass er das Verbot des Verkaufs unter Einstandspreis aufheben will. Aha, jetzt werden die letzten Schranken eingerissen, die die landwirtschaftlichen Erzeuger noch vor dem Dumpingdruck des Handels schützen. Sogar der Deutsche Bauernverband beklagt sich darüber, der sonst immer ganz mucksmäuschenstill ist, wenn es um die CDU oder die FDP geht.

Frau Aigner setzt die tierschutzwidrige Käfighennenhaltung mit einer unglaublichen Verlängerung bis ins Jahr 2035 fort. Davon profitieren nicht die bäuerlichen Betriebe, sondern nur einige Großerzeuger im Geflügelbereich, der schon längst den bäuerlichen Händen entglitten ist.

Beim EEG konnte jetzt mit Mühe und Not gerade noch verhindert werden, dass nur die Großkonzerne einen richtigen Bonus bekommen, damit sie die Gelder aus der EEG-Umlage für sich beanspruchen können. Sie werden die Flächenkonkurrenz noch weiter erhöhen. Lächerlich ist auch, dass das Kleegras aus der Förderung praktisch herausgefallen ist, weil man den Betrieben, die umweltgerecht wirtschaften, noch einen kleinen Tritt geben wollte.

So geht das weiter. Ich könnte das noch mit den hohen Finanzmitteln fortsetzen, die in die Agrogentechnik fließen, die in Deutschland sinnvollerweise gar keine Anwendung findet.

Jedenfalls müssen wir die Maßstäbe neu setzen. Maßstab für Wettbewerbsfähigkeit und Leistungsfähigkeit muss nicht die Menge an Milch sein, die aus der Kuh herausgezogen wird, sondern Maßstab muss das sein, was hinterher an Einkommen und an Wertschöpfung bei den Betrieben landet. Natürlich sind gleichermaßen die gesellschaftlichen Leistungen zu honorieren, die die bäuerlichen Betriebe erbringen. Sie sind von meinem Vorredner von der CDU schon erwähnt worden. Umwelt-, Naturschutz- oder Kulturlandschaftspflege sind die Maßstäbe. Insofern müssen wir unsere Politik in dem Sinne neu ausrichten.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich will noch eine Anmerkung zum Agrarinvestitionsförderungsprogramm, zum AFP, machen.

Sehr geehrte Damen und Herren von der CDU, wir haben im Jahr 2011 die Mittel um fast 50 % von 18,2 Millionen Euro auf 27,3 Millionen Euro erhöht. Ich finde, das ist einen rauschenden Beifall wert.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Die Konditionen sind bundesweit einzigartig. Herr Hering weiß das. Wenn Sie einmal in die unionsgeführten Bundesländer sehen, egal ob Niedersachsen, Bayern oder Schleswig-Holstein, wobei das ganz besonders auf Schleswig-Holstein zutrifft – Herr Kollege von Boetticher hätte sich vielleicht besser damit beschäftigt –, muss man doch ganz klar sagen, dass Sie keinerlei Grund haben, hier herumzumeckern. Das, was Sie bringen, ist wirklich eine schräge Auflistung. Das Junglandwirteprogramm wurde im Übrigen nicht angegriffen, weil das ein anderer Topf ist.

Dennoch muss man ganz klar sagen, dass die Gelder jetzt aufgebraucht sind. Noch mehr können wir nicht dazulegen. Insofern ist auch klar, dass ein entsprechender Antragsstopp ausgesprochen werden musste. Das ist übrigens sehr moderat geschehen; denn wir haben

noch die mitgenommen, die sich in der letzten Schleife befunden haben.

Ein Wort zum Ökolandbau. Ich bin über die sehr rückwärtsgewandte Herangehensweise Ihrer Fraktion erschrocken. Wenn sich Landwirte auf einen wachsenden Markt hin orientieren, kann man das unmöglich kritisieren und von Nischen oder irgendwelchen Spielwiesen reden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich finde, das ist eine Diffamierung von Erzeugern. Das Gleiche gilt auch für den Bereich der Regionalität.

Allen Unkenrufen zum Trotz haben sich durch die Abstimmung der Verbraucher und Verbraucherinnen mit den Füßen beide Bereiche trotz der Widerstände auf der Bundesebene positiv entwickelt. Wir sehen gerade im Bereich der Regionalität eine große Nachfrage. Auf der Landesebene können wir es den Erzeugern ermöglichen, solche wachsenden neuen innovativen Märkte zu bedienen.

Ich bin überhaupt nicht gegen einen Weltmarkthandel. Wenn es eine vernünftige Nachfrage gibt und es sich nicht um ein Dumping oder eine Unterdrückung von Produktionen in Entwicklungsländern handelt, ist das vollkommen in Ordnung. Aber ein Handel, der sich auf Billigproduktionen und die Entwicklung von Landwirtschaft zum billigen Rohstofflieferanten ausrichtet, bei dem hinterher nur noch herauskommt, dass die Betriebe hier keine Perspektive mehr haben, kann nicht unterstützt werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir setzen auf eine mittelständische Erzeugung, die auch die gesellschaftlichen Leistungen honoriert. Das ist in den Bereichen Tierschutz, Umwelt und Naturschutz der Fall.

Das gilt es auch für die GAP umzusetzen. Es ist nicht zu akzeptieren, dass die Bundesregierung nach wie vor in der Verweigerungsecke steht. Mit einer solchen destruktiven Haltung gegenüber der EU-Entwicklung tut sie der Landwirtschaft überhaupt keinen Gefallen.

Es ist wichtig, dass wir erstens ein Greening in der Ersten Säule, aber zweitens genauso eine Stärkung der Zweiten Säule haben. Zwei Drittel der Menschen in Rheinland-Pfalz genauso wie in Deutschland leben in ländlichen Räumen. Das heißt, die wichtigsten Bereiche zur Unterstützung der ländlichen Räume sind die Agrarpolitik und all die Programme, die damit zu tun haben. Mit dieser Gesamtentwicklung wollen wir – ich hoffe, mit Ihnen gemeinsam – vorangehen.

Wir wollen eine positive Entwicklung. Wenn wir ein Stück weiterkommen wollen, sind sowohl die Gemeinsame Agrarpolitik als auch die Bundes- und die Landespolitik auf solche Füße zu stellen, die positive Zukunftsaussich

ten bewirken können. Ich hoffe, dass es einen Konsens gibt.

(Billen, CDU: Haben Sie den Agrarbericht überhaupt gelesen?)

Eines können wir vielleicht gemeinsam praktizieren. In Schleswig-Holstein sind die Agrarfördersätze noch wesentlich höher als in Rheinland-Pfalz. Sie können gemeinsam etwas tun und dafür sorgen, dass die bundesweite Benachteiligung der rheinland-pfälzischen Landwirtschaft beendet wird.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die CDU-Fraktion hat Frau Kollegin Schneider das Wort. Jeder Fraktion stehen noch zwei Minuten Redezeit zur Verfügung.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Ministerin, ich habe es Ihnen bereits anlässlich der Aktuellen Stunde über die EHEC-Krise gesagt. Sie müssen langsam auf der Regierungsbank in RheinlandPfalz ankommen. Mir ist es so vorgekommen, als ob wir uns auf dem Parteitag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Rheinland-Pfalz befinden.

(Beifall bei der CDU)

Frau Ministerin, Sie können nicht immer mit dem Finger nach Berlin zeigen. Sie müssen Ihre Hausaufgaben in Rheinland-Pfalz machen. Sie wissen ganz genau, dass Ministerin Aigner alles dafür getan und unternommen hat, dass in der EHEC-Krise die Liste erweitert wird. Sie konnte sich aber nicht durchsetzen. Insofern wäre es genauso verkehrt, wenn ich Ihnen die Verantwortung dafür zuschieben würde, dass unsere Bauern in Rheinland-Pfalz nicht mehr Geld bekommen. Genauso ist es unsinnig, die Verantwortung nach Berlin zu Ministerin Aigner zu schieben.

(Beifall der CDU – Zuruf des Abg. Pörksen, SPD)

Sehr geehrte Frau Ministerin, ich komme zur Zweiten Säule. Ich bin mir nicht ganz sicher, was Sie der CDU/CSU-Fraktion in Berlin unterstellen. Ich weiß nur, dass es öffentliche Bekundungen der CDU und der CSU gab, die massiv kritisiert haben, dass Mittel der Zweiten Säule gestrichen werden sollen, aber auch hinzugefügt haben, dass die Mittel der Zweiten Säule nicht zulasten der Ersten Säule aufgestockt werden sollen. Das ist auch die Meinung der rheinland-pfälzischen CDU. Ich verspreche Ihnen, hier haben Sie uns an Ihrer Seite. Sie können auch in diesem Punkt Ministerin Aigner in Berlin bei ihren Verhandlungen in Brüssel unterstützen.