Dieses Landesgesetz reiht sich ein in eine Reihe verfassungswidriger Gesetzesvorhaben der Landesregierung, Kommunalwahlgesetz, kommunaler Finanzausgleich, Beamtenbesoldung, U3-Finanzierung. Sie wissen darum. Das wird kein Versehen sein. Das ist eine absehbare Entwicklung.
Gehen wir einmal in den November 2013. Da hat die CDU-Fraktion im Bildungsausschuss mit Verweis auf Nordrhein-Westfalen auf die Verantwortung des Landes hingewiesen. Ihr Staatssekretär Beckmann wies das von sich und gestand ein,
dass er das Gutachten des renommierten Verwaltungsjuristen und Mitglied des Deutschen Ethikrates – man sollte ihn kennen –, Professor Wolfram Höfling, gar nicht kenne. Sie hätten sich das besser zu Herzen genommen. Dieser Professor Höfling kommt in seiner Stellungnahme zu Ihrem Inklusionsgesetz zu einem sehr vernichtenden Urteil. Ich zitiere – das ist kein Wort von uns – Herrn Professor Höfling, dass die Begründung des Gesetzentwurfes nicht zu überzeugen vermag. „Sie vermengt unzulässige Aspekte (…) des strikten Konnexitätsprinzips mit denen der Rechtsfolgenebene und verzichtet durchgehend auf eine stringente Prüfung des Gesetzentwurfs am Maßstab der verfassungsrechtlichen Vorgaben.“
Das ist eindeutig. Das sollten Sie sich zu Herzen nehmen und nicht die Opposition beschimpfen, wenn sie die richtigen Fragen zu wichtigen Fragestellungen stellt.
Wir kommen zu den kommunalen Spitzenverbänden. Sie waren in ihrer Stellungnahme und ihrer Ablehnung des Gesetzentwurfs im Kommunalen Rat Ende 2013 ebenso eindeutig.
Über das Gutachten von Professor Höfling hinaus sind zwei Aspekte von Bedeutung. Erstens, der Wissenschaftliche Dienst, auf den Sie sich sonst gerne berufen, attestiert Ihnen eine Standardabstinenz in Fragen der Inklusion. Das bedeutet, Sie wollen Totalinklusion, scheuen sich aber davor, die notwendigen Qualitätsstandards zu benennen.
So lassen Sie Lehrer, Eltern und Schulträger alleine; denn Sie wollen keine Qualitätsstandards benennen, weil man dann beziffern könnte, was es kosten würde. Davor haben Sie Angst.
(Beifall der CDU – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wer hat denn das widerli- che Wort bei Ihnen erfunden?)
Der zweite Aspekt bezieht sich auf die Schwerpunktschulen, die Sie gern auf Ihrer Haben-Seite verbuchen. Der Wissenschaftliche Dienst hält jedoch fest, dass mit dem Gesetz erstmals eine inklusive Schule eingeführt wird. Das heißt, sogar die Schwerpunktschulen, die integrativ ausgerichtet sind, sind nicht auf die von Ihnen beschriebene Inklusion vorbereitet. Ich zitiere: Wie steht es da mit „Differenzierungs-, Bewegungs- und Rückzugsräumen oder der Bereitstellung besonderer Lehr- und Unterrichtsmittel“? Das sind die Fragestellungen.
Man kann doch nicht immer eine Idee postulieren, sich für eine Idee und ein Prinzip feiern lassen, aber wenn es dann konkret wird, was es kostet und wie wir den Kindern gerecht werden können, sagen Sie, das beantworten wir später. Das ist falsch. Das ist nicht gerecht. Das ist auch nicht sozial.
An einer rheinland-pfälzischen Schwerpunktschule steht beispielsweise die Frage im Raum, ob für einen Schüler mit Hörbeeinträchtigung der Klassenraum speziell gedämmt werden soll oder muss. Wir müssen uns wirklich den Einzelfällen zuwenden. Die Kosten – das muss man erwähnen – belaufen sich auf 50.000 Euro. Der Einbau eines Aufzuges kostet je nach Alter des Gemäuers rund 40.000 Euro.
Wie steht es hier mit barrierefreiem und unbeschränktem Zugang zur schulischen Bildung? Diese Kosten sind durch die im Raum stehenden 10 Millionen Euro überhaupt nicht gedeckt.
10 Millionen Euro hören sich aus Ihrer Sicht gut an. Überlegen wir einmal, wie Ihr Zick-Zack-Kurs war. Sie haben von Anfang an gesagt, das, was wir bei der Totalinklusion in Rheinland-Pfalz vorhaben, wird kein Geld kosten, deshalb ist es auch nicht konnexitätsrelevant.
(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wenn Sie das Wort noch einmal benutzen, dann erklären Sie, endlich einmal, was Sie darunter verstehen!)
Frau Brede-Hoffmann, auch Sie sind nicht bereit, sich auf sachliche Themen einzulassen. Das bedauern wir sehr.
Eines muss man deutlich sagen, Sie sind heute wieder bereit, ein verfassungswidriges Gesetz zu verabschieden.
Sie haben noch nicht zugestimmt, aber Sie haben zugestimmt, dass jetzt eine Kostenberechnung vorgenommen werden muss.
Aus diesem Grund sage ich ganz deutlich, die CDU hat 2013 richtig gelegen. Sie liegt auch jetzt richtig. Wenn Sie Inklusion wollen, dann stehen Sie auch zu den Kosten.
Dann können wir uns um das Wohl jedes einzelnen Kindes kümmern und nicht nur um Ideen, die Rot-Grün vor sich her trägt.
(Beifall der CDU – Ramsauer, SPD: Die CDU hat immer recht! – Zuruf der Abg. Frau Brede-Hoffmann, SPD)
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Klöckner, ich möchte etwas klarstellen. Inklusion ist sozusagen kein Prestigeprojekt von RotGrün, ein Goodie der Landesregierung oder eine politische Ideologie. Inklusion ist ein Menschenrecht nach der UN-Behindertenrechtskonvention, das jedem einzelnen Individuum in diesem Land zusteht. Da wir dort eine Gerechtigkeitslücke haben und sehen, werden wir heute einen weiteren Meilenstein beschließen, um diese Ge
rechtigkeitslücke beim Thema der Inklusion als individuelles Teilhabe- und Menschenrecht endlich zu schließen. Deswegen ist es heute ein guter Tag.
Es entsetzt mich, wenn man die Partei mit dem C im Namen repräsentiert, dass Ihnen das überhaupt keine Ausführung wert ist und wir die Diskussion allein und nur noch fiskalisch führen. Das wird der Realität der Menschen und der Eltern dieser Kinder in keiner Weise gerecht.
Aber bei der Wortwahl „Totalinklusion“ wollen Sie RotGrün treffen. Das unterstelle ich Ihnen jetzt einmal. Überlegen Sie sich einmal, wen Sie damit treffen. Es sind die Eltern und die Kinder, die auf Inklusion angewiesen sind, denen wir jetzt mehr Rechte gewähren wollen.