Protokoll der Sitzung vom 15.05.2014

Frau Ministerpräsidentin, ich bin ganz offen gesagt entsetzt darüber, dass Sie Ihre Rede nicht dazu genutzt haben, um sich ganz klar von dem Vorwurf abzugrenzen, den Ihr Koalitionspartner eben meinem Kollegen, Herrn Ralf Seekatz, an den Kopf geworfen hat, er sei Rechtspopulist, weil er auf die Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei Wert gelegt hat.

(Beifall der CDU)

Frau Ministerpräsidentin, wir haben uns damit abgefunden, dass Sie zu den Äußerungen Ihres Ministers nichts gesagt haben, der uns als „Steigbügelhalter Hitlers“ – die Nachfolger – bezeichnet hat. Auch damals haben Sie nichts gesagt. Aber wenn in diesem Haus unter ihren Augen der Koalitionspartner uns als „Rechtspopulisten“ bezeichnet, erwarte ich von einer Ministerpräsidentin, dass sie einen solchen Vorwurf zurückweist.

(Beifall der CDU)

Ich sage deutlich: Auch wir haben Freunde in der Türkei. Die CDU hat Mitglieder, die aus der Türkei kommen. Uns Rechtspopulismus vorzuwerfen und zu suggerieren, wir würden immer nur eine einzige Suppe kochen, ist nicht in Ordnung.

Die Pressefreiheit und die Meinungsfreiheit werden in der Türkei zurzeit mit Füßen getreten. Sie haben richtigerweise das Grubenunglück angesprochen. Auch im Zusammenhang mit dem Grubenunglück in der Türkei wurde bemängelt, dass es dort keine freien Gewerkschaften gibt. Dazu höre ich weder von der SPD noch von den GRÜNEN etwas.

(Beifall der CDU)

Auch das gehört zu einer Europastrategie; denn in Rheinland-Pfalz haben wir ebenfalls Türken, die in die Heimat fahren. Die Türkei ist auch durch die Menschen, die in Rheinland-Pfalz leben, in Deutschland. Deshalb müssen wir, wenn wir über eine rheinland-pfälzische Europastrategie reden, auch die Türkei im Blick haben. Unter den jetzigen Umständen, also in einer Zeit, in der die Religionsausübung und die Demonstrationsmöglichkeiten eingeschränkt sind, können wir doch nicht von einer Vollmitgliedschaft der Türkei ausgehen. Dazu hätte ich gern etwas von Ihnen gehört.

(Zurufe von SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ein Letztes: Die GRÜNEN haben auf der Bundesebene deutlich gesagt, dass Ungarn, weil dort die Pressefrei

heit massiv eingeschränkt worden ist – was ich als hoch problematisch betrachte –, eigentlich nicht in die EU gehört.

(Glocke des Präsidenten)

Wir sagen auf dieser Grundlage jetzt, eigentlich gehört die Türkei nicht in die EU. Aber meinen Kollegen als „Rechtspopulisten“ zu bezeichnen, ist eine Unverschämtheit.

(Beifall der CDU)

Frau Klöckner, Entschuldigung. Das war zum Teil eine Replik auf die Rede von Frau Dreyer. Aber die allgemeine Politik der GRÜNEN im Bund war nicht Gegenstand dieser Rede.

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Ich weise darauf hin, dass Sie ohnehin noch 6 Minuten Redezeit haben. Sie können sich natürlich jederzeit noch einmal zu einem Redebeitrag anmelden. Jetzt ist der Verfahrensweg so, dass die Ministerpräsidentin die Gelegenheit hat, auf die Kurzintervention zu antworten. Als Nächster hat sich Herr Abgeordneter Wiechmann gemeldet.

(Frau Klöckner, CDU: Herr Seekatz, Sie werden als „Rechtspopulist“ bezeichnet! Das können Sie doch nicht durchgehen lassen!)

Herr Wiechmann, bitte schön. Sie haben 6 Minuten Redezeit.

Frau Klöckner, ich habe Ihnen zugehört, jetzt können Sie auch mir weiter zuhören.

(Zuruf der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Frau Klöckner, das kennen wir leider zur Genüge. Selbstverständlich habe ich Sie nicht als Rechtspopulistin und auch ihn nicht als Rechtspopulisten verurteilt – das steht mir überhaupt nicht zu, und das steht auch nicht an –, aber ich habe ganz klar gesagt

(Frau Klöckner, CDU. Unverschämtheit!)

hören Sie mir einmal zu –: Das, was Sie mit diesem Antrag konstatieren, sind rechtspopulistische Platituden. Das ist etwas anderes.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frau Klöckner, CDU: Das ist ja noch schlimmer! – Weitere Zurufe von der CDU)

Frau Klöckner, Sie sind keine Rechtspopulistin, auch niemand anderes aus Ihrer Fraktion. Aber Sie bedienen mit den Äußerungen, die Sie in diesem Antrag formuliert haben, die Positionen derer, die sagen: Die Türkei ge

hört nicht zu Europa. – Was ist das denn anderes als Populismus vor dem Hintergrund,

(Frau Klöckner, CDU: Das sind Fakten! – Dr. Weiland, CDU: Unverschämtheit!)

dass die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei laufen, die übrigens von Altbundeskanzler Helmut Kohl mit forciert worden sind?

(Frau Klöckner, CDU: Ich zitiere gern Helmut Kohl!)

Die Türkei hat wie jedes andere Beitrittsland die Kopenhagener Kriterien, die dafür aufgestellt worden sind, zu erfüllen. Selbstverständlich – da gebe ich Ihnen recht – erfüllt die Türkei aktuell diese Kriterien nicht. Deswegen kann sie aktuell nicht Mitglied der Europäischen Union werden.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber der entscheidende Punkt ist doch das, was Sie hier und heute formuliert haben. Sie sagen, eine Vollmitgliedschaft der Türkei dürfe nicht angestrebt werden. Das ist falsch, das ist populistisch, und deswegen muss man das hier und heute auch kritisieren. Sie fordern, dass es ausgeschlossen ist, dass die Türkei Mitglied der Europäischen Union wird. Das ist mit uns nicht zu machen. Das ist mit Rechtspopulisten vielleicht zu machen, aber mit uns, den GRÜNEN und der SPD, sicherlich nicht.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Jetzt hat Frau Klöckner erneut eine Kurzintervention beantragt. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass Ihnen auch noch 6 Minuten Redezeit zustehen.

(Dr. Weiland, CDU: Jetzt machen wir Kurz- intervention!)

Sie dürfen in der Kurzintervention ausschließlich auf die Rede von Herrn Wiechmann eingehen.

(Dr. Weiland, CDU: Oberlehrer! – Zuruf von der SPD: Das sagt der Richtige!)

Herr Dr. Weiland, es steht Ihnen, wenn ich hier erkläre, wie die Geschäftsordnung funktioniert, überhaupt nicht zu, einen solchen Zwischenruf zu machen.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Weiland, CDU: Oberlehrer!)

Ihn dann noch zu wiederholen, steht Ihnen auch nicht zu, Herr Dr. Weiland. Ich bitte Sie, das zurückzunehmen.

(Dr. Weiland, CDU: Oberlehrer ist etwas Ehrenhaftes!)

Auch wenn Sie mich jetzt rügen: Ich finde es interessant, dass Sie ihn für den Begriff „Oberlehrer“ rügen, aber Sie rügen nicht, dass wir „Rechtspopulisten“ genannt werden. Das finde ich hoch interessant.

Frau Klöckner, auch Sie sind dazu jetzt nicht gefragt. Sie haben jetzt 3 Minuten lang die Möglichkeit, eine Kurzintervention zu dem vorzubringen, was Herr Wiechmann gesagt hat.

Herr Kollege Wiechmann, in unserem Antrag steht: „Der Landtag fordert die Landesregierung auf, in den Gesprächskontakten mit Vertretern der Türkei deutlich zu machen, dass repressive Maßnahmen gegen politische Mitbewerber und oppositionelle Bürgerinnen und Bürger nicht mit den Werten der Europäischen Union und den Werten Deutschlands zu vereinbaren sind.“

(Beifall der CDU)

Ich halte das für richtig. Ich halte das nicht für rechtspopulistisch. Ich halte das für eine Solidaritätsbekundung mit den Männern und Frauen, die für ein Recht kämpfen, das wir hier selbstverständlich haben.

(Beifall der CDU)

Deswegen vertreten wir die Auffassung, dass angesichts der aktuellen Verletzungen der Meinungs- und der Versammlungsfreiheit sowie der Verstöße gegen die Bürgerrechte eine Vollmitgliedschaft der Türkei nicht angestrebt wird.

Lieber Herr Wiechmann, Sie können anderer Meinung sein, aber unsere klare Haltung ist, dass wir die Europäische Union als eine Union für Freiheit, Frieden und Wohlstand sehen und diese Werte weder nivelliert haben, noch einen Rabatt darauf geben wollen. Das können Sie anders sehen, aber werfen Sie uns bitte nicht vor, dass wir mit Rechtspopulisten koalieren könnten. Rechtspopulisten sind gegen die Menschen und gegen die EU. Wir sind für die Menschen und für die EU. Ich weise das wirklich ganz entschieden zurück. Ich finde das auch verletzend.