Protokoll der Sitzung vom 23.07.2014

Da von Totalinklusion zu sprechen, halte ich für ein Wort, das Sie bitte noch einmal überdenken sollten. Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie diese Menschen, diese Kinder treffen wollten, die Sie damit treffen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wer weiß?)

Kommen wir noch einmal zur Finanzierung. Die Resolution der Stadt Frankenthal ist interessant. Ich komme zu dem Gutachten, von dem man immer nur gerüchteweise gehört hat, dass die CDU das beantragt hat. Hätten wir die Verhandlungen mit den Kommunen nicht gehabt, hätten wir das Schulgesetz schon beschlossen und erst dann Ihr Gutachten bekommen. Das ist ein seltsames parlamentarisches Verhalten. Einen Arbeitstag später beschließt der Stadtrat in Frankenthal mit einem Oberbürgermeister der CDU diese Resolution. Was steht da drin? Die Bedingungen der Stadt Frankenthal sind alle erfüllt. Die Konnexitätsfragen, die Sie fordern, sollen bei der Eingliederungs- und Jugendhilfe geklärt werden.

Ihr Gutachten sagt, die Eingliederungshilfe, die Jugendhilfe, also Integrationshelfer nach SGB VIII und SGB XII, sind nicht konnexitätrelevant beim Schulgesetz. Diese Bedingung ist ganz klar erfüllt, Frau Klöckner. Lesen Sie doch einmal Ihr eigenes Gutachten.

(Starker Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

In der Frage der Kosten bei der Schülerbeförderung und beim Schulbau sind 10 Millionen Euro angeboten. Die

meisten Kommunen fragen: Warum unterschreibt ihr nicht? – Frau Klöckner, bitte sagen Sie hier, dass Sie nicht die Kommunen aufgehetzt haben, nicht zu unterschreiben, weil Sie es der Landesregierung nicht gegönnt haben. Das ist ein Superangebot für die Kommunen, und wir haben vor Klagen überhaupt keine Angst.

(Starker Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Frau Klöckner, Sie haben das Wort.

Frau Brede-Hoffmann, das gehört so ein bisschen zur Geschäftsordnung.

Herr Kollege Köbler, Sie sind jetzt gerade ziemlich rumgeeiert.

(Pörksen, SPD: Wie bitte?)

Eines halten wir einmal fest: Das ist neu, dass die GRÜNEN-Stadtratsmitglieder in Frankenthal keinen eigenen Willen haben und sich vom schwarzen Oberbürgermeister vorschreiben lassen, wie sie abzustimmen haben. Das hätte selbst ich Ihren GRÜNEN-Kollegen nicht unterstellt, Herr Köbler.

(Beifall bei der CDU – Pörksen, SPD: Kommen Sie mal zur Sache!)

Ein Zweites. Das Problem ist doch Folgendes: Sobald wir Fragen stellen und Kritik auch in der Umsetzung der Inklusion haben,

(Pörksen, SPD: Sie haben nicht gefragt, Sie haben gesagt, es sei verfassungswidrig!)

beschimpfen Sie die komplette Opposition, weil Sie Fragen und Kritik an dem Weg hat, wie Sie ihn gehen wollen. Sie sind noch nicht einmal bereit, über Verbesserungen des Weges zu reden. Es ist gut, dass alle Kinder, die eine Beeinträchtigung haben, in eine Regelschule gehen. Darüber muss man miteinander reden können. Für manches ist es sogar besser.

(Zurufe von der SPD: Das will doch gar keiner!)

Sie haben eine klare Standardabstinenz.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Wo wollen Sie das gelesen haben?)

Lassen Sie mich doch einmal ausreden. Sind Sie doch einmal entspannt.

(Fuhr, SPD: Seien Sie einmal entspannt!)

Sie haben eine Standardabstinenz. Das heißt, Sie definieren noch nicht einmal Standards an inklusiven Schulen, das übrigens, was wir an Förderschulen bereits

haben. Das heißt, für die Kinder, die nicht an Förderschulen sind, kann es sogar schlechter werden an den anderen Schulen.

(Pörksen: Was trauen Sie eigentlich den Eltern zu?)

Deshalb sagt die CDU-Fraktion ganz deutlich: Keine Versuchskaninchen, sondern erst definieren, was die Standards sind, was die Kosten sind und wie wir die Kommunen in der Umsetzung der Inklusion unterstützen können, und nicht umgekehrt.

(Beifall bei der CDU)

Herr Köbler, wenn Sie sich bei Ihrem Vorgehen so sicher wären, dann hätte die Ministerin, dann hätte nicht die Landesregierung so intensiv mit den Kommunen gerungen; denn zuerst hieß es, es braucht kein Geld, weil es nichts kostet und nicht konnexitätsrelevant ist. Dann hat man 8 Millionen Euro für etwas bereitgestellt, was angeblich nichts kostet. Dann hat man 10 Millionen Euro bereitgestellt, weil der Druck so hoch wird. Sie haben Angst, dass die Kommunen zu Recht klagen und genauso vorgehen, wie sie in Nordrhein-Westfalen auch die Regierung zum Nachdenken und Nachbessern bewegt haben.

(Pörksen, SPD: Das ist Ihr Wunsch! Das ist Ihre Erwartung!)

Stehen Sie doch dazu. Hier geht es darum, dass Inklusion gelingt und nicht mit der Brechstange durchgedrückt wird. Das geht nur mit den Kindern und mit den Eltern. Es geht übrigens auch nur mit den Förderschullehrerinnen und Förderschullehrern.

(Beifall bei der CDU)

Mir hat eine Förderschullehrerin, die lange Jahre in diesem Beruf arbeitet, deutlich gemacht, wie wertvoll Förderschulen sind, aber eine Inklusion individuell passend nicht immer das Ideale an allen Schulen sein kann.

(Pörksen, SPD: Wer sagt denn das?)

Aber das Einzige, was vorab unbedingt geklärt sein muss, Herr Kollege Köbler, ist, wenn die Wahlfreiheit da ist und da sein soll,

(Glocke der Präsidentin – Ramsauer, SPD: Was bauen Sie da für einen Popanz auf)

dann muss man über Ressourcen und Finanzmittel vorher nachdenken und nicht erst die Kinder in die Schulen schicken und dann danach verhandeln.

(Glocke der Präsidentin)

Das ist nicht inklusionsgerecht, sondern nur noch Ideologie.

(Starker Beifall der CDU)

Frau Klöckner, Sie haben vorhin schon überzogen und jetzt wieder.

(Frau Brede-Hoffmann, SPD: Also Fraktions- vorsitzende sein und Gesetze nicht lesen können, das ist schon ein Hammer!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Kollegin Ratter das Wort.

Danke, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! „Brechstange“, „Totalinklusion“, Frau Klöckner: Sie haben sich danebenbenommen!

(Vereinzelt Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ich denke, wenn es Ihnen ernst wäre mit der Thematik, wären Sie in der Wahl Ihrer Worte etwas vorsichtiger.

(Zurufe aus dem Hause – Glocke der Präsidentin)

Sie lesen alles in einer Art und Weise, wie es dem Thema nicht angemessen ist.

(Pörksen, SPD: Sehr richtig!)

Offensichtlich interpretieren Sie auch Ihr eigenes Gutachten völlig falsch!

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Das vorliegende Gesetz, über das wir heute entscheiden werden, macht einen weiteren Schritt in der Inklusion in die Richtung, die schon seit Jahren besteht. Ich gebe Ihnen gern zu, ich wollte, wir wären schon weiter, aber wir GRÜNE halten uns an alle Vereinbarungen, die wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben, und darüber hinaus an alles, was wir auch im gesetzlichen Rahmen geregelt haben. Hier steht das Elternwahlrecht auf Inklusion zur Debatte, und zwar nach eingehender Beratung. Das heißt, wir wollen den Eltern bei der Entscheidung über den Förderort für ihre Kinder helfen und ihnen die Möglichkeiten bieten, die sie – Sie werden sicherlich zugeben, dass die Eltern am besten wissen, worum es für ihr Kind nur gehen kann –, diese Eltern, treffen.