Ich möchte für die SPD-Fraktion unmissverständlich etwas klarstellen, weil wir gerade vor wenigen Tagen bei einem großen Logistiker waren, bei dem Menschen bei minus 24 Grad in einem Tiefkühllager arbeiten, und zwar acht Stunden am Stück. Vor wenigen Wochen waren wir in einer Gießerei, wo bei gefühlten Lufttemperaturen von 60 bis 70 Grad Eisen gegossen wird. Außerdem waren wir vor wenigen Monaten in einer Kunststofffabrik, in der bei 40 Grad Raumtemperatur Folien hergestellt werden.
Wenn man 45 Jahre in einer solchen Branche tätig ist – drei habe ich genannt, andere ließen sich aufzählen –, dann hat man auch das Recht, nach 45 Jahren in Rente zu gehen. Die Rente ist dann nicht geschenkt, sondern diese Menschen haben die Rente verdient. Es war mir wichtig, das an dieser Stelle noch einmal unmissverständlich klarzustellen.
Zum Industriestandort hat Frau Ministerin Lemke bereits ausgeführt, über 21 Milliarden Euro Umsatz im ersten Quartal dieses Jahres, 3,5 % plus. Das heißt, die rheinland-pfälzische Wirtschaft, die rheinland-pfälzische Industrie boomt. Das sind insbesondere die Branchen Glas, Keramik, Steine und Erden. Dort gibt es ein Plus von über 10 %, beim Maschinenbau von über 7 % plus. Auch die anderen – Chemische Erzeugnisse, Metallerzeugnisse, Gummi- und Kunststoffwaren – sowie der Bereich der Nahrungs- und Futtermittel sind überdurchschnittlich im ersten Quartal gewachsen. Es zeichnet sich ab, dass diese Entwicklung weitergeht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer dieser Tage bei der Verabschiedung des langjähriges Hauptgeschäftsführers
der IHK Rheinhessen, Richard Patzke, war, der ist zufrieden nach Hause gegangen, nicht nur, weil das Wetter und die Gespräche gut waren, sondern, Herr Kollege Steinbach, wir sind auch mit dem zufrieden nach Hause gegangen, was wir gehört haben.
Richard Patzke hat nämlich berichtet – nicht ohne Stolz –, dass 93 % der Unternehmen in Rheinland-Pfalz sehr zufrieden bis zufrieden sind. Da geht es um die Geschäftserwartungen, die Exporterwartungen, die Beschäftigungsaussichten und natürlich um das Wirtschaftswachstum. Es ist auch gut so für die rund 250.000 Beschäftigten in der rheinland-pfälzischen Industrie, die einen Jahresumsatz von 75 Milliarden Euro erwirtschaften.
Weitere Zahlen, über die an dem Abend diskutiert wurde, sind genauso interessant. Frau Lemke hat es bereits ausgeführt: Mit 26 % hat Rheinland-Pfalz den dritthöchsten Wert beim Industrieanteil an der Wertschöpfung. Deutschlandweit sind es etwa 22 %, EU-weit 16 %. Das zeigt, dass die rheinland-pfälzische Industrie wirklich ein Grundpfeiler der rheinland-pfälzischen Wirtschaft ist. Das belegen auch die Exportquoten von rund 54 % und die höchste Gründerquote unter den Flächenländern. Ganz besonders stolz sind wir darauf, dass wir in der Arbeitslosenstatistik nunmehr den 3. Platz einnehmen, ganz dicht bei Baden-Württemberg. Wenn wir hier noch ein bisschen zulegen, können wir die auch noch einholen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, diese Zahlen sind aber nicht gottgegeben, sondern sie sind das Verdienst einer guten Rahmenpolitik für die rheinland-pfälzische Wirtschaft. Es ist das Verdienst eines guten Zusammenwirkens der Unternehmen, der Kammern, der Gewerkschaften, der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Person von Betriebsräten, aber eben auch der Landesregierung, die für gute Rahmenbedingungen sorgt.
Ich erwähne das an dieser Stelle, obwohl die letzte Wirtschafts- und Finanzkrise schon einige Jahre zurückliegt. Aber auch hier will ich noch einmal deutlich machen: Es wurden 6.000 Arbeitsplätze, insbesondere im produzierendem Gewerbe, durch die gute Politik der Landesregierung, durch die Rahmenbedingungen, die wir setzen, und durch unsere Investitions- und Strukturbank (ISB) nachhaltig geschaffen. Wir wären gerüstet – Gott bewahre, hoffentlich kommt keine Krise mehr –, wenn es mit dem Export wieder einmal nach unten ginge. Frau Ministerin Lemke hat schließlich ausgeführt, wir müssten mit Sorge betrachten, welche Entwicklung sich in Russland abzeichnet, und mit möglichen Umsatzeinbrüchen für die Unternehmen, die in dem Markt tätig sind, rechnen.
Dass auch die Unternehmen es so sehen, dass Rheinland-Pfalz ein guter Wirtschaftsstandort ist, zeigt beispielsweise die Berichterstattung über die BASF in der „AZ“ von heute: Bekenntnis zum Industriestandort Rheinland-Pfalz: BASF investiert 1 Milliarde Euro in eine neue Anlage. – HARIBO, Opel, Mercedes-Benz und
(Baldauf, CDU: Schon vor zwei Jahren! – Hering, SPD: Aktuell! – Baldauf, CDU: Vor zwei Jahren! – Glocke des Präsidenten)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Guth, als Sie gerade Ihre Rede gehalten haben, habe ich mir gedacht, jetzt hat nur noch das Weihrauchfass gefehlt, damit man alles so heilig darstellen kann, wie es überhaupt geht. Ich wundere mich immer wieder, wenn wir in diesem Haus über die Situation debattieren. Es ist nicht zu bestreiten, dass es uns in Deutschland im Moment wirklich gut geht und dass die Unternehmen hier auch zufrieden sind.
Ich möchte aber darauf hinweisen dürfen, es reicht nicht aus, wenn man sich hier vorne hinstellt und sagt, das alles sei den guten Rahmenbedingungen, die diese Landesregierung gesetzt hat, geschuldet. Dann würde ich aber von Ihnen ganz gern einmal Ross und Reiter genannt bekommen: Welche Rahmenbedingungen sollen das denn bitte sein, meine sehr geehrten Damen und Herren?
Wir haben nun einmal die Situation – ich habe das vorhin auch Frau Ministerin Lemke gefragt; das lässt sich nicht wegdiskutieren, auch wenn ich nicht alles kritisch bewerten will –, dass das in einer repräsentativen Umfrage erhoben worden ist, Frau Lemke. Das mag jetzt „DIE WELT“ sein, das könnten genauso gut aber auch andere Zeitungen sein. Das sind repräsentative Umfragen. Vielleicht lassen Sie sich einmal das Wort auf der Zunge zergehen. Das hat nichts mit wertkonservativen Zeitungen zu tun – sofern diese das überhaupt sind.
Repräsentative Umfragen weisen aus, dass RheinlandPfalz von der Attraktivität her für Unternehmer, die sich noch engagieren wollen, auf dem letzten Platz rangiert. Das muss uns doch zu denken geben. Wenn wir uns die Wirtschaftssituation in Rheinland-Pfalz anschauen, erkennen wir – auch das dürfen wir nicht wegdiskutieren –,
dass wir zwar das größte Lkw-Werk der Welt und auch das größte Chemiewerk der Welt haben, auf das wir stolz sind und das wir behalten wollen, Tatsache ist aber oft, dass immer wieder kolportiert wird, es könne durchaus zu einer schleichenden Deindustrialisierung kommen. Warum?
Herr Konrad, Sie kommen aus einer Gegend, zu der man viel sagen könnte. Gestern haben wir über den Flugplatz geredet. Die B 10 wird nicht vierspurig ausgebaut. Herr Konrad, Sie könnten sich einmal darum kümmern, dass die Westpfalz nicht abgehängt wird.
Genau das sind die Themen, die hier eine Rolle spielen. Herr Guth, ich könnte jetzt natürlich erzählen – das wissen Sie aber genauso gut wie ich, Sie sind in der Großen Koalition damit einverstanden –, dass unsere Stärke auch darin liegt, dass wir die Steuern nicht erhöht haben und wir eine Nachhaltigkeit eingeführt haben, sodass man planen kann. All das sind Dinge, die bundesgesetzlich zu regeln sind. All das sind Rahmenbedingungen, die bundesgesetzlich zu setzen sind.
Aber dann muss man natürlich auch einmal schauen, was auf der Landesebene passiert. Ihre Rahmenbedingungen werden Sie uns in zweieinhalb Minuten in der zweiten Runde erklären können. Da haben wir zunächst diese Situation: eine starke Wirtschafts- und Industriepolitik von einer starken Infrastruktur. – Das ist grundsätzlich immer so. Ich schaue mir einmal an, wie Sie in Rheinland-Pfalz mit infrastrukturellen Maßnahmen umgehen: Die B 10 habe ich genannt. Der Lückenschluss der A 1 kommt erst jetzt, da es eigentlich schon viel zu spät ist. Wenn Sie sich unsere Häfen, Flughäfen und vieles andere anschauen, stellen Sie fest, da liegt einiges im Argen.
Ich brauche nichts zu den Zuständen der Straßen in Rheinland-Pfalz zu sagen. Da hat übrigens die Bundesregierung – wir gemeinsam – einen Ansatz gemacht, indem sie gesagt hat: Wir erhöhen die Mittel drastisch, um den Straßenausbau und -neubau zu fördern. – Und was passiert in Rheinland-Pfalz? Wir debattieren über all diese Projekte so lange, bis man sie nicht mehr anmelden oder umsetzen kann. Dazu zählt beispielsweise auch die Mittelrheinbrücke.
(Beifall der CDU – Frau Blatzheim-Roegler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sie haben überhaupt keine Ahnung von den Zusammenhängen! – Zuruf des Staatsministers Lewentz)
Herr Lewentz, da Sie gerade so schön hereinrufen, sage ich Ihnen: Ich gehe nachher mit Ihnen einen Kaffee trinken und erkläre Ihnen, wie Sie dieses Projekt in den nächsten vier Jahren umsetzen können.
Sind Sie denn dabei, dieses Projekt umzusetzen? Beantworten Sie mir einfach die Frage: Sind Sie denn bereit, dieses Projekt umzusetzen? – Herr Lewentz, wenn Sie sie für notwendig erachten, setzen Sie sich doch bitte einmal in diesem Hause durch. Das würde uns wirklich viel helfen.
Ich möchte Sie bitten, in diesem Hause auf eines achtzugeben – ich kann Herrn Bock von der BASF sehr gut verstehen, wenn er Ihnen das ins Stammbuch schreibt –: Es ist nicht gut, wenn man in einem Land eine gentechnikfreie Zone einrichtet. Es ist nicht gut, wenn man über Fracking nur negativ diskutiert. Es ist nicht gut, wenn man die Pflanzenbiotechnologie aus Rheinland-Pfalz vertreibt. All die Dinge, die auch Forschung, Entwicklung und Zukunft bedeuten – eine unterfinanzierte Hochschullandschaft –, sind das Problem in unserem Land. Diese Probleme müssen gelöst werden, und Sie können sie im Übrigen auch lösen, Herr Kollege Guth.
(Beifall der CDU – Ramsauer, SPD: Sie wissen ganz genau, dass die BASF erklärt hat, dass es mit der Mehrheit in Deutschland zusammenhängt und nicht mit Rheinland-Pfalz!)
Frau Ministerin, ich würde mich im Übrigen auch sehr darüber freuen – falls Sie an dem Punkt irgendwann einmal etwas einfügen wollen –, wenn Sie sich bei TTIP konstruktiv einbrächten. Dazu hätte ich gern Ihre Vorschläge gehört.
Vielleicht denken Sie auch einmal über Ihre Energiewende nach. Machen Sie sie bitte geplant, dann wird sie nicht so teuer.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Baldauf, es ist bezeichnend, dass Sie bei dem Thema Industriestandort Rheinland-Pfalz genau drei Themen benennen: Straßenbau, Gentechnik und TTIP. Ich finde, das sagt viel über die Ansätze der CDU in der Wirtschaftspolitik in Rheinland-Pfalz aus.
Zu diesem zukunftsträchtigen Thema haben Sie kein Wort gesagt. Aber wir haben nachher noch eine zweite Aussprache; da hören wir vielleicht mehr dazu.
Herr Baldauf, im Gegensatz zu dem Zerrbild, das Sie hier gezeichnet haben, ist Rheinland-Pfalz ein erfolgreiches Industrieland. Die statistischen Daten, die dazu vorliegen, können Sie einfach nicht ignorieren, auch wenn Sie sie hundertmal bestreiten. Von daher war Ihr Vortrag vor allen Dingen wissensarm und meinungsstark.
Die rheinland-pfälzische Industrie ist international extrem wettbewerbsfähig, da sie über einen breiten Produktionsmix, eine große Fertigungstiefe, technologische Vorsprünge und eine gute Mischung aus flexiblen Kleinunternehmen, einen dynamischen und starken Mittelstand sowie global operierende Konzerne verfügt. Die Industrie in Rheinland-Pfalz ist ein Garant für Beschäftigung und damit auch Wohlstand in unserem Land und leistet gleichzeitig mit ihren Steuerzahlungen und Sozialbeiträgen einen wichtigen Beitrag zur Festigung der sozialen Marktwirtschaft.
Die aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamtes belegen dies eindeutig. So verzeichnete die rheinlandpfälzische Industrie von Januar bis Mai ein Umsatzplus von 1,9 % im Vergleich zu den ersten fünf Monaten des Vorjahres. Die Exportquote liegt mit 54 % am Gesamtumsatz nach wie vor über dem deutschen Durchschnitt, ein Ausweis für hohe Wettbewerbsfähigkeit.