Protokoll der Sitzung vom 18.08.2011

Vor der Novellierung des Fluglärmgesetzes wurde den Menschen in Flugplatznähe durch sogenanntes Richterrecht mehr geholfen als durch das novellierte Fluglärmgesetz; denn nach den Berechnungsmethoden dieses Gesetzes steht fest, dass es in Mainz und Rheinhessen eigentlich keinen Fluglärm gibt.

(Glocke des Präsidenten)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe das Klingeln vernommen.

Ich möchte für die CDU-Fraktion erklären, dass wir zunächst froh sind, dass das Thema heute so ausführlich behandelt wird. Wir sind gerne bereit, dass beide Anträ

ge im Umweltausschuss entsprechend diskutiert werden.

Ich bedanke mich bei denen, die mir zugehört haben, für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der CDU)

Frau Staatsministerin Höfken hat das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Reichel, ich habe mit großem Interesse Ihre Ausführungen gehört. Ich will mich auch nicht so sehr mit der Historie im Stadtrat beschäftigen. Ich habe diese Diskussionen um das Fluglärmgesetz und das Luftverkehrsgesetz schon einmal auf der Bundesebene durchlitten. Ich sage einmal, hier geht die Verpflichtung weiter.

Ich finde, dass es gut ist, im Parlament einen Schulterschluss gegen die zunehmende Belastung unserer Bürgerinnen und Bürger in diesem Land zu erreichen. Ich sage aber auch, es geht natürlich in erster Linie um Bundesgesetze, und da ist dieser Widerstand im gleichen Schulterschluss vielleicht dann auch nötig angesichts – Herr Reichel, Sie wissen das – der Aussagen der Koalition von CDU und FDP im Deutschen Bundestag, die ganz explizit – so steht es auch im Koalitionsvertrag von CDU und FDP – von einer Ausweitung der Betriebszeiten der Flughäfen sowie explizit von einer Ausweitung der Nachtflüge sprechen. Das ist das erklärte Ziel ihrer Wirtschaftspolitik.

Nun haben wir ein Schwergewicht der CDUBundespolitik, Frau Klöckner, im Landtag sitzen, und diese Aufgabe der Korrektur ihrer Bundespolitik fällt ihr zu. Wir erwarten die entsprechende Unterstützung im Deutschen Bundesrat bei den Bemühungen, die gestartet und von Ihnen zu unterstützen sind. Herr Lewentz hat dazu das Notwendige bereits ausgeführt.

Dass das nötig ist, haben wir an den Messungen erlebt, die wir in Weisenau und Nackenheim gestartet haben. Die belegen das, was Sie auch ausführen.

Herr Reichel, Ihre Zeichnungen zeigen die gleiche Situation auf.

Wir wissen, dass manche das Mediationsergebnis als Maßstab nicht ausreichend finden, aber jedenfalls war das der Konsens. Der ist von Hessen gebrochen worden. Wir sehen, dass die Belastungen der Menschen heute schon deutlich über dem sind, was das Mediationsergebnis eigentlich für die Zukunft aufzeigt. Wir haben erheblichen Grund zur Sorge.

Ich bin sozusagen Mainzer Neubürgerin und finde es ganz schön laut hier. Wenn ich bedenke, dass der Lärm bis 2020 noch um 50 % gesteigert wird, dann muss man

sagen, das geht einfach nicht weiter. Ich glaube, da muss man wirklich sagen, die Nachtruhe und die Gesundheit der Menschen müssen einen stärkeren Stellenwert erreichen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Im Einzelnen kennen Sie das alle sehr genau. Ich will vor allem darauf hinweisen, die Randzeiten, also am Abend und am Morgen, sind unglaublich laut und werden von den Menschen als störend empfunden. Da wachen ganz viele auf. Ich will noch einmal betonen, dass die Nachtruhe umso wichtiger ist als Ausgleich für die Belastungen, die am Tage ohnehin schon vorhanden sind.

Ich habe mich an die EU-Kommission gewandt; denn dort wird – das wäre auch ein Gemeinschaftswerk für die CDU, hier zu unterstützen – zurzeit die EU-Umgebungslärmrichtlinie andiskutiert. Es liegt der EUKommissionsbericht vor, und der sieht vor, dass „Night Noise Guidelines“ erhoben werden sollen, also endlich einmal Richtlinien für die Nachtruhe. Ich habe die Kommission gebeten, diese Parameter aufzunehmen und zu verankern, damit wir weiter Grundlagen haben, um gegen diese erheblichen Störungen der Nachtruhe durch alle Verkehrsträger, hier insbesondere den Fluglärm, vorzugehen.

Ich bin auch bereit, die Kommunen weiterhin zu unterstützen, wenn es um die Messungen geht, damit man weiter die Grundlagen für die Klagen des Innenministeriums erhält.

Ich kann mir nur wünschen, dass wir zu einem guten Konsens und zu gemeinsamer Kraft kommen, um das zu schultern, was wir uns vorgenommen haben, nämlich besonders die Nachtruhe der Bürgerinnen und Bürger sowie den Schutz ihrer Gesundheit in unserem Land und insbesondere in diesem Gebiet zu verteidigen.

Danke schön.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Herrn Kollegen Jens Guth steht noch eine Redezeit von 40 Sekunden zur Verfügung. Ich erteile ihm das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will nicht das, was Herr Reichel von sich gegeben hat, unkommentiert stehen lassen. Herr Kollege Reichel, auch wenn Sie mit dem Heiligenschein ans Rednerpult treten und im Hinblick auf die zurückliegende Legislaturperiode mit Unwahrheiten agieren, muss ich Ihnen sagen: Sie stehen für und vertreten eine Partei, die nachweislich und schriftlich niedergelegt wirtschaftli

che Interessen vor den Schutz der Bevölkerung stellt. Das steht im Koalitionsvertrag.

(Widerspruch und Unruhe bei der CDU)

Frau Klöckner, Sie haben dem schwarz-gelben Koalitionsvertrag als Bundestagsabgeordnete zugestimmt. Das steht im Koalitionsvertrag.

Man sieht, wie Hessen im Moment den Schutz der Bevölkerung mit Füßen tritt.

(Frau Klöckner, CDU: Ihre Redezeit ist um!)

Reden wir über das Aktuelle. Ganz aktuell möchte die rot-grüne Landesregierung in Nordrhein-Westfalen für den Flughafen Köln/Bonn ein Nachtflugverbot durchsetzen. Das Bundesverkehrsministerium lehnt das ab. Auch das ist schwarz-gelbe Politik gegen den Schutz der Bevölkerung.

(Beifall der SPD und des BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Redezeit steht nicht zur Verfügung. Deshalb kommen wir zur Behandlung der Anträge. Beantragt wurde, die Anträge – Drucksachen 16/216/228 – an den Innenausschuss – federführend – und mitberatend an den Ausschuss für Umwelt, Forsten, Landwirtschaft, Ernährung und Weinbau zu überweisen. Werden dagegen Bedenken erhoben? – Das ist nicht der Fall. Damit ist eine Überweisung der Anträge erfolgt.

Ich rufe Punkt 10 der Tagesordnung auf:

Rechtsgrundlagen und wirtschaftlicher Einsatz des Liquiditätspools des Landes Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 16/212 –

Es wurde eine Grundredezeit von zehn Minuten vereinbart. Die CDU-Fraktion wird beginnen und den Antrag begründen. Das Wort hat Herr Kollege Schreiner.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem heutigen Antrag fordert die CDU-Fraktion, den sogenannten Liquiditätspool als ein wirtschaftlich sinnvolles Instrument – wir betonen das ausdrücklich – der Liquiditätssicherung für die Landesgesellschaften auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen, um für die Landesregierungen und die am Pool teilnehmenden Gesellschaften des Landes eine Rechtssicherheit gemäß den Vorgaben des Rechnungshofes zu erreichen. Wir fordern darüber hinaus, dass sich der Liquiditätspool, auch wie uns das seitens des Rechnungshofs ins Stammbuch geschrieben worden ist, auf verbindliche, einheitliche und wirtschaftliche Kriterien zur Bewirtschaftung verpflichtet.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Warum? – Wir wollen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Wir wollen ausdrücklich einen gemeinsamen Gesetzentwurf, da die Fortentwicklung des Haushaltsrechts kein Thema des Streites in diesem Parlament sein sollte. Ziel ist es, Rechtssicherheit für die Zukunft zu schaffen, aber eben auch Transparenz zu sichern für uns als Parlament, als Haushaltsgesetzgeber. Es geht uns um eine Begrenzung und insbesondere auch um die Befristung der Nutzungen des Liquiditätspools, sodass er nur für kurzfristige Finanzierungen und nicht für eine Dauerfinanzierung genutzt werden kann. Deshalb müssen wir diese Begrenzungen sicherstellen.

Warum? Was ist bisher geschehen? – Mit der Einrichtung des Liquiditätspools im Jahr 2002 – das ist seinerzeit einvernehmlich geschehen – hat das Land eine Anregung des Rechnungshofs aufgegriffen. Mit der missglückten Finanzierung des Nürburgrings wurde unter Finanzminister Ingolf Deubel die Idee dieses Liquiditätspools ad absurdum geführt. Seit 2009 befindet sich der Liquiditätspool dauerhaft im Minus. Ein Konto, das auf der Idee beruhte, die unterschiedlichen Zahlungsströme – sowohl die positiven als auch die negativen – der Landesgesellschaften zu verrechnen, befindet sich seit 2009 dauerhaft im Minus.

Die Nürburgring GmbH beispielsweise – das ist nicht die einzige Landesgesellschaft, die sich daraus bedient, sondern 67 Landesgesellschaften können am Liquiditätspool teilnehmen – erhielt für den Freizeitpark und für den Verlustausgleich aus der Formel 1 bis zu – das war der höchste Betrag – 255 Millionen Euro. Die ISB nahm für den gleichen Zweck, um den Nürburgring zu finanzieren, 285 Millionen Euro aus dem Liquiditätspool auf. Mit über 723 Millionen Euro erreichten wir dann den tiefsten Stand des Defizits dieser Kasse. Das findet alles ohne ausreichende parlamentarische Kontrolle statt.

Auch wenn beispielsweise der Nürburgring teilweise Beträge zurückgezahlt hat – 210 Millionen Euro sind von den Geldern, die der Nürburgring bekommen hat, zwischenzeitlich wieder an den Liquiditätspool zurückgeflossen –, finden wir doch beispielsweise in den Unterlagen des Aufsichtsrats der Nürburgring GmbH – ich kann das zitieren, weil das Teil der uns zugegangenen Unterlagen des Rechnungshofs ist – folgende Formulierungen: In Abstimmung mit dem Finanz- und dem Wirtschaftsministerium sowie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft wurde sich darauf verständigt, dass sämtliche Liquiditätsbedarfe, und zwar die, die sich aus Zins- und Tilgungsverpflichtungen sowie aus dem laufenden Geschäft ergeben, so lange aus dem Liquiditätspool des Landes Rheinland-Pfalz zur Verfügung gestellt werden, bis die Finanzkraft der Nürburgring GmbH und deren Töchter aus den Pachteinnahmen ausreichen, um diesen Verpflichtungen nachkommen zu können. – Das war nicht irgendwann, sondern das war im September 2010.

Diese Formulierungen zeigen das Missverständnis, wozu der Liquiditätspool genutzt werden soll und wozu er eben nicht genutzt werden soll. Nach der Rechtsauffassung des Finanzministeriums ist der Liquiditätspool Teil der Gesamtermächtigung, Kassenverstärkungskredite aufzunehmen. Diese Überziehungskredite, für die wir im Rahmen der Haushaltsaufstellung die Ermächtigung geben, dienen aber nur – das ist die Rechtsauf

fassung des Rechnungshofs, die wir uns zu eigen machen – der Aufrechterhaltung der ordnungsgemäßen Kassenführung des Landes. Sie dienen ausdrücklich nicht dazu, dauerhaft die Defizite von Landesgesellschaften abzudecken, und zwar insbesondere nicht die Defizite von Landesgesellschaften wie der Nürburgring GmbH, die am Finanzmarkt augenscheinlich nicht die richtigen Mittel bekommen hat. Dies ist ihr auch nicht in der Schweiz gelungen.

Deshalb ist es unser Wunsch und deshalb machen wir das heute zum Thema, dass wir die Anregungen des Rechnungshofs ernst nehmen.

(Beifall der Abg. Frau Klöckner, CDU)

Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Parlaments. Deshalb gehen wir – ich weiß, dass das im Vorfeld für Gemurre gesorgt hat – abweichend von der üblichen Vorgehensweise ganz bewusst dieses Mal als CDUFraktion den Weg, dieses zentrale Thema im Bericht des Rechnungshofs vorab aufzugreifen, bevor die Rechnungsprüfungskommission in der nächsten Woche tagt.

(Beifall der CDU)

Wir gehen diesen Weg deshalb, weil wir der Auffassung sind – das hört sich jetzt sehr technisch an –, dass dann, wenn wir unsere Rechte ernst nehmen, es eine der zentralen Aufgaben des Parlaments ist, auch auf diese Mittel ein Auge zu haben. Ich muss mir nur ansehen, wie wir manchmal im Rahmen von Haushaltsdebatten um Beträge von 10.000 Euro ringen, während hier Liquiditäten für diskussionswürdige Investitionen bis zu 700 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Ich finde schon, dass wir das nicht nur wissen müssen, sondern wir da auch genau draufschauen müssen, wir das gesetzlich regeln und begrenzen müssen.

(Beifall der CDU)

Wir wollen nicht, dass es im Rahmen der Haushaltsberatungen untergeht. Wir sind dieses Jahr mit der Rechnungslegung und mit der Rechnungsprüfungskommission aufgrund der Wahl und der doppelten Berichte relativ spät dran. Wir wollten einfach sicherstellen, dass diese Dinge im Rahmen der Haushaltsberatungen, in denen ganz viele andere Themen im Mittelpunkt stehen, nicht untergehen.